«Manchen bekannten Namen dienten wir als Sprungbrett»

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DEZEMBER 2015 | JAZZTIME
«Manchen bekannten Namen dienten wir
als Sprungbrett»
Im Gespräch mit Hans Zurbrügg, Jazzhotelier, Jazzfan und Jazzmusiker – Das Hotel Innere Enge in Bern ist weltweit als
Jazzhotel bekannt. Ausser Louis Armstrong haben alle namhaften Musikerinnen und Musiker der Jazzwelt im Marians Jazzroom oder
am Internationalen Jazzfestival Bern gespielt. Nun feiert das Haus sein 150-Jahr-Jubiläum. Was steckt hinter dieser Erfolgsgeschichte?
 Fabrice Müller, Redaktor
Ihr Hotel gilt als Vorbild unter den
Schweizer Hotelbetrieben, vor allem
auch als Jazzhotel. Was hat der Jazz
zum Erfolg Ihres Hauses beigetragen?
Hans Zurbrügg: Das alles hat natürlich
viel mit mir und meiner Frau zu tun. Ich
bin mit Leib und Seele Hotelier und Jazzfan. Mein ganzes Leben habe ich in diesem Umfeld verbracht. Als wir das Hotel
vor über 20 Jahren gekauft haben, stand
für meine Frau und mich fest, dass ein
Jazzraum darin entstehen soll. Schliesslich organisierte ich bereits in den 60erJahren meine ersten Jazzkonzerte, baute
das Jazzfestival Bern auf und sammelte
in all diesen Jahren unzählige Dokumente, Fotos, Briefe und vieles mehr von den
Musikern, die bei uns spielten. Dieses
Material wollten wir der Öffentlichkeit
zugänglich machen, aber nicht als Museum, sondern als lebendiger Ort.
Was bedeutet es, Hotellerie und Jazz
unter einen Hut zu bringen? Passt
das zusammen?
Auf jeden Fall, das ist problemlos möglich. Die Schweizer Hotellerie war in
ihrer Gründerzeit stark geprägt von der
Leidenschaft ihrer Gastgeber. Kultur
und Hotellerie sind eine ideale Kombination. Allerdings darf es meiner Meinung nach keine billige Marketingidee
sein. Ohne Substanz und Herzblut dahinter geht es nicht.
Wie haben Sie es geschafft, Ihr
Hotel derart stark und erfolgreich
international mit Jazz in Verbindung
zu bringen?
Die Musiker wie auch das Publikum,
das bei uns zu Gast war, machten unser
Haus als Botschafter weltweit bekannt.
Gegen 110'000 Menschen besuchen unser Haus pro Jahr, sei es als Hotelgast,
Restaurantbesucher,
Minigolfspieler
oder eben als Jazzfan. So durften wir in
den letzten 23 Jahren gegen 2,4 Millionen Leute bei uns willkommen heissen.
Die Menschen sprechen gerne über besondere Erlebnisse. Durch die regelmässigen Konzerte in Marions Jazzroom
profitieren wir natürlich von einer wertvollen medialen Aufmerksamkeit.
Marians Jazzroom, Treffpunkt der Jazz-Weltklasse.
Welche Philosophie pflegen Sie bei
der Programmgestaltung in Marions
Jazzroom?
Mein Sohn Benny ist seit sieben Jahren
für die Programmgestaltung und Künstlerauswahl verantwortlich. Ich berate ihn
im Hintergrund. Wir setzen bewusst auf
Weltklasse-Jazz mit kreativen Musikerinnen und Musikern, die etwas zu sagen
haben. Dabei ist nicht nur die Virtuosität einer Band ein Auswahlfaktor. Über
den Jazz soll eine Art Kommunikation
zwischen Band und Publikum stattfinden. Uns ist wichtig, dass die Musik, die
bei uns gespielt wird, Wurzeln hat und
fundiert ist. Viele bekannte Namen sind
im Marians Jazrzroom oder am Internationalen Jazzfestival Bern aufgetreten. Wir
holen auch Musiker nach Bern, die in der
Schweiz noch wenig bekannt sind. Manchen dienten wir als Sprungbrett zum
Erfolg. Ich denke da zum Beispiel an Hiromi oder Cecil McLorin Salvant. Wir führen auch Statistiken, um herauszufinden,
welche Musik beim Publikum am besten
ankommt. Gewisse Musiker kommen regelmässig zu uns. Um sie herum bilden
sich mit der Zeit richtige Fangruppen.
Treten auch Schweizer Musiker bei
Ihnen auf?
Wir holen bewusst Musiker aus den USA
zu uns, um dem Publikum zu zeigen, wie
man dort Jazz spielt. Viele von ihnen sind
ganz anderen wirtschaftlichen Bedingungen unterworfen als hier in der Schweiz.
Das hört man ihrer Musik an. Während
des Internationalen Jazzfestival Bern sind
Jazzstudenten aus der Schweiz im Jazzzelt zu hören. Im Hauptprogramm treten
zudem international gestandene Musiker
auf, zum Beispiel George Robert.
Fotos: z.V.g.
Wäre Ihr Hotel in einer anderen Stadt
genauso erfolgreich wie in Bern?
Gute Frage. Ich würde gerne die Probe
aufs Exempel machen. Wahrscheinlich
wären wir durch unseren Einsatz für
den Jazz und unser Hotel auch in einer
anderen Stadt erfolgreich, vielleicht sogar noch mehr als hier in Bern. Zudem
Marianne Gauer und Hans Zurbrügg führen das Hotel Innere Enge und den
Marians Jazzroom mit viel Liebe und Leidenschaft.
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JAZZTIME | DEZEMBER 2015
Aussenansicht des Hotels Innere Enge mit Blick auf die Berner Alpen.
gibt es in vielen Ländern spannende
Jazzszenen, von denen wir noch gar
nichts wissen.
Sie stehen ja selber mit Ihrer
Trompete auf der Bühne. Wie wichtig
sind Ihnen diese Auftritte?
Bis 2011 war ich Bandleader der «Wolverines Jazzband». Aus Zeitgründen
musste ich mich jedoch zurückziehen.
Einmal im Jahr spiele ich im Rahmen
der «Marians Traditional Jazzband»,
aber nur zum Spass. Wir sind eine lustige Truppe mit Musikern aus der ganzen
Schweiz. Ich tue mich immer schwer,
bei uns im Haus aufzutreten, weil wir
die Bühne sonst vor allem Weltklassemusikern vorbehalten.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich werde nicht kürzer treten, im Gegenteil. Wir haben intern Strukturen
geschaffen, die gewährleisten, dass
das Hotel mit der jetzigen Ausrichtung
für die nächsten 20 Jahre gesichert ist.
Gegenüber unserem Hotel planen wir
ein neues Haus mit 70 bis 80 Zimmern.
So können wir die wirtschaftliche Ba-
sis unseres Hotels massiv verstärken.
Ob dieses Projekt realisiert werden
kann, wird in den nächsten Monaten
entschieden.
www.jazzfestivalbern.ch
www.mariansjazzroom.ch
www.innere-enge.ch
Jazzhotel mit weltweiter Ausstrahlung
20 Jahre sind es her, seit Hans Zurbrügg und Marianne Gauer das Hotel
Innere Enge übernommen und daraus
einen Jazz-Treffpunkt von Weltklasse gemacht haben. Seither trifft sich
die Jazz-Elite der Welt im Marians
Jazzroom, der im Untergeschoss des
historischen Hauses gelegen ist. Der
Jazzroom gehört als einzigartiges Unikat zu den besten bereits legendären
Jazzclubs der Welt. Von September
bis Mai bietet das Marians pro Woche
von Dienstag bis Samstag jeweils täglich zwei Konzerte mit Weltstars des
Jazz und Blues.
Perle unter
den Schweizer Hotelbetrieben
Vor 150 Jahren (1865) wurde das
Hauptgebäude der Innere Enge von
der Burgergemeinde Bern erbaut.
1991 gründete die H. Zurbrügg &
M. Gauer AG die Innere Enge AG,
welche in der Folge mit der Burgergemeinde Bern einen 80-jährigen
Baurechtsvertrag abschloss. Nach
einer intensiven Umbauzeit konnte
das Hotel im Dezember 1992 eröffnet
werden. Seither wurde diese wunderschöne, 8'000 Quadratmeter umfassende Anlage, regelmässig ergänzt,
liebevoll gepflegt und 2014 zudem
bereits wieder umfassend renoviert.
Heute gilt das 4**** Superieur Unique
Jazz Hotel Innere Enge als Perle unter
den Schweizer Hotelbetrieben.
«Jubiläums Yourte»
Das 150-Jahre-Jubiläum wird bis Ende
Jahr mit einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert, zum Beispiel an der
Zibelemärit Jazz-Night im Marians
Jazzroom (23. November) oder am
«Thanksgiving Dinner» am 26. November. Zusätzlich zu den bekannten
Lokalitäten der Josephines Brasserie,
dem Park Café und dem Marians Jazzroom steht ab dem 20. November bis
10. Januar 2016 die speziell errichtete, stimmungsvolle «Jubiläums Yourte» als weiteren Begegnungsort zur
Verfügung.
15 Musikerzimmer mit persön­
lichen Ausstellungsobjekten
Vorläufig 15 der 26 Hotelzimmer im
ehemaligen Herrenhaus hoch über
der Berner Altstadt sind weltberühmten Musikern gewidmet, die die
Entwicklung des Jazz massgeblich
geprägt haben und in Bern zu Gast
waren. Hunderte von sehr persönlichen Ausstellungsobjekten machen
aus dem Haus ein lebendiges Museum. Nur Louis Amstrong macht hier
eine Ausnahme: Sein Andenken haben andere Musiker aus seiner Zeit
hochgehalten.
Junior-Suite «Louis Bellson» USA. Der grosse, weisse Schlagzeug-Spieler, der
das Doppel «base drum» erfunden hat. Er ist zweifellos einer der wichtigsten
Schlagzeuger in der Geschichte des Jazz.
Konzert mit George Robert und Bob Mintzer im Marians Jazzroom.
Im Bild: Rufus Reid (bass) und Byron Landham (drums).