Konzepte der Gruppe, Gruppenleitung, Gruppendynamik

BAUSTEIN 4 / THEMENEINHEIT 2 – Konzepte der Gruppe, Gruppenleitung,
Gruppendynamik
KURZE BESCHREIBUNG DER AKTIVITÄTEN
1.Einführung in die Grundbegriffe der Analytischen Gruppenpsychologie
2. Methoden der Gruppenleitung und Gruppendynamik, mit Schwerpunkt auf partizipativen Ansätzen
3. Den Jugendlichen ermöglichen, zu diskutieren und sich in Situationen mit Meinungsverschiedenheiten
zurückzuziehen
KENNTNISSE
Den Gruppenprozess verstehen
FÄHIGKEITEN
Methoden der Gruppendynamik
beherrschen
„Bonos Hüte“-Methode kennen
Stufen der Partizipation (nach
Roger Hart) kennen und verstehen
Gruppen kennen, anregen und
aufrechterhalten – Diskussionen
anregen
KOMPETENZEN
Ein partizipatives Vorgehen
einsetzen können und den
Jugendlichen somit ermöglichen,
sich zu äußern und an der
Gestaltung des Alltags in der
Einrichtung teilzunehmen
METHODIK
Werkzeug und Methoden
1. Annäherung an die grundlegenden Konzepte der Gruppe:
Was ist eine Gruppe?
Kennenlernen der Gruppen: das Individuum, die Gruppe, die Vorstellungen zu Riten, Glaube, Rollen und
Normen, Integration und Ablehnungserscheinungen.
Das Führungsphänomen verstehen. Jugendgruppen analysieren, die Rollen der Jugendlichen in der Gruppe
erkennen und mögliche Konflikte entschärfen.
Übung: Würfelspiel – Arbeitspapier Nr. 1
Lassen Sie eine Gruppe zusammenarbeiten, so dass jede Person Folgendes wahrnimmt: die Stellung, die
er/sie in der Gruppe hat – die Stellung der anderen Teilnehmer/innen – den Interaktionsprozess unter ihnen –
die unbewussten Normen, die in der Gruppe gebildet werden – die Struktur eines gemeinsamen unbewussten
Projekts.
Übung: Der Sündenbock – Arbeitspapier Nr. 2
Ziel dieser Übung ist, das Konzept des Sündenbocks in der Gruppe und im Laufe der Zeit zu analysieren.
Hierbei handelt es sich um einen Versöhnungsprozess basierend auf Ausgrenzung und Substitution.
2. Methoden der Gruppenleitung und Gruppendynamik kennenlernen, insbesondere den partizipativen
Ansatz
Übung: Das "World Café" ist ein strukturierter Gesprächsprozess, der offene und persönliche Diskussionen
erleichtern soll und an Ideen innerhalb einer größeren Gruppe knüpft, um zu einer „kollektiven Intelligenz“
oder „kollektiven Weisheit“ im Raum zu gelangen. Die Teilnehmer/innen wechseln mehrmals zu
unterschiedlichen Tischen, an denen sie die Diskussionen fortsetzen. Dabei werden die Diskussionen mit Hilfe
von Fragen geleitet, die vorgegeben sind und die einzelnen Ziele des World-Cafés bündeln. Eine CaféAtmosphäre wird geschaffen, um das Gespräch an einem scheinbar dritten Ort zu erleichtern. In einigen
Varianten wird ein „Gesprächs-Stab“ eingesetzt, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer/innen zu Wort
kommen. Neben dem Reden und Zuhören wird jede Person aufgefordert, etwas auf eine Papiertischdecke zu
schreiben oder zu kritzeln, damit für die Personen, die die Tische wechseln, sichtbar bleibt, was die bisherigen
Personen am Tisch in ihren eigenen Worten und Bildern zum Ausdruck gebracht haben.
Übung: Rollenspiel, um Regeln für das Alltagleben festzulegen
Nach der Erläuterung nicht verhandelbarer Regeln des Zusammenarbeitens/-lebens in einer großen Gruppe
bilden Sie zwei Gruppen mit den Jugendlichen. Jede Gruppe sollte kollektive Regeln erarbeiten, die zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen des Lebens in der Organisation als wichtig erscheinen. Jede Gruppe
notiert die Regeln auf einem großen Blatt. Danach vergleichen alle die Ergebnisse der zwei Gruppen. Ein
Protokollant wird eingesetzt, um die gemeinsamen Punkte auf eine Tafel zu schreiben. Der/die
Sozialarbeiter/in bittet die Teilnehmer/innen, die unterschiedlichen Punkte zu begründen und die anderen
davon zu überzeugen, diesen Punkt oder diese Regel festzulegen. Zum Ende der Diskussion werden die Regeln
in Form eines Vertrags unterschrieben. Jede Regel kann auch durch Zeichnungen, ein Bild oder Notizen der
einzelnen Teilnehmer/innen veranschaulicht werden.
3. Jugendlichen ermöglichen, zu diskutieren und sich zurückzuziehen in
Meinungsverschiedenheiten
Übung: „Bonos Hüte“-Methode mit einer Gruppe von Jugendlichen – Arbeitspapier Nr. 3
Situationen
mit
Übung: Den partizipativen Ansatz verstehen
Bitten Sie die Sozialarbeiter/innen, über ein konkretes Projekt, das sie mit Jugendlichen geleitet haben,
nachzudenken, ebenso über die Stellung der Jugendlichen bei der Umsetzung dieses Projekts. Machen Sie sich
gemeinsam Gedanken zu einer Definition des Begriffs “Partizipation”. Teilen Sie die Stufen der Partizipation
nach Roger Hart (Arbeitspapier Nr. 4 – Die Stufen der Partizipation) aus und bitten Sie die
Sozialarbeiter/innen, ihre Maßnahme auf einer der vorgeschlagenen Ebenen zu platzieren. Analysieren Sie die
Ergebnisse und bitten Sie jede/n Teilnehmer/in, eine Liste mit Änderungen anzufertigen, die den Jugendlichen
mehr Teilhabe während ihres Projekts eingeräumt hätten.
ARBEITSPAPIER Nr. 1 Würfelspiel
Quelle: http://pedagopsy.eu/cube.html
Ziel der Übung
Eine zusammen arbeitende Gruppe zu bilden, so dass jedes Mitglied Folgendes wahrnimmt:
- den Platz, den er/sie in der Gruppe hat,
- den Platz, den die anderen Teilnehmer/innen haben,
- die Wechselwirkungen zwischen den Mitgliedern,
- die unbewussten Normen, die in der Gruppe geformt werden,
- die Ordnung eines gemeinsamen, unbewussten Projekts.
Dauer, Teilnehmerzahl, Aufgabenmaterial
Dauer: zwischen 45 Minuten und 1.15 Stunden
Teilnehmerzahl: zwischen 8 und 20, je nachdem, wie viel Beobachter vorhanden sind
Aufgabenmaterial:
- ein großer Tisch (oder zwei Tische nebeneinander),
- ungefähr sechzig kleine Würfel (Sie können auch kleine Hölzer, je 2x2 cm, verwenden).
Allgemeine Vorstellung
Sagen Sie den Teilnehmern, dass Sie eine Übung durchführen werden, um ein Gruppenphänomen zu
untersuchen.
Teilen Sie ihnen mit, dass es wichtig ist, aufmerksam zu beobachten, was in ihrem Umfeld und mit ihnen
geschieht.
Bilden Sie zwei Gruppen (sofern die Gesamtgruppe zu groß ist). Die einen sind Darsteller (6-8 Personen), die
anderen sind Beobachter.
Jeder Darsteller kann einen Beobachter wählen (Achtung: nicht umgekehrt!). Bleiben Beobachter über, sind
diese für die allgemeine Beobachtung verantwortlich.
Die Darsteller stehen alle am Tisch
Die Beobachter umgeben sie mit einem gewissen Abstand, um die Darsteller nicht zu stören. Die Beobachter
schweigen während der gesamten Übung, dürfen sich jedoch Notizen machen.
Anweisungen und Entwicklung des 1. Abschnitts
Anweisungen
Erklären Sie, dass das Spiel in mehreren Abschnitten gespielt wird und dass vor jedem Spielabschnitt
Anweisungen gegeben werden.
Während dieses ersten Abschnitts wird geschwiegen (auch non-verbale Kommunikation, d.h. auch Gesten,
sind nicht erlaubt).
Erklären Sie, dass ein Stapel von Würfeln in der Mitte des Tisches liegen wird.
Erklären Sie, dass das Ziel des ersten Spielabschnitts ist, die Würfel unter den Darstellern aufzuteilen. Am Ende
darf kein Würfel mehr auf dem Tisch liegen.
Entwicklung
Die Würfel werden zufällig in die Mitte des Tisches gelegt und es wird ein Signal zum Beginn der Übung
gegeben.
Es gilt sicherzustellen, dass die Anweisungen eingehalten werden.
Die Verteilung der Würfel kann auf verschiedene Arten erfolgen: Abwechselnd nehmen die Darsteller einen
Würfel, oder einer nimmt mehrere Würfel, einige Darsteller nehmen erneut Würfel. Wir stellen fest, dass ein
Darsteller sowohl keine Würfel oder nur wenige haben kann, die anderen Darsteller können ihm/ihr Würfel
geben oder sie zurück in die Mitte des Tisches legen etc.
Anweisungen und Entwicklung des 2. Abschnitts
Anweisungen
Nachdem alle Würfel verteilt worden sind (es befinden sich keine Würfel mehr auf dem Tisch), wird der
zweiten Spielabschnitt angekündigt.
In diesem Abschnitt wird weiterhin nicht gesprochen, ausgenommen das Wort „Nein“.
Ziel ist es, eine “Ordnung” bzw. Struktur in der Gruppe mit folgenden Regeln zu bilden:

Jeder Darsteller kann jeweils nur einen Würfel legen, er/sie muss warten, dass zumindest ein anderer
Darsteller einen Würfel legt.
 Wenn er/sie einen Würfel weglegt und ein Darsteller “Nein” sagt, dann muss er/sie seinen/ihren Würfel
zurücknehmen und warten, dass jemand anderes einen Würfel legt, ehe er/sie bittet, seinen/ihren Würfel
wegzulegen.
Der Abschnitt ist beendet, wenn die Darsteller keine Würfel mehr haben.
Sofern ein Darsteller noch Würfel am Ende hat, muss er/sie diese nacheinander weglegen.
Entwicklung
Wir achten darauf, dass die Anweisungen eingehalten werden, indem diese, wenn nötig, wiederholt werden.
Anweisungen und Entwicklung des 3. Abschnitts
Die Ordnung/Struktur ist hergestellt (niemand hat Würfel).
Wir bitten die Gruppe (die Darsteller), spontan zu erzählen, was ihnen zur Ordnung/Struktur einfällt, indem
folgende Frage beantwortet wird: Was veranlasst mich, in dieser Ordnung zu denken?
Wie bei einem Brainstorming teilt jeder/jede seine/ihre Gedanken mit, ohne Kritik oder Diskussionen.
Der/die Sozialarbeiter/in hört der Gruppe zu, um nach Gemeinsamkeiten in den Äußerungen der
Teilnehmer/innen zu suchen und eine vorliegende „Gruppen-Thematik“ festzustellen.
Anweisungen und Entwicklung des 4. Abschnitts
In der Verlängerung des dritten Abschnitts erlaubt der/die Sozialarbeiter/in nur den Darstellern das Sprechen
(die Beobachter bleiben still). Er/Sie wird die Darsteller/innen bitten, mitzuteilen:
- was sie in den verschiedenen Abschnitten bemerkt haben,
- was sie erlebt haben.
Der/die Sozialarbeiter/in fordert die Darsteller/innen auf, sich mit ihren Beobachtern zusammenzusetzen und
in 5 bis 10 Minuten auszutauschen
Alle Gruppen kommen wieder zusammen für einen abschließenden Austausch über den Erkenntnisgewinn
dieser Übung.
Wichtige Punkte
Unbewusste Regeln aufzeigen: Zusätzliche von der Gruppe eingebrachte Regeln: Wir legen nicht zwei Würfel
übereinander, es gibt keinen Raum zwischen zwei Würfeln etc.
Je nach Situation kann man die Schwierigkeiten aufzeigen, "nein " zu sagen (manchmal gibt es kein „nein"!)
oder umgekehrt Spielverzögerungen etc.
Man kann manchmal den schnellen Austritt aufzeigen: Wir wollen unsere Würfel loswerden. Die Bedeutung
der Zeit.
Auf die Wechselwirkungen zwischen den Darsteller/innen hinweisen in Entsprechung zu dem, was sie sagen:
„Ich habe hier einen Würfel gelegt, weil ich das Gefühl hatte, es wird dir helfen, den Zug zu machen, den er/sie
machen wollte.“
Auf die Ordnung/Struktur mit oder ohne Führung hinweisen, mit unterschiedlichen Bedeutungen für die
Gruppe und den Einzelnen.
Dies hilft zu verstehen, wie eine Entscheidung in einer Gruppe getroffen wird, mit einer gemeinsamen
Bedeutung für die Gruppe, aber auch mit versteckten Bedeutungen für jede/n Teilnehmer/in.
Ergebnis
Das Ziel solcher Übungen ist nicht, den Teilnehmer/innen: besondere Verfahren und Methoden zu vermitteln.
Ziel ist vielmehr, sie nach und nach dafür zu sensibilisieren, was in einer Gruppe vorgehen kann.
ARBEITSPAPIER Nr. 2 Der Sündenbock
Quelle: L’Observatoire du Bouc-émissaire:
http://bouc-émissaire.com/observer/par-quelques-questionsreperer-la-presence-du-bouc-emissaire-hic-et-nunc/
Lassen Sie uns zwei Definitionen in Erinnerung rufen:
„Das Phänomen des Sündenbocks ist ein Versöhnungsprozess basierend auf Ausgrenzung und Substitution. “
„Das Phänomen des Sündenbocks ist ein zyklischer und mechanischer Prozess. Es erscheint als Ritus der
Ausgrenzung, des Ausschlusses, der Wiedergutmachung und Substitution. Es ist das Ergebnis eines Prozesses,
innerhalb dessen das Opfer der Gruppe eine Übereinstimmung und Versöhnung ermöglicht.“
Auf der Grundlage dieser Defintionen können wir allgemeine Fragen stellen:
Wer oder was ist aus der Gruppe ausgeschlossen? (Wer ist der Sündenbock?)
Was deutet darauf hin, dass der Sündenbock ein Opfer ist, gleich ob es sich um eine Person oder einen
Gegenstand handelt? Inwieweit ist es unzulässig, konstruiert, zugeordnet und auf sie/ihn/es projiziert?
Mit welcher Intensität, Geschwindigkeit und auf welche Art und Weise verlief die Ausgrenzung?
Welche Meinungsverschiedenheiten gibt es in der Gruppe?
Welches Maß an Rivalität existiert?
In welchen Räumen bestehen Rivalitäten?
Haben sich die Mitglieder der Gruppe etwas vorzuwerfen, moralisch, ethisch? Sich selbst? Anderen?
Was dämmt Zerwürfnisse innerhalb der Gruppe ein? (Welche Tabus? Welche tatsächlichen Gegensätze in der
Gruppe?)
Wie gestaltet sich die Versöhnung in der Gruppe?
Was ist der Preis (der moralische, psychologische, materielle, etc.) der Versöhnung?
Wie oft gibt es einen Sündenbock?
Wann können wir von Ausgrenzung sprechen?
Wer ist ausgegrenzt? (Einzelpersonen, sozial – politisch – religiös – Vereinigungen?, Personen, Institutionen,
Aktivitäten, Aufgaben, Stellungen, institutionelle Gebilde)? Was ist ausgegrenzt? (institutionelle Gebilde, Orte,
Verantwortlichkeiten, etc. …)? Nach welchen Modalitäten?
Wann können wir von Ausschluss sprechen?
Mit welcher Intensität verläuft der Ausschluss? (real/symbolisch, mit welcher Macht, welchem Willen, welcher
Gewalt/Brutalität, mit welchen Modalitäten und an welchen Orten?)
Wann können wir von mimetrischer Rivalität sprechen?
Bestehen Meinungsverschiedenheiten, eine inter-individuelle Krise, kollektive Krise, latente oder offene
Rivalitäten, Wettbewerbe und Gemeinsamkeiten? Welche sind das? Bestehen Frustrationen, Angst, Gefühle?
Was sind die Anzeichen einer Opferrolle des Sündenbocks?
Welche Spannungen bestehen in Bezug auf “Nähe – Distanz“ / „Gleichheit – Ungleichheit“ bei den Mitgliedern
der Gruppe und des Umfelds?
Warum kann man sagen, das Opfer bündelt eine ausgeprägt und ausnahmslose Gewalt?
Das Opfer ist ein Katalysator in einer quantitativen Logik (eine bedeutende Anzahl von Personen beklagt sich
über eine bedeutende Anzahl von Dingen) und qualitativen Logik (die Art der Klagen ist verschieden). Ist das,
was wir ihm/ihr vorwerfen, gerechtfertigt?
Wann können wir von Wiedergutmachung sprechen?
Gibt es eine „Atmosphäre“, einen „Kontext“ der Schuld? Gibt es Fehler? Welche? Haben sich die Beteiligten
etwas vorzuwerfen?
Wann können wir von Substitution sprechen?
Gibt es Gegensätze, die über andere Probleme, die unmittelbar sichtbar sind, hinausgehen? Welche sind das?
Warum sollten sie verborgen, gehemmt oder verlagert werden?
Wann können wir von einer Versöhnung der Gruppe sprechen?
Führen wir ein „danach“ ein? Wie ist es beschaffen? Beginnt es mit dem Sündenbock oder nach seinem/ihrem
„Opfer“?
Warum ist das ein Prozess?
Können wir eine Entwicklung des Phänomens feststellen? Welche Stufen? Welche zentralen Punkte? Gibt es
Ausreißer, Rückzugsorte, nicht-lineare Zeiten?
Wann können wir von einer Ritualisierung des Prozesses sprechen?
Können wir den Prozess, die Anordnung, Inszenierung, eine Wiederholung, bewusste oder unbewusste
Bedeutungszumessungen der Beteiligten, der Gruppe feststellen?
ARBEITSPAPIER Nr. 3 : Eine Methode, das Denken zu lernen
Quelle: E. de Bono. Six thinking hats, Eyrolles, 2005. Extract, adapted and translated from www.educrevues.fr/Diotime/Impression.aspx?iddoc=32547 Extracts from: http://www.heartsunlimited.net/happy-heartssoftware/six-thinking-hats.html
Methoden des traditionellen Denkens sind in der Regel abhängig von der Argumentation und Kritik, welche sie
konfliktreich und ablehnend gestalten. Um diese Grenzen zu überwinden, entwickelte Edward de Bono eine
Methode, die Reflexionen nach sechs Standpunkten – oder Denkweisen –, die durch Hüte in unterschiedlichen
Farben symbolisiert werden, ermöglicht:

Tatsachen (weißer Hut)

Empfinden (roter Hut)

Warnungen (schwarzer Hut)

Vorteile (gelber Hut)

Kreativität (grüner Hut)

Prozess (blauer Hut)
Am wirkungsvollsten ist die Methode, wenn alle Hüte abwechselnd aufgesetzt werden: der blaue Hut leitet die
Diskussion ein, plant und organisiert die Reihenfolge der unterschiedlichen Hüte, indem er die
Schlussfolgerungen zusammenfasst.
Denkweise mit dem blauen Hut (“Ich gebe das Wort an”)
Ein kühler blauer Himmel ermöglicht Ihnen einen Überblick über den stattfindenden Denkprozess. Das ist der
blaue Hut des Managers. Distanzieren Sie sich ein wenig von Ihrer Denkweise und beobachten Sie, wie sich der
Denkprozess entfaltet. Lenken und kontrollieren Sie diesen. Schreiben Sie die Ergebnisse am Ende auf.
•
Legt die Agenda fest.
•
Legt den zeitlichen Rahmen fest.
•
Entscheidet über die nächsten Schritte.
•
Behält alle im Auge.
•
Bearbeitet Vorschläge.
•
Entscheidet, wann welche Hüte aufgesetzt werden.
•
Fasst die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zusammen.
•
Bittet um Entscheidungen.
Denkweise mit dem weißen Hut (“Die Tatsachen sind die folgenden ...”)
Stellen Sie sich weißes Blatt Papier und Computerausdrucke vor. Die überwiegende Zeit ist das Papierblatt
weiß. Bei dem weißen Hut zählen Informationen und Fakten. Wenn Sie also den weißen Hut tragen, halten Sie
sich an Tatsachen und Zahlen. Sie wünschen ausschließlich objektive Informationen.
•
Welche Informationen sind verfügbar?
•
Welche Informationen möchten wir haben?
•
Welche Informationen benötigen wir?
•
Welche Informationen fehlen?
•
Schließen Sie alle diskutierten Informationen ein.
Denkweise mit dem roten Hut (“Das ist mein Gefühl bei der Frage”)
Stellen Sie sich den roten Schein eines Feuers vor. Sie sitzen dicht daneben. Fühlen Sie die Wärme, die die
Flammen ausstrahlen. Der rote Hut steht für Ihre Empfindungen und Emotionen. Diese können auf
vielschichtigen Erfahrungen beruhen und sind nicht immer einfach zu analysieren. In der Regel werden diese in
einer Diskussion weggelassen, da sie weder auf Tatsachen noch auf einer Logik beruhen. Nun setzen Ihnen die
zum Ausdruck gebrachten Empfindungen nicht mehr zu. Das Aussprechen der Empfindungen hilft Ihnen, klar
zu denken.
•
Nehmen Sie sich nicht mehr als 20 bis 30 Sekunden Zeit.
•
Das ist das Zeichen, Intuitionen, Empfindungen und Emotionen zu signalisieren.
•
Erklärungen sind hier nicht notwendig!
•
Schenken Sie ihren Gefühlen und ihrer Intuition Raum.
Denkweise mit dem schwarzen Hut („ja … aber…“)
Haben Sie schon einmal das Gefühl erlebt, dass ihre Zukunft pechschwarz zu sein scheint? Nur Sorgen, Fehler,
Probleme und eine Vielzahl von Gefahren erwarten Sie. Sie tragen einen schwarzen Hut. Manchmal ziemlich
hilfreich. Nun tragen Sie diesen Hut, um Bedenken gegen etwas oder eine Entscheidung zu äußern.
•
Was könnten die möglichen Probleme sein?
•
Was für Schwierigkeiten könnten das sein?
•
Wo ist Vorsicht geboten?
•
Im Moment „tragen“ wir den schwarzen Hut, daher muss man sich einen Ruck geben, die negativen
Aspekte aufzuzeigen.
Denkweise mit dem gelben Hut (Optimistisch einschätzen, dass …”)
Denken Sie an einen hellen, sonnigen Tag. Sie spazieren draußen und fühlen eine sanfte Brise; wie einfach es
doch ist, optimistisch zu sein. Ihr gelber Hut steht für die positiven und logischen Aspekte in ihrer Denkweise.
Es geht nicht um Ihre Hoffnungen. Ihre Ausführungen müssen begründet werden. Auf der Suche nach
Vorteilen, dem Mehrwert und schauen, wie realistisch Ihre Erwartungen sind.
•
Was sind die Vorteile?
•
Was sind die positiven Aspekte?
•
Was ist der Nutzen?
•
Gibt es Sicherheiten?
•
Gibt es einen Wettbewerbsvorteil?
•
Gibt es einen potentiellen Nutzen?
•
Gibt es ein Konzept dieser Idee, welches erstrebenwert ist?
Denkweise mit dem grünen Hut (“Ich stelle mir vor”)
Was passiert im Frühling, wenn der der Winter verweilt? Bäume und Büsche beginnen wieder zu grünen, die
ersten Blumen entfalten sich auf den jungen, satten Wiesen und alles pulsiert mit der schöpferischen
Lebensenergie. Ihr grüner Hut steht für Ihre bewussten kreativen Bemühungen. Neue Ideen entstehen,
innovative Lösungen keimen auf. Logik spielt hier keine Rolle. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf.
•
Wir benötigen weitere Alternativen.
•
Wir müssen kreative Anstrengungen unternehmen.
•
Gibt es andere Möglichkeiten, dies zu tun?
•
Was können wir noch tun?
•
Wie sonst könnten wir das Konzept tragen?
•
Welche Möglichkeiten gibt es?
•
Wie können wir Probleme überwinden?
Die Rolle des/der Sozialarbeiters/in
Als Leiter des Meetings hat der blaue Hut die Verantwortung, die Effizienz in der Gruppe aufrechtzuerhalten.
Dazu muss er nacheinander jedem Hut Redezeit einräumen.
Erste Strategie des blauen Huts
1) Grüner Hut: Brainstorming, Ideen sammeln und Benennung eines Leiters/Moderators für die gemachten
Vorschläge
2) Gelber Hut: Konstruktive Entwicklung, operativ, positive Entwicklung der Vorschläge, Suche nach Vorteilen
und Nutzen
3) Schwarzer Hut: Negative Bewertung dieser Vorschläge
4) Weißer Hut: Erforderliche Daten. Können immer abgerufen werden.
5) Roter Hut: Am Ende der Diskussion eine emotionale Bewertung.
Zweite Strategie des blauen Huts
1) Der rote Hut führt das Gesprächsthema an und reagiert sehr emotional.
2) Der weiße Hut sammelt relevante Informationen.
3) Der gelbe Hut macht positive Vorschläge.
4) Der blaue Hut gibt eine Liste mit verschiedenen Vorschlägen, die in Kategorien eingestuft werden.
5) Eine Mischung aus weißem, gelbem und grünem Hut für jeden Vorschlag (Brainstorming) = konstruktive
Phase.
6) Der schwarze Hut streicht nicht relevante Vorschläge.
7) Der blaue Hut entwickelt eine Strategie der Auswahl von Lösungen
8) Der rote Hut drückt die Gefühle der Teilnehmer/innen zu den möglichen Lösungen aus.
9) Entscheidungsprozess: Mischung der gelben und schwarzen Denkweisen, um zur bestmöglichen Lösung zu
gelangen.
10) Strategie, um umzusetzen, was beschlossen wurde.
‘Spielen wir mit den Hüten”.
Mögliche Anwendung der sechs Hüte:
Erste Übung
1) Ein allgemeines Problem, das die Mehrheit der Teilnehmer/innen interessiert und betrifft, wird für die
Diskussion ausgewählt: soziale Probleme, Politik, Ethik, Aktualität, weitere ....
2) Der/die Sozialarbeiter/in „trägt” den blauen Hut, um die Diskussion zu führen.
3) Ein/e Protokollant/in ist vorgesehen, um Notizen und Zusammenfassungen der Beiträge anzufertigen.
4) Der/die Sozialarbeiter/in wählt nacheinander die verschiedenen Hüte aus (eventuell nach der ersten
Strategie des blauen Huts) und legt sie vor sich ab. Das ist das Startsignal für die Teilnehmer/innen, nach
Antworten zu suchen, indem eine/r die Denkweisen des jeweiligen Huts übernimmt und seine/ihre
Interventionen immer mit Folgendem beginnt:
- “Mein Gefühl ist, dass …” für den roten Hut
- “Die Fakten sind Folgende …” für den weißen Hut; die Teilnehmer/innen sollten immer Informationsquellen
angeben, ebenso den Zuverlässigkeitsgrad ihrer vorgestellten Fakten
- “Ja … aber …” oder “Meine Kritik ist …” für den schwarzen Hut
- “Als eine positive Maßnahme schlage ich vor …” für den gelben Hut
- “Ich stelle mir vor …” für den grünen Hut
Der/die Protokollant/in macht Notizen.
Alternativ: Der Kurs ist in sechs gleich große Gruppen gegliedert. Alle sitzen hinter einem Hut, der von einer
Person aus der Gruppe getragen wird.
Zweite Übung
1) Ein/e Teilnehmer/in führt ein bestimmtes Problem an, dass er/sie darlegt und mit der Unterstützung der
sechs Hüte gelöst wünscht. Er/sie erklärt das Problem so umfassend wie möglich (die Tatsachen, seine/ihre
Gefühle, seine/ihre Auffassung, seine/ihre spontanen Reaktionen, seine/ihre Projektionen ...). Die anderen
Teilnehmer/innen können Fragen stellen, um das Problem besser zu verstehen.
2) Der/die Teilnehmer/in, der/die das Problem angeführt hat, beobachtet die Diskussion. Sechs
Teilnehmer/innen tragen jeweils einen Hut von jeder Farbe. Die Person, die den blauen Hut trägt, leitet die
Diskussion und wird von einem/r Protokollant/in, der/die Notizen macht, unterstützt. Die Notizen werden
dem/der Teilnehmer/in übergeben, der das Problem benannt hat. Die Teilnehmer/innen stellen das Problem
dar oder finden Lösungen mit Hilfe der Denkweisen der Hüte, die sie tragen; unter der Leitung des blauen
Huts.
3) Am Ende der Diskussion kann der/die Problembenenner/in, wenn er/sie möchte, zusammenfassen, was
ihm/ihr ermöglicht hat, das Problem zu klären, und kann eventuell etwas zu den Lösungen sagen: ob er/sie
denkt, dass diese möglich sind, oder ob er/sie diese umsetzen kann.
ARBEITSPAPIER Nr. 4 Stufen der Partizipation
Quelle: nach Roger Hart