Jetzt drucken Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie URL dieser Seite: https://igbce.de/-/FF0 02.02.2016 Von: Rolf Winkel Ratgeber Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld – geht das? Wer längere Zeit arbeitsunfähig ist, erhält von seiner Krankenkasse Krankengeld. Das fällt niedriger aus als die vorher vom Arbeitgeber geleistete Entgeltfortzahlung. Gut zu wissen: Ein Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld ist erlaubt. In manchen Tarifverträgen – so im Manteltarifvertrag Chemie – gibt es dazu sogar verbindliche Regelungen. Foto: jozsitoeroe/Fotolia Das Krankengeld der gesetzlichen Sozialversicherung ist eine – verglichen mit dem Arbeitslosengeld – relativ gut ausgestattete Sozialleistung. Es fällt allerdings meist mindestens 10 Prozent niedriger aus als das zuvor ausgezahlte Nettoentgelt. Daher stellt sich die Frage: Darf der Arbeitgeber Zuschüsse zum Krankengeld leisten? Tarifliche Regelungen: Zuschüsse zum Krankengeld sind in manchen Tarifverträgen, zum Teil auch in Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen geregelt. Zum Teil hängt es von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab. So gibt es nach dem Manteltarifvertrag (MTV) Chemie schon nach zwei Jahren ununterbrochener Betriebszugehörigkeit einen Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld. Gezahlt wird dieser bis zum Ende des zweiten Monats der Arbeitsverhinderung. Nach fünf- und zehnjähriger Betriebszugehörigkeit wird der Zuschuss noch deutlich länger gezahlt. Höhe des Zuschusses: Der im MTV Chemie geregelte Zuschuss wird folgendermaßen errechnet: Ausgangspunkt ist das Brutto-Kranken- oder Übergangsgeld, das die Betroffenen beziehen. Gemeint sind damit die Leistungen vor dem Abzug der Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Nehmen wir an, dieses beträgt monatlich 1.800 Euro. Dieser Betrag wird verglichen mit dem vorher bezogenen Netto-Arbeitsentgelt (ohne Mehrarbeit). Unterstellen wir, dieses betrug 2.000 Euro. Die Differenz von 200 Euro wird durch den Ausgleichsbetrag abgedeckt. Auch Arbeitnehmer, die sich auf keine entsprechende tarifliche Regelung stützen können, können – auf freiwilliger Basis – einen Arbeitgeberzuschuss zum Krankengeld erhalten. Die entscheidende gesetzliche Regelung hierzu findet sich in § 49 SGB des fünften Sozialgesetzbuchs zum "Ruhen des Krankengeldanspruchs". Der Anspruch auf Krankengeld ruht danach, "soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten". Ausgenommen ist dabei ausdrücklich "einmalig gezahltes Arbeitsentgelt", also etwa das 13. Monatsgehalt. Damit fällt das Krankengeld weg, sobald ein Arbeitsunfähiger von seinem Arbeitgeber "beitragspflichtiges Arbeitsentgelt" erhält. Wann aber ist zusätzlich gezahltes Arbeitsentgelt beitragspflichtig? Dies regelt §23 c des vierten Sozialgesetzbuchs. Danach sind Arbeitgeberzuschüsse zum Krankengeld (aber auch zum Krankentagegeld einer privaten Krankenversicherung), in gewissem Rahmen nicht beitragspflichtig. Dies gilt immer dann, wenn die Zuschüsse und das Krankengeld zusammen das vorher bezogene Nettoarbeitsentgelt "nicht um mehr als 50 Euro im Monat übersteigen". Das bedeutet: Die vom Arbeitgeber zusätzlich gezahlten Beträge sind erst beitragspflichtig, wenn sie die Freigrenze in Höhe des monatlichen Nettolohns plus 50 Euro übersteigen. Praxis-Beispiel: Vor seiner Krankheit hat ein Arbeitnehmer bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 3000 Euro monatlich netto 2165 Euro erhalten. Als Krankengeld erhält er monatlich netto 1857 Euro. Zur Erläuterung: Ausschlaggebend ist hier die bezogene „Netto-Sozialleistung“ (und nicht der Brutto-Betrag). Geregelt ist dies im gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Sozialversicherungen vom 13.11.2007 zur „Beitragsrechtlichen Behandlung von arbeitgeberseitigen Leistungen während des Bezugs von Entgeltersatzleistungen“ Die Luft zwischen Krankengeld und Nettogehalt beträgt im Beispielfall 308 Euro. Der Arbeitgeber darf nochmals 50 Euro drauflegen. Der Beispiel-Arbeitnehmer darf damit zusätzlich zum Krankengeld vom Arbeitgeber noch gut 350 Euro monatlich erhalten. Dieser Betrag ist nicht beitragspflichtig und steht auch dem Krankengeldanspruch nicht entgegen. Stufenweise Wiedereingliederung: Besonders interessant dürften die Regelungen zum Arbeitgeberzuschuss für Arbeitnehmer sein, die nach längerer Krankheit schrittweise wieder in den Job einsteigen – über eine so genannten „stufenweise Wiedereingliederung“ (auch „Hamburger Modell“ genannt). Sie kommt nach Paragraf 74 Sozialgesetzbuch V für Arbeitsunfähige in Frage, die "nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten" können und zugleich "durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden". Dabei kann man beispielsweise zunächst mit zwei Stunden pro Tag wieder ins Arbeitsleben einsteigen und dann – z.B. im Rhythmus von zwei Wochen – auf vier und sechs Stunden erhöhen. Nach sechs Wochen kann man dann im gewählten Beispiel wieder voll arbeiten. In dieser Zeit zahlt die Krankenkasse weiter das ungekürzte Krankengeld. Der Arbeitgeber zahlt kein Gehalt, kann aber einen Zuschuss zahlen (bis zur Höhe Nettolohn plus 50 Euro). Nach dem Manteltarifvertrag Chemie besteht auf die Zahlung eines Zuschusses für Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags sogar häufig ein Rechtsanspruch. Der Vertrag regelt nämlich, dass für „Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation“ ein Anspruch auf diesen Zuschuss auch dann besteht, wenn aufgrund der vorausgegangen längerer Zeit der Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf den Zuschuss eigentlich „erschöpft“ ist. Schon nach einjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit haben Arbeitnehmer während einer Reha-Maßnahme Anspruch auf eine Zahlung des Zuschusses „bis zur Dauer von vier Wochen“, nach fünfjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit „bis zur Dauer von sechs Wochen“. Die stufenweise Wiedereingliederung ist dabei „als Rehabilitation im Sinne der tariflichen Regelung zu verstehen. Der Anspruch besteht also auch für solche Maßnahmen‘“, bestätigt Andreas Henniger, Abteilungsleiter Tarifrecht/-gestaltung der IG BCE. 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