3 Zusammenfassung - Ruhr

Zusammenfassung
3
Zusammenfassung
Während die Mechanismen der Geruchsgewöhnung auf der Ebene des Riechkolbens und höherer
Gehirnregionen bereits seit längerer Zeit untersucht werden, ist deutlich weniger über die zugrunde
liegenden Mechanismen in der Peripherie, dem olfaktorischen Epithel, bekannt. Um neue Einblicke in
die zur Geruchsgewöhnung führenden molekularen Ereignisse zu erhalten, wurde kürzlich unter
Anwendung einer Gel-basierten quantitativen proteomischen Strategie untersucht, welchen Einfluss
Langzeitbehandlungen mit einem Duftstoff auf die Proteinkomposition des olfaktorischen Epithels
haben (Barbour et al. 2008). In einer weiterführenden Studie wurde dann im ersten Teil der
vorliegenden Arbeit eine differentielle Phosphoproteomstudie durchgeführt, um dynamische
Veränderungen im Phosphorylierungslevel der Proteine im olfaktorischen Epithel nach
Duftstoffaktivierung des Rezeptors zu analysieren. In Anlehnung an die Studie von Barbour et al.
wurde ein Gel-basierter Ansatz gewählt, in dem zweidimensionale Gelelektrophorese mit
phosphospezifischer Fluoreszenzfärbung mit ProQ® (Pro-Q) Diamond kombiniert wurde. Mit diesem
Ansatz konnten Duftstoff-induzierte Veränderungen im Pro-Q gefärbten Proteinmuster detektiert
werden. Wie jedoch in dieser Arbeit gezeigt wurde, ist die limitierte Nachweisbarkeit von
Phosphorylierungstellen in Pro-Q gefärbten Proteinspots ein großer Nachteil für die Anwendbarkeit
dieser Methode auf eine globale Phosphoproteomstudie des OEs.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Geruchsrezeptor vermittelte Signalweiterleitung in nicht
olfaktorischen Geweben studiert. Dafür wurde die LNCaP Zelllinie als Modelsystem verwendet. Diese
Zelllinie ist eine humane Prostatakarzinom-Zelllinie, die den Prostate-specific G-Protein coupled
Receptor (PSGR) endogen exprimiert. Dieser Rezeptor ist ein Mitglied der Familie der olfaktorischen
Rezeptoren und wird spezifisch in der Prostata und in Prostatakrebszellen exprimiert wird. Um das
Phosphoproteom und insbesondere die Duftstoff-induzierten dynamischen Veränderungen im
Protein-Phosphorylierungslevel in LNCaP Zellen zu analysieren, war es erforderlich, einen
leistungsfähigen phosphoproteomischen Ansatz zu etabieren, der eine umfassende Charakterisierung
und akkurate Quantifizierung von tausenden von Phosphopeptiden in einem einzigen Ansatz
ermöglicht. Zu diesem Zweck wurde ein Phosphoproteomansatz etabliert und optimiert, der
multidimensionale Peptidauftrennung und Titandioxid-basierte Phosphopeptidanreicherung mit
Messungen an „state-of-the-art“ LC/MS Systemen (LTQ-Orbitrap XL und HCT Ultra PTM) unter
Verwendung von Electron Transfer Dissociation (ETD) und Multistage Activation (MSA)
Fragmentierung und adäquater bioinformatischer Datenanalyse vereint.
Dieser Ansatz wurde zunächst für die globale Analyse des Phosphoproteoms von Orthovanadatbehandelten LNCaP-Zellen verwendet. Dieses Experiment wurde in zwei unabhängigen biologischen
Replikaten durchgeführt, für die jeweils nur 200 µg Ausgangsmaterial verwendet wurde. Mittels der
3
Zusammenfassung
Messungen auf dem HCT Ultra Ionenfallenmassenspektrometer unter Anwendung der Neutralverlust
induzierten ETD Fragmentierung wurden 891 Phosphopeptide identifiziert. Unter Verwendung eines
LTQ-Orbitrap
Massenspektrometers
mit
MSA
Fragmentierung
konnten
insgesamt
1310
Phosphopeptide identifiziert werden. Diese beiden Datensätze waren hochgradig komplementär.
Insgesamt
wurden
2095
nicht-redundante
Phosphopeptide
aus
726
verschiedenen
Phosphoproteinen identifiziert. In den identifizierten Phosphopeptiden konnten insgesamt 2569
einzelne Phosphorylierungsstellen identifiziert werden, von denen 164 bislang unbekannt waren, und
die
in
dieser
Arbeit
erstmalig
nachgewiesen
wurden.
Einige
der
neu
entdeckten
Phosphorylierungsstellen kommen in Proteinen vor, die im Kontext von Prostatakrebs von großem
Interesse sein könnten, wie z.B. Androgenrezeptor-assoziierte Proteine, Tumorproteine und sieben
Kinasen. Diese Proteine stellen neue Kandidatenproteine für weiterführende Studien an
Prostatakrebs dar, die im Folgenden zu einem besseren Verständnis der molekularen Prozesse führen
könnten, die zur Entstehung und Entwicklung von Prostatakrebs führen. Die Ergebnisse dieser Studie
stellen die bislang umfassenste Charakterisierung des Phosphoproteoms von LNCaP Zellen dar.
Für
die
Beobachtung
von
Geruchsstoff-induzierten
dynamischen
Veränderungen
im
Phosphorylierungslevel von Proteinen wurde die Dreifachmarkierung mit Stable Isotope Labeling by
Amino Acids in Cell Culture für LNCaP-Zellen etabliert und eine zeitaufgelöste und quantitative
Phosphoproteomstudie an LNCaP-Zellen, die für jeweils 2 und 10 Minuten mit dem PSGR-Liganden βJonon stimuliert wurden, durchgeführt. Diese Studie wurde in drei Replikaten unter Verwendung von
jeweils 200 µg Startmaterial durchgeführt und resultierte in der Identifizierung von insgesamt 1154
individuellen Phosphopeptiden. 99 dieser Phosphopeptide aus 73 verschiedenen Proteinen wurden
als differentiell durch β-Jonon Behandlung hoch- und runter-reguliert identifiziert. Niedrig abundante
Phosphopeptide wurden typischerweise in einem von drei Replikaten indentifiziert, wenn
ausschließlich MaxQuant als Auswertesoftware verwendet wurde. Um die Quantifizierung dieser
Peptide zu verbessern, wurde ein Microsoft Excel-basiertes VBA Skript entwickelt, das in dieser
Arbeit erfolgreich zum ersten Mal angewendet wurde. Durch die Verwendung dieses Skripts konnte
die akkurate Quantifizierung von Peptiden verbessert und eine hohe Reproduzierbarkeit für die
ermittelten Regulationsfaktoren gezeigt werden.
Auf Basis der differentiell phosphorylierten Proteine konnte eine Hypothese über die initialen
Signalereignisse an der Plasmamembran aufgestellt werden. Desweiteren wurden regulierte
Phosphorylierungsstellen in einer Reihe von Proteinen identifiziert, die mit der Ausbildung von
Junctions und Zell-Zell Kontakten sowie der dynamischen Regulierung des Zytoskeletts in Verbindung
gebracht werden, was auf einen Einfluss PSGR-vermittelter Signalwegen auf das Migrationsverhalten
der Zellen hinweist. In einem ersten Migrationstest konnte gezeigt werden, dass die Behandlung mit
β-Jonon die Migration von LNCaP-Zellen auf einen Serumstimulus hin verhindern kann. Darüber
4
Zusammenfassung
hinaus wurden Proteine als differentiell phosphoryliert gefunden, die mit Transkription, Translation
und Zell-Zykluskontrolle assoziiert werden. Diese Proteine könnten eine wichtige Rolle für die bereits
vorher beschriebene antiprolfieratorische Wirkung von β-Jonon-Stimulation des PSGR spielen und
stellen interessante neue Kandidatenproteine für weiterführende Studien dar, da diese
wachstumshemmende Wirkung gerade im Zusammenhang mit Prostatakrebs und der Entwicklung
von neuen Medikamenten von großer Bedeutung sein könnten.
5