Skandal um Bandscheibenprothesen - AOK

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Skandal um Bandscheibenprothesen
9.
Oktober 2015 AOK-Bundesverband
PRESSESTELLE
AOK-Bundesverband fordert hochwertige klinische Studien und obligatorische Haftpflichtversicherung von
Hochrisiko-Medizinprodukten
Berlin. Der Skandal um die schadhaften Bandscheibenprothesen im Klinikum Leer zeigt erneut, wie dringlich ein verbesserter Patientenschutz bei Medizinprodukten in Europa
ist. „Hochrisiko-Medizinprodukte dürfen erst auf den europäischen Markt, wenn deren Sicherheit, Wirksamkeit und positives Nutzen-Risiko-Verhältnis durch hochwertige klinische
Studien nachgewiesen werden", sagte Martin Litsch, kommissarischer Vorstand des AOK-Bundesverbandes, mit Blick
auf die nächste Woche beginnenden Trilogverhandlungen in
der EU zur geplanten europäischen MedizinprodukteVerordnung.
Anlass sind die im Klinikum Leer eingesetzten fehlerhaften
Bandscheibenprothesen. Der AOK-Bundesverband geht davon aus, dass der Skandal weitere Kreise zieht. Noch Ende
2011 gab es Meldungen, dass die besagte Bandscheibenprothese nun regelmäßig bei Patienten in Deutschland, den
Niederlanden, Belgien und in der Schweiz implantiert werde.
Derzeit prüfe die Gesundheitskasse, wie viele
AOK-
Versicherte bundesweit davon betroffen sein könnten.
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Der AOK-Vorstand verweist darauf, dass im Falle der betroffenen
Produkt-Chargen
der
Ranier-Bandscheiben-
prothesen keine hochwertigen klinischen Studien zu Nutzen
und Risiken vorliegen. Üblicherweise war für den Marktzugang nur die CE-Kennzeichnung zur technischen Funktionstüchtigkeit des Produkts erforderlich. Fehlende Studien seien
umso gravierender, als hier, wie auch bei früheren Schadensserien, etablierte Produkte auf dem Markt waren, die
solche Mängel nicht aufweisen.
Neben der mangelhaften Studienlage gibt es eine weitere
Parallele zum PIP-Skandal um schadhafte Brustimplantate
im Jahr 2010: Laut Medienberichten ist die Firma Ranier zwischenzeitlich in Insolvenz gegangen. Litsch: „Das verdeutlicht, wie wichtig auch eine EU-weite obligatorische Haftpflichtversicherung für Medizinprodukte-Hersteller mit angemessener Mindestdeckungssumme ist. Sonst bleiben die
Geschädigten und die für die Behandlungskosten aufkommenden Krankenkassen am Ende auf den Kosten sitzen und
gehen mit ihren berechtigten Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld leer aus.“
Gerade das staatliche Zulassungsverfahren bei der USamerikanischen Behörde FDA zeige, so Litsch weiter, dass
im Vergleich zur EU ein höheres Sicherheitsniveau erreicht
und ein schneller Zugang zu innovativen Medizinprodukten
sichergestellt werden könne, ohne die Patientensicherheit
gleich opfern zu müssen. Auch der Europäische Gerichtshof
hatte in seinem Urteil vom 5. März 2015 zu fehlerhaften
Hochrisiko-Medizinprodukten klargestellt, dass diese Produkte besonders hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen müsPRESSEINFORMATION DES AOK-BUNDESVERBANDES VOM 09.10.2015
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sen. Dem hat sich der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen
vom 9. Juni 2015 vollumfänglich angeschlossen.
Noch vor dem anstehenden Trilog auf europäischer Ebene
(Beginn 13. Oktober 2015) wird sich die AOK zusammen mit
den europäischen Partnerorganisationen deshalb noch einmal an die Europäischen Institutionen wenden. Neben den
Kernforderungen nach hochwertigen Studien zu allen Hochrisiko-Medizinprodukten und einer obligatorischen Haftpflichtversicherung für Hersteller als Marktzugangsvoraussetzung hält die AOK auch höhere Anforderungen an die sogenannten Benannten Stellen, die Hochrisikoprodukte zertifizieren, sowie eine strengere Aufsicht dieser Benannten Stellen für unerlässlich. Auch müssten die Studiendaten, die zur
Zertifizierung geführt haben, offen zugänglich gemacht werden.
Ihr Ansprechpartner in der Pressestelle:
Dr. Kai Behrens
Tel. 030 34646-2309
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