Manuskript - Marie Heidenreich

Alltagsserie Sommerwissen
Was passiert, wenn ich einen Regenwurm zerteile?
Sommer. Viele Hobbygärtner genießen es, sich in ihrer Freizeit durch
den heimischen Garten zu wühlen. Da kann es schon mal passieren,
dass Sie mit ihrem Spaten einen Regenwurm zerteilen. Was dann mit
dem Wurm passiert – der Frage gehen wir in unserer Sommerserie
Alltagswissen nach.
„Glibberig – klein und lang – die sehen aus wie die Mitte von einem
Strohhalm“
Das
sind
Regenwürmer.
Bei
uns
leben
fast
50
verschiedene
Regenwurm-Arten. Am weitesten verbreitet sind der Tauwurm und der
Kompostwurm. Aber was passiert nun eigentlich mit solch einem Wurm,
wenn er durchgetrennt wird? Immer wieder heißt es:
„Beide Teilen leben weiter.“
„Ja, es entstehen zwei Würmer!“
Ein Mythos? Oder klappt es wirklich beim Regenwurm? Aus eins mach
zwei. Professor Torsten Burmester ist Zoologe an der Universität
Hamburg und räumt die alte Mär aus der Welt.
Mit größter Wahrscheinlichkeit sterben beide Teile. Wenn sich ein
Teil regenerieren kann, dann ist es der Kopfteil. Der Schwanzteil
kann sich nicht regenerieren. Natürlich kann er kein Gehirn, kein
Nervensystem ausbilden und deswegen stirbt er ab.
Das Herz eines Regenwurms und auch das Nervenzentrum - eine Art
von Gehirn – befinden sich vor dem 40. Segment. Ein Regenwurm hat
weit über 100 Segmente, die sich wie einzelne Körperscheiben
aneinander reihen und ihn zu einem manchmal fast 30 Zentimeter
langen Wurm machen. Nur wenn der Schwanzteil hinter dem 40.
Segment abgeschnitten wird, kann wenigstens das Vorderende noch
überleben. Sonst sterben beide Seiten – also der ganze Wurm! Aber wie
kam der weitverbreitete Irrglaube von zwei autonom weiterlebenden
Würmern zustande:
Ich kann’s mir nur so erklären, dass wenn man tatsächlich im
Garten umgräbt und einen Regenwurm durch zwei teilt, dass dann
sich beide Teile zunächst einmal bewegen. Auch das Hinterende
kann sich noch eine Zeit lang bewegen. Nur kann es natürlich nicht
weiterleben, weil es einfach keinen Mund ausnehmen kann und
auch keine Nahrung aufnehmen kann.
Zuerst zucken beide Teile. Wenn es ein überlebensfähiges Vorderteil
gibt, hört es aber irgendwann auf zu zucken. Um sich zu regenerieren
fällt es in eine Körperstarre.
Und die machen sich Maulwürfe zunutze. Sie verursachen sie
sozusagen mit Absicht! Wenn die sich einen Futtervorrat anlegen,
zerteilen sie Regenwürmer. Sie
beißen extra einen kleinen Teil vom
Wurm-Schwanzende ab. Das in Körperstarre fallende Vorderende tragen
sie dann in ihre Gänge. Der Wurm bewegt sich nicht weg, bleibt aber
frisch.
„Aus eins mach zwei“ also was Würmer betrifft, als Mythos enttarnt?
Nicht ganz, sagt Torsten Burmeister: Es gibt tatsächlich welche, die sich
vermehren, wenn sie zerteilt werden:
Das sind die Plattwürmer, zum Beispiel Planarien, die in der Lage
sind, sich komplett zu regenerieren. Im Extremfall kann man sie in
sehr viele kleine Stücke schneiden und die können dann jeweils
einen neuen Wurm generieren.
Bei Wirbeltieren geht das nicht, auch wenn manche von ihnen eine sehr
große Regenerationsfähigkeit haben:
Da gibt es auch Beispiele, dass bestimmte Körperteile neu gebildet
werden können. Zum Beispiel bei den Amphibien, da gibt es
Studien, wo einem Molch eine Extremität entfernt wurde, die dann
komplett nachwächst.
Aber auch das klappt nur bei sehr wenigen, besonderen Arten.