AGU Seminar 2016

A GU Seminar 2016
„Schwierig diagnostizierbare B eschwerdebilder nach
Unfällen im Strassenverkehr“
6. Januar 2016, Zürich
AGU Zürich Winkelriedstrasse 27 8006 Zürich
Tel.: 044 251 54 30, Fax: 044 251 54 31, [email protected], www.agu.ch
Universitätsspital Zürich
schadenanwaelte.ch, Zürich
Rehaklinik Bellikon
Arbeitsgruppe für Unfallmechanik
Schwierig diagnostizierbare Beschwerdebilder nach Unfällen im
Strassenverkehr
Programm
Dr. Markus Muser, AGU Zürich
„Biomechanik der (M)TBI“
PD Dr. med. Christoph Müller-Pfeiffer, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
UniversitätsSpital Zürich
„Die Posttraumatische Belastungsstörung und deren versicherungsmedizinische
Begutachtung“
RA David Husmann, schadenanwaelte.ch, Zürich
«Neue-Alte» Schleudertraumapraxis – Blick auf das Sozialversicherungs- und Haftpflichtrecht
PAUSE
Prof. Dr. med. Sönke Johannes, Facharzt für Neurologie, Medizinischer Direktor Rehaklinik
Bellikon
„Leichte Traumatische Hirnverletzung nach Unfällen im Strassenverkehr“
PD Dr. med. Stefan Hegemann, Leitender Arzt, ORL-Klinik, USZ Zürich
„Schwindel nach Verkehrsunfällen – Contusio Labyrinthi, HWS-Distorsion, Migräne“
PD Dr. Kai-Uwe Schmitt, AGU Zürich
„Aktuelle Forschung zur Biomechanik von Hirnverletzungen“
Biomechanik der (M)TBI
AGU Seminar 2016
Dr. Markus Muser
AGU Zürich
www.agu.ch
… ein modernes Phänomen ?
Hippocrates (5-4 Jh. v. Chr) : «… der Patient verliert die Sprache … fällt zu
Boden … sieht und hört nichts mehr»
Rhazes (9-10 Jh.) : «abnormaler physiologischer Zustand» anstelle von
«Verletzung»
13 Jh: «commotio» = Kopfverletzung ohne äusserliche sichtbare Wunden
17..19 Jh: z.B. Petit 1774: erste «biomechanische» Erklärungsversuche:
Strukturelle Schädigungen wie z.B. (mikro-) Blutungen, Schädigungen der Nervenfasern etc.
Funktionale Mechanismen: momentane O2-Unterversorgung, «Schock» der Nervenfasern
20..21 Jh: Grosse Fortschritte dank moderner Bildgebung, besserem
physikalischem Verständnis, etc. aber: Diskussion über die (volle)
Reversibilität der MTBI ist immer noch im Gange
McCrory, P.R., Berkovic, S.F.: Concussion: The history of clinical and pathophysiological concepts and
misconceptions, Neurology 2001:57:2283-2289:
«the absence of proof of pathology is not proof of its absence»
Auftreten
Sport: Eishockey, Football (…): oft ohne äusserliche Verletzungen
Kampfsport
Strassenverkehr
Zeichen (tbd.): (kurzzeitige) Bewusstlosigkeit, Amnesie für (kurzen)
Zeitraum nach dem Ereignis.
Mechanische Einwirkung kann durch Kopfanprall, aber auch durch
Beschleunigungsmechanismus ohne Kopfanprall erfolgen.
Commotio nach Strassenverkehrsunfällen
Personen, welche nach Strassenverkehrsunfall in ein Spital
eingeliefert werden: In ca. 25% der Fälle commotio als Diagnose,
mit Bewusstlosigkeit < 30 min.
Auch wenn nur «Verdacht» auf commotio besteht, muss der Patient
24 h überwacht werden.
War der Pat. Bewusstlos? Gab es einen «harten» Kopfanprall?
Kann vor Ort oft nur unzuverlässig beantwortet werden.
Das System Hirn-Schädel-CSF
By Alan Hoofring [Public domain], via Wikimedia Commons
(Fluid-)Mechanisches Gedankenexperiment
ρ (Hirn) ~ 1.05
ρ (CSF) ~ 1.01
Bei linearer Beschleunigung bewegt sich das Hirn
relativ zum Schädel -> Anprallstelle, aber stark
gedämpft
ρ<1
Übrigens: das Hirn kann sich (z.B. im Liegen bei
Drehung von einer Seite auf die andere) um
mehrere mm innerhalb des Schädels bewegen,
ohne dass dadurch Schäden entstehen…
ρ=1
ρ>1
(Monea AG: Assessment of Relative Brain-Skull Motion in Quasistatic
Circumstances by Magnetic Resonance Imaging, J. Neurotrauma 29:2305–2317,
2012)
Verletzungsmechanismen
Schmitt/Niederer/Muser/Walz: Trauma-Biomechanics, 2nd Edition, Springer 2004, adaptiert aus Vetter D (2000): Seminar: Biomechanik und Dummy-Technik, TU-Berlin
2. Experiment
Bei Drehbeschleunigung dreht sich der
Schädel, während das Hirn «stillsteht»
Diese Bewegung ist nicht gedämpft
Verletzungen durch Anprall an Schädel
… Brückenvenen
ρ ??
Scherkräfte im Innern des Hirns
Holbourn: alle Hirnverletzungen seien
auf Rotation zurückzuführen
(Holbourn A.H.S., Mechanics of Head Injuries, The Lancet
242:6267, p438-441, 1943)
Flow Chart der TBI
OMMAYA AK, GENNARELLI TA: CEREBRAL CONCUSSION AND TRAUMATIC UNCONSCIOUSNESS. Brain (1974) 97, 633-654
Die «zentripetale» Theorie der MTBI
Verursacht durch mechanisch induzierte
Belastungen welche das Hirn in einer
zentripetalen Weise funktional und strukturell
beeinträchtigen.
Die Effekte beginnen an den Oberflächen bei
kleineren Belastungen. Bei höheren Belastungen
Beteiligung der zentralen Strukturen.
Abhängig von Typ, Richtung, Schnelle, und
Betrag der Kopfbewegung.
«biomechanischer» Ansatz
Diffuse Verletzung
Begriff der MTBI
Terminologie wurde z.T. übernommen z.B. in
ICD-10, ICD-11, AIS Klassifizierungs-Schemata
OMMAYA AK, GENNARELLI TA: CEREBRAL CONCUSSION AND TRAUMATIC UNCONSCIOUSNESS. Brain (1974) 97, 633-654
Mayo System MTBI <-> TBI
MALEC JF et al.: The Mayo Classification System for Traumatic Brain Injury Severity. JOURNAL OF NEUROTRAUMA 24:1417–1424 2007
«Symptom-zentrischer» Ansatz
Bei vielen Symptomen (Kopfschmerz, Tinnitus, Sehstörungen, Ermüdbarkeit,
Lichtscheue, Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns etc.) kann man streiten,
ob sie tatsächlich einen zerebralen Ursprung haben.
Lange Zeit stand die Schädigung bzw. Belastung von Nervenzellen im Vordergrund.
Es können aber auch andere Strukturen (Blutgefässe, Astrozyten …) bzw. Effekte
(elektrochemische Prozesse …) verantwortlich sein.
Es gibt im Kopf ausser dem Hirn noch weitere Organe, welche ebenfalls durch
beschleunigungs-induzierte Belastungen beeinträchtigt werden können.
Man könnte also z.B. auch eine olfaktorische, retinale, trigeminale, vestibuläre,
auditorische, zervikale, spinale, ja sogar eine psychologische «Erschütterung» bzw.
«concussion» postulieren.
Je nach Symptomatik ist dann aber die biomechanische Erklärung (falls überhaupt
möglich) jeweils zu revidieren…
Gennarelli TA: The Centripetal Theory of Concussion (CTC) revisited after 40 years and a proposed new Symptomcentric Concept of the
Concussions, proc. Conf. IRCOBI, IRC-15-02, Lyon 2015
Biomechanische Bewertung
Delta-v weniger wichtig
Kopfanprall??
Bewusstlosigkeit??
Wie bei anderen diagnostisch schwierig fassbaren Beschwerden gilt
auch hier: die Entstehung bzw. das Vorhandensein ist erklärbar /
nicht erklärbar, weiter gehende Quantifizierungen sind nicht möglich
Zusammenfassung
MTBI = mild traumatic brain injury = mild concussion = commotio
cerebri = Hirnerschütterung
Diffuse Verletzung (bzw. Beeinträchtigung), mit oder ohne
Kopfanprall
Rotatorische Komponenten >> translatorische Komponenten
Keine (schweren) Begleitverletzungen, ev. ohne äusserlich sichtbare
Zeichen
Bewusstseinsverlust Sekunden bis wenige Minuten, oder
Orientierungsverlust, Bewusstseinstrübung etc., Kopfschmerzen,
Nausea, Müdigkeit, Schlafstörungen (…)
Bildgebend schwierig zu fassen
(Meist) reversibel. Ursachen der Langzeitfolgen kontrovers
diskutiert.
Zusammenfassung
Bildgebend schwierig zu fassen
(Meist) reversibel. Ursachen der Langzeitfolgen kontrovers
diskutiert.
Aus biomechanischer Sicht bestehen durchaus noch Wissenslücken
(Auch) bei der MTBI kann die «Erklärbarkeit» von Beschwerden
biomechanisch bewertet werden
Ein Paradigmenwechsel von der verletzungs-mechanischen hin zu
einer mehr symptombezogenen Betrachtungsweise mag aus
klinischer Sicht sinnvoll erscheinen; für die Begutachtung ergibt sich
aber erheblicher Diskussionsbedarf
«Neue-Alte»
Schleudertraumapraxis
Blick auf das Sozialversicherungs- und Haftpflichtrecht
A. «Alte» Schleudertraumapraxis im
Sozialversicherungsrecht
BGE 136 V 279 unterstellt HWS Distorsion ohne nachweisbare Funktionsausfälle in der
Schweizerischen Invalidenversicherung den sogenannten «unklaren Beschwerdebildern
(PÄUSBONOG)» i.S. von BGE 130 V 352; im UVG bleibt zudem die Schleudertraumaadäquanzhürde
bestehen (bis heute !)
Unklare Beschwerdebilder im Sinne der Rechtsprechung sind zudem (vgl. BGE 140 V 8):
• Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (BGE 130 V 352)
• Fibromyalgie (BGE 132 V 65)
• Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörung (BGE SVR 2007. IV Nr. 45; BGer I9/07)
• Nichtorganische Hypersomnie (BGE 137 V 64)
• Neurasthenie (SVR 2010, IV Nr. 17, BGer 9C_98/2010)
• Chronique fatigue syndrom (BGE 139 V 346)
Ueberwindbarkeitsvermutung, nur umstossbar,
wenn «Nichtüberwindbarkeitskriterien» erfüllt:
Nichtüberwindbarkeitskriterien:
• Schwere der Störung lässt Verwertung der Arbeitsfähigkeit
sozialpraktisch nicht mehr zu
• Psychische Erkrankung in Komorbidität
• Und/oder: FörsterKriterien:
•
•
•
•
Chronische körperliche Begleiterkrankung ohne Remission
Ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Bereichen des Lebens
Verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer primärer Krankheitsgewinn
Unbefriedigende Behandlungserbnisse trotz konsequent durchgeführten
ambulanter/und oder stationärer Therapie bei intakter Motivation
Kritik an Ueberwindbarkeitspraxis
• Keine medizinische Validierung der Nichtüberwindbarkeitskriterien
• «Verrechtlichung» der FörsterKriterien mag diesen Mangel nicht zu
heilen (Verrechtlichung = BGer 9C_776/2010)
• Beweisthemabeschränkung
• Alles – oder Nichtsentscheide; kaum Teilinvaliditäten möglich !
«Unklare Beschwerdebilder» sind medizinisch
nicht unklarer als andere – Gutachten Hennigsen
• Besser: syndromale Beschwerdebilder; ICD erfasst; Ausnahme: zusammengesetztes
Beschwerdebild nach HWS Distorsion; dessen Anteile am «buntes Beschwerdebild»
wiederum geklärt sind, so z.B.:
• chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD F 45.41)
• HWS- Distorsion/HWS Schleudertrauma (ICD S 13.4)
• chronic headache attributed to wiplash injury (IHS/ICDH 5.4)
GA Henningsen: syndromale Beschwerdebilder sind medizinisch gut
abgeklärt und können reliabler (0.61 von 1)festgestellt werden als andere
psychische Krankheiten, wie Schizophrenie (0.5), Bipolare Störung (0.4),
Major Depression (0.28).
• NFProjekt 53: «*muskuloskeletale Gesundheit und chronische Schmerzen»: objektiver Befund
auch bei strukturellen Schädigungen oftmals ganz anders als subjektive Beschwerden. Was ist es
aber, das einschränkt, der strukturelle Befund oder die Schmerzen/Beschwerden ?
Es gibt nur eine Medizin (I.) !
• Bio-psycho-sozialer Krankheitsbegriff der WHO hat sich längst
etabliert, auch in der Schweiz; MedBG Art. 8 lit.f :
Absolventinnen und Absolventen des Studiums der Humanmedizin,
der Zahnmedizin und der Chiropraktik verstehen gesundheitliche
Probleme ganzheitlich und erfassen dabei insbesondere die
physischen, psychischen, sozialen, rechtlichen, ökonomischen,
kulturellen und ökologischen Faktoren und Auswirkungen und
beziehen diese in die Lösung der gesundheitlichen Probleme auf
individueller und gemeinschaftlicher Ebene ein.
Es gibt nur eine Medizin (II.)
• Henningsen verweist auf Erkenntnisse aus Hirnforschung:
Schmerzen nicht nur Veränderungen in den Gehirnarealen,
die unmittelbar der Verarbeitung von Körpersignalen dienen,
sondern auch in den Arealen, die für die Verarbeitung von
kognitiven, affektiven und sozialen Prozessen dienen
(präfrontaler Kortex, limbisches System). Daraus folgt, dass
kognitive, emotionale und soziale Prozesse unmittelbar und
untrennbar Einfluss auf das Körper-Beschwerdeerleben
haben.
Es gibt nur eine Medizin (III.) - Konsequenz:
• Kein Grund, für die (Langzeits-)Invaliditätsfälle in der
Sozialversicherung den veralteten «linearen» biopsychischen Krankheitsbegriff weiterhin zu verwenden; kein
Überantworten juristischer Wertvorstellungen an die
Medizin; das führt zu nicht auflösbaren Verwerfungen
(Vermengung von Adäquanz mit Medizin)
Bsp.1: Migrationsproblematik und Gesundheit
Bsp.2: Frage der Verwendbarkeit
sozialversicherungsrechtlicher Gutachten.
Sozialversicherungsrechtliche Invalidität (I.)
Art. 7 Abs. 2 ATSG
«Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind
ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu
berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie
aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist»
Sozialversicherungsrechtliche Invalidität (II.)
• «Bei erheblicher Beteiligung psychosozialer (und soziokultureller)
Faktoren am Beschwerdebild nimmt die Rechtsprechung indessen eine
Invalidität nur mit grosser Zurückhaltung an – mit dem Ergebnis, dass
sich die schweizerische sozialversicherungsrechtliche
Betrachtungsweise vom heute generell – zumindest theoretisch –
akzeptierten biopsychosozialen Krankheitsmodell der modernen
Medizin entfernt, vielmehr nach wie vor einem bio-psychischen, linear
kausalen Krankheitsverständnis verpflichtet ist.» In: Das medizinische
Gutachten aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, in: Siegel /
Fischer: Die neurologische Begutachtung, Orell Füssli Verlag (2004).
Sozialversicherungsrechtliche Invalidität (III.)
• Wenn für das Sozialversicherungsrecht überhaupt eine höhere
Haftungshürde geschaffen werden soll, dann geht das dogmatisch nur
über einen im Vergleich zum Haftpflicht- und
Privatversicherungsrecht strengeren Adäquanzbegriff (rechtliche
Haftungsgrenze), nicht aber im Schaffen eines anderen, strengeren
Krankheitsbegriffes
• Wird ein solch strengerer Krankheitsbegriff proklamiert, handelt es
sich dabei um eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsgrenze
B. Neue Praxis zu «Unklaren Beschwerdebildern /
Schleudertraumapraxis» im Sozialversicherungs-recht (I.)
• BGE 141 V 283 als Paradigmenwechsel;
Überwindbarkeitspraxis ist überwunden !
• Stattdessen: «ergebnisoffene (!) symmetrische
Beurteilung des tatsächlich erreichbaren
Leistungsvermögens»
• Strukturiertes, indikatorengeleitetes
«Beweisverfahren»
Neue Schleudertraumapraxis im
Sozialversicherungsrecht (II.)
• Indikatoren gemäss BSV Rundschreiben Nr. 339:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Gesundheitsschaden
Sozialer Kontext
Diagnose und Wechselwirkung der Diagnosen
Behandlung und Eingliederung mit Beurteilung der Kooperation
Konsistenz
Arbeitsfähigkeit
Neue Schleudertraumapraxis im
Sozialversicherungsrecht (III.)- Klarstellung und
Kritik:
Klarstellung: es kann sich nicht um eine Definition der Arbeitsfähigkeit
handeln, sondern der Invalidität i.S. von Art. 7 Abs. 2 ATSG; die
Indikatoren enthalten Werturteile wie z.B. Schadenminderung !
Kritik:
• Strukturiertes Beweisverfahren widerspricht dem Grundsatz des
freien Beweises/freien Beweiswürdigung
• Redundanzen, insbesondere im Rundschreiben BSV Nr. 339
• Aufrechterhalten der gesonderten UVG Schleudertraumaadäquanz
macht keinen Sinn mehr: doppelt gemoppelt zugunsten des UVG
Versicherers
C. Dogmatisches Importverbot der
sozialversicherungsrechtlichen Invaliditätspraxis ins
Privatrecht (Haftpflicht- und Versicherungrecht)(I.)
• anderer, weiterer Adäquanzbegriff (Schädiger und nicht etwa
Haftpflichtversicherung, also Aug um Auge Zahn für Zahn vs. Allgemeinheit)
• freier Beweis/Recht auf Beweis und freie Beweiswürdigung
• «normaler» Krankheitsbegriff, also bio-psycho-sozial über die gesamte
Zeitdauer; kein Aufteilen in kurz/mittelfristige- und Langzeitleistungen,
• Gemäss Landolt reicht eine unfallkausal verursachte Schwächung der
Gesundheit, welche zu einem (Vermögens)schaden führt (Differenztheorie)
• Weiter gedacht: unfallkausaler Vermögenschaden , z.Bsp. kein Erhalt einer
neuen Stelle trotz Suchbemühungen nach erlittenem HWS Trauma
Dogmatisches Importverbot der
sozialversicherungsrechtlichen Invaliditätspraxis ins
Privatrecht (Haftpflicht- und Versicherungrecht)(II.)
• Ursachen und Verantwortungszusammenhang nicht nachträglich
«automatisch» entfallen können; Beweislast, dass der natürliche
Kausalzusammenhang nicht mehr besteht, liegt als leistungsaufhebende
Tatsache beim Schädiger (ZGB 8)
• eine Einzelfallsbeurteilung vorzunehmen ist (individuell/konkret), z.B bei
der Frage, ob eine Erwerbstätigkeit auf dem konkreten Arbeitsmarkt noch
möglich ist.
• die auseichende Möglichkeit besteht, in der Schadensberechnung oder bemessung haftungsausfüllend Teilkausalitäten zu berücksichtigen (anders
als im UVG) ; kein Grund ersichtlich, von diesen bewährten Regeln und der
bisherigen Prädispositionspraxis abzukehren. Der Schädiger kann sich sein
Opfer nicht aussuchen
Dogmatisches Importverbot der
sozialversicherungsrechtlichen Invaliditätspraxis ins
Privatrecht (Haftpflicht- und Versicherungrecht)(III.)
• Es wurde auch zuvor nicht auf die Überwindbarkeitspraxis abgestellt (1):
• Anderer, weiterer Adäquanzbegriff (BGE 123 III 110 Stocker Mobiliar, E 3a;
134 V 109, E8.1; BGger 4A_275/2013 E 5.4 Urteil Bezirksgericht Schwyz
vom 28.6.2012; BZ 04 34 E 4c/gg)
• Unterschiedliche Aufgabe der Adäquanz als Haftungsbegrenzung: Im
Sozialversicherungsrecht habe die Allgemeinheit für Unfallfolgen
einzustehen; im Haftpflichtrecht die Prämienzahler, die das Risiko
Strassenverkehr mitunterhielten. HWS Distorsion als typische Folge eines
Autounfalles und damit haftpflichtrechtlich adäquat (Obergericht des
Kantons Thurgau RBOG 2011, Nr. 31 E 2)
Dogmatisches Importverbot der
sozialversicherungsrechtlichen Invaliditätspraxis ins
Privatrecht (Haftpflicht- und Versicherungrecht)(IV.)
• BGer 4A_115/2014 vom 20.11.2014, E 6.4.2: Bestätigung der
bisherigen Praxis, wonach Zivilgerichte an die
sozialversicherungsrechtlichen Urteile nicht gebunden seien und eine
unterschiedliche Adäquanzpraxis hätten. Keine Adäquanz läge im
Haftpflichtrecht nur dann vor, wenn der Sachverhalt «derart
ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig ist, dass
damit nicht zu rechnen war.»; ebenso BGer 5C.125/2003 E 4.3)
Um was es ging:
Bisherige Rechtsprechung stellte auch im
Privatversicherungsrecht nicht auf
Überwindbarkeitspraxis ab:
• Krankentaggeld: Beweislast für Verletzung der Schadenminderungspflicht
beim Versicherer; kein Berufen des Versicherers auf theoretische
Überwindbarkeit (BGer 4A_6517/2013 vom 2.4.2014)
Solange der Versicherte jedoch seiner Schadenminderungsobliegenheit nachkommt
und trotzdem eine Gesundheitsbeeinträchtigung bestehen bleibt, kann sich der
Versicherer nicht mit dem Hinweis auf eine theoretische Ueberwindbarkeit befreien
• Invaliditätskapital VVG: kein Raum für den spezifischen Adäquanzbegriff
des Sozialversicherungsrechts (Oger Zug Z1 2014 5 vom 16.9.2014, E 6.3)
Weder die Geringfügigkeit des Unfalles noch anderweitige Mitursachen der
Gesundheitsschädigung, wie etwa die konstitutionelle Prädisposition, vermögen die
Adäquanz zu unterbrechen (Erw. 6.3).
D. Fazit: Kausalitätsnachweis nach HWS Distorsion
im Haftpflichtrecht- Alles bleibt beim Alten !
• Nachweis eines durch Arbeitsunfähigkeit entstandenen
Vermögensschadens; Vermögensschaden per se reicht aus, selbst
wenn die Arbeitsunfähigkeit mittlerweile weggefallen ist
• Praxis der konstitutionellen Prädisposition
• Kausalitätsherleitung über Statistik ist im Haftpflichtrecht zu
hinterfragen, da der Einzelfall im Vordergrund steht
Leichte traumatische
Hirnverletzung im Strassenverkehr
Zürich, 06.01.2016
Sönke Johannes
Inhalt
• Diagnosestellung
• Pathophysiologie
• Management
Unfallmechanismus
www.youtube.com/watch?v=JGdRKIA2nzc
3
Unfallmechanismus
http://www.youtube.com/watch?v=mIRvothxQT8
4
Unfallmechanismus
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Win
dshield-spiderweb.jpg
Energieeinwirkung auf Kopf,
nicht notwendigerweise direkt
http://lifeinthefastlane.com/minor-injuries002/
5
Schweregrad Hirnverletzung
Leichte Hirnverletzung
• Glasgow Coma Score (GCS) 13-15 (bei Spitaleintritt)
• und/oder Bewusstlosigkeit (max. 30 Min.)
• und/oder post-traumatische (anterograde) Amnesie (max. 60 Min.)
• und/oder retrograde Amnesie (max. 30 Min.)
Mittelschwere Hirnverletzung
• Glasgow Coma Score (GCS) 12-9 (bei Spitaleintritt)
Schwere Hirnverletzung
• Glasgow Coma Score (GCS) 8-3 (bei Spitaleintritt)
Glasgow Coma Score:
Augenöffnen (4), Verbale Antwort (5), Motorische Antwort (6)
Amnesie: Zeitraum, der nicht kontinuierlich erinnert werden kann.
(Vos et al., Eur J Neurol. 2012 Feb;19(2):191-8; Vos et al., Eur J Neurol 2002)
6
Inzidenz LTHV / Strassenverkehr
• Ca 25% der nach Strassenverkehrsunfällen berichteten
Verletzungen
• Mediane Zeit bis zur Beschwerdefreiheit: 100 Tage
• 23% der Verunfallten weisen persistierende Beschwerden auf
Cassidy et al. Arch Phys Med Rehabil. 2014;95(3 Suppl):S278-85
7
Häufigkeit UVG Schweiz
Leichte Traumatische Hirnverletzung
Inzidenz
ca. 213 / 100.000 Versicherte / Jahr (ca. 80% aller Hirnverletzungen)
Häufigkeit UVG Schweiz
Leichte Traumatische Hirnverletzung
Inzidenz
ca. 213 / 100.000 Versicherte / Jahr (ca. 80% aller Hirnverletzungen)
Frühe klinische Symptome
Benommenheit
Verwirrtheit
Kopfschmerzen
Schwindel
Erbrechen
10
«Leerer Blick»
http://undisclosedinjury.blogspot.ch/2014/07/a-primeron-concussions-in-soccer.html
Kognitive
Beeinträchtigungen
Verschlechterungen von
• Reaktionszeit
• Verarbeitungsgeschwindigkeit
• Visuelles Gedächtnis
• Verbales Gedächtnis
Dauer Tage – Wochen – Monate?
(McClincy et al. Brain Inj. 2006)
12
Koordinationsstörungen
Weitere Beschwerden
•
•
•
•
•
•
Kopfschmerzen
Schwindel, Benommenheit
Müdigkeit, Schlafstörungen
Angst, Depression
Stressintoleranz
Neuropsychologische Störungen
Messung gemäss Skalen
(z.B. Cantu et al. 2001)
14
Nicht spezifisch für Hirnverletzung
Inhalt
• Diagnosestellung
• Pathophysiologie
• Management
Energieeinwirkung linear
http://www.ace-online.de/ace-lenkrad/unserclub/detail/aufprall-mit-grosser-wirkung-446.html
Druckwelle bei linearer
Energieeinwirkung
Paul A. Taylor, PhD and Corey C. Ford, PhD, MD, International Brain Injury Association IBIA
http://internationalbrain.org/?q=node/55
Fokale Hirnverletzungen bei
linearer Energieeinwirkung
Klinische Symptomatik
Fokale Störungen
Beispiel
• Persönlichkeitsveränderung
18
Energieeinwirkung rotational
http://www.youtube.com/watch?v=c-iF4CrxHsQ
Shearingverletzungen bei
rotationaler Energieeinwirkung
http://www.tbilawyers.com/diffuse-axonal-injury.html
20
Diffuse axonale Verletzungen
Klinische Symptomatik
Diskonnektionsstörungen
Beispiel
• Verlangsamung
21
CCT nach LTHV
Pathologische Befunde
GCS
13-15
Anzahl Patienten
243 / 3181
15
14
13
135 / 2462
77 / 568
31 / 151
% Patienten
7.6
5.5
13.6
20.5
n= 3181, Einschluss: GCS 13-14 oder 15+RF; LOC nicht obligatorisch
Smits M. et al: Predicting Intracranial Traumatic Findings on Computed Tomography in Patients with Minor Head Injury: The
CHIP Prediction Rule; Ann Intern Med. 2007; 146:397-405
22
CCT nach LTHV
Impressionsfraktur
(8%)
Schädelfraktur
(28%)
intraparenchymatöse
Läsion (58%)
Smits M. et al: Predicting Intracranial Traumatic Findings on Computed Tomography in Patients with Minor Head Injury: The
CHIP Prediction Rule; Ann Intern Med. 2007; 146:397-405
23
CCT nach LTHV
Subarachnoidalblutung
(35%)
akutes Subduralhämatom
(28%)
Epiduralhämatom
(28%)
Smits M. et al: Predicting Intracranial Traumatic Findings on Computed Tomography in Patients with Minor Head Injury: The
CHIP Prediction Rule; Ann Intern Med. 2007; 146:397-405
24
Reduzierte Konnektivität
vor allem frontales und temporales Netzwerk
Dall’Aqua P, Johannes S. et al., in publication
25
Reduzierte cortikale
Oberfläche
vor allem frontale und temporale Regionen
Dall’Aqua P, Johannes S. et al., in publication
26
Langsame (1-4 Hz)
Hirnwellen
vor allem frontale Regionen
Huang M.-X. et al. NeuroImage: Clinical 2014, 5: 109-119
27
Inhalt
• Diagnosestellung
• Pathophysiologie
• Management
Empfehlungen der Suva
29
Erstdiagnostik
30
Erstdiagnostik
31
Erstdiagnostik
32
Erstdiagnostik
33
Erstbehandlung LTHV
Aufklärung, Beratung, Beruhigung
Wong et al. Disabil. Rehabil. 2015, 37:471-89
Aufklärungsbogen der Suva
34
Empfehlungen Fifa
Step-by-step guide for return to play following a concussion:
1. No activity,
complete rest. Once the athlete is asymptomatic, they proceed to level two. The
athlete spends, at the minimum, one day at each stage.
2. Light aerobic exercise such as walking or stationary cycling, no resistance training.
Performing step two without symptoms allows the athlete to proceed to level three. If symptoms
return, the athlete moves back one stage then continues.
3. Sport specific training (e.g. skating in hockey, running in football), progressive addition
of resistance training at steps three or four. Performing step three without symptoms allows the
athlete to proceed to level four.
4. Non-contact training drills. Performing step four without symptoms allows the athlete
to proceed to level five.
5. Full contact training after medical clearance. Performing step five without symptoms
allows the athlete to proceed to level six.
6. Game play.
http://www.fifa.com/aboutfifa/footballdevelopment/medical/playershealth/injuries/commoninjuries/head.html
Danke!
Schwindel nach
Verkehrsunfällen –
Contusio Labyrinthi,
HWS-Distorsion
Migräne
Stefan Hegemann
Klinik für Ohren-, Nasen-, Halsund Gesichtschirurgie
Viele Ursachen für Schwindel nach Unfall
BPLS
Vertebralis
dissektion
Otolithen
läsion
Posstraum.
Syndrom
Contusio
labyrinthi
Schwindel
phobische
Störung
Pyramiden
fraktur
HWSSchwindel
Perilymph
fistel
Migräne
M.Meniere
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
1
Heutiger Inhalt
Fallbericht bilateraler Ausfall nach Schleudertrauma
Contusio Labyrinthi
Otokonienverlust
Posttraumatische Migräne
HWS und Migräne
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
2
Fallbericht zu Beginn
42 jähriger Patient, gesund, nie Schwindelbeschwerden
Auffahrunfall Mai 2004
ø Bewusstlosigkeit, ø Amnesie
Kopf- und Nackenschmerzen innert Stunden nach Trauma
- 4 Wo nach Unfall frei beweglich, Druckschmerzen im M. SCM links, Sensibilität
und Durchblutung unauffällig.
- Rö-HWS: ø ossären Läsionen
Subj. verstärkte Hörminderung, verstärkter Tinnitus, beides vorbestehend
- CPT-AMA bei RTA 7 Jahre vor dem Unfall re/li 11/23%, 6 Wo danach 17/27%,
8 Jahre danach 41/51%, also weiter progredient bds.
– unsicher, ob Verschlechterung alters- (Lärm-) oder unfallbedingt
Gangunsicherheit, verstärkt in Dunkelheit, nach körperlicher Anstrengung
und bei seitlich gedrehtem Kopf, Fahrradfahren erschwert
Oszillopsien bei schnellen Kopfbewegungen
- Physiotherapie inkl. Aquafit ohne relevante Besserung
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
3
Hörtests
Wechselnde Hörkurven mit
progressiver Verschlechterung
über die Jahre prä und post
Unfall
-10
Contusio cochleae????
80
prä
0
10
12.02.1991
20
07.03.1991
30
18.07.1991
50
60
dB HL
40
15.09.1993
24.03.1997
70
90
100
110
125
250
500
1k
2k
3k
4k
6k
8k
12k
Frequency [Hz]
-10
post
0
10
24.03.1997
20
23.06.2004
30
40
60
15.03.2005
dB HL
50
70
80
23.05.2005
17.04.2012
90
100
110
125
250
500
1k
2k
3k
4k
6k
8k
12k
Frequency [Hz]
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
4
Was hat der Patient?
Contusio labyrinthi?
Verstärkter Tinnitus ausreichend?
Vestärkte Hörminderung unfallbedingt?
- RTA zuletzt 7 Jahre vorher und 7 Jahre davor sowie 8 Jahre danach mit
stetiger Progredienz
- Unfall als Ursache damit schwierig
Gleichgewichtsstörungen
- Nie vorher beklagt, danach in einer für bilaterale Unterfunktion typischen
Weise
- Von mehreren Untersuchern (ORL und Neurologen sowie Gutachtern) nie
bedacht
- Einziger Gleichgewichtstest Kalorik, die 3x falsch beurteilt wurde (GLP immer
< 3.5°/s)
Abschlussdiagnose erstmalig 8 Jahre nach Unfall:
Contusio labyrinthi mit schwerer bilateraler vestibulärer Läsion
- Übersehen, weil kein akuter Schwindel
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
5
Contusio Labyrinthi - Klärungen
Alle Symptome müssen sofort danach vorhanden sein
Nachfragen und dokumentieren!!!!!! Kann auch ein Notfallchirurg
- quot non est in acta non est in mundo!
– Klinisch: SPN, BRN, KIT, KSN , Weber, Rinne (sofort)
– Apparativ: vHIT, DVA, c-/oVEMP, SVV, OT, RTA (sobald wie möglich)
Bei verzögertem Auftreten der Symptome:
Simulation?
Migräne? (post-traumatisch anerkannt)
- meist anfallsweise, sehr selten auch dauerhaft
Posttraumatischer M. Meniere (delayed EH)?
Zervikogene posturale Instabilität
- oft aber nicht immer initial beginnend
Contusio cochleae und vestibuli können unabhängig
voneinander auftreten
Schaden muss sofort nachweisbar sein (s.o.)
Auch wenn kein akuter Schwindel besteht (s. Fallbericht)
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
6
Prognose
Gute Prognose
BPLS
Schlechte Prognose:
delayed endolymphatic hydrops (Meniere Syndrom)
zervikogene, posturale Instabilität
kombinierte oder beidseitige Otolithenfunktionsstörungen
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
7
Posstraumatischer Otolithenschwindel
(partielle
contusio labyrinthi ?)
Symptome:
Schwankschwindel und Liftschwindel kurz nach Trauma
-
oft in anterior-posterior Richtung
verstärkt bei Kopfbeschleunigung, beim Gehen und Stehen
verstärkt bei verminderter visueller Kontrolle
Gangunsicherheit
SVV oft verkippt
Ursache:
Contusio labyrinthi der Macularezeptoren (Haarzellen)
Abscherung von Maculateilen
- Theorie, nicht direkt messbar
Therapie: viel Bewegung
Kompensation zumeist in Tagen bis wenigen Wochen
wenn persistierend
- eher psychophysisch / phobisch? oder
- Otokonienverlust
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
8
Zervikogener Schwindel
- Klinik -
Häufig kurz nach Trauma
Latenz bis zu mehreren Stunden
Gefühl, der Kopf sei locker / falle ab
diffuse Unsicherheit, Benommenheit
kein Drehschwindel!
Rückbildung meist innerhalb 4-6 Wochen,
danach eher psychogener Schwindel?
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
9
Zervikogener Schwindel
- Diagnostik
Initial Rö HWS- mit Ante- / Retroflexion
bei pathologischer Beweglichkeit CT / MRI HWS
Zervikalnystagmus / Halsdrehtest ist kein sinnvoller Test
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
10
Zervikogener Schwindel
- Therapie
- Schmerzbehandlung !
Ausreichende
Initial Physiotherapie
Keine Ruhigstellung (Krawatte)
Möglichst keine Krankschreibung
bei Chronifizierung (4 Wo) frühzeitige Schmerzbehandlung mit
Amitriptylin bis 100 mg/d oder
Neurontin bis 3 x 1000 mg/d
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
11
Posttraumatische Migräne
89% aller Soldaten mit Kopftrauma hatten posttraumatische
Migräne (51% eindeutig + 38% möglich)
Theeler et al. Headaches after concussion in US soldiers returning from Iraq or Afghanistan. Headache 2010;50:1262-1272
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
12
HWS-Symptome als Trigger für Migräne
Generell anerkannt aber nicht klar erwiesen:
zervikale Beschwerden lösen Migräne aus
- Bärtschi-Rochaix W. (1949): Migraine cervicale, das encephale Syndrome nach Halswirbeltrauma.
Migräne verursacht zervikale Verspannung und Nackenschmerzen
- Blaschek A, et al. (2012) Self-reported muscle pain in adolescents with migraine and tension-type
headache. Cephalalgia;32:241-249
Migräne verursacht Schwindel
- vestibuläre Migräne in IHS classification (2013)
Hypothese
cervikale Belastung löst Migräne aus und diese verursacht Schwindel
- Yacovino & Hain TC (2013_Sem Neurol) Clinical characteristics of
cervicogenic-related dizziness and vertigo
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
13
Posttraumatische Migräne
Kopfschmerz
- Klinik
- (nicht obligat!)
pulsierend / stechend (80 %), halbseitig (50 %)
Dauer: meist Stunden bis 1-2 Tage
Lärm- / Lichtscheu, Hyperakusis
visuelle Aura
Schwindel
Bewegungsempfindlichkeit
Häufiger nach leichtem als schwerem SHT
Prädisposition bei pos. Familienanamnese
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
14
Posttraumatisches Syndrom
Symptome
persistierende Kopfschmerzen
- Spannungstyp und / oder
- migräneartig
Lärm- und Lichtempfindlichkeit
Schwindel, Übelkeit, Erbrechen
Riech und Schmeckstörungen
Benommenheit
Müdigkeit, Erschöpfbarkeit, Konzentrationsstörungen,
Gedächtnisstörungen
Reizbarkeit
Schlafstörungen
Depression
distale Hyperhidrose, vegetativer Tremor
RF: Frau, > 55J, geringes sozioökonomisches u. intellektuelles Niveau,
Alkoholabusus
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
15
Posttraumatisches Syndrom - Diagnostik & Therapie
Identifizierung einzelner Symptomkomplexe
Migräne
Vestibuläre Läsion (contusio) (Belastungsschwindel)
M. Meniere
cervikales Schmerzsyndrom
phobische Störung
Depression / Anpassungsstörung
MRI Hirn
Mikroblutungen (Scherverletzung)
Neuropsychologische Testung
Neurootologische Testbatterie
Therapie
Behandlung der Einzelsymptome
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
16
posttraumatisches Syndrom, - Conclusio alle besprochenen Störungen kommen oft in Kombinationen
vor
Die besten Behandlungserfolge bringt gezielte Therapie der
Einzelbefunde
Das wertvollste Diagnostikum ist die
Anamnese!
Anamnese!
Anamnese!
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
17
Klinische Leitlinie zervikogener Schwindel
Schema der
differentialdiagnostischen
Vorgehensweise (Triage) (adaptiert
nach Wrisley et al 2000)
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
18
spinning
50 Cent
Wie war’s?
Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und
Gesichtschirurgie
19
Aktuelle Forschung und Anwendungen
zur Prävention von Hirnverletzungen
PD Dr. Kai-Uwe Schmitt
[email protected]
www.agu.ch
Weniger Verletzungen
Umsetzung
Standards / Normen
Verletzungskriterien
Grundlagen / Messungen
Grundlagen / Messungen
 Bestimmung von Kopf-Belastungen


prospektiv > Messungen
retrospektiv > Berechnungen / Abschätzungen, auch
Rekonstruktion von Ereignissen
Grundlagen / Messungen
 Messtechnik, Einsatz neuer Sensoren




am Helm
auf der Kopfhaut
im Mund(schutz)
im Ohr
Football
 Studien mit instrumentierten Helmen
[Rowson et al. 2012]
Football
 Risikokurven
[Rowson et al. 2012]
Grundlagen / Computermodelle
 Mensch-Modelle, FE-Elemente
 Berechnung der Kopfbelastung

Scherkräfte
Retrospektive Analysen – Eishockey
[AGU 2015]
Retrospektive Analysen
 Rekonstruktion


Kollisionen, Stürze, Schläge…
z.B. Velo, Ski, Rugby
 >> Anwendung in Helm-Entwicklung
Verletzungskriterien
 Zusammenhang zwischen physikalischer Messgrösse
und Verletzungsrisiko >> Definition von Grenzwerten
 Wie viel Kraft/ Beschleunigung/ … ist akzeptabel?
 Basis: Experimente mit Freiwilligen, PHMS, Tieren

Wayne State-University: Cerebral Concussion Tolerance Curve
(kurz: Wayne State Tolerance Curve WSTC)
Verletzungskriterien
1966:
SI
1985:
GAMBIT
2000:
HIP
2007:
NSI
1972:
HIC
1980: max.
angular vel./
acc.
2013
BrIC
Verletzungskriterien
 BrIC (Brain Injury Criterion)

Mit Hilfe des Computermodells SIMon entwickelt
,
,
,
,
:rotational velocities x-,y- and z-axis
:critical values of angular velocity
[Takhounts et al. 2013]
Helm-Tests
 Wie soll das Schutzpotential von Helmen geprüft werden?
 Soll Rotation berücksichtigt werden?
 Vorschlag für neue Helm-Norm (Velo, Ski, Reitsport)

Anprall an schiefer Ebene

Experimente PLUS Computersimulationen
Helme – Konzepte
[McIntosh et al. 2011]
Helme – Konzepte
„MIPS“ - Multi-directional Impact Protection System
Neue Materialien in Helmen
Airbag-Kleidung
AGU NEWSLETTER
Erfassung der Verletzungsschwere
Die AGU setzt ihre Arbeit zur Erfassung der
Verletzungsschwere in einem neuen Forschungsprojekt fort. Nachdem die in unseren früheren Projekten
erarbeitete Verbesserung des polizeilichen Unfallaufnahmeprotokolls zum 1. Januar 2015 eingeführt wurde,
steht nun die Erfassung der Verletzungsschwere im Rettungsdienst im Zentrum unserer Arbeit.
Gemeinsam mit dem Interverband für Rettungswesen sowie den Rettungsdiensten der Stadt Zürich, des
Tessins und des Thurgaus untersucht die AGU die Erfassung der Verletzungsschwere durch den im
Rettungsdienst
verwendeten
NACA
Code.
Das Projekt wird
durch
die
Stiftung
Prävention der
AXA Winterthur
unterstützt.
Neues Projekt: Erfassung der Verletzungsschwere im Rettungsdienst.
(c) SRZ 2015
Abklärung der Fahreignung ‑ seit 5 Jahren für Versicherer In den letzten Jahren
hat die AGU umfangreiche Forschungsarbeiten zum Thema Fahreignung von älteren Fahrzeuglenkern
durchgeführt. Die Ergebnisse unserer Forschung haben wir in die Praxis umgesetzt. Seit nunmehr 5 Jahren
besteht diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit einer Schweizer Versicherung, in deren Auftrag wir die
Fahreignung ihrer Versicherten untersuchen. Was als Pilotprojekt gestartet ist, hat sich mittlerweile zu
einer eingespielten Routine entwickelt ‑ von der versicherungsseitigen Betreuung über die medizinische
Untersuchung bis zur Fahrprobe. Herzlichen Dank an alle, die zu diesem Erfolg beigetragen haben!
Ircobi Asia
Der „International Research Council on
Biomechanics of Injury“ (Ircobi) ist der internationale
Fachverband für Verletzungsbiomechanik. Die AGU leitet die
Geschäftsstelle des Verbands, der seit 1973 alljährlich eine
Ircobi Asia Conference, www.ircobi.org
Konferenz durchführt. Diese Konferenz stellt für Forschende
eine wichtige Plattform zum Austausch dar. Für manche
Forschende ‑ gerade aus aufstrebenden Ländern mit teilweise erheblichen Herausforderungen hinsichtlich
Verkehrssicherheit ‑ ist die Teilnahme an der in Europa stattfindenden Konferenz jedoch sehr aufwändig.
Daher startet 2016 eine zusätzliche Konferenz: Ircobi Asia findet vom 16.-18. Mai 2016 in Seoul, Südkorea,
statt. Seien Sie dabei! Mehr Informationen unter: www.ircobi.org.
Januar 2016
Rekonstruktion einer Kollision im Eishockey: mittels Video-Analyse (links) und Computersimulation (rechts)
Studierende bei der AGU
Seit ihrer Gründung unterhält die AGU enge Verbindungen zu
Hochschulen, insbesondere zur ETH Zürich. In verschiedenen Vorlesungen vermitteln wir den Studierenden
Kenntnisse zur Trauma-Biomechanik. Ferner betreuen wir Studienarbeiten, bei denen Studierenden ihr
Wissen im Rahmen von Projekten vertiefen. Im Jahr 2015 haben sich Studierende bei der AGU
beispielsweise mit der Auswertung von Unfall- und Verletztendatenbanken beschäftigt, ein Projekt zur
Rekonstruktion von Kollisionen im Eishockey bearbeitet oder mit Hilfe von Computersimulationen das
Schutzpotential eines neuen Velohelms evaluiert.
AGU International Die AGU wird auch ausserhalb der Schweiz wahrgenommen. Einerseits sind wir
als Gutachter tätig; insbesondere in Deutschland hat diese Tätigkeit in den letzten Jahren zugenommen.
Andererseits stossen auch unsere Forschungsarbeiten auf internationales Interesse. Mit unserer Arbeit zur
Kombination von Unfall- und Spitalstatistik waren wir an der ESV Konferenz in Göteborg präsent. Diese
Konferenz mit rund 800 Teilnehmenden wird durch die US-Strassenverkehrsbehörde veranstaltet. Unsere
Publikation kann auf der ESV-Website herunter geladen werden (http://www.nhtsa.gov/ESV). Anlässlich
der Ircobi Konferenz in Lyon konnte die AGU ihre Studie zur Sicherheit von Trams präsentieren. Auch
dieses Manuskript ist online verfügbar: http://ircobi.org/proceedings.php .
Publikation zu AIS-Daten von Verletzungen im Strassenverkehr, www.nhtsa.gov/ESV
AGU Zürich
Winkelriedstrasse 27, 8006 Zürich, www.agu.ch
Tel.: 044 251 54 30, [email protected]
Januar 2016
AGU Zürich – Arbeitsgruppe für Unfallmechanik
Die AGU Zürich beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der Sicherheit im Strassenverkehr
und Sport. Die Trauma-Biomechanik bildet dabei einen Schwerpunkt unserer Tätigkeiten, die
unter anderem Begutachtungen für diverse Auftraggeber und Unfallrekonstruktionen umfassen.
Ferner führen wir Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für Industriepartner aus der Auto- und
Sportgeräteindustrie wie auch im Auftrag öffentlicher Förderstellen (z.B. Bundesämter,
Europäische Union) durch. Die Lehre an Universität und ETH Zürich sowie die Durchführung
von Fortbildungsveranstaltungen gehören ebenfalls zu unseren Tätigkeiten.
Unser Team vereint Fachwissen aus der (Rechts)Medizin, den Ingenieur- und den
Bewegungswissenschaften.
Unsere Gutachten im Überblick
Bei unseren Gutachten liegt der Fokus meist auf der betroffenen Person und ihren
Verletzungen. Unser Team aus Medizinern und Ingenieuren analysiert dabei sowohl technischphysikalische Fragestellungen rund um das Ereignis als auch trauma-biomechanische
Fragestellungen
zur
Verletzungsentstehung.
Zu
unseren
Kunden
gehören
Untersuchungsbehörden, Gerichte, Versicherungsgesellschaften sowie die Parteien in
(zivil)rechtlichen Verfahren.
Mit der technischen Unfallanalyse versuchen wir, den Unfallablauf anhand von objektiven
technischen Anknüpfungspunkten zu rekonstruieren. Dabei stehen häufig Fragen nach den
kollisionsbedingten Fahrzeugbelastungen, den gefahrenen Geschwindigkeiten, dem zeitlichen
Ablauf eines Ereignisses, dem Reaktionsverhalten der Fahrzeuglenker und der Vermeidbarkeit
einer Kollision im Vordergrund.
Bei Fragen nach der Entstehung von Verletzungen kann die biomechanische Beurteilung
eine Brücke zwischen den technisch-physikalischen Angaben und den festgestellten
Beschwerden und Befunden bauen; dabei werden auch die Besonderheiten der betroffenen
Person (Alter, Körpermasse, vorbestandene Erkrankungen/Beschwerden, "Out-of-positionSituationen", frühere Unfälle etc.) berücksichtigt. In gewissen Fällen ist eine vertiefte technischexperimentelle und/oder biomechanische Analyse auch bei ausserhalb des
Strassenverkehrs aufgetretenen Unfällen sinnvoll, z.B. beim Sport oder in der Freizeit.
Weiterhin kann eine rechtsmedizinisch-biomechanische Beurteilung bei Unfallopfern
aufgrund der Verletzungsbeurteilung Rückschlüsse auf den Hergang einer Tat oder eines
Ereignisses geben.
AGU Zürich
Arbeitsgruppe für Unfallmechanik
Winkelriedstrasse 27
CH-8006 Zürich
Tel.: +41 (0) 44 251 54 30
Fax: +41 (0) 44 251 54 31
[email protected]
www.agu.ch
MWSt Nr. CHE-102.202.437
Die biomechanische Kurzbeurteilung dient der Bewertung eines Ereignisses in einem frühen
Stadium, um z.B. wichtige Hinweise für die Fallführung oder die Notwendigkeit möglicher
Zusatzabklärungen zu erhalten.
Bei der Abklärung der Fahreignung wird untersucht, inwiefern die zum sicheren Führen eines
Fahrzeugs notwendigen physischen und/oder kognitiven Fähigkeiten einer Person gegeben
sind. Einschränkungen können sich aus Altersgründen, aber auch aus vorübergehenden
medizinischen Beeinträchtigungen ergeben. Die Fahreignung wird unter anderem durch eine
medizinische Untersuchung, neuropsychologische Testung sowie eine Untersuchung der
sakkadischen Augenbewegungen umfassend abgeklärt. Zusätzlich kann die Durchführung einer
Fahrprobe erfolgen.
Bei Unfällen können auch Fragen zur Produkthaftung entstehen, beispielsweise bei fraglich
nicht korrekt funktionierenden Rückhaltesystemen in Fahrzeugen. In diesen Fällen kann eine
biomechanische Analyse der möglichen Folgen einer Fehlfunktion zur Klärung beitragen.
Ferner führen wir Spezialgutachten durch, die verschiedene technische Abklärungen wie
Nachfahrversuche, Crashtests, Videoauswertungen oder die Untersuchung von Beweismitteln
adressieren können.
Wir sind gerne bereit, Ihnen die Möglichkeiten anhand einer kostenlosen Präsentation in Ihrem
Hause darzulegen und auf besondere Wünsche der Begutachtungsform einzugehen. Weitere
Informationen finden Sie auch auf unserer Website www.agu.ch.
Ihre Ansprechpartner für:
Gutachten
Dr. sc. techn. Markus Muser
Dipl.-Ing. ETH
Dozent für Trauma-Biomechanik ETH
Biomechanik und Medizin
Dr. med. Kerstin Furter-Aschenbroich
Fachärztin für Rechtsmedizin
Allgemeines
AGU Zürich AG / Sekretariat
Winkelriedstrasse 27
8006 Zürich
Tel.: +41 44 251 54 30
Fax.:+41 44 251 54 31
[email protected]
Januar 2016
Technische und biomechanische Sachverhaltsabklärungen
Eine rechtzeitige Sachverhaltsabklärung aus neutraler und objektiver Sicht bildet eine wichtige
Grundlage für die spätere Rechtsfindung und ist oft kostengünstiger als juristische
Auseinandersetzungen ohne verifizierte Sachverhaltsabklärung.
A. Technische Unfallanalyse
A1. Was können wir ermitteln / erstellen?
•
Geschwindigkeitsberechnungen
Kollisionsgeschwindigkeit (u.a. aus Fahrzeugschäden und Auslaufbewegungen)
Ausgangsgeschwindigkeit anhand von objektiven Reifenspuren (Brems-, Schleuderund/oder Driftspuren)
•
Fahrverläufe (Anfahr-, Abbiege- und Überholmanöver)
Analyse der Bewegungsbahnen
Berechnung der Anfangs- und Endgeschwindigkeit
zeitliche und wegmässige Betrachtungen
•
Weg-Zeit-Abläufe
Bestimmung des Reaktionspunktes
Berechnung des Reaktions- und des Bremsweges vor der Kollision
Berechnung der Zeitintervalle und der zurückgelegten Wegstrecken
Plausibilitätsprüfungen der Aussagen
•
Vermeidbarkeitsbetrachtungen
Beurteilung der räumlichen und der zeitlichen Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens
beim Vergleich zwischen der effektiv gefahrenen und der zulässigen Geschwindigkeit
Analyse der Erkennbarkeit und der Sichtdistanzen
Analyse des Reaktionsverhaltens unter Berücksichtigung der Sichtdistanzen
AGU Zürich
Arbeitsgruppe für Unfallmechanik
Winkelriedstrasse 27
CH-8006 Zürich
Tel.: +41 (0) 44 251 54 30
Fax: +41 (0) 44 251 54 31
[email protected]
www.agu.ch
MWSt Nr. CHE-102.202.437
AGU Zürich, Technische und biomechanische Sachverhaltsabklärungen
•
Kollisionsbedingte Fahrzeugbelastungen
Berechnung der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung (delta-v)
Berechnung der mittleren Kollisionsbeschleunigung
Richtung der Geschwindigkeitsänderung
Analyse der Bewegungsrichtung der Insassen relativ zum Fahrzeug
•
Fahrdynamik von Fahrzeugen
Berechnung der Ausgangsgeschwindigkeit aus Schleuder- und Driftspuren
Berechnung der Kurvengrenzgeschwindigkeit (Kurvenradius, Querbeschleunigung)
Analyse von Schleuder- und Driftbewegungen mittels Simulationsprogrammen (Carat,
Analyzer, PC-Crash und V-Crash)
•
Unfallabläufe mit Fussgängern und Zweiradfahrern
Berechnung der Kollisions- und der Ausgangsgeschwindigkeiten
Eingrenzung des Kollisionspunktes (Schrankenverfahren)
Analyse der Unfallvermeidbarkeit (räumliche und zeitliche Vermeidung)
•
Massstäbliche Unfallpläne mittels Polizeifotos und Massangaben
Dreiecksvermessung
digitale Fotoentzerrung
A2. Was können wir nicht ermitteln / erstellen?
• Rechtliche Beurteilung des Unfallablaufes (Beurteilung des Verschuldens und der H3Quote)
• Auswertung von Geschwindigkeitsaufzeichnungsgeräten (RAG, UDS, Tachographenscheiben etc.) und Spuren (mikroskopische Untersuchung von Spuren und Asservaten)
A3. Welche Unterlagen werden benötigt?
Die Rekonstruktion des Unfallablaufes erfolgt anhand der amtlichen Akten (Polizeirapport,
Fotodossier, Unfallplan etc.). Zusätzlich benötigen wir im Idealfall möglichst vollständige
Schadenunterlagen der beteiligten Fahrzeuge (z.B. Schadenkalkulationen, Fotos,
Reparaturrechnungen). Sind nicht alle nachfolgend aufgeführten Unterlagen vorhanden, so kann
je nach Fragestellung und Qualität der Unterlagen dennoch eine technische Unfallanalyse erstellt
werden; wir beraten Sie gerne. Im Einzelfall sind dann detaillierte oder nur grobe Aussagen zur
Rekonstruktion des Unfallablaufes möglich.
AGU Zürich, Technische und biomechanische Sachverhaltsabklärungen
•
Amtliche Akten
Polizeirapport
Fotodossier (Originalfotos oder gute Farbkopien)
Unfallplan
•
Dokumentation der Fahrzeugschäden
Schadenexpertisen
Schadenfotos (Originalfotos oder gute Farb- bzw. Halbtonkopien)
Schadenkalkulationen (Audatex) oder Reparaturrechnungen
Angaben zu ev. Vorschäden an Fahrzeugen
Angaben zur Fahrzeugausrüstung (ABS, Airbag, Gurtstraffer, Anhängerkupplung etc.)
Fotos vom Innenraum (Airbag, Position der Gurten bei Aktivierung der Gurtstraffer,
Deformation der Sitzlehne oder des Lenkrades, Bruchstellen der Frontscheibe etc.)
•
Allgemeine Schadenunterlagen
SI-Berichte, Schadenmeldungen, Unfallprotokoll, Beschreibungen des Unfallherganges
durch die Beteiligten
•
Zusätzliche Informationen für Unfallanalysen mit HWS-Verletzungen
Kopie des Fahrzeugausweises (Typenschein-Nr., Leergewicht etc.)
Anzahl der Fahrzeuginsassen (ev. mit Angabe des Gewichtes)
Sitzposition der Verletzten
Fotos vom Sitz und von der Kopfstütze
Beladungszustand (ggf. Warenschein) bei Nutzfahrzeugen (Lkw, Lieferwagen etc.)
Angaben über Bremsbetätigung vor und während der Kollision
Sollten einzelne Unterlagen oder Angaben nicht oder nur teilweise vorhanden sein, so können
einzelne Fragen unter Umständen nicht vollständig beantwortet werden. In diesem Fall nehmen
wir vor der Erstellung des Gutachtens mit dem Auftraggeber Kontakt auf.
B. Biomechanische Beurteilung
B1. Welche Fragen können wir (allenfalls) beantworten?
•
Können die beschriebenen Beschwerden und medizinischen Befunde allein durch die
mechanischen Einwirkungen des Ereignisses erklärt werden?
•
Welchen Einfluss haben allfällige vorbestehende degenerative Veränderungen oder
frühere Unfälle?
•
Bei Mehrfachkollisionen: In welcher Phase entstanden die entscheidenden Verletzungen?
AGU Zürich, Technische und biomechanische Sachverhaltsabklärungen
•
Wurde der Sicherheitsgurt / Helm getragen?
•
Wenn nein: Hätte das Tragen zu einer Änderung der Verletzungsschwere geführt?
•
Wer hat das Fahrzeug gelenkt?
•
Von welcher Seite her geriet der Fussgänger / Velofahrer in die Fahrbahn des
Fahrzeugs?
B2. Welche Fragen können wir nicht beantworten?
•
Sind die heutigen Beschwerden immer noch auf den Unfall vor einem Jahr zurück zu
führen?
•
Sind die psychischen Beschwerden unfallbedingt?
•
Wie ist die Arbeitsfähigkeit einzuschätzen?
•
Ist ein kausaler Zusammenhang „möglich, wahrscheinlich, überwiegend wahrscheinlich,
sicher“?
B3. Welche Unterlagen werden benötigt?
•
Medizinische Berichte, insbesondere über die ersten Untersuchungen, den medizinischen
Zustand vor dem Ereignis, degenerative Vorzustände etc.
•
Bei Strassenverkehrsunfällen: Technische Unfallanalyse (entweder durch uns oder
extern), für die entsprechenden Unterlagen siehe A3
BA. Technisch-biomechanische Analyse
Diese Untergruppe der biomechanischen Beurteilung adressiert unter anderem die
• experimentelle Untersuchung, z.B. ob
Augenverletzung beim Fussballspiel führte
ein
Ellbogen
oder
der
Ball
zu
einer
• Kollisionsgeschwindigkeit und -richtung sowie Vermeidbarkeitsbetrachtungen bei einer
Skifahrer-Skifahrer/Snowboarder-Kollision anhand detaillierter örtlicher Unterlagen
• Bestimmung der wirkenden Kräfte und der Verletzungsmechanismen, wie beispielsweise
bei einem brüsken Fahrmanöver eines Motorbootes
beim Anprall eines Balles an den Kopf
beim Fall einer Lampe von der Decke
bei tätlichen Auseinandersetzungen
bei Stürzen verschiedenster Art (Treppe, vom Pferd, vom Gerüst, ins Wasser, im
Schnee etc.)
AGU Zürich, Technische und biomechanische Sachverhaltsabklärungen
BB. Rechtsmedizinisch-biomechanische Beurteilung (Aktengutachten)
Eine weitere Untergruppe der biomechanischen Beurteilung adressiert unter anderem
folgende Untersuchungen und Fragestellungen
• Tod vor oder aufgrund der Kollision („Unfallheftigkeit“, Vergleich zur Todesursache)
• Suizidverdacht (Kollisionsablauf, -heftigkeit, Verletzungsmuster)
• Wurde die verletzte Person von einem Fahrzeug überrollt/überfahren?
Da wir keine Autopsien durchführen, benötigen wir neben den bereits genannten polizeilichen
und technischen Unterlagen die Verletzungsbeschreibungen (Rechtsmedizin, Pathologie, Arzt,
Klinik). Die langjährige gute Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten für Rechtsmedizin
(www.sgrm.ch) eröffnet oft vertiefte Lösungsmöglichkeiten.
Weitere Informationen zu Gutachten finden Sie auf unserer Website www.agu.ch.