Tutschek CME Mehrlinge

Mehrlinge
Boris Tutschek
Pränatal Zürich, Zürich
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Copyright © 2015 akademos Wissenschaftsverlag. All rights reserved
Reviewer: Rolf Becker, Berlin,
und Wolfgang Henrich, Berlin
244
Zusammenfassung
Mehrlingsschwangerschaften stellen besondere Anforderungen an die tägliche Praxis dar. Die wichtigste diagnostische Information, nämlich die Chorionizität, ist in der
Frühschwangerschaft leicht zu erhalten und sollte immer
dokumentiert werden; sie bestimmt die Notwendigkeit
und Häufigkeit weiterer Kontrollen. Monochoriale haben
besondere Komplikationsmöglichkeiten aufgrund ihrer
plazentaren Gefäßanastomosen. In den letzten Jahren
haben die Kenntnisse über und die Behandlungsmöglichkeiten für die Komplikationen weiter zugenommen, sodass
eine individuelle Begleitung bzw. ein Monitoring und bei
Komplikationen gezielte Therapien möglich sind.
Einleitung
Die Diagnostik und Therapie bei Zwillings- und höhergradigen Mehrlingsschwangeren stellt besondere Anforderungen an die betreuende Frauenärztin bzw. den betreuenden Frauenarzt. Dieser Artikel liefert eine Übersicht
über die wichtigsten Daten und zeigt den aktuellen Stand
relevanter Aspekte dieser Risikoschwangerschaften auf.
Zygosität, Chorionizität und Amnionizität
Die Prognose der verschiedenen Formen der Mehrlingsschwangerschaften wird in erster Linie von der Anzahl der
fetalen Anlagen und von den Plazentaverhältnissen (gemeinsame Plazenta oder in Bezug auf die Gefäßarchitektur getrennte Plazenten) bestimmt. Um die Plazentaverhältnisse (Chorionizität) zu beschreiben, wird nachfolgend
auf die Situation bei Zwillingen eingegangen; die Verhältnisse bei höhergradigen Mehrlingen lassen sich daraus als
mögliche Kombinationen ableiten.
Der Begriff »Zygosität« leitet sich von dem Ausdruck
Zygote ab, was die befruchtete Eizelle bezeichnet. Aus
einer befruchteten Eizelle können sich ein Einling oder
(zwei oder mehr) monozygote (eineiige) Mehrlinge entwickeln. Außer bei diskordantem fetalen Geschlecht
(praktisch immer dizygot, also zweieiig) oder bei monochorialer Plazentation (immer monozygot/eineiig;
s. unten) kann die Zygosität nur durch genetische oder
Blutgruppenuntersuchungen bestimmt werden; die normale Karyotypisierung, z. B. nach Fruchtwasserpunktion,
erkennt die Zygosität bei Gleichgeschlechtlichkeit nicht.
Chorionizität bezeichnet die Verhältnisse bezüglich des
Chorions oder der Chorionhöhlen (Chorion = äußere Eihaut). Die innere Eihaut, das Amnion, kann bei monochorialen Zwillingen separat angelegt sein oder beide Zwillinge
umfassen. Monozygote Zwillinge mit nur einem Chorion
werden als monochoriale Zwillinge bezeichnet. Unter
ihnen überwiegen solche mit zwei Amnionhöhlen (diamniale) gegenüber den selteneren monoamnialen. Monozygote Zwillinge mit einer frühen Trennung in zwei
Chorionanlagen werden als dichoriale Zwillinge bezeichnet und sind von dizygoten darin nicht zu unterscheiden:
Dizygote Zwillinge bilden immer zwei Chorionanlagen
aus, sind also stets dichorial. Das Vorliegen einer dichorialen Plazentation allein lässt also nicht auf die Zygosität
schließen (Abb. 1).
Unter den monozygoten Zwillingen sind etwa ein Drittel
dichorial und zwei Drittel monochorial.
Bei monozygoten Zwillingen entscheidet der Zeitpunkt
der Teilung der Zwillingsanlage über die Chorionizität:
Bei Teilung bis Tag 3 nach Konzeption entstehen dichoriale
(DC), zwischen den Tagen 4 und 8 monochorial-diamniale
(MCDA), zwischen den Tagen 9 und 12 monochorialmonoamniale (MCMA) Gemini (Abb. 2). Bei einer späteren
Teilung der monozygoten Anlage entstehen die Doppelfehlbildungen (Pagi, früher: »siamesische Zwillinge«).
Die Chorionizität ist der wichtigste prognostische Faktor
einer Zwillingsschwangerschaft. Neben der Tatsache, dass
bei allen Mehrlingsschwangerschaften die maternale Belastung prinzipiell erhöht ist, kommt es bei Monochoriale
durch die Gefäßverbindungen in der Plazenta zu Imbalancen der Blutverteilung, sodass sich z. B. bei 15 % der Frauen
ein fetofetales Transfusionssyndrom entwickelt.
Nur bei monochorialen Zwillingen spielt der Begriff Amnionizität eine Rolle: Nur monochoriale Zwillinge können
monoamnial sein. Die monoamnialen Zwillinge haben
neben den generellen Risiken der Monochorionizität
zusätzlich das Problem einer möglichen Verknotung der
Nabelschnüre der Feten.
Wie die Chorionizität kann und sollte bei Monochorialen
nach Möglichkeit auch die Amnionizität in der Frühschwangerschaft (ab der achten Woche in der Regel gut
erkennbar) dokumentiert werden.
Etwa zwei Drittel der Zwillinge sind dizygot und ein Drittel
monozygot.
Tutschek B. Mehrlinge Gynakol Geburtsmed Gynakol Endokrinol 2014; 10(3): 244–257 publiziert 30.11.2014 www.akademos.de/gyn ©akademos Wissenschaftsverlag 2014 ISSN 1614-8533
Dizygote Zwillinge
Abbildung 1: Plazentation bei dizygoten
(oben) und bei monozygoten-monochorialen Zwillingen. Im oberen Teil der
Abbildung ist die Situation dizygoter
Zwillinge gezeigt, die nur (histologisch) getrennte dichoriale Plazenten
entwickeln können. Bei monozygoten
Zwillingen kommt es bei einer sehr frühen Teilung zur dichorialen Plazentation
(wie bei dizygoten), bei Trennung nach
dem dritten Tag post conceptionem
aber stets zur monochorialen Plazentation (unterer Teil der Abb.)
DS: Dottersack;
EA: Embryonalanlage;
MCDA: monochorial-diamnial;
MCMA: monochorial-monoamnial
Dottersack
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Embryo
Amnion
Chorion
Monochoriale Zwillinge (immer monozygot)
MCDA
oder
MCMA
Zygote
Morula
Blastozyste
Chorion,
DS, EA
Chorion, DS,
EA, Amnion
Einling
Abbildung 2: Monozygote Zwillinge:
Ob sich bei Monochorialen eine oder
zwei Chorionanlagen bzw. eine oder
zwei Amnionhöhlen ausbilden, hängt
vom Zeitpunkt der Teilung ab. Je später
die Teilung stattfindet, desto unvollständiger trennen sich die Anlagen in
entweder dichoriale (DC), monochorialdiamniale (MCDA) oder monochorialmonoamniale (MCMA) Zwillinge
DS: Dottersack;
EA: Embryonalanlage
Dottersack
Embryo
Amnion
Chorion
Zygote
Morula
Blastozyste
Chorion,
DS, EA
Chorion, DS,
EA, Amnion
Monochoriale Zwillinge
DC (1/3)
MC (2/3)
DA
MA
245
Doppelbildungen
0
1
2
3
Tage post ovulationem
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
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Superfekundation und Superfetation
Bis zu jede zwölfte dizygote Zwillingsschwangerschaft
entsteht durch die Befruchtung zweier Eizellen aus unterschiedlichen Befruchtungen im selben Zyklus (Superfekundation). Bei der Superfekundation besteht die Möglichkeit
der unterschiedlichen Paternität. In einer Studie in den
USA wurde an dizygoten Zwillingen eine heteropaternale
Superfekundation bei einem von 400 Zwillingspaaren
gefunden (James 1993).
246
Nur in Fallberichten oder kleinsten Serien liegen Berichte
über Superfetation beim Menschen vor (Mehrlinge aus unterschiedlichen Zyklen); erfolgreich ausgetragene Schwangerschaften sind beschrieben. Superfetation wurde auch
als eine mögliche (seltene) Erklärung für wachstumdiskordante Zwillinge beschrieben (Harrison et al. 2005), wenn
auch diese Konstellation bei gut dokumentierten FrühUltraschallen sehr selten vorkommen dürfte (Tuppen et al.
2002).
Inzidenz
Die Rate an monozygoten Zwillingen ist weltweit ähnlich
und annähernd konstant (ca. vier auf 1.000), aber mehreiige Mehrlinge nehmen weiter zu, und zwar besonders
durch reproduktionsmedizinische Maßnahmen (ovarielle
Stimulation und IVF). Steigendes mütterliches Alter und
eine positive Familienanamnese erhöhen ebenfalls ihr Auftreten. Zudem gibt es ethnische Variationen der Inzidenz.
Während nach der 100 Jahre alten Hellin-Regel auf
85 Einlinge ein Zwillingspaar (1,2 %) kam, zeigen aktuellere
Zahlen für die letzten 30 Jahre durch steigendes mütterliches Alter und assistierte Reproduktion einen Anstieg der
Mehrlinge, z. B. für die USA, auf etwa 33 pro 1.000 Geburten (3,3 %). 30–50 % der Zwillinge und 75 % der Drillinge
entstehen durch assistierte Reproduktion (Blondel u.
Kaminski 2002). Alle höchstgradigen Mehrlingsschwangerschaften (sechs oder mehr Feten) stammen aus Behandlungen mit Ovulationsinduktion (Jones 2002). 40 %
aller Kinder, die nach assistierter Reproduktion geboren
werden, sind Mehrlinge (Kowalcek 2004).
Klinische Bedeutung
Durch die ausgeprägte Frühgeburtlichkeit, häufiger
auftretende intrauterine Mangelentwicklung und einige
spezifische Fehlbildungen haben Mehrlingsschwangerschaften im Vergleich zu Einlingen einen höheren Anteil
an der perinatalen Morbidität und Mortalität.
Tabelle 1: Morbidität und Mortalität bei Einlingen und Mehrlingen
(ACOG 2004)
Eigenschaft, Risiko
Einlinge Zwillinge Drillinge Vierlinge
mittleres Gestationsalter bei
Geburt (Wochen)
40
35,3
32,2
29,9
mittleres Geburtsgewicht
3.500 g
2.400 g
1.700 g
1.300 g
relatives Risiko
für eine spastische
Zerebralparese
x1
x4
x 17
relatives Risiko
für ein Versterben
im 1. Lebensjahr
x1
x7
x 20
Natürlicher Verlauf
In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen (SSW) ist die
spontane Verlustrate einzelner polychorialer Mehrlingsanlagen hoch (»vanishing twin«). Bei Zwillingen, die vor der
siebten SSW sonografisch gesichert werden, beträgt die
Verlustrate einer Anlage bis zum Ende des ersten Trimesters 36 %, bei Drillingen und Vierlingen gar 53 bzw. 65 %.
Solche Schwangerschaften mit einem (oder mehreren)
»vanishing twin« tragen für ihren restlichen Verlauf auch
ein höheres Risiko für eine Frühgeburt und intrauterine
Mangelentwicklung (Dickey 2005).
Monochoriale Mehrlinge haben eine schlechtere Prognose als nichtmonochoriale Mehrlinge. Neben den sehr
seltenen fetalen Doppelfehlbildungen (Pagi) wirken sich
Ungleichheiten der plazentaren Gefäßanastomosen aus.
Bei 30 % der Zwillinge kommt es zu milden und bei 15 %
zu ausgeprägten Ungleichgewichten der Blutverteilungen,
wobei ein »Pump-Zwilling« (Donor) dem »EmpfängerZwilling« (Rezipient) Blut zupumpt. Beim Vollbild dieses
fetofetalen Transfusionssyndroms (FFTS) beträgt die
Schwangerschaftsverlustrate unbehandelt 80–90 %.
Das FFTS trägt in erster Linie zur deutlich höheren Verlustrate der monochorialen im Vergleich zu dichorialen
Mehrlinge bei, die sich zum großen Teil in Aborten vor
der 25. SSW niederschlägt; auch danach noch verlaufen
solche Schwangerschaften häufiger kompliziert.
Monochoriale Zwillinge haben ein geringeres Geburtsgewicht und eine höhere perinatale Mortalität (relatives
Risiko x 2,5) als dichoriale. Bei den seltenen monoamnialen
Zwillingen mit einer perinatalen Mortalität von bis zu 23 %
spielen vor allem Nabelschnurverschlingung und Frühgeburtlichkeit (teils iatrogen) die wichtigste Rolle, daneben
eine erhöhte Fehlbildungsrate (bis 26 %) und zusätzlich die
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Möglichkeit eines fetofetalen Transfusionssyndroms (Plath
et al. 2001; Sairam et al. 2002).
die natürliche Variation der (frühen) SSL von allen biometrischen Maßen die geringste ist und eine frühe diskordant
kleine SSL auf eine fetale Fehlbildung, seltenst aber nur
auf eine Superfetation (s. oben) hinweisen dürfte.
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Diagnosemöglichkeiten
Ultraschall zur Diagnostik von Mehrlingen
Zu den gesicherten und anerkannten, nachweisbar positiven Effekten der Routineultraschalldiagnostik in der
Schwangerschaft gehört die zuverlässige Erkennung von
Mehrlingsschwangerschaften. Wird in der Schwangerschaft hingegen kein Routineultraschall durchgeführt,
bleiben bis zur 26. SSW gut ein Drittel und 13 % der
Zwillingsschwangerschaften sogar bis zur Geburt unerkannt (RADIUS-Studie, LeFevre et al. 1993).
Datierung
Die Datierung bei spontan entstandenen Mehrlingsschwangerschaften erfolgt am genauesten durch die
möglichst frühe Messung der Scheitel-Steiß-Länge (SSL).
Die SSL sollte dafür idealerweise unter 40 mm liegen, weil
danach die SSL vom Flexionsstatus des Embryos abhängt
und damit weniger korrekt ist. Wenn technisch korrekte,
aber diskordante Messwerte der Mehrlinge vorliegen, hat
sich bewährt, nach dem größten Mehrling zu datieren, da
Chorion- und Amnionverhältnisse
Ultraschall ist ideal zur Bestimmung der Chorionizität
im ersten Trimester geeignet. In diesem Zeitraum ist die
Choriondiagnostik einfach und zuverlässig (Abb. 3–8).
Im Verlauf der Schwangerschaft werden die dann noch
verwendbaren Zeichen zunehmend unsicher: Während das
Lambda-Zeichen (λ, Abb. 5 und 6) noch relativ sicher die dichoriale von der monochorialen Anlage (mit »T-Zeichen«,
Abb. 7b) unterscheidet, ist die Beurteilung der Dicke der
Trennwand oder das Abzählen der Lagen der Trennwand
viel weniger zuverlässig. Am einfachsten gelingt der Nachweis einer dichorialen Anlage, wenn zwischen der sechsten und achten SSW bei monochorialen ein, bei dichorialen Gemini zwei echoreiche Chorionanlagen erkennbar
sind (Abb. 4, 5 und 7).
Abbildung 3: Schematische Darstellung der sonografischen Zeichen
der Mono- und Dichorionizität sowie der Amnionizität im 1. Trimester
DCDA: dichorial-diamnial; MCDA: monochorial-diamnial; MCMA:
monochorial-monoamnial
Dichoriale Zwillinge
DCDA
Monochoriale Zwillinge
MCDA
247
oder
MCMA
0
Postmenstruelles
Gestationsalter
5. SSW
6. SSW
8. SSW
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a
Abbildung 4: Monochoriale Zwillinge der 6. SSW. Neben den beiden
Dottersäcken sind gerade eben die Embryonalanlagen erkennbar. Die
eventuellen Amnionmembranen sind hier noch nicht darstellbar und
müssten in diesem Fall mit 8–10 SSW nachuntersucht werden.
a
Abbildung 7: Monochoriale diamniale Zwillinge in der 9. SSW (a) und
in der 29. SSW (b)
In der 9. SSW (a) kommen in einer Chorionhöhle (dicker weißer Saum)
zwei feine Amnionhöhlen zur Darstellung. Sie sind als feine Membranen am besten ab der 7.–9. SSW erkennbar. Die Konfiguration der
beiden angrenzenden Amnionmembranen dieser monochorialen
Schwangerschaft nahe der Uteruswand bzw. dem Chorion darf nicht
mit dem Lambda-Zeichen (typisch für dichoriale Zwillinge, s. gleich
alte Schwangerschaft in Abb. 5) verwechselt werden.
In der 29. SSW (b) setzt die ganz dünne diamniale Membran ohne
chorionalen Gewebekeil an der Wand an, sodass das Bild eines (umgekehrten) »T« entsteht (»T-Sign«).
b
Abbildung 5: Dichoriale Zwillinge der 9. SSW im zweidimensionalen
(a) und dreidimensionalen Ultraschallbild (b). Die Trennwand zwischen den Embryonen besteht (histologisch) aus zwei Lagen Amnion
(in beiden Aufnahmen aufgrund des jungen Gestationsalter nicht
sichtbar) und zwei Lagen Chorion (nicht getrennt darstellbar, sondern
als eine dicke Trennwand imponierend). Diese Aufnahme zeigt,
warum der frühe Ultraschall praktisch absolut sicher zur Beurteilung
der Chorionizität geeignet ist. Besonders im 3D-Bild ist gut zu erkennen, wie sich die dichoriale Trennwand zwischen den Embryonen
ausdünnt, sich am Ansatz in Richtung Uteruswand aber eindeutig im
Sinne eines Lambda-Zeichens darstellt; jedoch ist bereits das 2D-Bild
diagnostisch ausreichend.
a
b
a
b
Abbildung 8: Trichoriale Drillinge mit 6 SSW (a) und 10 SSW (b).
Der griechische Kleinbuchstabe λ markiert das Lambda-Zeichen
als Hinweis auf eine dickere (di-)choriale Trennwand.
b
Abbildung 6: Zeichen einer dichorialen Plazentation: Lambda-Zeichen
mit 14 SSW (a; relativ sicheres Zeichen) und mit 24 SSW dicke Zwillingstrennwand (b; unsichereres Zeichen)
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Ab der achten SSW sollten bei Monochorialen die Amnionverhältnisse untersucht und festgelegt werden, ob monooder diamniale Zwillinge vorliegen. Streng genommen ist
die Beschreibung der Amnionizität nur bei monochorialen
Mehrlingen relevant, da nur sie monoamnial sein können.
Anders als die Chorionizität, die am einfachsten und
sichersten zu diagnostizieren ist, sobald eine oder eben
zwei Chorionhöhlen erkennbar sind (also ab der sechsten
SSW), erfordert sie die Ausbildung detektierbarer Amnionmembranen um den sich entwickelnden Embryo, was (oftmals vaginalsonografisch) am besten zwischen der achten
und zehnten SSW möglich ist (s. Abb. 7).
Sollte die Chance der sicheren Diagnose der Chorionizität
während der ersten zehn SSW ungenutzt verstrichen sein,
können im weiteren Verlauf noch andere, jedoch weniger
verlässliche Membranzeichen untersucht werden. Bei
Dichorialen hat sich die Betrachtung der Form des plazentaren Membranansatzes zwischen den Zwillingen
bewährt. Dichoriale Zwillinge sind gekennzeichnet durch
einen gewebigen Sporn, der sich zwischen die Amnionmembranen schiebt, wo das Chorion frondosum (später:
Plazenta) ins Chorion laeve (später: reduzierte Zotten
zwischen den Amnionlagen) übergeht. Dafür hat sich der
Begriff des »Lambda-Zeichens« durchgesetzt, weil dieser
Gewebesporn dem griechischen Kleinbuchstaben λ ähnelt
(s. Abb. 5 und 6). Während das Lambda-Zeichen noch relativ zuverlässig ist, sind im weiteren Verlauf der Schwangerschaft die »Membranzeichen« (Dicke der Membran,
Anzahl der darstellbaren Lagen) deutlich weniger zuverlässig (Tutschek et al. 1998).
Bei monochorialen-diamnialen (MCDA-)Zwillingen ist
diese Stelle durch das Fehlen der Chorionlagen deutlich
weniger echogen. Die MCDA-Trennwand zwischen den
Zwillingen inseriert, vor allem wenn sich die Amnionhaut
mit etwa 15 SSW dem Chorion angelegt hat, eher rechtwinklig, wofür auch der Begriff »T-Zeichen« verwendet
wird (s. Abb. 7). In der späteren Schwangerschaft kann
durch den Nachweis eines diskordanten Geschlechts bei
Zwillingen aber immer noch sehr sicher die Diagnose der
dichorialen Situation bewiesen werden (Plath et al. 2001).
Nach der Geburt sollte die Hebamme bzw. der Geburtshelfer von Zwillingen durch stumpfes Abziehen der Amnion- und Chorionlagen die Eihautverhältnisse untersuchen und dokumentieren (Abb. 9).
Abbildung 9: Sichere Chorionizitätsdiagnostik nach der Geburt:
dichoriale Trennwand. Beachte die glatte, klare Amnionmembran
und das davon hier stumpf abgetrennte, aufgeraut wirkende
Chorion laeve.
Messung der Nackentransparenz bei Mehrlingen
Zur Einschätzung des individuellen Risikos für das Vorliegen einer Trisomie 21 hat sich bei Zwillingen ebenso
wie bei Einlingen aus allen verfügbaren nichtinvasiven
Methoden die Nackentransparenz(NT)-Messung etabliert.
In das Hintergrundrisiko gehen das maternale Altersrisiko und eine eventuelle vorherige Schwangerschaft mit
Aneuploidie ein. Wie bei Einlingen ergibt die Abweichung
der gemessenen NT vom erwarteten Mittelwert für ein
gegebenes Gestationsalter (bestimmt über die SSL) den
Wahrscheinlichkeitsfaktor (»likelihood ratio«). Dieser
ergibt, multipliziert mit dem Hintergrundrisiko, das individuelle Risiko des Fetus. Über diese Möglichkeit einer individuellen Risikoeinschätzung sollten Mehrlingsschwangere
beraten werden (Crombach u. Tutschek 2004).
Bei monochorialen (und damit immer monozygoten)
Zwillingen haben in der Regel beide Feten denselben
Chromosomensatz: Entweder sind beide aneuploid oder
beide euploid. Auf den seltenen Fall eines Heterokaryotyps
wird hier nicht eingegangen. Für die Risikoberechnung
bzw. Trisomie 21 wird der mittlere NT-Wert beider Feten in
die entsprechende Formel eingesetzt. Bei monochorialen
Zwillingen kann eine NT-Erhöhung aber auch auf ein erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung eines fetofetalen
Transfusionssyndroms hinweisen, was bei der Beratung
und weiteren Betreuung einer solchen Schwangerschaft
beachtet werden sollte.
Eine dizygote Situation kann, insbesondere zum Zeitpunkt
des NT-Ultraschalls, praktisch nicht bewiesen werden.
Deswegen kommen bei dichorialen Zwillingen für die
Risikobeurteilung die Möglichkeit einer monozygoten
dichorialen Anlage (beide Zwillinge identischer Karyotyp,
s. oben) und die einer dizygoten Anlage (zweimal das
Chromosomenrisiko eines Einlings), jeweils multipliziert
mit der Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Plazentation,
zusammen (Crombach et al. 1998).
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Seit 2012 ist im deutschen Sprachraum die nichtinvasive
Testung (NIPT) auf fetale Trisomien aus dem mütterlichen Blut verfügbar. NIPT wird mittlerweile auch für
Mehrlingsschwangerschaften angeboten. NIPT kann allerdings und gerade bei Mehrlingen nicht die sonografische
Diagnostik und auch nicht die Risikobeurteilung (NTMessung u. a.) im späten ersten Trimester ersetzen.
250
Erkennung angeborener Fehlbildungen durch Ultraschall
Die Rate angeborener Fehlbildungen ist bei monozygoten
Zwillingen mit 3,7 % etwas höher als bei dizygoten (2,5 %),
die wiederum auf dem Fehlbildungsniveau von Einlingen
liegen (Campana u. Roubicek 1996; Chen et al. 1992). Bei
Vorliegen einer strukturellen Anomalie ist Diskordanz die
Regel, nur bei 4–19 % der untersuchten Zwillingsschwangerschaften finden sich konkordante Anomalien. Außer
den nur bei Monochorialen vorkommenden Anomalien
wie Pagi (»siamesische Zwillinge«) und dem Akardius
finden sich bei Zwillingen keine bestimmten Anomalien
deutlich gehäuft. Bei den Monochorialen treten nichtchromosomale Fehlbildungen in der Regel diskordant,
also nur bei einem Mehrling auf.
Erfahrene Untersucher erzielen bei Zwillingen ähnliche
vorgeburtliche Entdeckungsraten angeborener Fehlbildungen wie bei Einlingen (Cameron et al. 1983; Little u.
Bryan 1986). Der bei Mehrlingen immer erhöhte Untersuchungsaufwand und die oft eingeschränkten Untersuchungsbedingungen sollten mit den Eltern allerdings
besprochen und auch dokumentiert werden.
Invasive Diagnostik
Prinzipiell stehen in der Zwillings- und höhergradigen
Mehrlingsschwangerschaft dieselben invasiven genetischen Verfahren zu Verfügung wie bei Einlingen. In der
Regel sollten alle Fruchthöhlen untersucht werden, wobei
bei sicher monochorialer Plazentation von manchen Autoren auch die Beschränkung auf die Punktion einer Amnionhöhle oder des einen Chorions angegeben wird; allerdings
ist das Auftreten eines Heterokaryotyps bei monozygoten
Zwillingen beschrieben (Leung et al. 2009).
Bei einer Amniozentese bei Mehrlingen kann durch die
Instillation eines inerten, nichttoxischen Farbstoffes wie
Indigokarmin nach der Punktion einer Fruchthöhle und vor
Entfernen der Nadel das Fruchtwasser dieser Höhle angefärbt werden, sodass bei Punktion der nächsten Höhle eine
Verwechslung ausgeschlossen ist. Dieses Vorgehen kommt
heute bei Zwillingen aber nur noch in Ausnahmefällen
zu Anwendung, da durch die modernen sonografischen
Verfahren die Zuordnung der Amnionhöhlen auch so
gelingt; es kommt somit nur bei höhergradigen Mehrlingen infrage. Die Punktion beider Chorionhöhlen durch
nur einen Haut- und Uteruseinstich, bei der die Nadel
unter Ultraschallsicht die Trennwand durchtritt, wird ebenfalls erfolgreich angewendet.
Fetofetales Transfusionssyndrom, sIUGR, TAPS und TRAP
Das fetofetale Transfusionssyndrom (FFTS) ist eine
hämodynamische Störung monochorialer Zwillinge, bei
der es durch eine unbalancierte plazentare Anastomose
zu einem Ungleichgewicht der Blutverteilung zwischen
den Zwillingen kommt. Der im Verlauf im Wachstum
oft zurückbleibende »Pump-Zwilling« (Donor) pumpt
chronisch Blut zum »Empfänger-Zwilling« (Rezipient).
Der Rezipient entwickelt daraufhin ein z. T. ausgeprägtes
Polyhydramnion, was häufig erstmals klinisch auf diese
Störung hinweist, während der Donor in der ausgeprägten
Form ohne Fruchtwasser in seiner Amnionmembran wie
eingepackt (»stuck twin«) erscheint. Die früher gebräuchlichen, ursprünglich pädiatrischen Kriterien wie Gewichtsdiskordanz oder Konzentrationsunterschiede im Hämoglobin bei Geburt hat man für die pränatale Diagnostik des
FFTS verlassen; stattdessen wird die Diagnose in der Regel
aufgrund der typischen Ultraschallbefunde gestellt, insbesondere Polyhydramnion (tiefstes Depot 8–10 cm nach 20
Wochen)/Oligohydramnion bzw. Polyhydramnion/Anhydramnion bei Monochorialen (Sueters u. Oepkes 2014).
Bei 32 % der monochorialen Zwillinge kommt es mit
15–17 SSW zu einer Diskordanz der Fruchtwassermengen
als Ausdruck eines milden FFTS. In 15 % entwickelt sich das
Vollbild des FFTS mit »stuck twin«, das unbehandelt in
80–90 % in einem Abort endet (Sebire et al. 1997).
Als Stadieneinteilung hat sich die Klassifizierung nach
Quintero bewährt (Quintero et al. 1999; Tab. 2).
Tabelle 2: Stadieneinteilung des fetofetalen Transfusionssyndroms
(FFTS) nach Quintero et al. 1999
Fehlende
Auffällige
IntraOligo-/Poly- Blasenfüllung Doppleruteriner
Stadium hydramnion* des Donors
werte** Hydrops Fruchttod
I
+
–
–
–
–
II
+
+
–
–
–
III
+
+
+
–
–
IV
+
+
+
+
–
V
+
+
+
+
+
* Oligohydramnion: maximales vertikales Fruchtwasserdepot
≤ 2 cm; Polyhydramnion: maximales vertikales Fruchtwasserdepot
≥ 8 cm (oder > 10 cm jenseits 20 Wochen)
** Folgende Dopplerauffälligkeiten vorhanden: abwesender oder
negativer diastolischer Fluss in der Umbilikalarterie oder im Ductus
venosus oder pulsatiler Fluss in der Umbilikalvene
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Als kausale Therapie kommt in den ausgeprägten Fällen
mit »stuck twin« und gespanntem Polyhydramnion die
endoskopische Laserkoagulation der kommunizierenden
Blutgefäße auf der fetalen Plazentaoberfläche infrage.
Diese Laserbehandlung hat gegenüber der auch schwangerschaftsverlängernd wirkenden Amniondrainage, der
älteren und im fortgeschrittenen Gestationsalter (ab
25 SSW) auch heute noch empfohlenen Behandlung, die
Vorteile der höheren fetalen Überlebensraten (ein oder
zwei überlebende Feten bei 75 % der Lasergruppe versus
60 % in der Amniondrainagegruppe, p = 0,033) und besseren neurologischen Ausgangs (pathologische Schädelsonografie 3 % versus 19 %, p = 0,003; Hecher et al. 1999).
Die TAPS ist auch eine Komplikation nach Laserbehandlung des FFTS.
Die schwerste Form der Zirkulationsstörung bei Monochorialen stellt die »Twin Reversed Arterial Perfusion«Sequenz, abgekürzt TRAP, dar. Einer Theorie nach geht
durch eine frühe, stark ausgeprägte Pumpsituation beim
Empfänger-Zwilling die Herzanlage zugrunde. Dieser dann
»parasitische« Zwilling, dem neben einem Herz auch die
obere Körperhälfte mehrheitlich fehlt (Akranius-Akardius)
und der als amorphes perfundiertes Gewebe mit Knochenanteilen imponiert (Abb. 10), wird ausschließlich vom
Ko-Zwilling perfundiert; typisch ist die umgekehrte Perfusionsrichtung in der Aorta des Akardius.
Ebenfalls nur bei Monochorialen bzw. durch die gemeinsame Plazenta mit der verbundenen Angioarchitektur
kommen durch ein Ungleichgewicht der Blutverteilung
zwischen Monochorialen sowie durch eine ungleiche
Verteilung der perfundierten Anteile an der Plazenta die
»Twin Anemia Polycythemia Sequence« (TAPS) und die
selektive intrauterine Wachstumsretardierung (sIUGR) vor
(Sueters u. Oepkes 2014).
Bei Monochorialen kann die sIUGR einem FFTS ähneln:
Der sIUGR-Fetus hat typischerweise weniger Fruchtwasser und kann auffällige Dopplerwerte zeigen; der normal
gewachsene Ko-Zwilling zeigt aber kein Polyhydramnion
und auch keine dopplersonografischen Zeichen der kardialen Volumenbelastung. Anders als beim FFTS werden die
besten Therapieoptionen bei sIUGR (inkl. Laserkoagulation
der kommunizierenden Gefäße) derzeit noch diskutiert.
Aufgrund der monochorialen Plazentation finden sich
bei sIUGR besondere Dopplerzeichen der sIUGR-Feten,
vermutlich aufgrund von arterioarteriellen Anastomosen,
die zu einem wechselnden Muster mit intermittierendem
enddiastolischen Flussverlust führen. Für die typischen
Muster des umbilikalarteriellen Dopplermusters bei
sIUGR-Feten wird die Klassifikation nach Gratacós verwendet (Gratacós 2007), die nach Vorhandensein oder Fehlen
des umbilikalen enddiastolischen Flusses (EDF) unterscheidet: Beim Typ 1 ist der umbilikale EDF durchgehend
positiv, beim Typ 2 durchgehend fehlend; beim Typ 3 fehlt
intermittierend der EDF. Typ 3 entsteht vermutlich durch
großlumige Anastomosen und bedingt ein höheres Risiko
für einen intrauterinen Fruchttod (IUFT) und neurologische Schäden.
Die dritte Variante der ungleichen Zirkulation über plazentare Anastomosen bei Monochorialen stellt die TAPS
dar, die in 3–5 % der Monochorialen auftritt. Bei der TAPS
bestehen große Hämoglobinunterschiede zwischen den
Zwillingen, aber keine relevante Differenzen von Fruchtwasser und Schätzgewicht, vermutlich weil sich die ungleiche Blutverteilung über wenige, kleine arteriovenöse
Anastomosen langsam entwickelt. Dementsprechend
zeigen die Maximalgeschwindigkeiten in den Aa. cerebri
mediae Hinweise für eine Anämie bzw. Polyzythämie.
Abbildung 10: Tomografische Darstellung eine Akardius-Zwilllings
ohne erkennbare normale Anatomie, aber mit deutlicher Perfusion
(durch den Ko-Zwilling)
Zervixultraschall
In den letzten Jahren hat sich der Wert der sonografischen
Beurteilung der Zervixlänge als bester Prädiktor der Frühgeburtswahrscheinlichkeit, besonders in Risikokollektiven,
etabliert. Dabei wurden z. B. für den Zervixultraschall mit
23 SSW für asymptomatische Schwangere mit Einlingen
bzw. Mehrlingen Grenzwerte von 15 bzw. 25 mm Restzervixlänge vorgeschlagen, bei deren Unterschreitung das
Risiko einer bedrohlichen Frühgeburt deutlich ansteigt.
Allerdings konnten bei asymptomatischen Schwangeren
mit sonografisch verkürzter Zervix diese Messungen nicht
diejenigen Schwangeren identifizieren, die nachweislich
von einer Zerklage profitieren.
251
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252
Wachstumsultraschall und Begleitung während der
Schwangerschaft
Das Wachstum von normal entwickelten Zwillingen unterscheidet sich – zumindest in den ersten beiden Trimestern
– nicht deutlich von dem von Einlingen. Allerdings tritt bei
Zwillingen öfter eine Wachstumsrestriktion auf als bei Einlingen (Branum u. Schoendorf 2003), wahrscheinlich durch
eine anatomisch begrenzte Kapazität der Plazenta/Plazenten und des Uterus. Daraus leitet sich die Empfehlung ab,
häufiger als bei Einlingen (bei unkomplizierten Zwillingsschwangerschaften z. B. alle vier Wochen) die Biometrie im
Verlauf zu kontrollieren.
Geschätztes Fetalgewicht (g)
6000
95 %
5000
4000
3000
5%
2000
1000
+
Eine besondere Form der Wachstumsdiskrepanz stellt
darüber hinaus das fetofetale Transfusionssyndrom monochorialer Zwillinge dar, in dessen Verlauf der »pumpende
Zwilling« typischerweise im Wachstum zurückbleibt; in
der Regel wird aber vorher die Schwangere aufgrund des
in diesem Fall obligaten Polyhydramnions symptomatisch.
Bei dichorialen Zwillingen mit grob diskordantem Wachstum kann es nach Gestationsalter und den verfügbaren
Möglichkeiten der Neonatologie unter Umständen sinnvoll sein, das intrauterine Versterben eines schwerst
wachstumseingeschränkten Zwillings in Kauf zu nehmen,
um bei frühzeitiger Entbindung bei drohendem intrauterinen Versterben den zweiten Zwilling nicht durch Frühgeburtlichkeit zu gefährden. Diese Überlegungen können
nur durch eine intensive multimodale Überwachung – einschließlich venösem Doppler, um eine drohende kardiale
Dekompensation zu erkennen – sowie nach Beratung mit
den Neonatologen und unter intensiver Einbeziehung der
Patientenwünsche entschieden werden (Abb. 11). Erst ab
einer Gewichtsdiskordanz von 15–40 % steigt laut Literaturangaben das Risiko eines ungünstigen Ausgangs.
Eine ungleiche Verteilung der perfundierten Plazentaareale kann bei monochorialen Zwillingen ohne Tranfusionssyndrom zu einer Wachstumsdiskrepanz führen
(sIUGR), wie oben ausgeführt. Bei monochorialen Zwillingen ist mit möglichen zusätzlichen Komplikationen für
den zweiten Zwilling bei einem versterbenden wachstumsverzögerten Zwilling zu rechnen. Durch die bei Monochorialen immer bestehenden Gefäßanastomosen droht
beim IUFT des einen das Verbluten des anderen Zwillings
in das nicht mehr perfundierte Plazentaareal oder bei
Überleben schwere neurologische Schädigungen durch
die passagere Minderperfusion.
22
+
26
+
30
+
34
38
42
Woche
Abbildung 11: Klinisches Beispiel für grob gewichtsdiskordante, strukturell unauffällige monochoriale Zwillinge
(kein Transfusionssyndrom); mit 32+5 SSW beim intrauterin wachstumsgehemmten (IUGR-)Feten erstmals enddiastolisch umbilikaler Nullfluss, Reverse-Flow im Ductus
venosus während der a-Welle und seit Längerem »brain
sparing«, daraufhin primäre Sectio caesarea: Geburtsgewichte 1.630 g/520 g, pH 7,30/7,21, kurzfristiger neonatologischer Verlauf bei beiden Kindern unkompliziert
Geburt bei Mehrlingen
Zeitpunkt
Das mittlere Gestationsalter, bei dem Mehrlinge spontan
zur Welt kommen, liegt für Zwillinge, Drillinge und Vierlinge etwa bei 35, 32 und 30 SSW. Dem sollte bei der Beratung
einer werdenden Mehrlingsmutter und für die Geburtsplanung Rechnung getragen werden.
Der in Bezug auf perinatale Morbidität und Mortalität
beste Entbindungszeitpunkt für Zwillinge konnte durch
Untersuchungen des Langzeitausgangs nach Entbindungen zu unterschiedlichen Gestationsaltern beschrieben
werden: Die perinatale Mortalität (PNM) von Zwillingen
ist zwischen 36+0 und 38+0 SSW am geringsten, zum Vergleich liegt sie bei Einlingen aber bei 39+0 bis 41+0 SSW
(Kahn et al. 2003). Allerdings wird diese minimale PNM
mit einer etwas erhöhten Prävalenz pulmonaler Unreife zwischen 36+0 und 37+0 SSW gegenüber jenseits
38+0 SSW erkauft (Chasen et al. 1999; Chervenak et al.
1985). Die US-amerikanische Fachgesellschaft American
College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) empfiehlt, dass Zwillinge bis 40+0 SSW geboren sein sollten
(ACOG 1998).
Als Sonderfall werden monoamniale Zwillinge betrachtet,
für die aufgrund von möglichen Nabelschnurkomplikationen (Verknotung der beiden Nabelschnüre) und der sich
daraus ergebenden deutlich erhöhten Rate an IUFT aber
Tutschek B. Mehrlinge Gynakol Geburtsmed Gynakol Endokrinol 2014; 10(3): 244–257 publiziert 30.11.2014 www.akademos.de/gyn ©akademos Wissenschaftsverlag 2014 ISSN 1614-8533
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unterschiedliche Regime empfohlen werden. Wahrscheinlich ist die Gefahr eines doppelten IUFT vor der
32. SSW am größten, jedoch kann z. B. auch eine engmaschige stationäre Überwachung dieses Problem nicht
sicher verhindern. Bei monoamnialen Zwillingen sollte
eine primäre Schnittentbindung erfolgen.
Modus
In erster Linie bestimmt die Lage des vorangehenden
Feten den empfohlenen Geburtsmodus von Zwillingen,
daneben auch das Gestationsalter bei Entbindung und
ein eventueller Unterschied im Schätzgewicht.
Es gibt keine harten Beweise für die generelle Überlegenheit einer (primären) Schnittentbindung für Zwillinge
(Hogle et al. 2003). Allerdings lassen manche Studien
ein höheres Entbindungsrisiko für den zweiten Zwilling
vermuten. In einer retrospektiven Studie an 2.436 Zwillingsgeburten nach 36 SSW war bei primärer Sektio die
Rate an intrapartal verstorbenen zweiten Zwillingen 0,
nach intendierter vaginaler Geburt aber 1/350; die Rate an
sekundären Sectiones lag in der Gruppe der vaginal begonnenen Zwillingsgeburten bei 24 % (Smith et al. 2002).
Eine andere große Studie über 599 »zweite Zwillinge«
fand jedoch keine erhöhte Mortalität oder schwerwiegende Morbidität gegenüber Einlingen, sondern nur eine
höhere Rate an 1-min-APGAR-Werten < 7 und häufiger die
Notwendigkeit einer Beatmung direkt nach der Geburt
(Sibony et al. 2003).
Bei Zwillingsgeburten mit Schädellage des ersten Kindes
und ohne Gewichtsdiskordanz über 500 g zuungunsten
des führenden Kindes würden die meisten Kliniken eine
vaginale Entbindung anbieten. In 80 % der Fälle lässt sich
nach der Geburt des ersten Kindes das zweite, sollte es
nicht in Steißlage (SL) liegen, erfolgreich in SL wenden
(Chervenak et al. 1992).
Verfügung stehen. Bei guter durchgehender Überwachung
und normalem CTG des zweiten Zwillings gibt es keine
zwingende Höchstdauer des Geburtsintervalls. Jedoch
erscheint ein aktives Management der Geburt unter optimaler Überwachung, ggf. mit Oxytocintropf, nach Effekt
und externer Schienung in Längslage und transvaginalem
Führen des Köpfchens ins Becken sinnvoll.
Bei geplanten Mehrlingsgeburten sollten ein pädiatrisches
Team, das die Anzahl der erwarteten Kinder versorgen
kann, sowie ein Anästhesist anwesend sein.
Höhergradige Mehrlinge, monoamniale Zwillinge
Die meisten Kliniken empfehlen für höhergradige Mehrlinge und monoamniale Zwillinge die primäre Schnittentbindung.
Zweizeitige Entbindung
Bei unaufhaltsamer und sehr früher Frühgeburt kann bei
Fehlen zwingender Indikationen zur Beendigung der gesamten Schwangerschaft wie Entzündungszeichen u. a. in
manchen Fällen der Versuch unternommen werden, nach
Geburt eines Zwillings oder Mehrlings den oder die anderen Feten in utero zu belassen, um ein kritisch geringes
Gestationsalter zu verlängern. Dieses Vorgehen kann vor
allem vor 26 SSW – gegenwärtig aber als nicht universell
akzeptiertes klinisches Vorgehen – erwogen werden. Als
Kontraindikationen werden Monochorionizität, mütterliche Erkrankungen und fetale oder andere geburtshilfliche
Entbindungsindikationen angegeben. Tokolyse, engmaschige Infektionskontrolle und prophylaktische Antibiose
und Zerklage werden dabei empfohlen. Bei Entzündungszeichen (Amnioninfektionssyndrom) muss die letztendliche Geburt herbeigeführt werden (Porreco et al. 1998).
Summary
Wenn eine vaginale Entbindung für Zwillinge geplant ist,
sollte eine frühzeitige Periduralanästhesie erwogen werden. Es muss die Möglichkeit zur eiligen Sectio caesarea
jederzeit vorhanden sein (unmittelbare Anästhesiepräsenz), da die Rate an sekundären Sectiones bei Zwillingsschwangerschaften erhöht ist und in manchen Fällen die
abdominale Schnittentbindung des zweiten Zwillings
eilig erfolgen muss. Über dieses Risiko sollte eine Zwillingsschwangere mit angestrebter vaginaler Entbindung
aufgeklärt werden.
Während einer vaginalen Zwillingsentbindung sollten
beide Kinder (durchgehend) per Kardiotokografie (CTG)
überwacht oder nötigenfalls durch Ultraschall kontrolliert
werden. Als anzustrebendes längstes Geburtsintervall
für den zweiten Zwilling wird häufig 30 min angegeben.
Besonders nach der Entbindung des ersten Zwillings ist
die lückenlose Überwachung des zweiten obligat; auch
dafür sollte immer ein Ultraschallgerät unmittelbar zur
Multiple births
Multiple gestations affect an increasing number of pregnancies. They are at increased risks for preterm birth and
several other complications. Placentation and chorionicity
are the main determinants of the prognosis, and the placental situation can be confidently assessed by ultrasound.
Ultrasound can also be used to study other risk determinants (e. g. for chromosomal problems or for preterm
delivery). Recommendations exist for delivery in multiples,
regarding both timing and mode, and in normal as well
as in complicated pregnancies.
CME Prakt Fortbild Gynakol Geburtsmed Gynakol Endokrinol 2014; 10(3): 244–257
Keywords
Multiple gestation, chorionicity, placentation, twin-to-twin
transfusion syndrome, ultrasound
253
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Prof. Dr. med. Boris Tutschek
Pränatal Zürich
Gladbachstraße 95
CH-8044 Zürich
E-Mail: [email protected]
Herr Prof. Dr. Boris Tutschek ist Frauenarzt und leitet
Praenatal-Zuerich.ch. Seine Ausbildung erhielt er in Frankfurt, Boston, London und Düsseldorf, wo er sich auch zum
Thema »Nicht-invasive und minimal-invasive pränatale
genetische Diagnostik« habilitierte. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die fetomaternale Medizin und die ultraschallgestützte Diagnostik.
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne
der Richtlinien des International Committee of Medical
Journal Editors (ICMJE; www.icmje.org) besteht.
Manuskriptdaten
Datum der Einreichung: 06.09.2014
Datum der Annahme: 05.10.2014
255
CME-Fortbildung
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Mehrlinge
256
Frage 1
»Zygosität« im Rahmen der vorgeburtlichen
Diagnostik:
a. bezeichnet die Plazentationsform
b. bezeichnet die Eihautverhältnisse
c. bezeichnet bei Zwillingen praktisch sicher den
mono- oder dichorialen Status der Plazenta
d. kann vorgeburtlich niemals festgestellt werden
e. kann vorgeburtlich mit einem Karyogramm nicht
immer sicher festgestellt werden
Frage 2
Welche Aussage zur Prognoseeinschätzung bei
Mehrlingen ist richtig?
a. Bestimmend ist in erster Linie die Zygosität.
b. Bestimmend ist in erster Linie die Chorionizität.
c. Monoamniale Mehrlinge habe gegenüber
Einlingen ein doppelt so hohes Risiko für ein
intrauterines Versterben.
d. Monochoriale Zwillinge haben eine deutlich
schlechtere Prognose als dichoriale.
e. Dichoriale Drillinge haben eine bessere Prognose
als trichoriale.
Frage 3
Das sicherste Zeichen für dichoriale Zwillinge ist:
a. das Lambda-Zeichen
b. das T-Zeichen
c. eine dicke Membran zwischen den Zwillingen
d. eine (Schätz-)Gewichtsdiskordanz > 40 %
e. ein diskordantes Geschlecht
Frage 4
Eine frühe Teilung eines Embryos führt zu:
a. dichorialen Zwillingen
b. siamesischen Zwillingen
c. monoamnialen Zwillingen
d. monochorialen Zwillingen
e. einem Abort
Frage 5
Superfetation:
a. ist beim Menschen häufig
b. ist häufiger als Superfekundation
c. kann zu Mehrlingen mit diskordantem
Geschlecht führen
d. bedingt monochoriale Mehrlinge
e. bedingt in der Regel nur Gewichtsdiskordanzen
Frage 6
Welche Aussage ist richtig?
a. Das mittlere Gestationsalter bei Geburt beträgt
bei Zwillingen etwa 35 Wochen.
b. Das mittlere Geburtsgewicht bei Drillingen
beträgt 1.300 g.
c. Das mittlere Gestationsalter bei Geburt beträgt
bei Vierlingen etwa 32 Wochen.
d. Das mittlere Geburtsgewicht bei Zwillingen
beträgt 1.700 g.
e. Das mittlere Gestationsalter bei Geburt beträgt
bei Einlingen etwa 41 Wochen.
Frage 7
Welche Aussage ist richtig?
a. Monochoriale Zwillinge haben ein erhöhtes
Risiko, besonders für Herzfehler.
b. Monochoriale Zwillinge haben ein erhöhtes
Risiko, besonders für plazentare Gefäßfehlbildungen.
c. Monochoriale Zwillinge haben kein erhöhtes
Risiko, besonders für Frühgeburt gegenüber
dichorialen Zwillingen.
d. 30 % aller monochorialen Zwillinge entwickeln
ein bedrohliches fetofetales Transfusionssyndrom.
e. Monoamniale Zwillinge zeigen dieselbe Fehlbildungsrate wie monochoriale-diamniale
Zwillinge.
Frage 8
Welche Aussage ist richtig?
a. Für diskordante Scheitel-Steiß-Längen bei
Mehrlingen kommt in erster Linie die Superfetation infrage.
b. Für diskordante Scheitel-Steiß-Längen bei
Mehrlingen kommen Fehlbildungen infrage.
c. Deutlich diskordante Scheitel-Steiß-Längen bei
Mehrlingen haben nur einen geringen Einfluss
auf die Prognose.
d. Die Beurteilung von Scheitel-Steiß-Längen bei
Mehrlingen erfordert eigene, mehrlingsspezifische Wachstumskurven.
e. Mehrlinge erfordern besonders im zweiten
Trimester eigene, mehrlingsspezifische Wachstumskurven.
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Frage 9
Zur Risikoermittlung für ein Down-Syndrom bei
Mehrlingen gilt:
a. Diskordante NT-Messungen beweisen ein
erhöhtes Risiko ausschließlich für Chromosomen
störungen.
b. Die Falsch-positiv-Rate der NT-Messung bei
Mehrlingen bezüglich des Chromosomenrisikos
ist höher als bei Einlingen.
c. Monochoriale Zwillinge haben das doppelte
Risiko für ein Down-Syndrom wie ein Einling
gleicher Scheitel-Steiß-Länge (bei sonst gleichen
anderen Parametern).
d. Dichoriale Zwillingen haben das doppelte Risiko
für das Down-Syndrom wie ein Einling gleicher
Scheitel-Steiß-Länge (bei sonst gleichen anderen
Parametern).
e. Dizygote Zwillinge haben dasselbe Risiko für das
Down-Syndrom wie dichoriale.
Frage 10
Welche Aussage ist richtig?
a. Das Risiko für einen Zwilling bei Versterben
seines Ko-Zwillings ist unabhängig von der
Chorionizität.
b. Monoamniale Zwillinge können vaginal geboren
werden.
c. Die Sectio caesarea bedingt nachweislich eine
geringere perinatale Mortalität bei Zwillingen als
die vaginale Geburt.
d. Nur in 30 % der Fälle kann ein zweiter Zwilling
nach Geburt des ersten aus einer anderen Lage in
Schädellage gewendet werden.
e. Ein zweiter Zwilling sollte höchstens 7 min nach
dem ersten geboren werden.
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