Markt Dienstag, 1. September 2015 / Nr. 200 NEUE ZUGER ZEITUNG DIE ZAHL DES TAGES 0,3 Punkte verbessert KONJUNKTUR sda. Die Schweizer Wirtschaft hat sich im ersten Halbjahr zwar besser entwickelt als erwartet. Doch bei den Aussichten bleibt vorerst alles beim Alten. Das KOF-Konjunkturbarometer hat sich im August gegenüber dem Vormonat nur leicht um 0,3 Punkte verbessert. Der Ausblick für die Schweizer Wirtschaft bleibe somit gegenüber Juli unverändert, heisst es in der Mitteilung der KOF von gestern. Insgesamt bleibt die Dynamik aber immer noch gedämpft. Zwar zeigte sich im Juli auf dem Barometer eine sprunghafte Verbesserung. Doch der Normalmodus sei nicht erreicht, betonte die KOF damals. Schweizer Börse schliesst fester ZÜRICH sda. Der Schweizer Aktienmarkt ist nach den jüngsten Turbulenzen zögerlich in die neue Woche gestartet, hat jedoch mit der Schlussauktion noch einen kräftigen Sprung nach oben gemacht. Händler sprachen zum Monatsultimo von einem impulslosen und eher langweiligen Handel. Denn die Angst vor einer Konjunkturabschwächung in China, gepaart mit der Unsicherheit über die bevorstehende Zinsanhebung in den USA, sitze den Anlegern weiter im Nacken, meinten Händler. In der Summe schrieb der Swiss Market Index (SMI) einen hohen Monatsverlust. Der Swiss Market Index (SMI) stieg am Montag um 0,45 Prozent auf 8824,56 Punkte. Für den August notiert damit ein Minus von 6,4 Prozent. BÖRSE SMI 8 824.56 +0.45% NEUE NIDWALDNER ZEITUNG NEUE OBWALDNER ZEITUNG NEUE URNER ZEITUNG KONSUM Zucker in Lebensmitteln ist ungesund und gehört verbannt. Das findet der Bundesrat. Dabei arbeitet die Lebensmittel industrie schon lange an der Reduktion des Zuckergehalts. Zuckerverbrauch MAURIZIO MINETTI [email protected] Wer hätte das gedacht: 45 Kilogramm Zucker konsumieren Schweizer pro Kopf im Jahr. Das ist in etwa so viel, wie zwei Migros-Einkaufskörbe tragen können. Dabei ist der süsse Stoff auch dort in grossen Mengen enthalten, wo wir ihn gar nicht erwarten – etwa in Joghurt und Müesli. Doch zu viel Zucker macht krank, da sind sich die Ernährungswissenschaftler einig. Dr. med. Stefan Fischli, leitender Arzt für Endokrinologie und Diabetologie am Luzerner Kantonsspital, sagt: «Übermässiger Salz-, Fett- und Zuckerkonsum sind wichtige Risikofaktoren für die Entstehung verschiedenster Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes.» 40,9 kg 1979/80 Zucker schlägt auf den Darm 45 kg in der Schweiz, pro Kopf und Jahr 1987 1994/95 2001/02 2007/08 Viele von Übergewicht betroffen Joghurts und Zerealien gelten zwar allgemein als «gesund», enthalten aber häufig sehr hohe Mengen an Zucker. Insbesondere trifft dies gemäss dem Arzt auf Produkte zu, die auf jüngere Konsumenten abzielen: «Zerealien werden unter anderem im Kinder- und Jugendprogramm des Fernsehens recht intensiv beworben.» Derzeit gelten in der Schweiz bis 40 Prozent aller Personen als übergewichtig. Besonders problematisch sei der Umstand, dass bereits mehr als 20 Prozent der Schweizer Primarschüler von Übergewicht betroffen sind. Gesundheitsminister Alain Berset sagte Anfang Monat im Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag», Zucker spiele eine grosse Rolle bei der Zunahme verschiedenster Krankheiten, die pro Jahr Kosten von über 50 Milliarden Franken generieren. Hintergrund dieser Aussage ist die Absichtserklärung, die vor Monatsfrist zwischen dem Bund und den Schweizer Produzenten und Verteilern von Lebensmitteln unterzeichnet worden ist. Das Papier sieht vor, den Zuckergehalt in Joghurts und Frühstückszerealien bis Ende 2018 zu reduzieren. Airopack Tech. EFG Intl. N Huber & Suhner Gavazzi Ems-Chemie 11.2 11.1 42.25 221 436 +/+7.69% +5.71% +5.23% +4.49% +3.87% FLOP Accu Villars Looser Holding Bank Linth Meyer Bur. Tech. 12.75 475 39.4 487.5 7.82 -8.27% -4.04% -3.79% -3.75% -3.69% Dollar in Fr. Euro in Fr. Gold in Fr. pro kg 0.9672 +0.43% 1.0836 +0.65% 35 022 +0.86% Die wichtigsten Schweizer Akteure – darunter Nestlé, Coop und Migros – haben sich verpflichtet, ein gemeinsames Reduktionsziel zu erreichen. Das konkrete Ziel steht allerdings noch nicht fest. Ein Novum ist das indes nicht. Informell bestehen schon seit längerem solche Zielvorgaben, und die Industrie arbeitet schon länger daran, den Zucker, so gut es geht, zu verbannen. Dies bestätigt auch der Müesliproduzent Bio Familia aus dem obwaldnerischen Sachseln, der ebenfalls zu den Unterzeichnern gehört. «Wir haben bereits vor fünf Jahren unsere Strategie angepasst. Seitdem kommt bei der Neuentwicklung von Produkten dem Zuckergehalt grosse Aufmerksamkeit zu, und bei bestehenden Produkten wird der Zucker schrittweise gesenkt», sagt Nadja Degelo, Leiterin Produktmanagement und Marketing. Wirtschaftlich erwartet sie deshalb keine unmittelbaren Auswirkungen. Wichtiges Klebemittel ZINSSÄTZE IN % Geldmarkt Franken-Libor 3 Mt. Franken-Libor 6 Mt. 27.08. -0.724 -0.676 Vortag -0.727 -0.68 Kapitalmarkt 31.08. Schweiz 10-j. Staatsanleihe -0.14 Deutschland 10-j. Staatsanl. 0.732 USA 10-j. Staatsanleihe 2.1648 Vortag -0.13 0.698 2.1303 Alle Angaben ohne Gewähr. Quelle: vwd group 01092015 Zucker ist gerade bei Knuspermüesli ein wichtiges Klebemittel, um den beliebten «Crunchy»-Effekt zu erzielen. Verwendet man dafür keinen Kristallzucker, sondern Honig, Ahorn- oder Agavensirup, wird das Produkt in der Herstellung teurer. Bei Bio Familia betont man, dass die Preise nicht erhöht werden sollen. Wenn am Preis nicht gerüttelt wird, dann aber wohl am Geschmack. Untersuchungen zeigen, dass Lebensmittel sehr schnell ungeniessbar werden können, wenn der Geschmacksverstärker Zucker fehlt. Bei Bio Familia werden Konsumententests BERATUNG mim. Wenn es um den Zuckergehalt in Lebensmitteln geht, hat Andrea Heller (Bild) eine klare Meinung: «Zu viel Zucker schadet.» Die Ernährungsberaterin aus Kriens beobachtet, dass es immer mehr Personen mit Darmproblemen gibt, die wegen falscher Ernährung ausgelöst werden. «Raffinierter weisser Zucker führt zu einem entzündeten Darm», sagt Heller. Schon die Verwendung von Rohrzucker oder Birkenzucker als Alternative wäre die bessere Wahl, sagt die Ernährungsspezialistin. Durch den übermässigen Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln würden auch vermehrt Lebensmittel-Intoleranzen ausgelöst. «Zucker ist überall drin, auch dort, wo man es nicht erwartet.» Es gebe Fruchtjoghurts mit einem Anteil von fünf bis acht Zuckerwürfeln und Müesli mit 30 Prozent Zuckeranteil. natürlich ihren Preis. «Das ist nicht jeder Konsument bereit zu bezahlen», räumt Emmi-Sprecherin Sibylle Umiker ein. Lebensmittel nicht verurteilen Verarbeiter reagieren AKTIEN DES TAGES TOP 31.08. BOTE DER URSCHWEIZ Kampf dem versteckten Zucker Quelle: Sechster Schweizerischer Ernährungsbericht / Grafik: lsi NEUE LUZERNER ZEITUNG 9 Mit dem Müesli nehmen Konsumenten oft unbemerkt viel Zucker auf. Getty durchgeführt, um zu eruieren, wie viel anpassungen müssten in ganz kleinen Zucker weggenommen werden kann, da- Schritten erfolgen, damit sich der Gemit das Produkt noch immer denselben schmack der Konsumenten über die Zeit guten Geschmack hat. «Es ist nicht das daran anpassen könne, ohne sich an der Ziel, dass ein Produkt zwar weniger Zucker verminderten Süsse zu stören, hält Emmi hat, dafür aber nicht fest. Oberstes Ziel ist mehr gegessen wird», es, den Konsumenten stellt Nadja Degelo an weniger süsse Nahvon Bio Familia klar. rungsmittel zu gewöh«Es ist nicht das Ziel, Es sei eben genau nen. dass ein Produkt die Kunst, die Zuckerzwar weniger Zucker Der Preis reduktion so vorzuentscheidet nehmen, dass der hat, dafür aber nicht Auf den Umsatz Konsument nichts mehr gegessen wird.» merke, sagt auch Sides grössten SchweiN A D J A D E G E LO bylle Umiker, Leiterin zer Milchverarbeiters B I O FA M I L I A Media Relations bei habe die Absichtsder Luzerner Emmierklärung zwar keine Gruppe. Das sei Emmi Auswirkungen, hält in der Vergangenheit bereits gelungen. Emmi fest. Die Entwicklung zuckerÜber das ganze Joghurtsortiment habe reduzierter Milchprodukte sei aber sider grösste Schweizer Milchverarbeiter in cher mit Kosten verbunden. So können den letzten 25 Jahren den Gehalt an zu- zum Beispiel als Zuckerersatz intensiver gesetztem Zucker um zwischen 10 und schmeckende Früchte im Joghurt ver30 Prozent reduziert. Solche Rezeptur- wendet werden. Solche Früchte haben Neben manchen Ernährungswissenschaftlern, die den Kampf gegen den Zucker kritisieren, gibt es natürlich auch eine Branche, die sich bei der Diskussion unverstanden fühlt: die Zuckerproduzenten. Das einzige Schweizer Unternehmen, das Zuckerrüben verarbeitet und den hiesigen Markt mit Zucker versorgt, ist die Schweizer Zucker AG (SZU) mit Sitz in Frauenfeld. Die wichtigsten Kunden der Firma sind Verarbeiter wie Emmi oder Bio Familia. SZUChef Guido Stäger hat die Absichtserklärung des Bundes mit der Industrie «zur Kenntnis genommen», wie er im Gespräch sagt. «Unsere Kunden sollen selbst entscheiden, wie viel Zucker sie verwenden wollen. Der Konsument entscheidet, ob er den Kaffee schwarz, mit Zucker oder mit Rahm trinken will. Und das ist gut so, wir sollten unsere Konsumenten nicht zu stark bevormunden», findet Stäger. Seiner Meinung nach gibt es keine guten und schlechten Lebensmittel. «Zucker hat halb so viele Kalorien wie Fett und gleich viele wie Protein oder Mehl», sagt Stäger. Zucker sei ein Kohlenhydrat und gleich aufgebaut wie die Stärke im Mehl oder in der Kartoffel. «Wenn man weniger Zucker verwendet und gleich viel isst, muss man ja mehr von etwas anderem essen. Da geht die Rechnung in den meisten Fällen wohl nicht auf», sagt Stäger weiter. Sollte langfristig weniger Zucker verwendet werden, sei dies nicht gut für die Schweizer Zucker AG und für die Schweizer Rübenbauern. Süssgetränke mit mehr Zucker Dass Müesli und Joghurt nun sozusagen als «Sündenböcke» dargestellt werden, findet Nadja Degelo von Bio Familia etwas unglücklich. «Wichtig ist, dass man diese Lebensmittel nicht verurteilt.» Es gebe nämlich eine Reihe von Kategorien, die einen viel grösseren Zuckeranteil hätten – wie zum Beispiel Süssgetränke oder Fertigprodukte. Warum also der Fokus auf Müesli und Joghurt? Es handle sich dabei um täglich konsumierte Grundnahrungsmittel, von denen die Konsumenten annehmen, dass sie gesund seien, erklärt Sibylle Umiker von Emmi. Dementsprechend unkritisch seien viele Konsumenten, wohingegen Süssgetränke oft bewusst und in Massen konsumiert würden. «Zudem erzielt man mit einer Massnahme auf einem Produkt, das von vielen Leuten täglich konsumiert wird, insgesamt die grösste Wirkung», sagt Umiker.
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