Ein konstruktives Verhältnis zu den eigenen

Ein konstruktives Verhältnis
zu den eigenen beruflichen Einschränkungen
Kollegiale Reflexion
Kurzbeschreibung
In einer strukturierten Arbeitssituation unter Berufskollegen geht es darum, das berufliche
Selbstwertgefühl und das persönliche Wohl bei der Arbeit zu steigern und die Kollegialität auszubauen.
Vor allem geht es darum, ein konstruktives Verhältnis zu den eigenen beruflichen Einschränkungen zu
bekommen.
Dazu treffen sich Pädagogen einer Einrichtung in einer Kleingruppe von fünf bis sieben Teilnehmern,
sprechen über ihre Probleme im Schul- bzw. Kita-Alltag und hören die der anderen. Wer ein Anliegen
berichtet, sucht sich einen Gesprächspartner in der Gruppe. Der hilft ihm durch Verständnisfragen, sein
Problem so klar wie möglich zu schildern. Alle Gruppenmitglieder sind dabei gleichberechtigt, jeder für
den Gesprächsverlauf mitverantwortlich. Aufgaben wie die Moderation werden abwechselnd
übernommen.
Über sich selbst nachdenken und sprechen hat einen selbsterkennenden Effekt. Als Kollege einem
Kollegen zuhören, der das gerade tut, wirkt verständnisstiftend und verbindend. Häufig ist die Gruppe
eine Quelle für sinnvolle Ideen alternativen Handels und das Treffen Urheber einer Stimmung, in der
diese gehört werden können. Problemhalter sind jedoch auch häufig von dem Gefühl überrascht, ihr
Problem nicht ursächlich gelöst zu haben und trotzdem erleichtert und weiter gekommen zu sein. Für
alle ist es so, als würde der Erzähler für die anderen mitarbeiten.
Da es sich um ein sich selbst verbesserndes System handelt, können die Teilnehmer nach zwei
Einführungsterminen selbstorganisiert und ohne fremde Unterstützung Kollegiale Reflexion als
Arbeitsmethode nutzen.
Beziehungsaspekt
Wenn Kinder im pädagogischen Alltag schwierig sind, sehen wir das oft als Ausdruck dessen an, wer
das Kind ist. Unabhängig von unserer Beziehung zu ihm. Auch wenn wir nicht unbedingt selbst Ursache
der Schwierigkeiten sind, müssen wir uns jedoch fragen, wer ist dieses Kind in Bezug auf mich und wer
bin ich in Bezug auf dieses Kind?
Wenn wir das nicht tun, besteht die Gefahr, dass sich Kinder als Objekte unseres pädagogischen
Handelns erleben, selbst wenn dieses von guten Absichten geprägt ist. Dann verfestigen sich bestehende
Probleme.
Kinder entwickeln sich am Besten in Subjekt-Subjekt-Beziehungen, d.h. wenn sie als selbständige
Personen begriffen und behandelt werden und wenn sie Kontakt zu Menschen erleben, die sichtbar
sind. In schwierigen Situationen haben viele die Tendenz, sich nur halb zu zeigen und das auch nicht zu
bemerken.
Praktisch geht es darum, einen Schritt zu machen von der Behauptung „Leonard ist schwierig“ zu der
Einsicht „Leonard ist schwierig für mich“. Dadurch wird der Beziehungsaspekt des Problems anerkannt,
die Perspektive verändert sich und neue Handlungsalternativen entstehen.
Für die meisten ist es unmöglich, diesen Schritt in fünf Minuten zu gehen, geschweige denn ihn in der
Problemsituation zu berücksichtigen. Dafür ist es notwendig, etwas mehr als gewohnt mit sich selbst in
Kontakt zu kommen.
Selbstwertgefühl
„Nach einem Arbeitstag in der Schule habe ich mich früher gefühlt wie ein Parmesankäse, von dem
immer ein Stück abgerieben wurde. Jetzt habe ich das Gefühl, ich werde immer mehr!“
Berufliche Beziehungskompetenz steht in Wechselwirkung mit dem eigenen Selbstwertgefühl und
damit mit den beiden Fragen: Was weiß ich über mich? Und wie verhalte ich mich zu dem, was ich über
mich weiß?
Wir sind, wie wir sind. Zu uns als Fachperson gehören auch diejenigen Seiten, die uns unbekannt, nicht
vertraut oder unangenehm sind. Zu diesen Seiten brauchen wir ein konstruktives Verhältnis, damit wir
persönliche Autorität entwickeln und die Verantwortung für die Beziehungen zu den uns anvertrauten
Kindern übernehmen können.
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„Ich lasse mich leicht von der Meinung anderer überrumpeln. Das ist mir hinterher
unangenehm.“
„Wenn es mir nicht gelingt, jemanden mit Worten zu erreichen, fühle ich mich schnell
ohnmächtig. Das ist mir bisher nicht bewusst gewesen.“
„Manchmal brauche ich lange, um eine Entscheidung zu fällen. So bin ich halt.“
Arbeitsmethode
Die Arbeitssituation ist geprägt von Selbstverantwortung und Aufmerksamkeit.
Wichtige Dinge passieren auch dann, wenn gerade nichts gesagt wird.
Selbstverantwortlich daran ist:
• ein eigenes Thema mitbringen und einbringen
• ein Thema formulieren (von „Mein Thema ist Leonard“ zu „Heute früh ist... passiert. Mich
beschäftigt...“)
• sich für die Behandlung dieses Themas engagieren (Ich will heute drankommen!/ Darf ich
schon wieder?/ Willst du lieber?)
• entscheiden, ob ich weitere Tipps und Feedback von den anderen hören will.
Besondere Aufmerksamkeit entsteht:
• durch einen Dialog zwischen Erzähler und Gesprächspartner
• Verständnisfragen machen Interesse deutlich
• kein Dazwischenreden, Ablenken, Unterbrechen und das übliche „Senf dazugeben“
• durch konzentrierte, zuhörende Kollegen (Zeugen)
• durch Zeit für ein Thema
• Empathie und Anteilnahme, z.B. ob ein Feedback oder ein weiterer Vorschlag gerade
willkommen ist oder nicht.
Angebot
2 Einführungsseminare à 4 Std.
1 Evaluationsseminar nach ca. 6 Monaten
Literatur
Jesper Juul, Helle Jensen: Vom Gehorsam zur Verantwortung
Für eine neue Erziehungskultur; Beltz-Verlag (2009)
www.klemens-roethig.de