Erfahrungen und Tipps zum Bundeswettbewerb Fremsprachen Von Alexander Hubert Q12 Ein entscheidender Unterschied zwischen dem Solo 8+9 (Mittelstufenwettbewerb) und dem Solo 10+ (Oberstufenwettbewerb) ist der, dass man beim Solo 10+ mit zwei Sprachen antreten muss. Der Wettbewerb besteht aus drei Runden, qualifiziert man sich für die dritte, hat man die Möglichkeit, noch bis zu zwei weitere Sprachen dazuzunehmen. Es ist allerdings kein Nachteil, dieses Angebot nicht wahrzunehmen. Die erste Runde ist mündlich. Anfang bis Mitte August werden die Aufgaben im Internet veröffentlicht, die bis Anfang Oktober entweder als CD eingeschickt oder auf einen entsprechend präparierten Anrufbeantworter gesprochen werden müssen. Man hat also vielleicht nicht alle Zeit der Welt, aber doch mehr als genug. Die Aufgaben der ersten Runde bestehen in den modernen Sprachen aus einem Bild, zu dem man sich sachlich oder kreativ äußern muss; für Latein und Altgriechisch gibt es Extraaufgaben. Ich musste in Latein zweimal eine Radiosendung moderieren (keine Angst: Auf Deutsch, mit nur drei, vier Sätzen auf Latein plus Vorlesen eines kleinen lateinischen Gedichts; das ist also durchaus machbar!). Auch die Aufgaben in den modernen Sprachen sind nichts, wo man sich verrückt machen muss. Man denkt sich auf fremdsprachig eine kleine Geschichte aus oder macht sich ein paar philosophische Gedanken (das Ganze soll nur zwei bis drei Minuten dauern!); es stehen mehrere Bilder zur Auswahl von alltäglichen Fotos bis hin zu kleinen Karikaturen, es müsste also eigentlich für jeden etwas dabei sein. Das Ganze läuft unter praktisch keinem Zeitdruck, man kann sich in aller Ruhe zu Hause Gedanken machen. Die zweite Runde besteht aus einer Klausur an der eigenen Schule; es gibt Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Wettbewerbssprache, ich kann nur für Latein als erste und eine moderne Sprache als zweite Sprache sprechen. Allerdings scheint die Klausur nach allem, was ich gehört habe, in einer modernen Sprache als erste Wettbewerbssprache „nur“ in einer etwas umfangreicheren Schulaufgabe zu bestehen. Mit Latein als erster Wettbewerbssprache hat die Klausur bis auf eine Übersetzung, die sich in der Regel auf drei bis vier Sätze beschränkt, relativ wenig mit einer normalen Schulaufgabe zu tun. Es sagt also kaum etwas über den Erfolg im Wettbewerb aus, wenn man in der Schule ein bisschen Probleme hat. Hauptsächlich ist mehr Paraphrase als exakte Übersetzungsarbeit gefragt, der Aufgabenteil wie man ihn aus der Schule kennt, entfällt zugunsten von Interpretations- und Argumentationsaufträgen. In der zweiten Sprache besteht die Klausur für alle modernen Sprachen aus einer Mediation, also einer zusammenfassenden Übersetzung eines vorgegebenen Textes. In der Klausur dürfen Wörterbücher verwendet werden, für die modernen Sprachen allerdings nur einsprachige. Trotzdem braucht man nicht die Panik kriegen, wenn man ein Wort nicht übersetzen kann, auch wenn es sicherlich nicht schadet, vor der Klausur nochmal Vokabeln zu wiederholen. Die dritte Runde (Finale!) ist wieder mündlich. Sie findet in der Regel in Bad Honnef statt und besteht aus Gruppen- und Einzelgesprächen vor und mit der Jury. Wer jetzt von Grauen erfüllt an mündliche Schulaufgaben denkt, irrt sich. Der Schule ähnelt wohl am ehesten das Lateineinzelgespräch (das allerdings auf Deutsch stattfindet! Es kann zwar ein wenig Latein gesprochen werden, von mir wurde das aber noch nicht verlangt.), doch auch darin wird mehr Wert auf Fakten gelegt. Es ähnelt also mehr einer Abfrage als einer mündlichen Schulaufgabe. In den modernen Sprachen sind die Gespräche kaum mehr als das – Gespräche. Man plaudert ein bisschen mit den Juroren über Themen, die die Juroren oder einen selbst interessieren, es ist einfach ein ganz normales Gespräch. Man könnte fast vergessen, dass man in einer Prüfung sitzt. Im Rundengespräch (zu viert) wird ein Thema vorgegeben (wir mussten über die Einführung des Schulfachs „Glück“ diskutieren), aber auch hier fühlt man sich nicht wirklich wie in einer Prüfung. Da jeder mit mehreren Sprachen teilnimmt, findet auch das Gespräch mehrsprachig statt – da sagt einer etwas auf Französisch, der nächste antwortet auf Englisch, ein dritter macht vielleicht auf Chinesisch weiter. Die Sprachen der einzelnen Teilnehmer sind allerdings auch im Rundengespräch nicht ganz deckungsgleich. So kann es vorkommen, dass einer etwas sagt, was die anderen drei gar nicht verstehen, sodass er es in einer anderen Sprache wiederholen muss. Das führt immer zu viel Heiterkeit, wenn einer redet und die anderen nur fragend schauen. Überhaupt ist die Stimmung in der dritten Runde sehr gut und überraschenderweise kaum von Konkurrenzdenken geprägt. Schon deshalb lohnt es sich, mitzumachen, selbst wenn man am Ende nicht den Hauptgewinn absahnt. Ich kann den Bundeswettbewerb Fremdsprachen nur weiterempfehlen. Für alle, die sich für Sprachen interessieren und/oder etwas besser darin sind, ist der Wettbewerb eine tolle Chance. Und er richtet sich keineswegs nur an Einserschüler: Die Prüfungsformen können Leuten liegen, die in der Schule Probleme haben, und anderen Schwierigkeiten machen, die sonst keine Probleme haben. Ich selbst habe immer mit mehr Freude als Aufregung an die Prüfungen gedacht und auch jetzt freue ich mich auf das nächste Finale im September. Und gebt nicht gleich auf, wenn ihr einmal nach der ersten Runde rausfliegt, das ist mir beim ersten Mal auch passiert. Versucht es einfach wieder, vielleicht klappt es dann. Und wenn nicht, war es zumindest eine Übung.
© Copyright 2024 ExpyDoc