BADEN-WETTINGEN 29 AARGAUER ZEITUNG FREITAG, 16. OKTOBER 2015 Reto Schmid wagt präzise Wahlprognose Baden Am Sonntag wird gewählt: Der Alt-Stadtrat sagt, wie die Kandidaten um den Stadtratssitz abschneiden werden VON PIRMIN KRAMER Reto Schmid (41) ist ein Kenner der Badener Politik: Zwanzig Jahre politisierte er hier für die CVP, zuletzt fünf Jahre lang im Stadtrat, ehe er den Sitz 2013 aus familiären Gründen räumte. Er begann vor Jahren, Wahlprognosen zu erstellen. Je lokaler die Wahl, desto präziser trafen Schmids Prognosen ein, die er aber nur wenigen anvertraute. Auf Bitte des «Badener Tagblatts» wagt er nun seine erste öffentliche Wahlvoraussage für den Dreikampf um die Stadtratswahl von kommendem Sonntag. «Sie beruht auf Wählerstärken, vielen persönlichen Gesprächen und Analysen von früheren Abstimmungen.» ■ Abgeschlagen auf Platz 3 landet Jürg Caflisch (SP), mit mehr als 500 Stimmen weniger als der Erstplatzierte. «Die SP ist zwar in Baden mit rund 19 Prozent Wähleranteil die zweitstärkste Partei hinter der FDP. Ich gehe aber davon aus, dass Caflisch nur rund zwei Drittel der SP-Wähler auf seiner Seite hat. Zwar unterstützen ihn auch Grüne (10% Wähleranteil) zu rund zwei Dritteln und viele Team-Wähler (18% Wähleranteil). Eine Analyse früherer Grossratswahlen zeigt aber: Caflisch erhält kaum Wechselstimmen aus dem bürgerlichen Lager. Diese fehlen ihm, um mit den Konkurrenten mithalten zu können. Von FDPund SVP-Wählern wird er kaum Stimmen erhalten. Caflisch schafft es im 1. Wahlgang auf 1650 bis 1800 Stimmen.» ■ Ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern sich Mario Delvecchio (FDP) und Erich Obrist (parteilos), maximal 200 Stim- Reto Schmid. SPICHALE men Differenz werden sie trennen. «Erich Obrist ist für fast alle bis auf die SVP-Sympathisanten wählbar. Er darf auf bedeutende Unterstützung von eigentlichen Wählern der SP, Grünen, Team, CVP, EVP und GLP zählen. Sogar FDPSympathisanten werden den Namen Obrist auf den Zettel schreiben. Delvecchio wiederum darf auf grosse Unterstützung seiner FDP (20 Prozent Wähleranteil) zählen, sowie auf Stimmen von CVPlern. Matchentscheidend für Delvecchio wird sein, ob er es schafft, die SVP-Sympathisanten (15 Prozent Wähleranteil) geschlossen hinter sich zu scharen. Die Schwierigkeit für Delvecchio besteht darin, dass der Bürgerblock in den letzten Jahren bei Persönlichkeitswahlen vermehrt nicht linientreu abstimmte.» ■ Der Gewinner des 1. Wahlgangs wird Erich Obrist heissen. «Ein Punkt war in Baden schon oft entscheidend: der Bekanntheitsgrad. Stephan Attiger (FDP) schaffte die Wahl zum Stadtammann 2005 gegen den auch in der Wirtschaft bestens vernetzten Favoriten Lukas Voegele (CVP), weil man ihn einfach besser kannte. Obrist ist ein stadtbekannter Politiker, Delvecchio diesbezüglich ein unbeschriebenes Blatt. Obrist erhält im 1. Wahlgang 2300 bis 2450 Stimmen, Delvecchio 2200 bis 2350 Stimmen, bei voraussichtlich 55 Prozent Wahlbeteiligung. Dank Heim-Bonus gewinnt Obrist den 1. Wahlgang.» ■ Nicht mehr antreten zum 2. Wahlgang wird Jürg Caflisch, «wegen seines aussichtslosen Rückstands». ■ Wahlsieger wird am 22. November Erich Obrist. «Viele Caflisch-Stimmen werden im 2. Wahlgang zu Erich Obrist abwandern, der dadurch den Sprung in den Stadtrat schafft.» Die letzte Aussage betrifft Schmid selber. «Falls ich mit meinen Voraussagen weit daneben liege, werde ich in Zukunft die Finger von öffentlichen Wahlprognosen lassen», sagt er lachend. Wen er selber wählt, verrät er nicht. Der Schiri, der auf dem Feld nicht Chef sein will Niederrohrdorf Leonardo Fiumefreddo ist vom kantonalen Fussballverband als Aargauer Schiedsrichter des Jahres nominiert VON CARLA STAMPFLI Obwohl Leonardo Fiumefreddo als Jugendlicher gerne Fussball spielte, gab es etwas, das ihn auf dem Spielfeld mehr faszinierte: das Schiedsrichtern. «Anfangs hatte ich aber zu grossen Respekt davor, mich zum Schiedsrichter ausbilden zu lassen», sagt Leonardo Fiumefreddo und fügt an: «Ich dachte, ich wäre der Aufgabe nicht gewachsen.» Das war vor bald 30 Jahren. «Im Nachhinein erwies sich alles als halb so schlimm», sagt der 43-Jährige aus Niederrohrdorf und lacht. Heute wurde er vom Aargauischen Fussball- «Ich war sofort begeistert und wusste, dass es eine Erfahrung wert ist.» Leonardo Fiumefreddo Schiedsrichter verbands (AFV) für den Titel «Schiedsrichter des Jahres» nominiert. Den Entscheid, sich doch zum Unparteiischen ausbilden zu lassen, fiel an einem Frühlingsabend im Jahr 1991. Damals hielt der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Bruno Galler vor den Vereinsmitgliedern des FC Fislisbach – Fiumefreddos Stammverein – einen Vortrag über sein Schaffen. «Ich war sofort begeistert und wusste, dass es eine Erfahrung wert ist», sagt der Familienvater. So stand er bereits wenige Monate später als offizieller Schiedsrichter auf INSERAT dem Fussballplatz. Zuerst bei den Junioren C, dann arbeitete er sich bis in die 2. Liga interregional hoch. Seit 2010 beschränkt er sich auf die Spiele der 4./5. Liga sowie der Senioren. Der Familie und des Berufes wegen, aber auch altershalber: «Ich will den jungen Schiedsrichtern nicht unnötig Platz wegnehmen, sondern ihnen eine Chance lassen.» Gelbe Karte blieb liegen Dass er nun als Aargauer «Schiedsrichter des Jahres» nominiert wurde, hat ihn überrascht. «Für mich ist es eine grosse Anerkennung», sagt Leonardo Fiumefreddo. Das Tüpfelchen auf dem «i» in seiner 24-jährigen Schiedsrichterkarriere. Dabei hat er nicht nur dafür gesorgt, dass es auf dem Feld in geordneten Bahnen zu und her geht, sondern brachte die Fussballspieler auch gerne mal zum Schmunzeln. So geschah es, dass er einmal nach der Halbzeit die Partie anpfiff und wenige Minuten später einen Spieler verwarnen musste. Doch Leonardo Fiumefreddo (FC Fislisbach) pfeift seit bald 25 Jahren auf dem Spielfeld. als er in die Tasche griff, um die Karte zu zücken, fand er sie nicht vor: Er hatte sie in der Garderobe liegengelassen. «‹Ich muss meine Sachen holen!› Rief ich den Spielern zu», erinnert sich Leonardo Fiumefreddo. Einmal zurück auf dem Feld, nahmen die Spieler das Ganze mit Humor – so auch derjenige, der die gelbe Karte erhielt. Neben Anekdoten wie dieser sind es auch andere Faktoren, warum ihm das Schiedsrichtern Spass macht, etwa die Kombination von Leistungssport und Verantwortung: «Auf dem Spiel- feld hin und her sprinten, dabei einen klaren Kopf bewahren und die richtige Entscheidung treffen, ist zwar herausfordernd, aber faszinierend.» Schwierig sei hingegen, beide Teams gleich gerecht zu behandeln. Sprich, in ähnlichen Situationen möglichst gleich zu reagieren und das Spiel in Einklang mit den Regeln in geordneten Bahnen zu lenken. «Wichtig ist, dass mich die Spieler nicht als Chef verstehen, sondern als Kollegen», erklärt Fiumefreddo. Der Schiedsrichter sei Teil des Spieles und soll nicht als Gegenpol auftre- ten: «Den Respekt erkämpfe ich mir, indem ich den Spielern mit meiner natürlichen Autorität gegenübertrete.» Mit Fitness, Fussballverständnis und Regelkenntnisse, zum Beispiel. Dabei hilft ihm auch die Erfahrung, die er als Fussballspieler gesammelt hat. Anlässlich der 4. Aargauer Fussballnacht am 28. November vergibt der Aargauische Fussballverband im Trafo in Baden mitunter den Award für den «Schiedsrichter des Jahres». Neben Leonardo Fiumefreddo kämpfen auch Michèle Schmölzer sowie Silvio Blum um die Auszeichnung. Ob der Stamm-Schiri des FC Fislisbach diese gewinnt oder nicht, hat für ihn keine Priorität. «Bereits die Nomination ist für mich eine grosser Ehre.»
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