Neues Leben – immer wieder eine Herausforderung

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Tier
BAUERNBLATT l 8. August 2015 ■
Erfolgreich füttern: Geburten beim Rind
Neues Leben – immer wieder eine Herausforderung
Kühe sind meistens dazu in der Lage, ihr Kalb allein ohne fremde Hilfe auf die Welt zu bringen. Störungen im Geburtsablauf können jedoch insbesondere dann eintreten,
wenn zum es sich um eine Mehrlingsgeburt handelt, das Kalb zu
groß ist oder wenn der Geburtshelfer Fehler im Umgang mit der kalbenden Kuh macht.
Unsachgemäßes wie auch unnötiges Eingreifen während der Kalbung kann schwere Folgen haben.
Dazu gehören Nachgeburtsverhaltungen, Gebärmutterentzündungen und lebensschwache Kälber, im
schlimmsten Fall der Tod von Muttertier und Kalb. Für den Geburtshelfer ist es ein großer Vorteil,
wenn er genau Bescheid weiß über
den normalen Ablauf einer Kuhgeburt und er sich ein systematisches
Vorgehen zurechtgelegt hat. Das
gibt Sicherheit auch in schwierigen
Situationen.
Jede Geburt ist eine Herausforderung. Auch der erfahrenste Geburtshelfer kann bei einer Geburt
Unterstützung benötigen. Es ist
wichtig, dies zu akzeptieren, denn
eine Geburt ist nicht nur der Beginn
eines neuen Lebens, sondern auch
Ausgangspunkt für eine neue Laktationsperiode.
280 Tage vor der eigentlichen Geburt legt der Landwirt den Grundstein für eine komplikationslose Geburt. Die Auswahl des richtigen Vatertieres ist der Grundstein dafür. Kälber, die zu groß sind für das Muttertier, kann auch der beste Geburtshelfer nicht auf natürliche Weise auf die
Welt bringen, ohne dass es zu schwerwiegenden Verletzungen oder gar
zum Tod kommt. Wenn bekannt ist,
dass der Bulle schon bei den letzten
Kuhgeburten Probleme verursacht
hat, dann müssen alle Mitarbeiter
darüber informiert werden.
Vorbereitungsphase
optimal gestalten
Als Vorbereitungsphase bezeichnet man drei Wochen vor der Geburt. Sie fällt somit in die zweite
Hälfte der Trockenstehzeit (Transitphase). Einer der wichtigsten Aspekte der Vorbereitungsphase ist
die Fütterung. Sie muss darauf abzielen, dass die Tiere die optimale
Körperkondition mit einem Body
Condition Score (BCS) zwischen 3
Einzelabkalbeboxen, die, falls notwendig, auch einmal für zwei gleichzeitige Abkalbungen ausreichend Platz bieten.
und 3,5 bereits im letzten Drittel
der Laktation erreichen. Haben die
Tiere einen BCS unter 3, sind sie zu
schwach zum Abkalben, liegt der
BCS über 3,5, können zu starke Fettgewebseinlagerungen im Beckenbereich die Schwergeburtenrate erhöhen. Das bedeutet aber nicht,
dass Kühe mit einem zu hohem BCS
kurz vor der Geburt auf Diät gesetzt
werden dürfen. Dadurch würde
wiederum das Ketoserisiko für die
Zeit nach der Geburt erhöht werden. Die beste Ketoseprophylaxe ist
die richtige Fütterung in der Trockenstehzeit. Landwirte sollten die
Frühtrockensteher knapp füttern,
da sie dann eine bessere Futteraufnahme nach dem Kalben zeigen.
Gegebenenfalls ist ein Teil der Ration durch gehäckseltes Stroh zu ersetzen und diese Ration dann in der
Anfütterungsphase durch Kraftfutter und Mineralfutter aufzuwerten.
Denn die Kuh hat durch das starke
Wachstum des Kalbes jetzt einen
hohen Energiebedarf.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist
die ausreichende Versorgung mit
Kalzium. Ein zu niedriger Blutkalziumspiegel kann bei der Kalbung zu
Wehenschwäche führen. Milchfieberprophylaxe kann unterschied-
lich durchgeführt werden: durch
Kalziumgaben kurz vor und nach
dem Kalben, durch Vitamin D3, kalziumarme Fütterung vor dem Kalben und saure Salze. Diese Methoden sollten in Absprache mit dem
Hoftierarzt und dem Fütterungsberater ausgewählt werden.
Bequeme Abkalbebox
einrichten
Ein weiterer wichtiger Punkt ist
die Abkalbebox. Dafür gelten folgende Kennzahlen:
● Man sollte bei der Bauplanung
einen Abkalbeplatz pro 25 Kühe
rechnen.
● In der Gruppenkalbung sollten
nicht mehr als sechs Kühe abkalben.
● Es sollen 10 bis 12 m2 pro Tier in
der Gruppenabkalbung, für Einzelboxen 15 m2 eingeplant werden.
● Sichtkontakt zur Herde sicherstellen,
● täglich neue Einstreu von 8 bis
12 kg Stroh pro Tier geben,
● Box sollte gut zugänglich für Geburtshelfer sein, Fixierungsmöglichkeit, künstliche Beleuchtung sollten
vorhanden sein.
● Eine Abkalbebox sollte nie auch
als Krankenstall genutzt werden.
Rechtzeitig in die
Abkalbebox umstallen
Die ersten undeutlichen Geburtsanzeichen der Kuh sind weiche, eingefallene Beckenbänder, ein ödematisiertes Euter, glänzende Zitzen,
tropfende Milch und Schleimabgang
aus einer geröteten Scheide. Ist eines
dieser Geburtsanzeichen sichtbar,
sollte die Kuh umgehend in die Abkalbebox eingestellt werden. Die Geburt kann jetzt in wenigen Stunden,
aber auch erst in einigen Tagen beginnen. Leider ist häufig noch zu beobachten, dass erst bei bereits sichtbaren Vorderbeinen die Kühe umgestallt werden. Hier hat die Austreibungsphase schon begonnen, und
das Umstallen unterbricht den normalen Geburtsablauf. Folge dieses
Stresses kann eine Schwergeburt
sein.
Ablauf der normalen,
komplikationslosen Geburt
Die Geburt gliedert sich in drei
Phasen:
● Öffnungsphase: Der innere Muttermund öffnet sich, und die Fruchtblase tritt in den Gebärmutterhals
ein. Erste, leichte Wehen sind sicht-
■ BAUERNBLATT l 8. August 2015
Diese Kuh befindet sich in der Austreibungsphase. Bitte nun regelmäßig die
Geburt überwachen, ohne zu stören.
Foto: Dr. Christiane Zaspel
bar, und die Kuh kann unruhig hinund hertrippeln (Dauer: sechs bis 16
Stunden).
● Aufweitungsphase: Die Fruchtblase platzt, und der Kopf des Kalbes
tritt aus der Scheide (Dauer: bei Kühen eine bis drei Stunden, bei Färsen
auch bis zu vier bis sechs Stunden).
● Austreibungsphase: vollständiges
Gebären des Kalbes (Dauer: 10 bis 15
min).
Eine regelmäßige Geburtsüberwachung ist die Entscheidungsgrundlage für die geburtshilfliche
Untersuchung. Die halbstündliche
Geburtsüberwachung empfiehlt sich
bei deutlichen Geburtsanzeichen, so
zum Beispiel beim Abgang von blutigem Schleim, dem Hervortreten
von Fruchtteilen beziehungsweise
der Fruchtblase. Die Geburtsüberwachung sollte möglichst unauffällig erfolgen, damit die Kuh nicht gestört wird. In größeren Betrieben mit
mehreren Mitarbeitern ist es sinnvoll, ein schriftliches Geburtsprotokoll zu führen. Wenn der Geburts-
vorgang nicht voranschreitet, die angegeben Zeiten überschritten werden, die Kuh deutliche Schmerzanzeichen zeigt oder viel Blut hervortritt, ist eine Untersuchung durch die
Scheide notwendig. Das Untersuchungsergebnis wird dann zeigen,
ob Geburtshilfe geleistet werden
muss.
Untersuchungen, die ohne einen
der oben genannten Gründe vorgenommen werden, sind unnötig und
können den Geburtsvorgang stoppen. Außerdem stellen sie ein überflüssiges hygienisches Risiko dar.
Utensilien für
Untersuchung bereitlegen
Die geburtshilfliche Untersuchung
muss professionell durchgeführt
werden. Für eine aussagekräftige
Untersuchung braucht man die richtigen Utensilien und ein Untersuchungsschema. Deshalb sollten in
Reichweite der Abkalbebox liegen:
Gleitgel, ausreichend warmes Was-
Zwei Stunden altes Kalb bei der Mutter, das unmittelbar nach der Geburt mit
3 l Biestmilch versorgt wurde.
Fotos (2): Dr. Hans-Jürgen Kunz
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ser (mindestens vier Eimer), jodhaltige Seife, Geburtsstricke oder -ketten, eventuell ein mechanischer Geburtshelfer, Handtücher, Geburtskittel, Einmalhandschuhe, Mobiltelefon und Telefonnummer des Tierarztes. Zuerst wird das Muttertier mit
einem Strick fixiert. Das Fanggitter
darf niemals dafür benutzt werden,
da Strangulationsgefahr besteht.
Die Genitalregion des Tieres und die
Hände und Arme des Untersuchers
werden gründlich mit Seife gereinigt. Der Untersucher zieht sich Einmalhandschuhe an, um sich vor Infektionen und Hautirritationen zu
schützen.
Mit viel Gleitgel beurteilt der Geburtshelfer Folgendes:
● Öffnungsgrad des Muttermundes
● Lage, Stellung und Haltung des
Kalbes
● Lebenszeichen des Kalbes
● eine mögliche Verdrehung der
Gebärmutter
Bei vollständig verstrichenem
Muttermund, korrekter Lage, Stel-
lung und Haltung des Kalbes darf
mit dem Auszug begonnen werden.
Korrekte Lage bedeutet, dass es sich
entweder um eine Vorder- oder Hinterendlage handelt, dass der Rücken
des Kalbes zum Rücken des Muttertieres zeigt (sogenannte obere Stellung) und dass Vorder- und Hinterbeine sowie der Hals und Kopf des
Tieres gestreckt sind. Dabei gelten
folgende Auszugsregeln:
● Auszugshilfe nur am liegenden
Tier
● Gliedmaßen des Kalbes mit jeweils einer Geburtskette oberhalb
der Fesselgelenke fixieren, sodass
die Ketten auf der Beugeseite der
Gelenke verlaufen
● Zug nur während der Wehen, niemals während der Wehenpausen
● Zugkraft darf die Kraft von zwei
Männern nicht überschreiten
● Damm bei Auszugshilfe durch
kräftiges Gegendrücken mit den
Handballen schützen
● Bei Vorderendlage gilt: Bis zum
Durchtritt des Kopfes wechselseitig
an den Ketten ziehen, danach gleichzeitig. Die Zugrichtung sollte zunächst parallel zur Wirbelsäule des
Muttertieres sein, nach Durchtritt des
Brustkorbes des Kalbes wird dann um
90° abgewinkelt in Richtung Sprunggelenk des Muttertieres gezogen.
● Bei Hinterendlage gilt: Immer
gleichzeitig an beiden Ketten ziehen
und das Kalb immer parallel zum Rücken der Mutter herausziehen.
● Stellungs- und Haltungsanomalien mit viel Gleitgel unter Schutz des
weichen Geburtsweges berichtigen.
Ist das Kalb auf der Welt, gilt der
Grundsatz: erst das Kalb, dann die
Kuh.
Beim Kalb müssen routinemäßig die Nasenlöcher kontrolliert
werden auf Schleim- und Fruchtwasserreste. Eine stockende Atmung kann durch einen Kaltwasserguss im Nacken und durch Abreiben mit einem Handtuch angeregt werden. Eine ausreichende
Kolostrumversorgung ist sicherzustellen.
Beim Muttertier ist zu kontrollieren, dass sich kein weiteres Kalb
in der Kuh befindet und keine VerDer Tierarzt
letzungen vorliegen. Die Kuh sollist zu rufen:
te in Brustlage aufgerichtet, ihr
● bei Verdacht auf einer Gebärmut- sollte viel Wasser gegeben oder
auch ein Energietrunk angeboten
terdrehung,
● wenn eine Lage-, Stellungs- und werden. Bei einer Schwergeburt
Haltungsanomalie nicht zu berichti- sollte zur Sicherheit ein Vergrittungsgeschirr angelegt werden.
gen ist,
● wenn der Auszugsversuch nach
Kristin Resch
20 min nicht erfolgreich war oder
Tierärztin
● wenn Verletzungen beim [email protected]
tier bemerkt werden.
Vorführung zur Sanierung wassergebundener Wege in Futterkamp
Fahrbahnen herstellen, aber bitte wirtschaftlich
In erster Linie sind es die Gemeinden, Waldbesitzer und landwirtschaftliche Großbetriebe, die häufig etliche Kilometer wassergebundener Feld- und Waldwege
laufend zu unterhalten haben. Reichen einfache Ausbesserungsarbeiten für eine gute Befahrbarkeit nicht mehr aus, kann so ein
Weg nur über eine Grundsanierung nachhaltig instand gesetzt
werden. Dazu gehören die dauerhafte Beseitigung von Schlaglöchern und das Herstellen einer abriebfesten Wegeoberfläche sowie
ein wasserabführendes Wegeprofil. Wie das funktioniert, darum
ging es bei der vergangenen Bau- Zahlreiche Besucher, darunter auch Kammerpräsident Claus Heller, der die Anlehrschau, und das erläutert dieser regung zu dieser Vorführung gab, verfolgten am Bau- und Energielehrschautag die verschiedenen Arbeitsschritte der Wegesanierung.
Artikel.
Einige Lohnunternehmer haben
sich in Schleswig-Holstein auf dieses
Einsatzgebiet spezialisiert. Sie bieten verschiedene Verfahren zur Sanierung wassergebundener Wege
an. Am Bau- und Energielehrschautag am Lehr- und Versuchszentrum
Futterkamp der Landwirtschaftskammer wurden zwei Varianten
vorgestellt. Die Firma Rüchel Plöhn
GmbH, Holzbunge, zeigte und erklärte in einer Vorführung die Sanierungsmethode nach dem „Gutzwiller-Verfahren“, siehe Bilder. Die
Blunk GmbH, Rendswühren, informierte zum Blunk-Wegebau-System.
Grundsätzlich wird bei beiden Varianten vorhandenes Stein- und
Schottermaterial gut durchmischt
und neu eingebracht. Fehlendes Material kann durch Sammelsteine oder
Bau- und Betonschutt ausgeglichen
werden. Ein entsprechendes Wegeprofil wird erstellt und das Einbaumaterial verdichtet. Für eine nachhaltige Sanierung ist es wichtig, dass
das Oberflächenwasser ungehindert
ablaufen kann. Dafür sind meist zusätzlich die Bankette an den Straßen- und Wegrändern anzupassen.
Bei dieser Arbeit werden mit der
Bankettfräse die überhöhten Bankette abgefräst und das zerkleinerte
Material an den Fahrbahnrand geworfen. Durch Verstellen des Wurfleitbleches kann das Fräsgut auch
unmittelbar neben dem Arbeitsbereich abgelegt werden. Der Wasserablaufwinkel der Bankette wird dabei den jeweiligen Gegebenheiten
angepasst.
Effiziente
Wegesanierung
Die Sanierung bestehender Wege
durch die Blunk GmbH erfolgt im
dreistufigen Wegebauverfahren.
Erster Arbeitsschritt: Mit der Seppi-M.-Steinbrecherfräse fräst Blunk
die Verschleiß- beziehungsweise
Tragdeckschicht des alten Weges bis
zu ihrem tiefsten Punkt auf. Im selben Arbeitsgang wird dabei gleich
das neu aufgebrochene Material
gemischt und eine homogene, neue
Sieblinie als Verschleißschicht hergestellt. Wasserlöcher, Schlaglöcher
und Fahrrinnen werden bis zu einer
Auffrästiefe von 30 cm dabei automatisch gleich mit losgefrästem Material gefüllt und müssen nicht extra
mit neuem Schottermaterial geebnet werden. Sofern aber gebrochenes Steinmaterial der Körnung 0-32
fehlt, um die homogene Tragdeckschicht herzustellen, wird nach dem
ersten Fräs- und Profilierarbeitsgang neues Material eingebracht
und mit dem losgefrästen alten
Material in einer weiteren Überfahrt vermischt. Die Körnung des
Deckmaterials muss stimmen, damit
auch das Regenwasser im Profil
richtig abfließt und Rinnsale oder
Pfützen so keine Schäden verursachen können.