KF Bau 2006 innen2 10.11.2006 12:12 Uhr Seite 50 karriereführer bauingenieure 2006/2007 : ausland Sven Gäbel g’ day, australia hallo, australien Auch wenn es in der deutschen Bauindustrie aufwärts geht, ist der Stellenabbau noch nicht gestoppt. Anders in Australien – dort herrscht ein akuter Mangel an qualifiziertem Fachund Führungspersonal. Der fünfte Kontinent bietet für angehende Bauingenieure aus Deutschland beste Chancen. Von Kathrin Baier 50 Gesucht werden Bauingenieure für große Infrastrukturprojekte wie Straßen-, Schienen- und Brückenbau sowie den Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen. Außerdem verschafft der anhaltende Rohstoffboom von Kohle, Erz und Nichteisenmetallen Einsatzmöglichkeiten im Contract Mining. Dabei lagert ein Minenbesitzer zum Beispiel den Rohstoffabbau an einen Dienstleister aus. Der Mangel an gut ausgebildeten Fachleuten führt zu umfangreichen Anwerbemaßnahmen in den angelsächsischen Ländern wie England und Kanada, in Südafrika, aber auch in Deutschland. „Wer Projekt- und Bauleitungserfahrung aus Infrastrukturprojekten mitbringt, hat beste Chancen auf einen herausfordernden Job in Australien“, sagt Burkhard Gröschl, Leiter Führungskräfteentwicklung bei Hochtief. Den Bauingenieur erwarten gute Verdienstmöglichkeiten – bei entsprechender Leistung – sowie herausfordernde Großprojekte. „Er hat die Möglichkeit, sowohl andere Formen der Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten kennen zu lernen als auch unterschiedliche Methoden im Projektmanagement“, erklärt der Personalleiter und fügt hinzu:„Nicht zuletzt trifft er in Australien auf eine offene, multikulturelle Gesellschaft und auf gutes Wetter.“ In der jetzigen Marktsituation haben auch deutsche Hochschulabsolventen mit sehr guten Englischkenntnissen eine Chance. „Gelingt es ihnen, einen Arbeitsplatz in Australien zu finden, sammeln sie wertvolle Erfahrungen“, so Gröschl. Wenn dann der deutsche Arbeitsmarkt für Bauingenieure wieder anziehe – und diese Entwicklung ist absehbar – sind sie gefragte Arbeitskräfte. Vom Bauboom in Australien profitieren auch die beiden Studenten Bern- KF Bau 2006 innen2 10.11.2006 12:12 Uhr Landesinformationen: Größe: 7,7 Quadratkilometer Einwohnerzahl: 20,5 Millionen Hauptstadt: Canberra Größte Stadt: Sydney Klima: Der Süden und Osten liegen in der gemäßigten Zone, der Norden ist tropisch, wüstenhaft ist es im Zentrum. Sprache: Englisch Flug: Dauer: ab 20 Stunden (ab Frankfurt am Main mit Zwischenstopp zum Beispiel in Dubai oder Singapur) Kosten: ab 750 Euro Seite 51 Währung: australischer Dollar Aufenthaltsgenehmigung: Visum notwendig, mit regulärem kurzfristigen Touristenvisum maximale Aufenthaltsdauer drei Monate Für Geschäftsleute (auch Praktikanten) Arbeitsvisum notwendig www.germany.embassy.gov.au Kosten für einen Aufenthalt: Preis für ein Mittagessen inkl. Getränk: 10 Euro Miete für ein Zimmer/Apartment: 60–130 Euro/Woche Zeitverschiebung: MEZ + 7 bis + 9 Stunden hard Möstl und Sven Gäbel: Sie waren als Praktikanten beim größten öffentlich geförderten Infrastrukturprojekt in New South Wales dabei. Möstl, Student der Bauplanung und Bauwirtschaft an der Fachhochschule Joanneum im österreichischen Graz, arbeitete in Sydney als Student Engineer beim Projekt „Epping to Chatswood Rail Line“ des Thiess-Hochtief Joint Ventures (THJV). „Der Tunnel wird die Stadtteile Epping und Chatswood verbinden und das öffentliche Nahverkehrssystem schließen“, erklärt der 24-Jährige. Dies wurde dringend notwendig, denn in der Hauptverkehrszeit steht der Verkehr praktisch still. „Mein Arbeitsplatz war die M2 Site, wo ich ungefähr die Hälfte meiner Arbeitszeit vor Ort im Tunnel verbracht habe“, berichtet er weiter. Beide Tunnelröhren waren bereits fertig, als er zu seinem Team stieß, das mit dem Unterbau und der Montage der Schienen beauftragt war. Wie auf allen Baustellen war die Arbeitssicherheit sehr wichtig. „Der Grundsatz ‚Safety first’ ist nicht nur eine Management-Vorgabe, sondern wird jeden Tag von Ingenieuren und Arbeitern akribisch umgesetzt“, so Möstl. Dazu zählten unter anderem die täglichen umfangreichen Sicherheitschecks, wie beispielsweise die Über- wachung der Luftqualität im Tunnel. Neben der Unterstützung der verantwortlichen Ingenieure und Schichtingenieure im Tunnel schrieb der Student Engineer wöchentliche Berichte für den Sicherheitsbeauftragten der Baustelle. Positiv fielen ihm der freundliche Umgangston auf der Baustelle und die kollegiale Gemeinschaft des Teams auf. „Besonders hat mir gefallen, dass ich die Chance bekam, beide Seiten einer Großbaustelle kennen zu lernen“, sagt Möstl. Zum einen war das die harte Arbeit der Mannschaft im Tunnel und zum anderen das dahinter stehende Management der zeitlichen, finanziellen und qualitativen Projektsteuerung. Für Möstl war es „ein großartiges Erlebnis und zugleich eine Herausforderung, in ein so ehrgeiziges und professionelles Team integriert zu sein“. Der zweite Praktikant, Sven Gäbel, arbeitete in der Abteilung „Permanent Way“, die für den Gleisbau zuständig ist. Der 26-Jährige studiert australien Bauingenieurwesen mit der Vertiefungsrichtung Baubetrieb an der Fachhochschule Aachen. Zu seinen Aufgaben gehörte die Unterstützung im Bereich der Arbeitssicherheit. „Beim Bau in Australien ist dies besonders wichtig, da bei der Vergabe von Projekten neben dem Preis auch die Zahl der unfallfreien Tage ausschlaggebend ist“, erklärt er. Darüber hinaus half er beim Gleis- und Schienenvortrieb mit. Hierbei markierte er die Punkte für die Löcher, die die Arbeiter in den Unterbau – eine Betonschicht – bohren, um darauf Auflager für die Schienen zu befestigen. Im Rahmen der Qualitätssicherung untersuchte er mit Hilfe von Ultraschall Schweißnähte zwischen den Schienen. Beim Schienenbau hatte Gäbel zuvor noch keine praktischen Erfahrungen gesammelt: „Dort musste ich mich zunächst hineindenken, aber das war eine tolle Herausforderung.“ Gäbel und Möstl sind sich einig: Bauen down under war eine einmalige Erfahrung. In der jetzigen Marktsituation haben auch deutsche Hochschulabsolventen mit sehr guten Englischkenntnissen eine Chance. Gelingt es ihnen, einen Arbeitsplatz in Australien zu finden, sammeln sie wertvolle Erfahrungen. 51
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