Ergebnisprotokoll Werkstatt Notenentsprechung/Grading Tools

Werkstatt II –
Kris Brussen: Making Good Grade Conversion Easier – EGRACONS
1. Zusammenfassung des Vortrages
Obwohl das Notensystem der Niederlande die Noten 1-10 (10 ist die beste zu erreichende Note, 5 die
Note, die noch zum Bestehen reicht) umfasst, konzentriert sich die Notenvergabe bzw. die
Bewertungskultur auf die Noten zwischen 6-8, dabei gilt die Note 6 als bestanden. Das bedeutet, dass
die Bewertung mit der Note 8 in den Niederlanden bereits als ein sehr gutes Ergebnis gilt, welches
häufig vergeben wird. Die Noten 9 und 10 kommen sehr selten, beinah gar nicht, vor. Auch die Note 6
(bestanden) wird sehr häufig vergeben und kann mit dem Wortlaut „befriedigend“ gleichgesetzt
werden.
Unterschiede in der Bewertungskultur lassen sich bei Universitäten und auch bei Fakultäten oder
Fächern feststellen. So vergeben Fakultäten der Geisteswissenschaften an der Universität Groningen
eher schlechtere Noten für gute Leistungen.
Bei der Umrechnung dieser Noten in anderen Ländern kommt es häufig vor, dass Noten aus den
Niederlanden zu niedrig bzw. in schlechtere Ergebnisse übertragen werden, als sie es tatsächlich sind.
Grund dafür ist die mangelnde Kenntnis der tatsächlichen Bewertungskultur, auch die Häufigkeit der
verteilten Noten wird kaum berücksichtigt.
Aus diesem Grund beschloss man für die Universität Groningen Notentabellen zu erstellen, um die
Unterschiede zwischen dem offiziellen niederländischen Notensystem und der prozentualen
Häufigkeit der tatsächlich verteilten Noten aufzuzeigen.
Die Notentabellen halten die prozentuale Häufigkeit der verteilten Noten in einem Studiengang fest
und können so Auskunft über die spezifische Bewertungskultur einer Fakultät geben.
Solche Notentabellen sind auch die Grundlage für das EGRACONS-Werkzeug, welches die
Notentabellen der teilnehmenden Universitäten in Bezug zueinander setzt und so eine auf der
tatsächlichen Bewertungskultur basierende Umrechnung der Noten ermöglicht.
Das Werkzeug wurde in den letzten sechs Monaten in einer umfangreichen Testphase erprobt. Ziel ist
es nun, die europäischen Universitäten für das Projekt zu gewinnen und dazu einzuladen, ihre
Notentabellen auf die Plattform zu laden. Zurzeit haben 40 Universitäten ihre Notentabellen
eingestellt.
Notentabellen
 werden für Bachelor und Master separat erstellt. Dabei muss jedem Fach der entsprechende
ISCED-F-2013-Code (Internationale Standardklassifikation für das Bildungswesen) zugeordnet
werden. EGRACONS erfordert die Eingabe eines 4-ziffrigen ISCED-Codes.
 Die Referenzgruppe ergibt sich aus allen für einen Studiengang (Abschluss) immatrikulierten
Studierenden in dem akademischen Jahr bzw. allen angegebenen Jahren.
 Die Daten sollen mindestens für die letzten zwei, besser für drei Studienjahre erfasst werden.
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Es werden nur Daten von immatrikulierten (nationalen & internationalen) Studierenden
berücksichtigt, die beabsichtigen, einen Abschluss an der Hochschule zu machen. Noten von
Austauschstudierenden werden nicht in die Datenmenge aufgenommen.
Es werden grundsätzlich alle Noten einschließlich der „bestanden“-Note für alle abschlussrelevanten Prüfungsleistung des jeweiligen Studienjahres in die Datensammlung
aufgenommen.
Noten mit dem Prädikat „nicht bestanden“ werden nicht in die Daten aufgenommen.
Es werden nur die Gesamtnoten, z. B. für Module, berücksichtigt. Noten für Teilprüfungsleistungen werden nicht aufgenommen.
Die erstellten Notentabellen müssen jährlich aktualisiert und auf die EGRACONS-Plattform
hochgeladen werden. Es verbleiben jeweils drei Jahrgänge.
Aussichten für EGRACONS
 Einladung zur Nutzung – Es erfordert die Teilnahme vieler Universitäten, um EGRACONS
nutzbar zu machen.
 Die Finanzierung für das Projekt ist gesichert bis Oktober 2016.
 Die Teilnahme soll so lange wie möglich kostenfrei bleiben, jedoch muss ab Oktober 2016 mit
einem kleinen Beitrag pro teilnehmender Hochschule gerechnet werden (50-100 EUR/Jahr
wird erwartet).
 Nach Fertigstellung der eigenen Notentabellen, können die Hochschulen mit Bitte um
Anmeldung [email protected] kontaktieren.
2. Diskussion und Abgrenzung von EGRACONS und Modifizierter bayerischer Formel1
Notenbeispiele aus Gasthochschulen umgerechnet für die Universität Gießen2
University of Leon, Spanien – Bachelor, Business Administration
Erteilte Note: 5 – 5,4
EGRACONS
MoBaFo
5 Punkte (4,0)
3,88 Mittelwert/gerundet 4,0
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Abgekürzt: MoBaFo
Die Justus-Liebig-Universität Gießen nutzt das Punkteschema 1 – 15; Es ergibt sich folgende Übersetzung in eine Notentabelle:
15 = 0,7
9 = 2,7
14 = 1,0
8 = 3,0
13 = 1,3
7 = 3,3
12 = 1,7
6 = 3,7
11 = 2,0
5 = 4,0
0 = 2,3
4 – 1 = 5,0
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University of Groningen, Niederlande – Bachelor, Psychology
Erteilte Note: 8
EGRACONS
MoBaFo
14 Punkte (1,0)
2,0 (wenn Nmax = 9)
1,0 (wenn Nmax = 8)
University of Ghent, Belgien – Master, Chemistry
Erteilte Note: 15
EGRACONS
MoBaFo
13 Punkte (1,3)
2,0 (wenn Nmax = 18)
University of Gothenburg, Schweden – Master, Management and Administration
Erteilte Note: G (nur eine weitere Note VG wird vergeben)
EGRACONS
MoBaFo
9 Punkte (2,7)
Buchstabenbasierte Notensysteme können
nicht abgebildet werden. Hilfsskala 0-100%
erforderlich
Fazit – Modifizierte bayerische Formel:
 Fachspezifische Notenvergabe wird vernachlässigt. Meistens existieren starre
Entsprechungstabellen, die als Orientierung auf zentraler Ebene angeboten werden.
 Ergebnisse in Deutschland sind homogen, wenn die Erfahrungswerte, welche Note als Nmax
(realistisch vergebene beste Note) ausweisen, allgemeingültig sind.
 Zwingende Voraussetzung: Erfahrung zur Vergabe der besten Note – subjektive
Ungenauigkeit.
 Rundungen von übertragenen Modulnoten potenzieren sich in der Abschlussnote.
 Nicht kompatibel für relative Notensysteme, wie z. B. in Großbritannien.
 Nur für numerische Notensysteme geeignet.
 Tendenziell schneiden die Studierenden bei der Umrechnung mit der Formel schlechter ab
als bei der EGRACONS-Übertragung.
 Arbeitsaufwand bleibt konstant, da jede Notenübertragung autark vorgenommen wird.
 Nur auf deutsche Hochschulen anwendbar.
Fazit – EGRACONS:
 Umrechnungen innerhalb Deutschlands und weltweit sind grundsätzlich möglich.
 Hilft bei der Abbildung der Notenvergabekultur in der eigenen Hochschule.
 Auch für buchstabenbasierte Notensysteme nutzbar.
 Hochschulbesonderheiten, Unterschiede in den Fächerkulturen und die Dynamik in der
Notenvergabe können abgebildet werden.
 Datenbasierte Übertragung der Noten möglich, aber kein automatisiertes Verfahren, da auch
hier Ungenauigkeiten, sogar Grenzen vorprogrammiert sind, wenn z. B. von einem 2-stufigen
Bewertungssystem in ein 15-stufiges Bewertungssystem übertragen wird, ist eine
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Umrechnung eigentlich unmöglich. Das System dürfte hier nicht der bloßen Mathematik
folgen, sondern eine Warnung signalisieren.
Interpretation des Übertragungsresultates ist in einigen Fällen trotzdem nötig.
Standardmäßig wird der Notenmittelwert aus teilweise großen Notenspannen zu Grunde
gelegt, obwohl die gesamte Notenspanne mehrere Zielnoten einschließt. Dies führt zu
Ungenauigkeit.
Bedenken hinsichtlich der Vernachlässigung der Noten für „nicht bestanden“ – Gefahr der
Verzerrung der prozentualen Verteilung.
Datenbasis ist divers, kann durch jede einzelne Hochschule festgelegt werden (Programmbasis, Fachbasis, Hochschulbasis).
Kostenpunkt noch nicht genau absehbar.
Hoher Arbeitsaufwand zu Beginn; Voraussetzung elektronische Erfassung aller vergebenen
Noten (Programmierung zur Erfassung der Noten in Notenskalen); Kriterien für die Notentabellen nicht eindeutig (z. B. polyvalente Module).
Viele Hochschulen müssten partizipieren, damit das System überhaupt genutzt werden kann.
Fiktive Hochschule pro Land als Alternative denkbar, wenn eine relevante Partnerhochschule
sich nicht beteiligt. Dies ist bisher nicht vorgesehen, würde aber den Anreiz der Teilnahme
für Hochschulen erhöhen, da man nicht mehr unbedingt an die Bereitschaft der
Partnerhochschulen zur Teilnahme gebunden ist.
Frage der Rechtssicherheit aller Übertragungsergebnisse bleibt und muss in der Hochschule
thematisiert werden.
Alternativen
 Beide Noten der Heimat- und Gasthochschule erscheinen auf dem Diploma Supplement oder
Transcript.
 Innerhalb der EU ausschließlich mit den Bewertungen „bestanden“ oder „nicht bestanden“
operieren.
3. Fragen zu EGRACONS
Wieviel Arbeit nimmt die Erstellung der Notentabellen in Anspruch?
 Die Erstellung der Notentabellen ist nicht sehr kompliziert. Wenn die Grundlage der zu
erhebenden Daten geklärt ist, können diese ohne großen Aufwand aus dem elektronischen
Erfassungssystem der Hochschule gezogen werden.
 Kompliziert und aufwendig ist die Einteilung der Studienprogramme nach den ISCED-Codes.
Dies ist jedoch nur zu Beginn nötig.
 Hilfreich sind hier Vergleiche mit ISCED-Code-Verwendungen anderer Hochschulen.
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Wie oft muss die Notentabelle aktualisiert werden?
 Die Notentabellen müssen einmal pro Jahr aktualisiert werden. Dabei wird immer das
aktuelle Studienjahr hinzugefügt, so dass die Notentabelle immer drei Studienjahre umfasst.
Die Basis für die Datenerhebung muss sehr klar definiert sein. – Inwiefern gibt es da Freiheiten
bzw. inwiefern müssen sich die Kriterien der Datenerhebungsbasis gleichen?
 Es gibt einige vorgeschriebene Kriterien, wie bspw. den Zeitraum oder die Nutzung der
ISCED-Codes, jedoch hat man in der Erstellung der Notentabellen relativ große Freiheiten. –
Dies kann daher auch zu inexakten Resultaten führen.
Wie wurde die Einführung von EGRACONS an der Universität von Groningen durchgeführt?
 An der Universität von Groningen war die Einführung von EGRACONS ein Top-Down-Prozess.
Jede Note wird automatisch in das EGRACONS-Werkzeug integriert.
Kann man mit dem Werkzeug Noten von beliebigen Universitäten umrechnen?
 Zurzeit ist dies nur mit teilnehmenden Hochschulen möglich.
 Die Voraussetzung zur Umrechnung ist das Hochladen der jeweils hochschulspezifischen
Notentabellen.
Kann man die Nutzung von EGRACONS obligatorisch für alle Universitäten, die an Erasmus
teilnehmen, einführen?
 Derzeit ist dies noch nicht möglich, weil das Werkzeug zum einen noch nicht vollständig
ausgereift ist, zum anderen können Hochschulen nicht zur Teilnahme gezwungen werden.
Gibt es Schnittstellen zu den häufig genutzten IT-Systemen in Deutschland,
z. B. HIS?
 Nein, möglicherweise gibt es in Gießen eine solche Schnittstelle.
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