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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
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30.10.2015
Von: Wolfgang Lenders
Vor Ort bei Heinz-Glas
Opium für das Volk
Eine fast 400-jährige Tradition kann das Stammwerk von Heinz-Glas in Kleintettau auf der bayerischen Seite
des Rennsteigs vorweisen. Dort entstehen Flakons für edle Düfte.
Foto: Michael Bader, Leipzig
Tampon-Druck: So bekommt der Black-Opium-Flakon seinen Schriftzug.
Das flüssige Glas glüht hellrot, dem Besucher treibt es den Schweiß aus den Poren. Die Luft ist rund 50 Grad
heiß, hoch oben in der Fabrikhalle von Heinz-Glas in Kleintettau. Hier stehen die Schmelzwannen: große
gemauerte Gewölbe, in denen aus Quarzsand, Soda und Kalk sowie etwa zehn weiteren Substanzen Glas
wird – der Rohstoff für Gefäße, die eine edle Flüssigkeit beschützen sollen: Parfüm. Heinz-Glas stellt
Flakons her für Marken wie Chanel, Gucci, Calvin Klein oder Yves Saint Laurent.
Heiß und laut ist es eine Etage tiefer. Mario Schnabel hat Stöpsel in den Ohren – Arbeitsschutz und
Arbeitsbedingungen werden bei Heinz-Glas sehr ernst genommen. »Die Hitze ist in den Sommermonaten
belastend«, sagt er. 1991 hat er in dem Betrieb angefangen. Inzwischen ist er Maschinenführer, am
Heiß-ende, dort wo die Flakons geblasen werden: In einer Vorform entsteht aus einem Tropfen rot glühender
Glasmasse ein Rohling, der sogenannte Külbel. In einer zweiten Form bläst den die Maschine in seine
endgültige Form.
Die Hitze, der Lärm und der Schichtbetrieb machten es schwer, junge Menschen für den Beruf des
Verfahrensmechanikers Glastechnik zu begeistern, sagt Reiner Löffler, Betriebsratsvorsitzender in
Kleintettau. Zwar haben in diesem Jahr 14 Azubis angefangen, die meisten aber in anderen Berufen. Oft sind
es die Kinder von Beschäftigten, die selbst schon in der zweiten oder dritten Generation im Betrieb sind.
»Betriebszugehörigkeiten von 30 und 40 Jahren sind keine Seltenheit.« Über ein betriebliches
Vorschlagswesen belohnt das Unternehmen Ideen; im vergangenen Jahr sogar einmal mit der
Maximalprämie von 15000 Euro. Ein leidiges Thema, um das sich Löffler besonders kümmert, ist die
Leiharbeit, die Heinz-Glas bei Produktionsschwankungen braucht: »Wir kämpfen als Betriebsräte dafür, dass
die Firma Leiharbeiter übernimmt.«
Viele der Arbeiter bei Heinz-Glas kommen aus Kleintettau. Dort unterstützt Heinz-Glas Schulen,
Kindergärten und Vereine. Eine eigene GmbH züchtet schottische Hochlandrinder, und die Abwärme aus der
Glashütte beheizt ein Tropenhaus.
Ein ganz wichtiges Thema ist die Energiewende. Der Betrieb braucht große Mengen Gas und Strom – das
muss bezahlbar bleiben. Wichtig ist ein zuverlässiges Stromnetz. Gerade hat das Unternehmen in eine
Notstromversorgung investiert, um die Schmelzwannen auch bei Stromausfall auf Temperatur halten zu
können. Würde die Glasmasse fest werden – es wäre ein Millionenschaden.
Mit einer Zange nimmt Mario Schnabel einen der heißen Flakons vom Band und schaut ihn sich genau an. Er
ist für das Parfüm »Black Opium« von Yves Saint Laurent. Findet Schnabel einen Fehler, werden die
Fläschchen wieder eingeschmolzen; die Kunden kennen kein Pardon. Manche Unsauberkei-ten kann er selbst
beheben. »Die Maschine muss regelmäßig geschmiert werden«, erklärt er. »Das beugt Rissen vor.« Oft muss
er eine der Blasformen wechseln. Die wird in der Formeninstandsetzung wieder auf Vordermann gebracht.
Hier arbeitet Wolfgang Förtsch. »Die Nähte der Formen müssen in Ordnung sein, das ist wichtig«, sagt er.
Sandstrahlen, neue Beschichtung aufbringen – all das macht ein Formenreparator.
Die frisch produzierten Flakons müssen langsam abkühlen. Sie wandern auf einem Fließband durch einen
Ofen zum Kaltende der Maschine. Dort heißt es: Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen. Zwei Arbeiter sortieren
jedes Fläschchen aus, das auch nur einen kleinen Fehler haben könnte. Maschinen prüfen Höhe, Durchmesser
und ob der Boden plan ist.
Parfüms vermitteln Gefühle und geheime Sehnsüchte. Sie bringen zum Ausdruck, wie ein Mensch gerne sein
möchte. Damit ein Kunde bereit ist, für einige Milliliter einen zwei- bis dreistelligen Euro-Betrag
auszugeben, muss auch der Flakon perfekt sein. Heinz-Glas bietet eine Reihe von Techniken zur Veredelung
an: farbig be-sprühen, bedrucken, mattieren, metallisieren, lasern, Ele-mente aufkleben – alles ist möglich.
Die Black-Opium-Flakons werden lackiert und dann bedruckt. Peter Kotzurek ist dort Maschinenführer. Die
Schrift wird zunächst auf eine ebene Platte gedruckt; ein Gummikissen nimmt sie auf und überträgt sie auf
den Flakon. Kotzurek nimmt einen und betrachtet das Ergebnis. »Der Druck darf nicht verschmiert sein«,
erklärt er. Die Farbe wird eingebrannt – fertig.
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