- Boris Grundl

Stark sein, Stärke ausstrahlen steht auf dem Wunschzettel
ehrgeiziger Menschen. Ängste gelten als Ausdruck von
Schwäche. Deswegen stehen viele nicht zu ihren Ängsten.
Doch Ängste können ein kraftvoller Antrieb sein. Die Frage ist:
Wie mache ich meine Ängste zum Freund?
Im angelsächsischen Ausland gibt es eine interessante Charakterbeschreibung über uns Deutsche: Dort
spricht man gerne von der German Angst. Eine Art „Leiden an der Welt“ an sich. Dieser Blick von außen
auf uns ist sehr interessant. Wir haben ja selbst einen bestimmten Blickwinkel, wenn wir andere Menschen
oder Nationen betrachten. Welche Charakterbeschreibungen fallen Ihnen zu Italien, England, Ruanda oder
den USA ein? Was wir da sehen, an dem ist ja oft ein Körnchen Wahrheit dran. Also, was ist die Wahrheit
bei der German Angst?
Mir kommt es vor, als bräuchten wir Deutsche regelmäßig einen gefühlten Weltuntergang für unsere
psychische Balance. Ist die Katastrophe oder Krise dann doch nicht so schlimm ausgefallen, geht es uns
gleich wieder besser – das ist das wiederkehrende Muster. Wie ich darauf komme? Haben Sie schon
etwas von Waldsterben, Ozonloch, Rinderwahnsinn, Gentechnik, Atomtod, Vogelgrippe, Erderwärmung,
Ebola oder Terrorgefahr gehört? Besonders beliebt ist die Angst vor unberechenbaren Seuchen. Das ZikaVirus lässt grüßen. Und falls wir das Ganze dann doch überleben, gibt es in jedem Frühling immer noch
den heimtückischen Angriff der Zecken.
Persönliche Angst
Der Begriff der German Angst wird darüber hinaus in den Auslandsmedien verwendet, um die deutsche
Zögerlichkeit in internationalen Konflikten einerseits zu veralbern, aber auch zu brandmarken. Mittlerweile
haben selbst die heimischen Medien den Begriff adoptiert. Es folgt die übliche Nabelschau: Sind wir
wirklich solche Hasenfüße? Nein, nicht wirklich. Oder vielleicht doch? Nur ein kleines bisschen vielleicht?
Und schon taumeln wir wieder von einem Extrem ins andere, zutiefst zerrissen in der Frage nach unserer
Identität. Durch die aktuellen Geschehnisse in der Welt ist Angst mal wieder ein großes Thema geworden.
Aber jetzt gibt es zusätzlich die Austrian Angst, die British Angst und die Angst aller Länder, die von der
Flüchtlingswelle überrollt werden. Wir reden hier von der Angst um unseren Wohlstand, um unsere
Sicherheit und ganz einfach, um unser gutes Leben, weit weg von den Konflikten, die im Nahen Osten und
in der Ukraine toben.
Doch seien wir einmal mutig und wagen einen Blick auf die persönliche Angst – auf unsere Angst, nicht nur
auf die Angst des Volkes, sondern auch auf die eigene, ganz persönliche innere Enge. Dieser Blick ist nicht
immer einfach, weil wir oft sogar Angst vor der Angst haben, weil wir ihr nicht ins Gesicht sehen und sie
uns nicht eingestehen wollen.
Verdrängung
Viele nutzlose Eigenschaften entstammen verdrängter Angst. Die Gier – aus der Angst, zu kurz zu
kommen. Überzogener Ehrgeiz (der Geiz an Ehre) übertönt die Unsicherheit, nicht anerkannt zu werden.
Ungeduld ist die Angst, etwas nicht zu schaffen. Sorge vor Ablehnung macht uns zu Jasagern. Mit
Totstellen, Wegrennen oder Aggressionskompensation können wir ihr nicht entgehen. Wir machen uns zu
Dienern, ja zu Deppen der Angst. Wer das spürt, kann uns ausnutzen: Er jagt uns ins Bockshorn und
bremst uns, wo wir besser werden könnten.
„Angst“ kommt vom lateinischen „angustus“ = Enge. „Die Angst schnürt ihm die Kehle zu.“ So sagt der
Volksmund. Doch sie zuzugeben, ist verpönt – eine Kultur der Angstverleugnung, trotz ihrer Allgegenwart.
Dass Angst Schwäche bedeutet, ist immer noch weit verbreitet. Doch im Gegenteil: Sie ist eine
unglaubliche Kraft, wenn wir sie konstruktiv einsetzen lernen. Wenn wir sie bewusst oder unbewusst
kompensieren, sind wir nicht mehr bei uns. Das lähmt und hemmt unsere Entwicklung. Oder kurz: Wer sich
entwickeln will, der muss sich seinen Ängsten stellen.
Wohin gehen Sie, um Ihre Muskeln zu trainieren, und wohin gehen Sie, wenn dieser Muskel schmerzhaft
gezerrt ist? Richtig: Im ersten Fall ins Fitnessstudio, im zweiten zum Orthopäden, einem Therapeuten. Wie
sieht es mit mentalen Blockaden, Ihren Ängsten aus? Mit einer Angststörung gehören Sie zum
Psychologen, ebenso einem Therapeuten. Wohin aber mit den normalen Ängsten, die wir alle reichlich
haben? Jene, die unser Wachstum blockieren, ohne dass ein Mediziner zuständig ist? Was damit?
Verschweigen? Kompensieren? Keine Schwäche zeigen? Ins „mentale Fitnessstudio“ gehen?
Wahrer Mut
Übrigens: Sind andere eigentlich „besser“, weil angstfreier als wir? Nein! Menschen sind angstbesetzte
Wesen. Das bestätigen Studien ebenso wie meine 15-jährige Erfahrung in der Führungskräfteentwicklung.
Angst ist nichts Negatives und sichert unser Überleben. Vorsicht und Achtsamkeit sind hilfreiche Kinder der
Angst. Ohne sie würden wir früh an Dummheit sterben. Wir müssen sie nur erkennen, annehmen und uns
ihr stellen. Als Sklave sind wir ihr ausgeliefert, als ihr Herr machen wir sie zu einem mächtigen
Gestaltungswerkzeug unserer Entwicklung. Herr anstatt Sklave. Darauf kommt es an.
Wahrer Mut liegt nicht in den Dingen, die wir tun, sondern in der Überwindung dessen, was uns zurückhält.
Mutig ist nicht der Fallschirmspringer, der keine Höhenangst kennt. Mutig ist der Ängstliche, der sich
trotzdem auf eine Leiter wagt. Stellen Sie sich eine Führungskraft vor, die befürchtet, nicht gemocht zu
werden. Liefert sie sich dem aus, fordert sie zu wenig Verantwortung ein und macht es lieber selbst. Bloß
nicht unbeliebt machen! Für mehr Wirkung aber braucht sie den Dreiklang der Transformation – zuerst das
intellektuelle Erkennen: „Ich habe Angst, nicht gemocht zu werden.“ Dann das emotionale Anerkennen:
„Das macht sie mit mir, und ich stehe dazu.“ Schließlich die Transformation: „Ich handle mutig und führe
Menschen in die Verantwortung. Auch wenn ich dabei mal unbequem sein muss und dafür nicht gemocht
werde – ich handle trotzdem.“
Umarme Deine Angst
Damit entscheidet sie sich für kurzfristigen Schmerz (Überwindung) und mittelfristige Freude (Wachstum
der Mitarbeiter). Führungskräfte, die auf kurzfristige Freude (beliebt sein) ausweichen, können sich später
nicht an der Entwicklung der Mitarbeiter freuen – und daran, dass diese von ihr lernen. Denn wer aus
Angst gelähmt oder aggressiv reagiert, produziert Lähmung und Aggression in anderen. Und wer zeigt,
dass seine Transformation die Befürchtungen besiegt, erzeugt mutige Mitstreiter. Deswegen empfiehlt der
Weisheitslehrer Thích Nhất Hạnh: „Umarme deine Angst.“
Das ist eine extreme Herausforderung. Doch das „mentale Fitnessstudio“ hilft: Fordernde und
wünschenswerte Ziele überstrahlen die Enge, wenn wir das Ergebnis fest im Blick behalten. Oder kurz:
Verliebe Dich ins Ergebnis, und Du wirst Deine Ängste auf dem Weg überwinden. Ebenso können wir
unsere Angst schmelzen lassen durch Dankbarkeit für das, was wir bis jetzt erleben und erschaffen
durften. Und wenn wir ins Ergebnis verliebt bleiben, privat, beruflich und als Gesellschaft, werden wir
unsere lähmende Angst bezwingen. Ohne die wachsame Art der positiven Angst aus den Augen zu
verlieren. Dann werden wir in allen drei Bereichen zu fruchtbaren Entscheidungen finden. Denn wer seine
Angst transformiert, gewinnt einen Freund, der ihn im Leben weiterbringt.
Ihr Boris Grundl
» Aachen geht in Führung
Am 7. März mit meinem Impulsevent zu den Themen "Erfolgsgeheimnis Firmenkultur - Wodurch Ihr
Unternehmen nach innen und außen weiter an Attraktivität gewinnt“ und "Die Zeit der Macher ist vorbei Warum wir neue Vorbilder brauchen“.
Infos und Anmeldung
» „Wie wird man glücklich?“
Diese entscheidende Frage stellte mir „Persönlichkeitsentwicklungs-Fachmann“ Roland Kopp-Wichmann
für ein Interview in seinem renommierten Persönlichkeitsblog und für sein neues Angebot unter www.lifecoaching-club.de Das Video zu diesem inspirierenden Gespräch finden Sie hier.
» Am 11. und 12. März heißt es wieder „Wir sind Umsatz“
In dem einzigartigen 24-Stunden-Webinar-Marathon präsentieren 24 Experten Praxis-Themen aus Verkauf
und Vertrieb, Führung und Selbstführung, Management und Unternehmensführung.
Ich bin live „on air“ am 11.03.2016 von 19 bis 20 Uhr zum Thema „Magie des Wandels“
» Oftmals fühlen wir uns gefangen oder erdrückt.
Von Niederlagen, den Erwartungen anderer, den eigenen Ansprüchen. Entdecken Sie das Geschenk des
freien Willens. Für das Intensivseminar „Steh auf!“ vom 17. bis 19. März in Donaueschingen können Sie
noch einen der wenigen Restplätze ergattern.
Infos und Anmeldung:
» Arbeit 4.0
Es ist nicht klar, wie die Arbeitswelt von morgen aussieht, aber eines ist definitiv sicher: anders als heute.
Technische Innovationen und ein schnelles, mobiles Internet ermöglichen neue Arbeitsformen.
Unternehmen müssen ihre Führungskräfte jetzt auf „Arbeit 4.0“ vorbereiten.
Hier das Interview zum Thema im Handelsblatt-Web.
» „Nur die richtige Führung schafft Nachhaltigkeit beim Verbessern“
Wie, das präsentieren Frank Göller, Geschäftsführer der Festool Engineering GmbH, und Atilla Vuran,
Leiter der Grundl Leadership Akademie. Am 10. und 11. Mai 2016 findet die Management Circle
Jahrestagung „Production Systems“ in Stuttgart statt. Festool, der Kooperationspartner unserer Akademie,
präsentiert sich als Sponsor der Veranstaltung mit seinem Leistungsangebot im Bereich Lean Akademie
und Lean Beratung. Sie erhalten einen Preisnachlass in Höhe von 150,- Euro auf die Teilnahmegebühr,
wenn Sie bei der Anmeldung Codierung 555 angeben.
Infos und Ameldung
» Selbstführung und Mitarbeiterführung:
Sie suchen wirksamen Input zu diesen Themen? In unserer zehnteiligen Hörseminarreihe, exklusiv für das
Netzwerk der Grundl Leadership-Akademie produziert, finden Sie jeden Monat eine extra Portion Können
und Wirken für Ihren Führungsalltag. Das erste Modul zum Thema Motivation ist online, jeden Monat folgt
ein weiteres.
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