Neu in 2007 - Ausland

Mitteilungen der Juristischen Zentrale
VERTRAGSANWÄLTE
Nr. 05/2016
21.01.2016 Ni
Neuerungen im ausländischen Verkehrsrecht 2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch im Jahr 2016 kommt es im Ausland wieder zu Änderungen im Verkehrsrecht, die
auch für deutsche Autofahrer von Bedeutung sind. Eine Auswahl bereits bekannter
Neuerungen und Entwicklungen hat die Juristische Zentrale in beigefügter Übersicht für
Sie zusammengestellt.
Zu den einzelnen Themen werden wir Sie im Laufe des Jahres erforderlichenfalls noch
im Rahmen weitergehender Mitteilungen informieren.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Markus Schäpe
Leitung Juristische Zentrale
Anlage
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I. EUROPÄISCHE UNION
1. EU-weite Geldsanktionenvollstreckung
Bis auf Griechenland und Italien wurde der EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen
Geldsanktionenvollstreckung, der die grenzüberschreitende Vollstreckung nicht bezahlter Geldsanktionen u. a. aus Straßenverkehrsverstößen ermöglicht, von sämtlichen EULändern in nationales Recht umgesetzt. Italien bereitet derzeit eine Umsetzung vor, mit
der im Laufe des Jahres 2016 zu rechnen ist. In Irland ist das Umsetzungsgesetz zum
01. Dezember 2015 in Kraft getreten.
Seit Umsetzung in Deutschland im Jahr 2010 wurden über 18.000 Vollstreckungshilfeersuchen (vor allem aus den Niederlanden) an Deutschland gerichtet. Die steigende
Tendenz wird sich auch 2016 fortsetzen.
2. EU-Richtlinie zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von
Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte
Am 17. März 2015 ist die EU-Richtlinie 2015/413 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende
Verkehrsdelikte in Kraft getreten und musste bis spätestens 6. Mai 2015 von den EUMitgliedstaaten (bzw. bis spätestens 6. Mai 2017 von Dänemark, Großbritannien und
Irland) umgesetzt werden (vgl. Mitteilung für Vertragsanwälte Nr. 34/2015). Die Richtlinie ist die aufgrund eines EuGH-Urteils modifizierte Version der EU-Richtlinie
2011/82/EU. Kernpunkte der Richtlinie sind die Schaffung eines effektiveren grenzüberschreitenden Halterdatenaustauschs bei bestimmten Verkehrszuwiderhandlungen sowie
eine Optimierung der Information der für die Verkehrsverstöße Verantwortlichen (z. B.
durch Übersetzung der Bußgeldbescheide in die Sprache des Zulassungsstaates des
Tatfahrzeugs). Die Richtlinie umfasst nur die Straßenverkehrssicherheit gefährdende
Verkehrsdelikte wie z. B. Tempolimit-, Rotlicht-, Überhol- und Handyverstöße.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass deutsche Betroffene auch im Laufe des Jahres
2016 vermehrt zu Bußgeldbescheiden u. a. wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen
Übersetzungen in deutscher Sprache erhalten werden. Neben Frankreich und Italien
informieren seit kurzem vor allem auch Behörden aus Polen, Spanien, Tschechien und
Ungarn deutsche Kraftfahrer über dort begangene, von der Richtlinie umfasste Verkehrsverstöße in deutscher Sprache.
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Darüber hinaus führt die Europäische Kommission derzeit eine öffentliche Konsultation
zu den ersten Praxiserfahrungen mit dieser Richtlinie durch, mit der ein eventueller Modifizierungs- und Optimierungsbedarf evaluiert werden soll.
3. Regulierung von Auslandsunfällen
Die Europäische Kommission hat das Thema „Regulierung von Verkehrsunfällen“ auf
die Agenda ihres Arbeitsprogramms für 2016 gesetzt. Im Laufe des Jahres 2016 soll die
– bereits in den Vorjahren angekündigte – öffentliche Konsultation zu Fragen in Zusammenhang mit der KH-Versicherung durchgeführt werden. Nach wie vor besteht in
Bezug auf die Abwicklung grenzüberschreitender Verkehrsunfälle Optimierungsbedarf
hinsichtlich der Fragen der Verjährung, der Erstattung der in diesem Zusammenhang
entstehenden Rechtsverfolgungskosten sowie der Pflichtversicherung für Anhänger. Die
Ergebnisse der Konsultation werden möglicherweise in eine Neuregelung in Zusammenhang mit bzw. in eine Modifikation der KH-Richtlinie 2009/103/EG führen.
II. EINZELNE LÄNDER
FINNLAND
Geplante Reform des Straßenverkehrsrechts
In Finnland ist eine Reform des Straßenverkehrsrechts geplant. Die geplanten Änderungen werden frühestens im Sommer 2016 in Kraft treten. Einzelheiten zu Inhalt und Umfang sind leider noch nicht bekannt.
FRANKREICH
Warnwestenpflicht für Motorradfahrer
Seit dem 01.01.2016 müssen in Frankreich auch Motorradfahrer eine Warnweste mitführen und im Falle einer Panne oder eines Unfalles anlegen. Verstöße werden mit einem Bußgeld ab 90 Euro geahndet.
Reform des Fahrausbildungsrechts
Die theoretische Fahrausbildung kann künftig kostenlos im Rahmen der Schulausbildung absolviert werden.
Neuregelung für Fahrradfahrer
Künftig dürfen Fahrradfahrer in Einbahnstraßen in innerörtlichen Tempo-30-Zonen in
beide Fahrtrichtungen fahren.
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GROSSBRITANNIEN
Rauchverbot in Kfz in England und Wales
Bereits seit dem 01.10.2015 wurde in England und Wales in Kraftfahrzeugen, in denen
Mitfahrer unter 18 Jahren an Bord sind, ein Rauchverbot eingeführt. Bei Verstößen drohen Strafen von £ 50 (rund 65 Euro).
ITALIEN
Rauchverbot in Kfz
Geplant ist für 2016 die Einführung eines Rauchverbots in Kraftfahrzeugen, wenn Kinder
oder Schwangere mitfahren.
Alkoholbedingte Tötungsdelikte im Straßenverkehr
Außerdem ist die Einführung eines neuen Straftatbestandes in Planung, der Tötungsdelikte abdecken soll, die unter Einfluss von Alkohol oder Drogen im Straßenverkehr begangen werden.
Kamerabasierte Überwachung der Versicherungspflicht und Hauptuntersuchung
Über elektronische Kamerasysteme (z. B. im Rahmen der Geschwindigkeitsüberwachung) soll es in Zukunft möglich sein, bei Fahrzeugen neben Verkehrsverstößen auch
überprüfen zu können, ob das Kfz über eine gültige Versicherung bzw. technische
Untersuchung verfügt. Inwieweit ausländische Fahrzeuge betroffen sein könnten, muss
noch geklärt werden.
Wann die genannten Regelungen in Kraft treten werden, ist derzeit noch nicht bekannt.
Bargeldloses Bezahlen von Parkgebühren
Ab 01.07.2016 soll die Umstellung der Parkuhren auf ein bargeldloses Bezahlsystem
erfolgen. Es kann dann mit Karte (ATM) gezahlt werden. Die Suche nach Kleingeld soll
dann entfallen.
KROATIEN
Die Entwicklung bei den Einsprüchen gegen die Vollstreckungsbeschlüsse aufgrund von
Parkforderungen muss abgewartet werden. Entscheidend wird u. a. auch die Frage
sein, ob Gerichte in Kroatien die Vollstreckungsbescheide, die gegenüber deutschen
Verkehrsteilnehmern ergangen sind, nach Einspruch aufheben, Vollstreckungsanträge
abweisen und das Zwangsvollstreckungsverfahren einstellen werden.
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NIEDERLANDE
Anhebung Bußgelder
In den Niederlanden sind zum 01.01.2016 turnusgemäß die Bußgeldbeträge für zahlreiche Straßenverkehrszuwiderhandlungen geringfügig angehoben worden (vgl. Mitteilung
für Vertragsanwälte Nr. 4/2016).
PORTUGAL
Punktesystem
Es wird erstmals ein Punktesystem für Verkehrszuwiderhandlungen eingeführt. Jeder
Fahrer beginnt mit einem Konto von 12 Punkten. Je nach Schwere des Verstoßes werden Punkte abgezogen. Für schwere Verstöße werden zwei Punkte abgezogen, bei
sehr schweren Zuwiderhandlungen ist ein Abzug von vier Punkten vorgesehen. Beim
Stand von null Punkten wird der Führerschein für zwei Jahre eingezogen. Der Betroffene muss eine theoretische Prüfung absolvieren, um den Führerschein nach dem Ablauf
von zwei Jahren wieder erhalten zu können.
Ob das Punktesystem auch für Fahrerlaubnisinhaber mit Wohnsitz außerhalb Portugals
gelten soll, ist noch nicht geklärt. Das Inkrafttreten ist für Juni 2016 geplant.
SCHWEIZ
Modernisierung von Verkehrsvorschriften
Zum 01.01.2016 wurden u. a. folgende, veraltete Verkehrsbestimmungen gestrichen
oder modernisiert:
Bisher waren auf Radwegen gemäß Verordnung nur einspurige Fahrräder zugelassen.
Neu wird festgehalten, dass auch mehrspurige Fahrräder sowie Radfahrer mit (Kinder-)Anhängern auf dem Radweg verkehren dürfen (Art. 40 Abs. 2 VRV; Art. 33 Abs. 1
SSV).
Da gemessen an der zurückgelegten Distanz überdurchschnittlich viele tödliche Verkehrsunfälle durch Rückwärtsfahren verursacht werden, soll dieses auf das Notwendigste beschränkt werden. Es soll nur noch dann rückwärts gefahren werden dürfen, wenn
die Weiterfahrt oder das Wenden nicht möglich ist (Art. 17 Abs. 3 VRV).
Auf einer Autobahn mit drei Spuren pro Richtung soll – im Interesse des Verkehrsflusses – die Spur ganz links künftig nur noch von Fahrzeugen benutzt werden, die mit
mehr als 100 km/h fahren dürfen. Bisher galt dafür ein Mindesttempo von 80 km/h.
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Beweissichere Atemalkoholkontrolle
Im Rahmen des Verkehrssicherheitsprogramms via sicura wird zudem die beweissichere Atemalkoholkontrolle ab 0,8 Promille eingeführt.
Nachschulungskurse bei Alkohol- und Drogenfahrten
Außerdem besteht neu die Pflicht zur Teilnahme an Nachschulungskursen, wenn der
Führerschein wegen Fahrens unter Alkohol- oder Betäubungsmitteleinfluss entzogen
wurde. Das gilt auch für Ersttäter, wenn die Blutalkoholkonzentration mindestens 0,8
Promille beträgt. Auch Wiederholungstäter werden aufgefordert, wenn ihnen der Führerschein aus anderen Gründen für mindestens sechs Monate entzogen wurde.
SLOWAKEI
Autobahnmaut: Einführung E-Vignette
Seit 01.01.2016 wird die Autobahnmaut auch für (bisher vignettenpflichtige) Pkw,
Wohnmobile und Lkw mit einer zGM bis 3,5 t elektronisch eingezogen. Durch die elektronische Registrierung entfällt die Pflicht zum Aufkleben von Autobahnvignetten. Die
Maut kann schon vor dem Grenzübertritt online bezahlt werden. Unter dem Link
https://www.eznamka.sk/selfcare/home/ ist die Möglichkeit der Bestellung der slowakischen E-Vignette auch in deutscher Sprache eingerichtet worden. Alternativ kann die EVignette an Tankstellen sowie Verkaufsstellen an den Grenzübergängen erworben werden.
SPANIEN
Reform des Personenschadensrechts
In Spanien sind zum 01.01.2016 weitreichende Änderungen im Personenschadensrecht
in Kraft getreten (u. a. im Hinblick auf die tabellenmäßige Bewertung von Schmerzensgeldansprüchen). Die Juristische Zentrale wird Sie hierüber noch gesondert informieren.
TSCHECHIEN
Neue Tempolimits auf Schnellstraßen
In Tschechien gilt seit 01.01.2016 eine neue allgemeine zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Schnellstraßen. Das generelle Tempolimit für Pkw wurde von 130 km/h auf
nunmehr 110 km/h gesenkt. Auf Autobahnen darf weiterhin bis zu 130 km/h gefahren
werden.
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ÖSTERREICH
Lkw-Kennzeichnungspflicht
Zum 01.01.2016 wurde das bereits für Lkw, Sattelkraft- und Sattelzugfahrzeuge mit der
Abgasklasse Euro 0 und 1 in Wien und in östlichen Teilen Niederösterreichs geltende
Fahrverbot auf Fahrzeuge mit der Abgasklasse Euro 2 ausgeweitet.
Ab dem 01.07.2016 dürfen auf der A1 (West Autobahn) zwischen der Anschlussstelle
Enns Ost und dem Knoten Haid in beiden Fahrtrichtungen keine Lkw, Sattelkraft- und
Sattelzugfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t mehr fahren,
die der Abgasklasse Euro 2 oder schlechter entsprechen.
Strafrechtsänderungsgesetz 2015
Zum 01.01.2016 ist das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 in Kraft getreten. In das
Strafgesetzbuch (StGB) wurde u. a. eine Legaldefinition für die grobe Fahrlässigkeit
eingefügt.
Bei den Fahrlässigkeitsdelikten gibt es nun zusätzliche Qualifikationen, die mit erhöhter
Strafe bedroht sind. Hat ein Verkehrsunfall den Tod mehrerer Personen zur Folge, droht
seit dem 01.01.2016 eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, statt bisher bis zu einem Jahr. Wird der Tod einer größeren Anzahl von Menschen grob fahrlässig (z. B.
stark alkoholisiert) verursacht, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, statt
bisher bis zu drei Jahren. Hat ein Verkehrsunfall eine schwere Körperverletzung einer
größeren Anzahl von Menschen zur Folge, drohen bis zu drei Jahre Haft, statt bisher bis
zu sechs Monaten. Leicht entschärft wurde die Strafandrohung bei der fahrlässigen Tötung. Hier ist neben der Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr auch eine Geldstrafe von
bis zu 720 Tagessätzen vorgesehen.