„Schuld im Trauerprozess“: Workshop beim Hospiztag 2015 – Handout – Begriffsklärung: Etymlogie: althochdeutsch: „sculan“ = „schuldig sein“, „sollen“, „müssen“ ◦ Ursprung im kaufmännischen Bereich: Ist / Soll → „ich soll“ = „ich bin schuldig“ = rechtliche Verpflichtung zu einer Leistung Unterscheide: (Reale) Schuld – „Schuldbewusstsein“ ( = Anerkennung einer realen Schuld ↕ wegen tatsächlich begangener Handlung) aus Einwirkungen des Über-Ichs auf das Ich entstandenes komplexes Schuldgefühl Gefühl der Sorge, etwas getan zu haben, was anderen Menschen geschadet hat Schuldkonzept– Schuldzusammenhang – Schuldmechanismus Schuldmechanismus (SM) = aktive / produzierende Aspekt Schuldkonstrukt (SK) = Spieluhr im Ruhezustand = Regeln, Gesetze, Glaubenssätze, Überzeugungen, die ein Mensch verinnerlicht hat - definiert jeweilige Grenze und wie auf Grenzüberschreitung reagiert wird → Formen und Dauer der Bestrafung - von Trauernden selbst hergestellter SZ löstHandlungen aus → SM setzt die im SK festgeschriebenen Straf- und Bußaktionen in Gang - Ziel: Freiwerden von Schuld (= Ausgleich schaffen) Schuldzusammenhang (SZ) aktiviert Schuldkonstruktion + setzt Schuldmechachinismus in Gang - subjektive Interpretation eines Sachverhalts stellt unter Rückgriff auf das eigene Schuldkonstrukt einen SZ her – oder nicht! - subjektive Einordnung, mit der Betroffene ihr Schicksal werten Normative und Instrumentelle Schuldzuweisungen Anlass bzw. Funktion Normative Schuldzuweisungen (Direktes Arbeiten) Bei vermuteter Übertretung juristischer Normen Instrumentelle Schuldzuweisungen (Indirektes Arbeiten) Herstellung von Erklärungen und Zusammenhängen Bei vermuteter Übertretung ethischer o. relig. Normen Bei vermuteter Übertretung individueller Normen Ermächtigung: Herstellung des subjekt. Gefühls von Handlungsfähigkeit / Einflussnahmemöglichkeiten Herstellung innerer Verbundenheit / Kontakt Als Ventil bei akuter Überforderung Als Platzhalter für andere als unerträglich empfundene Gefühle und Gedanken Als Lebensmuster Hinweise darauf „WER hat WEM WAS getan“ lässt sich konkret benennen Sehr allg. formulierte Schuldvorwürfe Übertreibungen Allgemein negative Grundeinstellung zur Welt Unrealistisch und unvernünftig wirk. Schuldvorwürfe 1 Workshop: Daniela Berg (www.draufblick-potsdam.de, www.mediavitae.de ) „Schuld im Trauerprozess“: Workshop beim Hospiztag 2015 – Handout – Umgang mit Schuldzuweisungen (in der Beratung) Grundhaltung: Innehalten Abstand halten Aushalten Arbeit mit Schuldzuweisungen setzt sich ständig neu aus folgenden 4 Komponenten zusammen: Voraussetzungen für Arbeit mit den Komponenten: ◦ eigene Deutungen und Impulse reflektieren ◦ aktuelle Veränderungsbereitschaft klären ◦ in Kontakt kommen und bleiben ◦ Ressourcen / Kraftquellen in den Blick nehmen Direktes Arbeiten Psychoedukation Stabilisierung Indirektes Arbeiten Indirektes Arbeiten an Schuldvorwürfen → Etwas hinzufügen statt etwas wegnehmen! alle Angebote, die hinter SZ liegenden Fragen und Bedürfnisse (siehe oben) des Trauernden ansprechen → neue Antwortmöglichkeiten für unbeantwortete Fragen + neue Möglichkeiten der Bindung und des Handeln eröffnen Bedürfnis nach Erklärungszusammenhängen ◦ ◦ Bedürfnis nach Bindung ◦ ◦ Informationen sammeln / Informationslücken schließen! Deutung der gesammelten Informationen - Deutungszusammenhänge herstellen – Sinn finden ganzheitliches Erinnern positives Erinnern Bedürfnis nach Handlungsfähigkeit – Ermächtigung ◦ ◦ Strategien für schwierige Situationen im Alltag erarbeiten Bewusstmachen von Netzwerken und Unterstützern Direktes Arbeiten an Schuldvorwürfen = Forschungsreise ins Innere der Schuldvorwürfe Schuldvorwürfe und dahinter stehende Normen werden direkt untersucht ◦ ◦ ◦ Umgang mit internalisierten Regeln = langwieriger Vorgang 1. 2. exakte Auflistungen → klären: WER hat WEM WAS angetan? Erkundung von Details Klienten verschiedene Deutungsmöglichkeiten anbieten Wahrnehmung der inneren Regeln - Bewusstwerdung oft entscheidender Schritt zur Überwindung Subjektive Regeln mit anderen Sichtweisen ergänzen – spieler. Umgang mit verschiedenen Positionen Verzeihen / Vergeben ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ nur relevant, wenn konstruierter SZ tatsächlichen Regelbruch zum Anlass hatte = normativer SZ Voraussetzung: ausreichend große Veränderungsbereitschaft Schuld = Zuschreibung und Bewertung → Vergebung = Veränderung von Zuschreibung „Verzeihen“ = aufhören, jemanden zu beschuldigen → damit hören auch Bestrafungen auf → nicht zu erzwingen, nicht zu verlangen (und auch gar nicht immer unbedingt nötig) Verwendete Literatur: - „Schuld / Macht / Sinn. Arbeitsbuch für die Begleitung von Schuldfragen im Trauerprozesse. (Chris Paul) - „Schuld und Schuldgefühl“ (Mathias Hirsch) 2 Workshop: Daniela Berg (www.draufblick-potsdam.de, www.mediavitae.de )
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