Grundzüge des Rechts für Architektur Öffentlich-rechtliches Verfahrensrecht Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch Herbst 2015 ‚Skript‘: Module 06, S. 1 – 14 1 I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Einführungsbeispiel (Siehe auch BGE 137 I 128 2011) A, Bürger von Uruguay, stellt ein Asylgesuch, das abgelehnt wird. A geht gegen diesen Entscheid beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vor. Noch vor Abschluss des Verfahrens stellt A beim Migrationsamt des Kantons Zürich ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Das Gesuch wird abgelehnt. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stützt den Entscheid der Migrationsbehörde. A sieht sich jedoch immer noch im Recht und möchte den Entscheid weiterziehen. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Einführungsbeispiel : Fragen Weshalb konnte A in der Schweiz bleiben, obwohl sein Asylgesuch abgelehnt wurde? Welche Verfahrensgrundsätze wurden angewandt? Welche Möglichkeit hat A, um den Entscheid des Züricher Verwaltungsgerichtes anzufechten? I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Einführungsbeispiel : Antworten Weshalb konnte A in der Schweiz bleiben, obwohl sein Asylgesuch abgelehnt wurde? − Suspensive Wirkung des Rekursmittels Welche Verfahrensgrundsätze wurden angewandt? − Offizialmaxime: Die staatlichen Behörden müssen von Amtes wegen auf das Gesuch/die Beschwerden eintreten − Untersuchungsgrundsatz: Die Behörden müssen den Sachverhalt feststellen Welche Möglichkeit hat A, um den Entscheid des Züricher Verwaltungsgerichtes anzufechten? − Subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege I. Allgemeines I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Begriffe − Erkenntnisverfahren • Behörde fällt Entscheid (autoritativer, formeller Akt: Urteil/Verfügung) • Erkennung der Rechtslage − Vollstreckung • Effektive Durchsetzung der „erkannten“ Rechtslage • Im Verwaltungsrecht Unmittelbare Durchsetzung Repressive Sanktionen I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Gerichtsaufbau Zivilrecht 1. Instanz 2. Instanz Amts-, Bezirks-, Kreisgericht Obergericht Strafrecht Verfolgungs-, Untersuchungs behörden Bundesanwaltschaft Amts-, Bezirks-, Kreisgericht Bundesstrafgericht Obergericht 3. Instanz Letzte Instanz Bundesgericht Bundesgericht Bundesgericht Verwaltungsrecht Kantonale Verwaltungsbehörde Eidgenössische Verwaltungsbehörde Evtl. interne Beschwerdeinstanz Evtl. interne Beschwerdeinstanz Verwaltungsgericht Bundesverwaltungsgericht Bundesgericht Bundesgericht Kantonale Behörde Eidgenössische Behörde I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Bundesgericht in Lausanne Verhandlungssaal Quelle: Bundesgericht I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Bundesgericht − Lausanne: oberste rechtsprechende Behörde des Bundes − Aufgaben Art. 189 Abs. 1 BV Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung: a. b. c. d. … von Bundesrecht von Völkerrecht von interkantonalem Recht von kantonalen verfassungsmässigen Rechten • In der Regel Überprüfung von Rechtsfragen, nicht Tatfragen • Keine abstrakte oder konkrete Normenkontrolle gegen Bundesgesetze • … I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Fragen? I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege II. Verfahrensgrundsätze I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Dispositions- und Offizialmaxime Dispositionsmaxime Offizialmaxime Entscheid über • Einleitung • Umfang • Beendigung Parteien Staat («von Amtes wegen») Zivilverfahren Verwaltungs- und Strafverfahren Privatautonomie Legalitätsprinzip des Verfahrens Geltungsbereich Materiell-rechtliches Pendent I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Dispositions- und Offizialmaxime Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz Verhandlungsmaxime Untersuchungsgrundsatz Prozessführung Parteien bringen streitige Staat klärt den bezüglich Tatsachen vor und Sachverhalt von Amts • Sachverhalt bezeichnen die Beweis- wegen auf und erhebt von mittel («da mihi facta, Amts wegen Beweis • Beweismittel dabo tibi ius») Geltungsbereich Zivilverfahren Verwaltungs- und Strafverfahren I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Dispositions- und Offizialmaxime Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz Zusammenfassung Privatrecht Öffentliches Recht Prinzip Privatautonomie Legalitätsprinzip Rechtscharakter Dispositiv Zwingend Prozessmaxime Dispositionsmaxime Untersuchungsmaxime Rechtsanwendung Von Amts wegen Von Amts wegen I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Dispositions- und Offizialmaxime Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz Zusammenfassung Verfassungsrechtliche Verfahrensgrundsätze (Art. 29 ff. BV) − Verbot der formellen Rechtsverweigerung − Gebot der formellen Gleichbehandlung − Anspruch auf • Rechtliches Gehör • Beurteilung durch ein Gericht (Beispiel 1) • Zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht (Beispiel 2) • Öffentliche Gerichtsverhandlung (Beispiele 3 + 4) und Urteilsverkündung (Beispiel 5) − Weiterhin • Pflicht auf Eröffnung von Verfügungen • Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 1: «1. Mai-Feier» (Siehe auch BGE vom 22. Januar 2014 1C_352/2013) Über 500 Personen wurden am 1. Mai 2011 auf dem Helvetiaplatz von der Polizei umzingelt und 2½ Stunden festgehalten. Anschliessend wurden sie mit Gefangenentransport abgeführt und für 3½ Stunden in eine Zelle eingesperrt. − In welches Grundrecht wird dadurch eingegriffen? Drei Demonstranten erachteten den polizeilichen Gewahrsam als unverhältnismässig und reichten Beschwerde bei der Polizei und der Sicherheitsdirektion ein. Weder die eine noch die andere leiteten die Eingaben an das zuständige Zwangsmassnahmegericht weiter. − Welcher Verfahrensgrundsatz könnte die Polizei und die Sicherheitsdirektion damit verletzt haben? I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 1: «1. Mai-Feier» (Siehe auch BGE vom 22. Januar 2014 1C_352/2013) Art. 29 BV Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. 2 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. 1 Art. 29a BV Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Bund und Kantone können durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen. Art. 33 Abs. 2 BV Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. 2 Jede I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 2: Anspruch auf juristisch gebildeten Richter (Siehe auch BGE 134 I 16 vom 15.11.2007) Zwischen der richterlichen Unabhängigkeit und den für die Ausübung richterlicher Tätigkeit erforderlichen Bildungsvoraussetzungen besteht insofern ein Konnex, als nur ausreichende fachlich-sachliche Kenntnisse den Richter zu unabhängiger Willensbildung und richtiger Rechtsanwendung befähigen. Der Richter muss in der Lage sein, den Fall in seinen Einzelheiten zu erfassen, sich darüber eine Meinung zu bilden und das Recht darauf darauf anzuwenden. Fehlt es daran, kann nicht von einem fairen Verfahren gesprochen werden: Der Richter muss fähig sein, sich mit den Anliegen und Argumenten der Verfahrensparteien angemessen auseinanderzusetzen. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 2: Anspruch auf juristisch gebildeten Richter (Siehe auch BGE 134 I 16 vom 15.11.2007) Als vorsitzender Richter ist Urs Obrecht eingesetzt, der seit dem Jahr 1996 als vom Volk gewählter Bezirksrichter amtet. Er verfügt zwar über keine juristische Ausbildung, was allein ihn aber nach dem Gesagten nicht unfähig macht, das Richteramt auszuüben, umso weniger als die Verfahrensleitung und Entscheidfindung unter Mitwirkung eines juristisch ausgebildeten Gerichtsschreibers erfolgt. Vor diesem Hintergrund bringen die Beschwerdeführer nichts vor, was Urs Obrecht als zur Ausübung des Richteramtes unfähig erscheinen liesse. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 3: Prinzip der Justizöffentlichkeit (Siehe auch BGE 139 I 129) • Das Prinzip der Justizöffentlichkeit erlaubt Einblick in die Rechtspflege und sorgt für Transparenz gerichtlicher Verfahren. • Damit dient sie einerseits dem Schutze der direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. • Andererseits ermöglicht die Justizöffentlichkeit auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen, wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 3: Prinzip der Justizöffentlichkeit (Siehe auch BGE 139 I 129) • Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettsjustiz, will für Transparenz der Rechtsprechung sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schaffen. • Der Grundsatz ist von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Die demokratische Kontrolle durch die Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz benachteilige oder privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder Ermittlungen würden einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 4: Anspruch auf öffentliche Gerichtsverhandlung (Siehe auch BGE 134 I 331) • A. war als Kollektivgesellschafter an einer Gärtnerei für ethnobotanische Pflanzen in Brunnen beteiligt. • Im Rahmen des Strafverfahrens, welches die Untersuchungsbehörden des Kantons Schwyz gegen ihn wegen Verdachts auf Produktion von Hanf zur Betäubungsmittelgewinnung eröffnet hatten, wurden am 7. Juni 2004 sämtliche Hanfpflanzen und Produktionsanlagen der Gärtnerei mit Beschlag belegt. • A. hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verlangt. Sein Antrag wurde nicht entsprochen. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 4: Anspruch auf öffentliche Gerichtsverhandlung (Siehe auch BGE 134 I 331) • Für das Bundesgericht wird es zu Recht von keiner Seite in Frage gestellt, dass A. an sich Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gehabt hätte. • Die vom Gericht zu beurteilenden Fragen waren weder ausschliesslich rechtlicher noch hochtechnischer Natur, so dass eine persönliche Befragung bzw. Äusserungsmöglichkeit der Parteien nicht sinnlos - und damit zum vornherein überflüssig erschienen wäre I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 5: Anspruch auf öffentlichen Urteilsverkündung (Siehe auch BGE 124 IV 234) Am 19. Juli 1997 erstattete W. beim Bundesamt für Zivilluftfahrt Strafanzeige gegen den Piloten eines einmotorigen Sportflugzeuges weil dieser die Ortschaft Quinten/SG dreimal in einer Höhe von weniger als 100 m überflogen habe. Für das Verwaltungsstrafverfahren beantragte W. Parteistellung als Geschädigter und volles Akteneinsichtsrecht, was nach dem Rechtsdienst auch der Direktor des Bundesamtes für Zivilluftfahrt ablehnte. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 5: Anspruch auf öffentlichen Urteilsverkündung (Siehe auch BGE 124 IV 234) Der Grundsatz der öffentlichen Urteilsverkündung bedeutet eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Es genügt jedoch wenn die Verwaltung den im Verwaltungsstrafverfahren ausgefällten Strafbescheid für einige Zeit bei einer der Öffentlichkeit zugänglichen Kanzlei zur Einsicht durch Interessierte auflegt oder wie hier - einem Berechtigten auf besonderes Ersuchen hin Einsicht in einen Strafbescheid gewährt. Es besteht indessen kein Anspruch auf Aushändigung einer Kopie. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Dispositions- und Offizialmaxime Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz Zusammenfassung Verfassungsrechtliche Verfahrensgrundsätze (Art. 29 ff. BV) Rechtskraft − Formelle Rechtskraft (Unanfechtbarkeit) • Kein ordentliches Rechtsmittel verfügbar Rechtsmittelfrist abgelaufen Letztinstanzlicher Entscheid • = Entscheid ist vollstreckbar/bindend (auch bei inhaltlichen Fehlern) − Materielle Rechtskraft (Unabänderlichkeit – Beispiel 6) • Sachverhalt ist verbindlich geregelt • Kein neues Verfahren zulässig I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 6: Materielle Rechtskraft (siehe auch BGE 135 V 201 - 2009) S. leidet an einer verbreiteten psychischen Krankheit. Laut medizinischem Gutachten ist sie 100% arbeitsunfähig. Mit Verfügung vom 14.2.2003 spricht die IV-Stelle des Kantons X. eine 100%-Rente zu. Seitdem ergeben sich zwei Änderungen: − Bundesgericht, 2007: Arbeitsunfähigkeit − Rentenrevision, 2010: In ähnlichen Fällen nur noch 80% anerkannt IV-Stelle holt neues Gutachten. Obwohl keine Änderung des Sachverhalts, beträgt Arbeitsunfähigkeit nur noch 50% I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 6: Materielle Rechtskraft (siehe auch BGE 135 V 201 - 2009) Darauf setzt die IV-Stelle mit Verfügung vom 7.7.2010 die laufende volle Rente mit Wirkung zum 1.9.2010 auf eine 50%-Rente ab. S. erhebt Beschwerde. Das Gericht heisst die Beschwerde gut, die Rentenkürzung wird aufgehoben I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Beispiel 6: Matereielle Rechtskraft (siehe auch BGE 135 V 201 - 2009) Rechtsprechungsänderung − Führt nur in seltenen Ausnahmefällen zur Abänderung einer rechtskräftigen Verfügung (mit Wirkung für die Zukunft). → Wenn die neue Praxis derart allgemein verbreitet ist, dass ihre Nichtbefolgung gegen Gleichheitsgebot verstossen würde (z.B. wenn alte Praxis nur in Bezug auf eine geringe Anzahl von Versicherten beibehalten würde). → Hier nicht der Fall. Rentenrevision − Der zu begutachtende Sachverhalt hat sich nicht verändert, das neue Gutachten beruht nur auf einer anderen Einschätzung. Materiell rechtskräftige Verfügung bindet die Behörde. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege Fragen? I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit III. Rechtspflege 1. Allgemeines I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Üblicher Ablauf 1. Verfügung (ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird.) ↓ 2. An höhere Verwaltungsbehörde („verwaltungsinterne Rechtspflege“) • Umfassende Rechts- und Ermessenskontrolle • Spielt im Bundesverwaltungsverfahrensrecht keine grosse Rolle, ist jedoch im kantonalen Verwaltungsverfahrensrecht wichtig ↓ 3. An Verwaltungsgericht („Verwaltungsgerichtsbarkeit“) I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit III. Rechtspflege 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines zur verwaltungsinternen Rechtspflege − In der Regel: Beschwerde/Rekurs an übergeordnete Behörde (Aber: → Einsprache & Revisionsgesuch: verfügende Behörde ist auch Rechtsmittelinstanz) − Umfassende Rechts- und Ermessenskontrolle − Förmliche Rechtsmittel • Verpflichtung der übergeordneten Behörde zu entscheiden • Erhebung ist an Fristen und Formen gebunden • Hauptfall − Formlose Rechtsbehelfe • Keine Verpflichtung der übergeordneten Behörde zu entscheiden • Erhebung ist nicht an Fristen und Formen gebunden • Fälle: Aufsichtsbeschwerde, Wiedererwägungsgesuch I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines zur verwaltungsinternen Rechtspflege Beschwerde/Rekurs − Ziel: Abänderung/Aufhebung einer Verfügung − Voraussetzungen: Formelle Rechtmässigkeit Zuständigkeit (örtlich, sachlich) Beschwerdeobjekt: Verfügung Beschwerdelegitimation Keine Popularklage: Persönliches und schutzwürdiges Interesse Ausnahme: Umweltschutzrecht (ideelle Verbandsbeschwerde) (Beispiel 7) Frist: unterschiedlich, oft 10 oder 30 Tage nach Eröffnung Form: schriftlich Beispiel 7: Beschwerdeberechtigung (siehe auch BGE 141 II 233 - 2015) Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife (SVS) beantragte am 22. April 2011 beim Jagdinspektorat des Amts für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern den Erlass einer anfechtbaren Verfügung auf Feststellung seiner Beschwerdeberechtigung mit Bezug auf Abschussanordnungen des Jagdinspektorat betreffend Graureiher und Gänsesäger an der Schüss wie auch an anderen Gewässern. Künftige Abschussanordnungen seien ihm zudem mindestens 30 Tage vor der Ausführung und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen schriftlich zu eröffnen. Beispiel 7: Beschwerdeberechtigung (siehe auch BGE 141 II 233 - 2015) Parteistellung und Legitimation hängen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts weitgehend vom Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses ab Mit dieser Voraussetzung soll die unerwünschte Popularbeschwerde ausgeschlossen werden Entsprechend ist der Anwendungsbereich der Rechtsweggarantie nur bei einer im Zusammenhang mit einer individuellen, schutzwürdigen Rechtsposition stehenden Streitigkeit eröffnet Beispiel 7: Beschwerdeberechtigung (siehe auch BGE 141 II 233 - 2015) Dieser Grundsatz kann indes nicht unbesehen auf das Verbandsbeschwerderecht übertragen werden. Wo ausschliesslich öffentliche Interessen des Heimat-, Natur-, Artenund Pflanzenschutzes betroffen sind, hätte ein Festhalten am Erfordernis des Rechtsschutzinteresses empfindliche Lücken im System der Rechtspflege zur Folge. Das ideelle, spezialgesetzliche Beschwerderecht für gesamtschweizerische Organisationen des Natur- und Heimatschutzes zur Durchsetzung rein öffentlicher Interessen setzt, in Abweichung zu den allgemeinen Legitimationsvoraussetzungen, gerade weder ein schutzwürdiges persönliches (tatsächliches oder rechtliches) Interesse noch (im Gegensatz zur egoistischen Verbandsbeschwerde) die Wahrung der Interessen der Mitglieder voraus Beispiel 7: Beschwerdeberechtigung (siehe auch BGE 141 II 233 - 2015) Art. 12 NHG stellt die aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Natur- und Heimatschutz fliessende Erhaltungs- und Schonungspflicht sowie den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt in ihrer umfassenden Tragweite sicher. Die 2007 Revision des ideellen Beschwerderechts räumte den beschwerdeberechtigten Organisationen eine vollständige Parteistellung. Vorkehren staatlicher Stellen, die ein Schutzziel im Sinne von Art. 1 NHG beeinträchtigen könnten, haben in Verfügungsform zu ergehen um eine effektive Ausübung des Verbandsbeschwerderechts zu ermöglichen. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines zur verwaltungsinternen Rechtspflege Beschwerde/Rekurs − Ziel: Abänderung/Aufhebung einer Verfügung − Voraussetzungen : Materielle Rechtmässigkeit Fehlerhafte Rechtsanwendung Unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts Unangemessene Verfügung (erneute Ermessensausübung!) I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines zur verwaltungsinternen Rechtspflege Beschwerde/Rekurs − Ziel − Voraussetzungen − Wirkungen der Beschwerde • Suspensive (aufschiebende) Wirkung Zwischen Einreichung und Erledigung: angefochtene Verfügung hat keine Rechtswirkung, keine Vollstreckung möglich Kann aberkannt werden • Devolutiveffekt: Mit Einreichung wird die übergeordnete Behörde für den Entscheid zuständig − Wirkungen des Beschwerdeentscheids • Reformatorische Wirkung Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst Entscheid in Form einer neuen Verfügung tritt an die Stelle der angefochtenen Verfügung I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Fragen? I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit III. Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines − Geschichte • Relativ neues Phänomen in der Schweiz • Angst vor Justizstaat) − Richterliche Unabhängigkeit • Nicht Teil der Verwaltung • Wahl: Volk oder Parlament I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines Beschwerde − Charakter: Ordentliches Rechtsmittel, mit dem die Verfügung einer Verwaltungsbehörde aufgehoben oder abgeändert werden kann − Grundsatz: Art. 44 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) Art. 44 VwVG Die Verfügung unterliegt der Beschwerde. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines Beschwerde − Charakter − Voraussetzungen • Formelle Rechtmässigkeit Zuständigkeit (örtlich, sachlich) Beschwerdeobjekt: Verfügung der Beschwerde/Rekursinstanz Beschwerdelegitimation → Fristen und Formen • Materielle Rechtmässigkeit Fehlerhafte Rechtsanwendung Unrichtige/unvollständige Feststellung des Sachverhalts Beschränkte Überprüfung von Ermessensfehlern Beschwerdelegitimation Art. 48 Abs. 1 VwVG Zur Beschwerde ist berechtigt, wer: a. vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; b. durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und c. ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines Beschwerde − Charakter − Voraussetzungen − Wirkungen • der Beschwerde: teilweise suspensive Wirkung • des Beschwerdeentscheids Reformatorisch: Beschwerdeinstanz entscheidet selbständig Oder kassatorisch: Rückweisung an Vorinstanz zur Neubeurteilung I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Beispiel 8 : «Stadion Zürich» (Siehe auch BGE 131 II 81 (2004) • Die Stadt Zürich und die Stadion Zürich AG vereinbarten 2003 einen privaten Gestaltungsplan, der die Errichtung eines Fussballstadions im Gebiet Berner- und Pfingsweidstrasse vorsieht. • Die Stimmberechtigten sowie der Gemeinderat stimmten dem Gestaltungsplan zu. • Besonders berührt : «stärker betroffen als jedermann» • Schutzwürdiges Interesse Praktischer Nutzen, den die Gutheissung der Beschwerde verschaffen würde Beschwerderecht von Verbänden (vgl. Umweltrecht) Verband besitzt juristische Persönlichkeit Verband ist statuarisch zur Wahrung der in Frage stehenden Interessen seiner Mitglieder berufen Mehrheit der Mitglieder ist von der Verfügung betroffen Mitglieder wären selber zur Beschwerdeführung legitimiert I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Beispiel 8: «Stadion Zürich» (Siehe auch BGE 131 II 81 (2004) − Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zürich • Beschwerdelegitimation: Anwohner Verein «Interessengemeinschaft Hardturmquartier» • Umfassende Rechts- und Ermessenskontrolle: volle Kognition − Beschwerde vor Verwaltungsgericht des Kantons Zürich • Anfechtungsobjekt: ablehnender Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich • Beschwerdelegitimation − Öffentlich-rechtliche Beschwerde ans Bundesgericht • Anfechtungsobjekt: gutheissender Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich • Beschwerdelegitimation: Stadt Zürich & Stadion Zürich AG I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Allgemeines Beschwerde Subsidiäre (ausserordentliche) Verfassungsbeschwerde Art. 113 BGG Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden letzter kantonaler Instanzen, soweit keine [ordentliche] Beschwerde nach den Artikeln 72 – 83 [Beschwerde in Zivilsachen, Beschwerde in Strafsachen, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten] zulässig ist. − Anfechtungsobjekt: Nur Entscheide letzte kantonaler Instanzen − Subsidiarität: nur eröffnet, wenn ordentliche Beschwerde nicht zulässig wegen • Ausnahmekatalog Art. 83 BGG • Nichterreichen der Streitwertgrenze (Art. 74, 85 BGG) − Beschwerdegründe: Verletzung verfassungsmässiger Rechte • Insbesondere Grundrechte aus Bundesverfassung − Beschwerdefrist: i.d.R. 30 Tage I. Allgemeines II. Verfahrensgrundsätze III. Rechtspflege 1. Allgemeines 2. Verwaltungsinterne Rechtspflege 3. Verwaltungsgerichtsbarkeit Fragen?
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