Call for Abstracts, Ad-hoc-Gruppe: „Evolutionäre Soziologe: Zur Interaktion biologischer, sozialer und kultureller Einflüsse auf menschliches Verhalten" Organisationsteam: Sebastian Schnettler1, Wiebke Schulz2 und Andreas Filser1 (1 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2 Universität Bielefeld) „Geschlossene Gesellschaften“, 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, 26.-30. September 2016, Universität Bamberg Seit wenigen Jahren lässt sich vor allem in den USA eine vorsichtige Öffnung der Soziologie für evolutionäre Ansätze zur Erklärung menschlichen Verhaltens beobachten (Schnettler 2010). In der Einleitung zu einer Spezialausgabe des renommierten American Journal of Sociology zum Thema "Exploring Genetics and Social Structure" aus dem Jahr 2008 etwa fragt Peter Bearman, Gastherausgeber der besagten Spezialausgabe, zurückhaltend: "Are genes good to think with [for sociologists]?"(Bearman 2008). Eine mögliche Erklärung für die Zurückhaltung liefert er gleich mit: denn es gibt in der Soziologie Vorbehalte gegenüber evolutionstheoretischen Erklärungsansätzen, die sich in der Sorge vor biologischem Determinismus, Missbrauch für eugenische Zwecke und Legitimationsverlust für die Soziologie als Wissenschaft begründen (Machalek & Martin 2004). Wenn man sich aber aktuelle Beiträge an der Schnittstelle von Soziologie und Biologie ansieht, scheinen diese Sorgen wenig begründet (Machalek & Martin 2010). Neuere verhaltensgenetische Arbeiten etwa zeigen, dass Gene und Umwelt nicht etwa als additive Einflussfaktoren auf Verhalten zu begreifen sind, sondern dass sozialer Kontext eine wichtige Rolle bei der Aktivierung bestimmter Gene spielt (z.B. Diewald 2010). Und Arbeiten zu hormonellen Einflüssen auf Verhalten verweisen auf die komplexe Ko-Determination von Verhalten, sozialem Kontext und individuellen Hormonkonzentrationen im Lebensverlauf (z.B. Booth et al. 2006). Diese und andere Arbeiten heben sich somit einerseits von einem biologischen Determinismus und andererseits von einem radikalen sozialen Konstruktivismus ab. Die hier angekündigte Ad-hoc Gruppe knüpft an die erfolgreiche Ausrichtung der gleichnamigen Veranstaltung beim letzten DGS-Kongress an und fragt: Was kann eine Integration biologischer Erklärungsansätze in die Soziologie leisten? Was kann die Soziologie zur Aufklärung des komplexen Zusammenspiels biologischer, kultureller und sozialer Mechanismen beitragen? Lässt sich eine Anschlussfähigkeit zu den Lebenswissenschaften herstellen, die sich seit Jahren öffentlichkeitswirksam mit evolutionären Einflüssen auf menschliches Verhaltens beschäftigen? Die Ad-hoc Gruppe soll erneut ein Forum für verschiedene Forschungsbeiträge an der Schnittstelle von Biologie und Soziologie in der deutschsprachigen Soziologie bieten, z.B. für Beiträge, die sich mit hormonellen, genetischen oder neurophysiologischen Einflüssen auf menschliches Verhalten beschäftigen, aber auch z.B. für solche, die Verhalten im Hinblick auf eine ultimative Kausalitätslogik und mit Bezügen zur Evolutionsbiologie oder –psychologie untersuchen. Bevorzugt werden Beiträge, die die Interaktion sozialer bzw. kultureller Mechanismen mit biologischen Mechanismen empirisch untersuchen oder die empirische Umsetzung biosozialer Fragestellungen explizit zum Thema machen. Wir erbitten die Einreichung eines Abstracts (max. 2400 Zeichen inkl. Leerzeichen) bis zum 2. Mai 2016 an die Organisatoren der Ad-hoc Gruppe : Sebastian Schnettler, CvO Universität Oldenburg, [email protected] | Wiebke Schulz, Universität Bielefeld, [email protected] | Andreas Filser, CvO Universität Oldenburg, [email protected]. 1/2 Literatur: Bearman, P. 2008. “Introduction: Exploring genetics and social structure.” American Journal of Sociology 114(s1):v–x. Booth, A., D.A. Granger, A. Mazur, & K.T. Kivlighan. 2006. “Testosterone and social behavior.” Social Forces 85(1):167–91. Diewald, M. 2010. “Zur Bedeutung Genetischer Variation Für Die Soziologische Ungleichheitsforschung.” Zeitschrift für Soziologie 39(1):4–21. Machalek, R., & M.W. Martin. 2004. “Sociology and the second Darwinian revolution: A metatheoretical analysis.” Sociological Theory 22(3):455–76. Machalek, R., & M.W. Martin. 2010. “Evolution, biology, and society.” Teaching Sociology 38(1):35 – 45. Schnettler, S. 2010. “Nature + nurture = love? A test of the Trivers-Willard hypothesis of differential parental investment on the basis of sociological and biological explanations.” Dissertation, Ann Arbor, MI: UMI: Yale University. 2/2
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