Kurzfassung Ziegenreport

Milchziegenhaltung kann ein attraktiver Betriebszweig sein
Pera Herold (ZZV BW), Sabine Schmid-Boy (LEL), Andreas Kern (Bioland), Ralf Over (LRA Göppingen)
Der Betriebszweig Milchziegenhaltung entwickelt sich in Baden-Württemberg erst seit Ende
der 1980er Jahre. Um eine angepasste Beratung für Erwerbsmilchziegenhalter sowie eine
optimierte und standardisierte Erhebung betriebswirtschaftlicher und produktionstechnischer Daten zu entwickeln, fördert das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz seit 2011 ein Modellprojekt „Beratungsangebot für Erwerbsmilchziegenhalter“. Das
Projekt wurde gemeinsam vom Ziegenzuchtverband Baden-Württemberg e.V., der BiolandBeratungs GmbH und der LEL Schwäbisch Gmünd durchgeführt
.
Die grundlegenden Kenndaten der teilnehmenden Betriebe sind in der Tab. 1 zusammengestellt. Die Auswertungen beziehen sich
auf die Projektjahre 2011/2012 und
2012/2013, für die komplette Daten vorliegen.
Neben dem Durchschnitt aller Betriebe ist der
80%-Schwankungsbereich dargestellt. Die
oberen und unteren 10% erfasste Werte sind
bewusst nicht aufgeführt, um keine Extremwerte zu betonen, sondern um den SchwanBild 1: Landratsamt Ludwigsburg
kungsbereich, in dem sich der überwiegende
Teil der Betriebe im jeweiligen Parameter
bewegt, darzustellen. Insgesamt nehmen 18
Betriebe am Projekt teil, davon wirtschaften
11 Betriebe nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus. Ebenfalls 11 Betriebe verarbeiten und vermarkten ihre Milch selbst,
vier Betriebe liefern ihre Milch an eine Molkerei, die restlichen 3 Betriebe befinden sich
noch im Aufbau. Die Milchleistung je Ziege
lag im Auswertungszeitraum zwischen 368 kg und 758 kg, die erzeugte Milch je Betrieb zwischen 11.614
kg und 108.450 kg. Die Flächenausstattung lag zwischen 12 und 63 Hektar und davon 10 bis 34 Hektar Grünland (jeweils 80% Schwankungsbereich). Milchziegenbetriebe sind grünlandbetont, Ackerfutter spielt jedoch
bei einigen Betrieben eine Rolle. Es
konnte festgestellt werden, dass in
der Grundfutterleistung noch deutliche Reserven liegen. Es gibt Betriebe, die 500 kg Milch aus dem Grundfutter erzeugen, bei anderen sind es
weniger als 100 kg Milch je Ziege und
Jahr. Hier muss die Beratung weiter
ansetzen: Wichtige Punkte sind die
Grundfutterqualität, eine Ziegengerechte Weidenutzung, das Fütterungsmanagement im Stall sowie
eine leistungsangepasste Kraftfutterzuteilung.
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Milchziegenreport 2014
Tab. 1: Grundlegende Daten zur Struktur, Produktionsleistung und Vermarktung der Teilnehmerbetriebe
Durchschnitt
2011-2013
n=15 Betriebe
Tierbestand, Flächen
Anzahl Milchziegen (Jahres-)
Bewirtschaftete Fläche
Grünland gesamt
Milchleistung und -verkauf
Ablieferbetriebe: abgelieferte Milch
Eigenverarbeiter: verarbeitete Milch
Fett%
Eiweiß%
Erzeugte Milch je Milchziege (alle Betriebe)
Grundfutterleistung*
Fruchtbarkeit und Tiergesundheit
Ablammrate (Kitze/-Bestand)
Verluste Kitze (Totgeburten, Aufzuchtverl.)
Netto-Abgangsrate
Vermarktung und Umsätze
Umsätze Milchverkauf (Ablieferbetriebe)
Umsätze Käseverkauf
Umsätze Milchverkauf (ab Hof, DV)
Umsätze Altziegen
Umsätze Zuchtziegen
Umsätze Kitzverkäufe
Umsätze sonstige Ziegenprodukte
Umsatz gesamt
Schwankungsbereich
80% der Betriebe
Stück
ha LF insg.
ha LF
85
40
21
22
12
10
150
63
34
kg je Jahr
kg je Jahr
%
%
kg/MZ u. J.
kg/MZ u. J.
%
102.887
38.286
3,21
3,12
591
259
43
81.320
5.174
2,67
3,00
368
89
17
141.074
69.267
3,52
3,26
758
431
69
174
12,6
18,8
140
3,9
4,4
217
20,3
29,8
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Betr. u. J.
€/Ziege u. J.
73.519
88.885
2.515
1.972
2.656
5.586
3.169
94.643
1.239
56.271
12.150
150
118
213
720
1.650
20.477
520
103.372
198.041
5.820
3.904
6.295
15.908
5.223
211.082
2.272
€/kg
€/kg
€/kg
€/kg
€/kg
€/Stück
€/Stück
0,70
1,81
19,44
21,14
26,39
96,06
41,71
0,66
1,50
16,90
17,00
21,00
14,80
31,50
0,75
2,04
22,10
24,91
32,00
170,00
52,78
%
in % der Kitze
%
 Preise (inkl. MwSt.)
Milchverkauf Molkerei
Milchverkauf ab Hof
Frischkäse
Weichkäse
Hartkäse
Schlachtkitze Direktvermarktung
Schlachtkitze Handel
In Vollkostenkalkulationen zur Milcherzeugung konnte ein kostendeckender Erlös von
Ø 0,94 € je kg Milch beziehungsweise Ø
18,02 € je kg Frischkäse errechnet werden.
Die Vollkostenauswertung für vier Projektbetriebe ergab sogar einen notwendigen Vollkostendeckenden Milchpreis von 1,24 €. Somit kann gefolgert werden, dass ein Milchpreis von mindestens 0,90 bis 1,00 € notwendig ist, um eine auch nur annähernd kostendeckende Ziegenmilchproduktion zu sichern. In der Abb. 1 ist der Zusammenhang
zwischen Milchleistung und Milchpreis dargestellt. Mit einem Deckungsbeitrag von knapp
400 € können die Festkosten für Grundfutter
(inkl. Prämien, ohne Gebäude, Lagerraum u.
Arbeit), Arbeit (inkl. Arbeitskosten Grundfutter) und sonstige Festkosten gedeckt werden
(schwarz gestrichelte Linie), mit einem Deckungsbeitrag von knapp 500 € zusätzlich
noch die Stallkosten (inkl. Kosten Futterlager)
(rot gestrichelte Linie). Es ist zu sehen, dass
bei der derzeitigen Ø-Leistung in den Projektbetrieben von 600 kg Milch je Ziege und
Jahr bei einem Milchpreis von 0,95 € maximal
die Festkosten von Grundfutter, Arbeit und
sonstigen Kosten gedeckt werden können.
Bei
der
Höchstleistung
(80%Schwankungsbereich) von 758 kg je Ziege
und Jahr ist bei einem Auszahlungspreis von
0,95 € je kg Milch die Gewinnzone knapp
erreicht, das heißt, der Deckungsbeitrag ist
höher als die zu deckenden Festkosten. Bei
dem derzeitig erzielbaren Auszahlungspreis
von 0,75 € je kg Milch können auch bei dieser
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Milchziegenreport 2014
Deckungsbeitrag
(€/Ziege)
700
0,95 €
600
0,85 €
GF, Arbeit, Stall, Sonstige Festkosten 493 €
500
GF, Arbeit, Sonstige Festkosten 397 €
0,75 €
436 €
400
300
361 €
372 €
307 €
308 €
252 €
200
100
450
500
550
600
650
700
750
800
850
900
Milchleistung/Ziege (kg)
Abb. 1: Milchziegen: Bedeutung von Milchleistung und Milchpreis Kalkulation auf Basis
realer Daten
guten Leistung die Festkosten nicht gedeckt
werden.
Die Buchführungsauswertung von neun Ziegenmilchbetrieben erbrachte Ø 49.453 € bereinigten Gewinn je Betrieb bei einer extremen Schwankungsbreite zwischen oberen
und unteren 50% von 90.235 € vs. 10.064 €
je Betrieb. Im Vergleich zu anderen Betriebsformen haben die Ziegenbetriebe eine sehr
hohe Flächenverwertung (Gewinn 1.545 €/ha
LF) und einen deutlich geringeren Anteil
Prämien am Gewinn (30%).
stimmt zwar die Fruchtbarkeit, aber keinesfalls die Wirtschaftlichkeit der Kitzproduktion.
Eine nachhaltig verbesserte Vermarktung,
eventuell auch über den LebensmittelEinzelhandel, ist ein wichtiges Ziel.
Bild 2: Sabine Schmid-Boy, LEL
Ein wenig lukrativer Bereich der Milchziegenhaltung ist die Kitzaufzucht und -vermarktung.
Die Aufzucht (an der Mutter oder mutterlos)
ist extrem teuer und arbeitsaufwändig, insbesondere für Biobetriebe, da hier eine 45tägige Aufzuchtperiode auf der Basis von BioMilch bzw. Bio-Vollmilchpulver vorgeschrieben ist. Kostendeckende Erlöse für Kitze mit
16 kg Lebendgewicht (LG) bzw. 7,2 kg
Schlachtgewicht (SG) müssten langfristig bei
über 7 € je kg LG bzw. über 21 € je kg SG
liegen. Solche Preise können derzeit selbst in
der Direktvermarktung nicht realisiert werden.
Bei durchschnittlich 1,7 Kitzen je Ziege
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Milchziegenreport 2014
Bild 3: Pera Herold
Fazit: Die Milchziegenhaltung ist ein hochspezialisiertes Produktionsverfahren, das
enorm hohe Ansprüche an das Know-how
und die Unternehmerfähigkeiten der Betriebsleiterfamilien stellt. Die Milchziegenhaltung
wird in der Regel sehr flächen- und arbeitsintensiv betrieben und ist grünlandbasiert. Zusätzlich zur Milcherzeugung stellen die Verarbeitung und die Direktvermarktung zwei
weitere, eigenständige und hochanspruchsvolle Bereiche dar.
In der Milch- und in der Grundfutterleistung
stecken noch deutliche Reserven. Grundfutter- und Arbeitskosten machen den größten
Anteil der Vollkosten (nur für die Milcherzeugung) aus. Vollkostendeckung ist in den Ablieferbetrieben derzeit nur schwer möglich, da
der am Markt zu erzielende Erzeugerpreis
unter dem notwendigen Milchpreis von 0,90 –
1,00 € je kg Milch liegt. Zudem wird die Wirtschaftlichkeit u. a. auch durch die hohen Kosten der Kitzaufzucht und die schwierige, in
der Regel nicht kostendeckende Vermarktung
beeinträchtigt.
Milchziegenreport 2014
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Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume
Oberbettringer Str. 162
73525 Schwäbisch Gmünd
Tel.: 07171 / 917-100
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Bild 4: Pera Herold
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Milchziegenreport 2014