Finanzexpertin: Jahr der Überraschungen

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BENSHEIM
BERGSTRÄSSER
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BA
Samstag
13. FEBRUAR 2016
Sparkasse: Helaba-Chefvolkswirtin Dr. Gertrud Traud prognostiziert dynamische Weltwirtschaft bei moderatem Tempo
CDU
Finanzexpertin: Jahr der Überraschungen
Infostand und
Hausbesuche
Von unserem Mitarbeiter
Thomas Tritsch
BENSHEIM. Das Jahr 2016 wird sportlich. Nicht nur wegen Olympia. Auch
an den Kapitalmärkten sind Tempo
und Geschicklichkeit die Gradmesser des Erfolgs. Allerdings zeigt sich
der Trainingsstand in den Volkswirtschaften derzeit kaum medaillentauglich. Die Chefvolkswirtin der
Helaba prognostiziert eine insgesamt sportlich-dynamische Weltwirtschaft, die aber keine Rekorde
erwarten lässt.
„Die wesentlichen Impulse kommen aus den Industrieländern“, so
Dr. Gertrud Traud in ihrem Ausblick
für das laufende Jahr. In der Sparkasse Bensheim verfolgten Kunden und
Mitarbeiter gespannt, was die Expertin über die möglichen Entwicklungen der kommenden Monate zu sagen hatte. Vorstandsmitglied Birgit
Kissel begrüßte eine der gefragtesten
Spezialisten Deutschlands. Bei der
Landesbank Hessen-Thüringen ist
sie an vorderster Stelle dafür zuständig, die Konjunktur zu analysieren
und die Entwicklung von Arbeitsmarkt, Inflation und Zinsen vorauszusagen.
„Billig kaufen, teuer verkaufen“
„Billig kaufen und teuer verkaufen –
dann machen Sie keine Fehler“, lautete der augenzwinkernde Schlusssatz der Ökonomin, der die aktuelle
Situation aber durchaus trifft: Denn
unter Abwägung der Chancen und
Risiken zeigen sich Aussichten am
Kapitalmarkt 2016 eher verhalten.
Bei Aktien und Immobilien ist taktisches Agieren angesagt.
Von langfristigen Strategien
(„buy and hold“) rät sie eher ab. Mit
abrupten Kehrtwenden sei zu rech-
Die Türme des Frankfurter Bankenviertels: Hier schlägt das Herz der deutschen Finanzwelt.
nen, so Traud in Bensheim. Als
Grund nennt sie die insgesamt
wacklige Situation, die von den
Nachwehen
der
europäischen
Staatsschuldenkrise, Unsicherheiten im Euro-Raum und den möglichen Austritt Großbritanniens aus
der EU geprägt ist.
Ein „Brexit“ berge erhebliche
wirtschaftliche Unsicherheiten für
Großbritannien, da insbesondere
die Handelsbeziehungen zur EU zunächst ungeklärt blieben. „Für die
EU wäre ein Nein ebenfalls ein sehr
negatives Signal“, so Gertrud Traud.
Sie befürchtet in diesem Fall den Anfang vom Ende der Euro-Zone.
Honorar für Freunde der Liebfrauenschule
BENSHEIM. Dr. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin und Leitung Research
der Hessischen Landesbank (Helaba) in Frankfurt, spendete nach ihrem Ausblick auf den Kapitalmarkt
2016 im Kundenberatungszentrum
der Bensheimer Sparkasse ihr Honorar den Freunden der Liebfrauenschule Bensheim. Unterstützt werden sollen mit dem Geld, stattliche
4000 Euro, die Projekte der Begabtenförderung.
Unser Bild zeigt von links Dr. Gertrud Traud, die Vereinsvorsitzende
Dr. Jutta Stern, die Sparkassen-Vorstandsmitglieder Birgit Kissel und
Manfred Vögtlin sowie Claudia von
Falkenhayn, Vorstandsmitglied des
Fördervereins der Liebfrauenschule.
df/BILD: FUNCK
Die ökonomischen Wetteraussichten in Kurzform: In dem von der
Helaba als „Staffellauf“ bezeichneten Hauptszenario stehen die Teams
aus den Schwellen- und Industrieländern bereit zum Konjunktur- und
Kapitalmarktlauf.
Tempomacher
sind die USA. Dahinter folgt mit einem Wachstum von 1,7 Prozent
Deutschland, das sich damit ähnlich
wie die Eurozone entwickelt. Die
Weltwirtschaft expandiert 2016 mit
einer Rate von 3,3 Prozent etwas
stärker als im Vorjahr. Ausgeprägte
konjunkturelle Zyklen seien aber
aufgrund der verhaltenen Industrietätigkeit nicht auszumachen. Es
gehe in den Volkswirtschaften vor allem darum, sich als Teamplayer zu
beweisen.
Die Eintrittswahrscheinlichkeit
für dieses Szenario bewertet Traud
BILD: DPA
mit 70 Prozent. Sie erkennt weder einen Rückgang des Preisniveaus (Deflation) noch eine Rezession (Abschwung).
Ihr Fazit ist eher zuversichtlich:
„2016 wird ein Jahr mit einigen
Überraschungen. Darunter aber
auch viele positive.“
Welche Folgen hat der niedrige
Ölpreis?
Der strukturelle Tiefflug hat viele Gewinner. Vor allem die Importländer
profitieren – und erleben einen veritablen Wettbewerbsvorteil. Zu den
Nutznießern der Folgen des Überangebots gehören neben der EU vor
allem China und Indien. China kann
den aktuellen Spielraum nutzen, um
den Umbau seiner Volkswirtschaft
voranzutreiben. „Ein Konjunkturprogramm“ so Dr. Gertrud Traud.
Die Volkswirtin sieht beim Ölpreis in den nächsten fünf bis zehn
Jahren keinen massiven Aufwärtstrend. Die Chancen stünden gut,
dass sich der Preis bei etwa 60 USDollar je Barrel einpendeln wird. Das
wären rund 40 Prozent weniger als
der Durchschnitt der letzten vier
Jahre. Durch entspannte Energiekosten wird der Konsum angekurbelt. Nicht nur in Deutschland. „Die
Amerikaner kaufen bereits wieder
dicke Schlitten.“
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Wie entwickelt sich die Geldpolitik im Euro-Raum?
„Die EZB möchte im Staffellauf 2016
definitiv eine weitere Runde laufen“,
so die Expertin. Ihr Chef Mario Draghi werde Geldpolitik noch expansiver gestalten. „Er lässt den Staffelstab nicht los.“ Das Vertrauen in einen selbsttragenden Aufschwung sei
ganz offensichtlich nicht vorhanden. Das begünstige zwar die hiesigen Aktienmärkte, führe aber zu negativen Nebenwirkungen: „Der Trainingseifer lässt allgemein nach.“
Draghis Geldschwemme versickert ohne Frucht. Das bedeute, dass
notwendige Reformen und Haushaltskonsolidierungen immer weiter in die Zukunft verschoben werden. Die Notenbank falle derzeit
nicht als Teamplayer auf. „Das ist
schlecht“, so Traud.
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Was passiert auf dem Aktienmarkt?
Das fortgesetzte Anleihekaufprogramm der EZB bietet den europäischen Aktienmärkten die Chance
auf neue Rekorde. Für den DAX sind
vorübergehend Notierungen deutlich über der 12000-Punkte-Marke
zu erwarten, so die Helaba. Gertrud
Traud wagt sogar eine 14000-Punkte-Prognose – sollten die Volkswirtschaften aufs Gas treten und die
Muskeln spielen lassen. Wahrscheinlichkeit
eines
solchen
„Sprint“-Szenarios: Zehn Prozent.
Doppelt so hoch ist allerdings die
Variante eines ökonomischen Hindernislaufs mit erheblichen Wachstumseinbrüchen, wirtschaftlichen
Wadenkrämpfen und Komplettausfällen. Dann könnte der DAX ins Tal
stürzen und die 6000 Punkte streifen. Die Aktie bleibt auch 2016 eine
Top-Anlageform – mangels guter Alternativen und trotz steigender Volatilität (Börsenschwankungen).
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Können die anhaltend niedrigen
Zinsen den Markt ausbremsen?
Über die niedrigen Zinsen können
Staaten ihre Haushalte sanieren. Für
die Unternehmen ist das Zinstief
aber nicht nur positiv: Für die zugesagten Pensionen müssen zusätzliche Rückstellungen gebildet werden.
Mehrere Zinsschritte hintereinander können die Kurse tatsächlich
ausbremsen, so Traud. Sie erwartet,
dass die US-Notenbank die Leitzinsen zum ersten Mal seit Jahren anheben wird. Ende 2016 dürften sie daher bei 1,5 Prozent liegen.
tr
Marktplatz: Ortsverband kritisiert menschenunwürdige Arbeitsbedingungen der Modekette
Winterakademie: Am Mittwoch Start der Veranstaltungsreihe
DGB gegen Ansiedlung von H&M
Die Vielfalt der Kirchen
BENSHEIM. Der DGB-Ortsverband
kritisiert die Pläne der Stadt Bensheim, insbesondere der CDU, mit
der Modekette H&M den Marktplatz
„beleben“ zu wollen. Die Argumentation, damit insbesondere junge
Leute anzulocken, sei nicht nachvollziehbar. „Es handelt sich hier um
eines der umstrittensten Unternehmen in der Textilindustrie“, so die
DGB-Vorsitzende Jutta MussongLöffler.
„Sowohl C&A, bereits in der Fußgängerzone, als auch Billiganbieter
KiK, sind in Bensheim vertreten und
sind ebenso tief in die Machenschaften der blutigen Deals der Textilindustrie verstrickt“, heißt es in der
Pressemitteilung weiter. Die Einkaufspraktiken von global agierenden Unternehmen seien eine der
Hauptursachen für die oft ausbeuterischen Arbeitsbedingungen am unteren Ende der Lieferkette. „Wenn
auch H&M versichert, nichts damit
zu tun zu haben, so üben ihre Einkaufsteams Druck auf die Zulieferer
in den Entwicklungsländern aus und
verlangen immer billigere und
schnellere Lieferungen. Die Zulieferer wälzen dann den Druck auf die
Arbeiter in ihren Betrieben ab. Dies
führt zu Überstunden, Hungerlöhnen und unsicheren Arbeitsverhältnissen.“
Das vom Bürgerkrieg schwer erschütterte Myanmar sei ein neuer
Produktionsstandort des schwedischen Textilriesen, der dort zu 90
Prozent Frauen unter extrem menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen Klamotten herstellen lasse.
„Erst kürzlich wurde bekannt, dass
in der Türkei für H&M illegal syrische
Flüchtlinge beschäftigt wurden“,
schreibt der DGB weiter. Angesichts
von 2,5 Millionen geflüchteten Menschen gebe es faktisch kaum Kontrollen. „Während Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften
härtere Kontrollen in den Produktionsländern fordern, werben Bensheimer Kommunalpolitiker selbstgefällig für einen weiteren Billiganbieter, um den Marktplatz aufzupeppen.“
Bereits im Dezember haben
DGB-Vertreter in einem persönlichen Gespräch mit dem Bürgermeister ihre Vorbehalte geäußert.
Jugendliche Käufer anlocken zu wollen, setze den unheilvollen Kreislauf
von Ausbeutung und Armut fort. Außerdem stehe auch hier der Profit im
Vordergrund, schreibt Jutta Mussong-Löffler: „Das passt einfach
nicht zu einer Fair-Trade-Stadt.
Während die CDU den Marktplatz
wiederbeleben will, gehen in anderen Ländern Menschen zugrunde.“
Der DGB ist der Überzeugung,
dass gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen allen Menschen
zustehen. Diese seien bei H&M nicht
gewährleistet.
red
AUERBACH. 500 Jahre Reformation
wird im nächsten Jahr nicht nur in
Deutschland groß gefeiert, sondern
weltweit. Die verschiedenen Strömungen zur Erneuerung der Kirche
erfassten rasch fast ganz Europa.
Und von dort aus wurden evangelische Gemeinden in allen Erdteilen
gegründet.
Lutherisch, reformiert, uniert
Die Vielfalt der Kirchen der Reformation ist in diesem Jahr auch das
Thema der Auerbacher Winterakademie. Sie startet mit einem Vortrag
am Mittwoch, 17. Februar, mit der
Vorstellung der lutherischen, reformierten und unierten Kirchen.
Referent ist Pfarrer Dr. Paul Metzger, wissenschaftlicher Referent im
Konfessionskundlichen Institut des
Evangelischen Bundes in Bensheim
und Lehrbeauftragter an der Universität Koblenz-Landau. Der Vortrag
beginnt um 20 Uhr im Gemeindezentrum der evangelischen Kirchen-
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6 Honorar für Freunde der Liebfrauenschule; Ökonomischer Hindernislauf
Fragen und Antworten: Vom Ölpreis über den Aktienmarkt bis zum Zinsniveau
Ökonomischer Hindernislauf
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BENSHEIM. Die Spitzenkandidaten
auf der CDU-Liste für die Kreistagswahl stellen ihre Ziele in Bensheim
vor: Birgit Heitland, Volker Oehlenschläger und Christian Schönung
werben am Infostand in der Fußgängerzone, am Bürgerwehrbrunnen,
am heutigen Samstag (13.), ab 10
Uhr, für die Kommunalwahl.
Ebenfalls am heutigen Samstag
beginnen die Christdemokraten mit
ihren Hausbesuchen. Vormittags gehen Ingrid Schich-Kiefer und Markus Geißelmann im Wohngebiet an
der Volkerstraße von Tür zu Tür. Die
Mandatsträger bieten damit die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch.
Ab 14 Uhr werden CDU-Stadtverordneter Tobias Heinz und Dr. Wilhelm Karnbrock, der erstmals für das
Kommunalparlament kandidiert,
im Bereich der Konrad-AdenauerStraße unterwegs sein. Sie wollen
über die Vorschläge der Union für
die weitere Entwicklung Bensheims
informieren und Fragen beantworten.
red
gemeinde Auerbach in der Bachgasse 39. Nach dem Vortrag ist Gelegenheit zur Diskussion. Der Eintritt ist
frei.
Die Freikirchen
Auf dem Programm der seit 1987 bestehenden Winterakademie steht
dann am 24. Februar das freikirchliche Spektrum der aus der Reformation heraus entstandenen Konfessionsfamilien. Zu den Adventisten,
Baptisten, Mennoniten, Methodisten, Pfingstkirchen und anderen gehören in Deutschland nur kleine Gemeinden, aber weltweit sind es große und wachsende evangelische Kirchen. Dazu wird der langjährige Direktor des Konfessionskundlichen
Instituts, Dr. Walter FleischmannBisten, sprechen.
Außerdem wird eine Exkursion zu
den Marienschwestern in Darmstadt, zur Unionskirche in Idstein
und zur Waldensergemeinde Rohrbach am 10. Mai angeboten.
red
Heute mit ALDI-Magazin
Verkehr
Friedhofstraße
länger gesperrt
BENSHEIM. Seit Ende Januar besteht
aufgrund von Tiefbauarbeiten eine
Vollsperrung der Friedhofstraße:
Die Sperrung soll nun am 19. Februar aufgehoben werden.
Die Umleitung verläuft über die
Heidelberger Straße oder die Wilhelm-Euler-Straße. Für Busse ist
weiterhin eine provisorische Ersatzhaltestelle in der Heidelberger Straße gegenüber des Albertus-Kindergartens eingerichtet.
ps
Selbsthilfegruppe
Treffen für Frauen
mit Krebs
BENSHEIM. Die Selbsthilfegruppe für
Frauen mit oder nach Krebs trifft
sich wieder am Mittwoch (17.) um
14.30 Uhr in den Räumen des Frauenbüros, Hauptstraße 53 (Seiteneingang rechts, 2. OG).
Eingeladen sind Frauen, die akut
erkrankt sind oder auch schon längere Zeit mit der Krankheit leben
und sich gern mit anderen Frauen
austauschen möchten.
red
i
Nähere Informationen beim
Frauenbüro der Stadt Bensheim,
Telefon 06251/856003
Stephanusgemeinde
Am Sonntag
Taizégebet
BENSHEIM. Für Sonntag (14.) lädt die
Stephanusgemeinde um 19 Uhr zu
einem besonderen Abendgottesdienst ein. Bei Kerzenschein und
meditativer Musik aus Taizé bietet
sich die Chance, zur Ruhe zu kommen und Kraft zu schöpfen.
Einige biblische Texte dienen als
Wegweiser: Sie fordern auf, erste
Schritte zu wagen und verheißen
Gottes Begleitung auf dem Weg. Das
Vorbereitungsteam und die Musiker, die die Taizégesänge begleiten
werden, laden zu dieser ökumenischen Feier ein.
red