klausurvorbereitende übungen 2 / lösungsvorschläge

LS4 | GRAMMATIK I| PHONOLOGIE
KLAUSURVORBEREITENDE ÜBUNGEN | LÖSUNG
KLAUSURVORBEREITENDE ÜBUNGEN 2 / LÖSUNGSVORSCHLÄGE
Aufgabe 1: Beschreiben Sie anhand eines selbstgewählten Beispiels, was jeweils unter einer »regressiven
Assimilation« und einer »Fernassimilation« zu verstehen ist.
Ein Assimilationsprozess ist ein phonologischer Prozess, in dem sich ein Segment in einer Segmentkette in
einem oder mehreren Merkmalen einem oder mehreren anderen Segmenten angleicht.
Bei einer regressiven Assimilation liegt das angeglichene Segment vor dem auslösenden Segment. Ein
Beispiel dafür wäre die Aussprache von Hausschuh /haʊs#ʃuː/ als [haʊʃ#ʃuː], in der sich der alveolare
Frikativ dem auf ihn folgenden postalveolaren Frikativ angleicht.
Bei einer Fernassimilation liegt das angeglichene Segment nicht unmittelbar neben dem Segment, dass die
Assimilation auslöst. Ein Beispiel dafür wäre die Realisierung eines zugrundeliegenden /uː/ als [yː] wie im
Wortpaar gut-Güte, in dem die fraglichen Laute nicht adjazent sind.
Aufgabe 2: Welche Gemeinsamkeit weisen die folgenden drei phonologischen Prozesse auf?
/p/ → [b]
/b/ → [β]
/d / → [ð]
In allen drei Fällen resultiert ein Segment, das in der Sonoritätsskala höher liegt (also sonorer ist) als das
Ursprungssegment. Damit gehören alle drei Prozesse in die Rubrik »Lenisierung«.
Aufgabe 3: Welche phonologischen Prozesse können Sie im folgenden Datensatz ausmachen?
Mittelhochdeutsch
1. bleiben
bəlaɪbən
2. Gnade
gənaːdə
3. deutsch tɔʏtʃ
4. dreschen trɛʃn̩
5. liegen
ligən
6. Tage
tagə
Frühneuhochdeutsch
blaɪbən
gnaːdə
dɔʏtʃ
drɛʃn̩
liːgen
taːgə
1 und 2: Tilgung - Synkope — 3 und 4: Devoicing (Entstimmlichung) - Lenisierung — 5 und 6: Längung
Aufgabe 4: Analysieren Sie den folgenden Datensatz aus dem Altenglischen mit Bezug auf die
nachstehenden Fragen. Gehen Sie von einem zugrundeliegenden Stammmorphem /dæɡ/ aus.
Singular
Plural
Nominativ dæġ [dæj] 'day' dagas [dɑɣas]
Akkusativ
dæġ [dæj]
dagas [dɑɣas]
Genitiv
dæġes [dæjəs]
daga [dɑɣa]
Dativ/Inst dæġe[dæjə]
1. Welches sind die Allomorphe von /dæɡ/?
[dæj] und [dɑɣ]
2. Wie ist die Verteilung der Allomorphe?
/dæɡ / → [dæj] / ___V[+VORNE]
/dæɡ / → [dɑɡ] / ___V[+HINTEN]
dagum [dɑɣum]
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3. Durch welchen phonologischen Prozess stehen die Stammvokale der Allomorphe
zueinander in Beziehung?
Fernassimilation / Vokalharmonie wollte ich gerne als Antwort. Habe dann gemerkt, dass die
Frage blöd gestellt war, pardon! Eigentlich hätte sie, um die fragliche Antwort zu bekommen,
so gestellt werden müssen: Durch welchen phonologischen Prozess kann die Alternation der
Stammvokale in den Allomorphen erklärt werden?
4. Welcher Prozess liegt vor bei der Alternation zwischen dem Stammauslaut der
zugrundeliegenden Form /ɡ/ und dem Stammauslaut [ɣ]?
/ɡ/ → [ɣ]: Frikativierung / Spriantisierung – Lenisierung
Aufgabe 5: Analysieren Sie die nachstehenden Daten mit Bezug auf Formen und Verteilung der englischen
past-tense-Suffixe:
loved [lʌvd], kicked [kɪkt], longed [lɑŋd], heated [hiːtɪd], snuggled [snʌgl ̩d], shifted [ʃɪftɪd],
kissed [kɪst], sued [sjuːd], freed [friːd], boned [bəʊnd], coded [kəʊdɪd], sipped [sɪpt], bailed
[beɪld]
Beantworten Sie dazu folgende Fragen:
1.
2.
3.
1. Welche Allomorphe hat das past-tense-Morphem?
2. Welches dieser Allomorphe kann als zugrundeliegend angesehen werden, und warum?
3. Welche Regeln sind erforderlich, um die abgeleiteten Formen zu beschreiben, d.h. welche
phonologischen Prozesse werden hier wirksam?
4. In welcher Reihenfolge müssen die Regeln angewendet werden, um den Datensatz zu
generalisieren und Formen wie kitted *[kɪtt] oder roasted *[rəʊstt] auszuschließen?
5. Wie sieht die zugrundeliegende Struktur der Wörter pelted [pɛltɪd], bagged [bægd], ticked
[tɪkt] und hooted [huːtɪd] aus?
[d], [t], [ɪd]
[d], da dieses Allomorph die größte Verbreitung hat (folgt auf alle stimmhaften Laute, d.h. auch auf
Vokale und Diphthonge)
(A)
nach stimmlosen Konsonanten findet Assimilation (hier: Entstimmlichung / Devoicing) statt
derart, dass stimmhaftes /d/ als [t] realisiert wird.
(B)
4.
5.
nach dentalen Plosivlauten findet Epenthese statt, indem ein [ɪ] zwischen auslautendem
Dentalplosiv und [d] eingschoben wird.
In der Reihenfolge (B)–(A)
/bæg+d/, /tɪk+d/, /pɛlt+d/, /huːt+d/