Brigitte Pothmer, MdB Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Arbeitsmarktpolitische Sprecherin Januar 2016 Öffentlich geförderte Beschäftigung: Einbruch um 36 Prozent seit Nahles` Amtseintritt – Ministerin lässt Langzeitarbeitslose alternativlos sitzen Die Zahl öffentlich geförderter Beschäftigungsangebote ist seit Bundesarbeitsministerin Nahles` Amtseintritt regelrecht eingebrochen. Die Antwort der Bundesregierung auf eine grüne Anfrage belegt, dass Ende 2015 nur noch weniger als 90.000 Langzeitarbeitslose davon profitierten. Das sind 50.000 oder knapp 36 Prozent weniger als im Dezember 2013 – damals standen noch fast 140.000 Langzeitarbeitslose in einem öffentlich geförderten Beschäftigungsverhältnis. Diese Abwärtsbewegung steht in keinem Verhältnis zur Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten beiden Jahren. Seit Nahles amtiert, liegt die Zahl der Langzeitarbeitslosen bei den Arbeitsuchenden – an sie richtet sich die öffentlich geförderte Beschäftigung - unverändert hoch bei rund 1,1 Millionen Menschen. Selbst wenn man - wie die Ministerin - nur die offiziellen und nicht die aus der Statistik gefallenen Langzeitarbeitslosen berücksichtigt, ist von 2013 bis 2015 gerade einmal ein Rückgang von 1,4 Prozent zu verzeichnen.1 Minus 36 Prozent : minus 1,4 Prozent – es bleibt bei einem katastrophalen Missverhältnis. Die verhärtete Langzeitarbeitslosigkeit – also die Zahl derjenigen, die zwei Jahre und mehr arbeitslos ist, nimmt darüber hinaus noch zu. 2 Bekannt ist auch, dass viele Betroffene trotz guter Konjunktur absehbar keine realistische Perspektive auf einen Arbeitsplatz haben und darum auf Alternativen angewiesen sind. Die vorliegenden Zahlen zeigen zudem, dass Nahles aufgelegtes Sonderprogramm nicht in der Lage ist, den Einbruch bei der öffentlich geförderten Beschäftigung auch nur annährend wettzumachen. Gerade einmal knapp 2.300 Personen profitieren bisher von ihrem Lohnkostenzuschuss-Programm. Ausweislich der Statistik der Bundesagentur für Arbeit wurde der Rückgang auch nicht von anderen Förderinstrument aufgefangen. So ist zum Beispiel 2015 die Zahl der neu begonnenen Qualifizierungsmaßnahmen rückläufig gewesen.3 Kommentar Öffentlich tritt Bundesarbeitsministerin Nahles als Schutzpatronin der Langzeitarbeitslosen auf. Ihre Zwei-Jahres-Bilanz zeigt allerdings ein vollkommen anderes Bild. Ministerin Nahles ist verantwortlich für den massiven Rückgang bei den Beschäftigungsangeboten für Langzeitarbeitslose. Der Einbruch ist eine Katastrophe für die Betroffenen, denn Nahles lässt sie alternativlos sitzen. Es wächst die Gefahr, dass viele Langzeitarbeitslose dauerhaft vom Arbeitsmarkt abgehängt bleiben. Diese Entwicklung steht in hartem Kontrast zu der Auffassung, die Frau Nahles noch in Oppositionszeiten vertrat: „Gerade wenn die Zahl der registrierten Arbeitslosen sinkt, müssen die Eingliederungsbemühungen für Langzeitarbeitslose verstärkt werden“, sagte Nahles 2011 und kritisierte damit die Arbeitsmarktpolitik und die Mittelkürzungen ihrer Amtsvorgängerin Ursula von 1 Zählt man die aus der Statistik gefallenen Langzeitarbeitslosen hinzu, dann waren 2015 7.000 Menschen mehr langzeitarbeitslos als 2013 2 vgl. http://statistik.arbeitsagentur.de/StatischerContent/Arbeitsmarktberichte/Personengruppen/generische-Publikationen/Langzeitarbeitslosigkeit.pdf, S. 7 (Dauern) 3 Lediglich beim Einstiegsgeld gab es einen Zuwachs. Vgl. http://statistik.arbeitsagentur.de/StatischerContent/Arbeitsmarktberichte/Monatsbericht-Arbeits-AusbildungsmarktEDeutschland/Monatsberichte/Generische-Publikationen/Monatsbericht-201512.pdf; S. 115 1 Brigitte Pothmer, MdB Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Leyen.4 In ihrer Rolle als Ministerin will Frau Nahles davon offenbar nichts mehr wissen. Es gibt nicht mehr Geld für Langzeitarbeitslose als zu von der Leyens Zeiten5. Den Kampf um einen sozialen Arbeitsmarkt hat Nahles aufgegeben und ihre Sonderprogramme zeigen bisher kaum Wirkung. Von einem arbeitsmarktpolitische Kurswechsel unter Nahles im Sinne der Langzeitarbeitslosen kann keine Rede sein. Darum ist Ministerin Nahles auch unglaubwürdig, wenn sie verspricht, dass die Integration von Flüchtlingen nicht zulasten von Langzeitarbeitslosen geht. Dieses Versprechen kann Nahles nur halten, wenn sie umsteuert und ihre Arbeitsmarktpolitik neu aufstellt. Es muss Schluss sein mit den ineffektiven und aufwändigen Sonderprogrammen. Stattdessen sind flexible Instrumente erforderlich, mit denen individuelle Strategien für Langzeitarbeitslose entwickelt werden können. Notwendig ist darüber hinaus ein verlässlicher Sozialer Arbeitsmarkt für diejenigen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Perspektive haben. Außerdem brauchen die Jobcenter endlich genügend Geld für die Arbeitsförderung, um mehr in die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen investieren können. Passiert das nicht, sind Konflikte vorprogrammiert. Daten Entwicklung der öffentlich geförderten Beschäftigung (Bestandszahlen)6: Maßnahme Dez 15 Sept 15 Dez 14 Dez 13 Arbeitsgelegenheiten § 16 d SGB II 76.063 90.509 93.320 99.065 8.029 8.122 9.574 8.398 - - 8.053 27.615 Bundesprogramm Eingliederung LZA 2.278 728 - - Beschäftigungszuschuss § 16 e (alt) SGB II 3.437 3.607 4.089 4.650 89.708 102.966 115.036 139.728 Fördrg. Arbeitsverhältnisse § 16 e SGB II Beschäftigungsphase Bürgerarbeit Summe Entwicklung der Langzeitarbeitslosen im SGB II (Jahresdurchschnitt)7 Die Angebote der öffentlich geförderten Beschäftigung und das Bundesprogramm von Ministerin Nahles richten sich ausschließlich an arbeitsuchende Arbeitslosengeld-II-Bezieher (Rechtskreis SGB 4 http://www.presseportal.de/pm/55903/2050854 http://www.pothmer.de/fileadmin/media/MdB/pothmer_de/brigitte_pothmer_arbeitsmarktpolitische/2012_ pothmer/PDF/Politische_Initiativen/151103-350-Mio-Euro.pdf 6 Obwohl die Daten vom Dezember 2015 bei der Beantwortung der Frage durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 08.01.16 bereits vorlagen, enthält die Antwort nur die Angaben bis September 2015. Die Dezemberdaten in der Tabelle wurden aus dem Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit ergänzt (http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Monatsbericht-ArbeitsAusbildungsmarkt-Deutschland/Monatsberichte/Generische-Publikationen/Monatsbericht-201512.pdf, S. 115) 7 Daten aus der Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 08.01.16 5 2 Brigitte Pothmer, MdB Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Arbeitsmarktpolitische Sprecherin II). Deswegen wird sich hier auf die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit dieser Gruppe konzentriert. Die Sonderregelung nach § 53 a SGB II hat zur Folge, dass Arbeitsuchenden über 58 Jahren, die über ein Jahr kein Arbeitsangebot bekommen haben, aus der offiziellen Arbeitslosenstatistik fallen, obwohl sie weiterhin nach Arbeit suchen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Dadurch wird die Langzeitarbeitslosigkeit künstlich nach unten gedrückt. Gruppe 2015 2014 2013 Langzeitarbeitslose SGB II 927.267 950.597 939.891 Sonderregelung § 53 a SGB II 164.990 161.772 145.719 1.092.257 1.112.369 1.085.610 112.014 126.155 129.830 Summe nachrichtlich: Langzeitarbeitslose SGB III 3
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