Landinfo 2/2008 Tierische Erzeugung Silke Brändle, LVVG Aulendorf und Karl Krieg, LEL Schwäbisch Gmünd Mutterkuhhaltung - wie sieht es aus im Lande? Ergebnisse des Mutterkuhreports Baden-Württemberg 2007 Nach der Entkoppelung der Tierprämien von der Produktion steht die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens Mutterkuhhaltung auf dem Prüfstand. Mehr denn je gilt die Devise, dass eine durchdachte Vermarktung der erzeugten Produkte sowie hohe Ausgleichsleistungen über die Fläche und ein sehr gutes Betriebsmanagement für den Verfahrenserfolg entscheidend sind. Die Ergebnisse des Mutterkuhreports zeigen, dass im Durchschnitt der ausgewerteten Betriebe im Wirtschaftsjahr 2005/2006 keine Kostendeckung bei der Mutterkuhhaltung erzielt werden konnte. Angesichts dieser Ergebnisse gilt es Produktionsreserven in der Mutterkuhhaltung zu nutzen und das Verfahren betriebsindividuell mit spitzem Bleistift auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Mutterkuhreport 2007 Produktion im Lande Im Mutterkuhreport 2007 sind die Ergebnisse einer Befragung von Mutterkuhhaltern in Baden- Württemberg bezogen auf das Wirtschaftsjahr 2005/2006 zusammengefasst. Ziel dieser Befragung war es, Daten zur Produktionstechnik und Vermarktung von mutterkuhhaltenden Betrieben in Baden-Württemberg zu erhalten. Darüber hinaus sollten Leistungen und Kosten der Mutterkuhhaltung erfasst werden, um daraus Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges abzuleiten. Es konnten 59 Betriebe mit insgesamt 1.563 Mutterkühen erfasst und ausgewertet werden. 58 % der Betriebe werden im Haupterwerb, 42 % im Nebenerwerb bewirtschaftet. Überproportional viele Betriebe (42 %) wirtschaften nach ökologischen Richtlinien. Tabelle 1 gibt 32 Tabelle 1: Struktur der Reportbetriebe Durchschnitt * Mutterkühe/ Betrieb Streuung Anzahl 24 8-525 Gesamtfläche/ Betrieb ha 52 13-119 Grünlandfläche/ Betrieb ha 32 10-72 Ackerfläche/ Betrieb ha 20 1-45 Arbeitskräfte/ Betrieb AK 1,5 0,6-2,5 Arbeitskräfte/ Betrieb für Mutterkühe AK 0,6 0,1-1,5 * Aufgrund der Tatsache, dass die Struktur, Produktion und Vermarktung der erfassten Betriebe sehr große Unterschiede aufweist, wurden im vorliegenden Mutterkuhreport bei der Darstellung von Durchschnittswerten die Daten von 80 % der Betriebe verwertet. Das heißt die Daten der oberen 10 % und der unteren 10 % Betriebe wurden für das jeweils betrachtete Kriterium bei den Auswertungen nicht berücksichtigt. Somit konnten außergewöhnlich hohe oder niedrige Daten aus der Auswertung ausgeklammert werden. einen Überblick über die Struktur der ausgewerteten Betriebe. Das auf den Betrieben vorhandene Grünland wird zum Grossteil für die Mutterkuhhaltung verwendet. Im Schnitt werden pro Mutterkuheinheit1 1,1 ha Grünland benötigt. Über die Hälfte der ausgewerteten Betriebe hält Mutterkühe mehrerer Rassen und/oder Kreuzungen verschiedener Rassen. Hierbei dominieren intensive Rassen (Fleckviehkreuzungen, Charolais, Limousin). Extensivrassen wie z.B. Galloway oder Highland waren bei der Auswertung nicht vertreten. Produktionstechnik fest im Griff 1 Mutterkuheinheit bedeutet, dass alle mit der Im Durchschnitt konnten die ausgewerteten Betriebe 0,91 aufgezogene Kälber pro Mutterkuh und Jahr erreichen. Zielmarge sollte > 0,95 Kälber/Mutterkuh/Jahr sein. Durch eine Steigerung der Fruchtbarkeitsleistung (Ziel: 99 % Abkalbungen/Jahr) sowie eine Reduzie- Mutterkuhhaltung zusammenhängenden Werte auf die durchschnittliche Anzahl von Mutterkühen umgelegt werden. Die Mutterkuheinheit umfasst 0,45 männliche und 0,45 weibliche Kälber und dabei auch die anteiligen Mast- und Nachzuchttiere. Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der Mutterkuhhaltung ist eine solide Produktionstechnik. Aufgrund geringer Gewinnspannen wirken sich Schwächen in diesem Bereich deutlich auf das Betriebsergebnis aus. Als Knackpunkt sind die pro Mutterkuh und Jahr aufgezogenen Kälber zu sehen. Sie stellen, mit Ausnahme einiger Altkühe und einzelner Zuchtviehverkäufe, das einzige Verkaufsprodukt der Mutterkuhhaltung dar. Tabelle 2 zeigt die produktionstechnischen Kennzahlen der Reportbetriebe. Landinfo 2/2008 Tierische Erzeugung rung der Kälberverluste (vor allem bei Betrieben mit deutlich über 5 % Verlusten) kann diese Kennzahl verbessert werden. Erfreulich ist die geringe Bestandsergänzungsrate der Betriebe, die bei 15 % liegt und somit eine optimale Nutzungsdauer von 6 - 7 Jahren pro Mutterkuh ermöglicht. Verbesserungspotenzial besteht bei den Betrieben, deren Nutzungsdauer deutlich unter 6 Jahren liegt. Die erzielten täglichen Zunahmen der männlichen und weiblichen Absetzer und Masttiere sind aufgrund der eingesetzten intensiven Rassen und Rassekreuzungen unbefriedigend. Im Schnitt erreicht ein männlicher Absetzer im Alter von 12 Monaten lediglich 1.000 g tägliche Zunahmen, weibliche Tiere mit einem Alter von 11 Monaten 925 g. Ausgemästete Bullen mit im Durchschnitt 17 Monaten kamen ebenfalls nicht über 1.000 g tägliche Zunahmen hinaus. Im Gegensatz hierzu erreichten die ausgemästeten Färsen bei einem Schlachtalter von 17 Monaten täglichen Zunahmen von 900 g und wurden somit durchaus mittelintensiv bis intensiv ausgemästet. Bild 1: Tabelle 2: Produktionstechnische Kennzahlen der Reportbetriebe Durchschnitt Neben produktionstechnischen Kennzahlen wurde auch die pro Mutterkuh (inkl. Nachzucht und Futterwerbung) aufgewendete Arbeitszeit erfragt. Diese liegt im Schnitt der Betriebe bei 57 AKh (Streuung: 25 - 90 AKh pro Mutterkuheinheit!). Als Gründe für die hohe Arbeitsbelastung sind eine geringe Bestandsgröße, beengte, arbeitsaufwendige Stallsysteme, Tabelle 3: Eine Mutterkuh mit ihrem Kalb - eine Form der Fleischerzeugung, die beim Verbraucher gut ankommt. Geborene Kälber/ Mutterkuh und Jahr Kälberverluste/ Mutterkuh und Jahr Aufgezogene Kälber/ Mutterkuh und Jahr Bestandsergänzung/Jahr Streuung Stück 0,98 0,89-1,06 % 7,2 2,2-13,2 Stück 0,91 - 15 8-27 % Durchschnittliche Erlöse, Schlacht- und Lebendgewicht weiblicher und männlicher Rinder bezogen auf verschiedene Vermarktungswege (ohne MwSt.). Vermarktung Durchschnitt Alter (Monate) Durchschnitt SG1 (kg) Durchschnitt Erlös/ kg SG1 (€) Durchschnitt LG2 (kg) Weibliche Tiere Direktvermarktung 11 184 6,06 350 Verkauf Handel 17 273 3,06 500 Männliche Tiere Direktvermarktung 12 221 6,22 410 Verkauf Handel >10 Mon. 17 319 3,23 560 1 2 SG = Schlachtgewicht LG = Lebendgewicht 33 Landinfo 2/2008 Tierische Erzeugung Strohhandling, ein hoher Anteil Direktvermarktung sowie die Bewirtschaftung topographisch schwieriger Gebiete durch die Mutterkuhhaltung zu nennen. Vermarktung - der Schlüssel zum Erfolg 43 % der erzeugten weiblichen Tiere fließen in die Direktvermarktung. 29 % der weiblichen Rinder werden zur Bestandsergänzung im Betrieb verwendet. Bei den männlichen Tieren fließt ebenfalls ein Großteil der Tiere, nämlich 49 %, in die Direktvermarktung. Weitere 24 % werden als Schlachttiere an den Handel, bzw. als Tiere zur Weitermast an Bullenmäster (20 %) verkauft. Das durchschnittliche Verkaufsalter, Gewichte und die Verkaufserlöse sind in Tabelle 3 dargestellt. Verglichen mit durchschnittlichen Rindfleischpreisen des Wirtschaftsjahres 2005/2006 konnten die erfassten Betriebe bei der Vermarktung von Schlachtvieh an den Handel höhere Preise erzielen. Grund hierfür ist auch der hohe Anteil von Ökobetrieben. Gleichzeitig fallen jedoch relativ hohe Schlacht- und Vermark- Bild 2: Mutterkuhhaltung sollte vor allem günstige Baulösungen oder Altbauten nutzen - dennoch sind Einrichtungen z. B. zur gefahrlosen Behandlung der Tiere unverzichtbar. tungskosten an, die den Erlös wiederum senken und deshalb einzelbetrieblich kritisch geprüft werden müssen. 68 % der Betriebe vermarkten einen Teil ihrer erzeugten Tiere direkt und können somit nochmals deutlich höhere Preise als beim Verkauf der Tiere an den Handel erzielen. Im Schnitt werden 45 % der Absetzer über diesen Vermarktungsweg abgesetzt. Bei einer vorhandenen Direktvermarktung werden durchschnittlich 63 Kunden bedient. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass 20 % der Direktvermarkter in den Erhebungsbetrieben ein eigenes Schlachthaus und 38 % einen eigenen Zerlegeraum besitzen. Diese teils sehr hohen Investitionskosten in die Direktvermarktung schmälern den Mehrerlös gegenüber dem Händlerverkauf meist erheblich. Zudem fallen pro direkt vermarktetem Tier im Durchschnitt 6 AKh an. Kostendeckung? Bild 3: 34 Gesunde und wüchsige Absetzer sind das Ziel der Mutterkuhhaltung. Der Durchschnittsbetrieb der Auswertung erzielte einen Deckungsbeitrag (vor Grundfutterkosten) von 687 € pro Mutterkuh und Jahr. Eine kalkulatorische Vollkostendeckung (unter Annahme Stallneubau) konnte jedoch nicht errechnet werden. Ein Stallneubau, bzw. Investitionen in neue Maschinen und Geräte ist deshalb in der Regel Landinfo 2/2008 wirtschaftlich nicht darstellbar (Tabelle 4). Fazit: Verbesserungspotenziale nutzen Um die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung zu verbessern, gilt es die auf den Betrieben vorhandenen Verbesserungspotenziale durch ein ausgeklügeltes Management voll auszuschöpfen. In den Bereichen Fruchtbarkeit und Kälberverluste sind eine sorgsame und vollständige Dokumentation des Fruchtbarkeitsgeschehens, der Kälberverluste und Kälbererkrankungen, eine strikte Selektion von nichttragenden Tieren, routinemäßige Trächtigkeitsuntersuchungen und eine verstärkte Überwachung der Herde während der Abkalbesaison notwendig. Durch ein verbessertes Fütterungsmanagement der Mutterkuh (Weide, Bereitstellung von Futterkonserven), aber auch durch eine gezielte Beifütterung der Absetzer, können die täglichen Zunahmen gesteigert werden. Saisonale Produktionszyklen, die Anschaffung von Einrichtungen zum erleichterten Handling der Tiere (die beispielsweise gemeinschaftlich von mehreren Landwirten genutzt werden) und die Einhaltung einer optimal an die Futtergrundlage angepassten Bestandsgröße, die eine möglichst lange Weidesaison ohne Bereitstellung von Futterkonserven ermöglicht, sind mögliche Maßnahmen zur Reduzierung des Arbeitszeitaufwandes in der Mutterkuhhaltung. Kurz mitgeteilt Workshop zum Qualitätsmanagement in der Schweine- und Geflügelproduktion AgE. STUTTGART. Am 12. und 13. Juni wird der badenwürttembergische Landesarbeitskreis Fütterung (LAF) in Stuttgart den ersten Kongress "Qualitätsmanagement in der Schweineund Geflügelproduktion" veranstal- Tierische Erzeugung Tabelle 4: Deckungsbeitrag je schnittsbetriebes“ Mutterkuheinheit1 des „Durch- Deckungsbeitrag/ Mutterkuheinheit1 Summe Leistungen 1.3147 € Summe variable Kosten 660 € Deckungsbeitrag (vor Grundfutter) = 687 € Variable Grundfutterkosten (kalkuliert) 428 € Deckungsbeitrag (nach variablen Grundfutterkosten) Feste Grundfutterkosen (kalkuliert) = 258 € 406 € Deckungsbeitrag (nach kalkulierten variablen und festen Grundfutterkosten) = - 147 € 1) Mutterkuheinheit bedeutet, dass alle mit der Mutterkuhhaltung zusammenhängenden Werte auf die durchschnittliche Anzahl von Mutterkühen umgelegt werden. Die Mutterkuheinheit umfasst dabei auch die anteiligen Mast- und Nachzuchttiere. Zudem ist der Erfolg der Mutterkuhhaltung in hohem Maße von den erzielten Preisen für Absetzer und Masttiere abhängig. Um gute Preise zu erzielen, müssen die Anforderungen des Marktes hinsichtlich der Produktqualität berücksichtigt werden, gilt es einheitliche und hochwertige Partien zu liefern (saisonale Kalbung, Fütterung, Rasse) und ist es unabdingbar, dass Ökoware auch zu Ökopreisen vermarktet wird. Hinweis und weitere Vorgehensweise Der Mutterkuhreport 2007 kann zum Preis von 10 € (inklusive Ver- ten. Im Mittelpunkt der Tagung steht nach Angaben des LAF das Krisenmanagement in der Schweine- und Geflügelfleischerzeugung. Dem Vortragsprogrammfolgen drei parallel stattfindende Workshops, an denen sich die Besucher je nach Schwerpunkt beteiligen können. Das Spektrum der Workshops reicht vom Medientraining im Krisenfall über Tierseuchenbekämpfung bis zur Aufarbei- sand) bei der LEL Schwäbisch Gmünd, Oberbettringer Str. 162, 73525 Schwäbisch Gmünd, Tel. 07171/ 917-100 (poststelle@lel. bwl.de) angefordert werden. Für die Landwirtschaftsverwaltung wurde die pdf-Version im Intranet unter Tierhaltung & Tierzucht > Rinder > Mutterkuhhaltung > Ökonomik eingestellt. Auch im Jahr 2008 ist die Erstellung eines neuen Mutterkuhreports geplant. Hierfür wird der bisherige Fragebogen grundlegend überarbeitet, so dass im Frühjahr eine neue, verbesserte Befragung von Mutterkuhbetrieben in BadenWürttemberg durchgeführt werden kann. tung von Fallbeispielen. Im Anschluss an die Workshops findet eine Podiumsdiskussion statt, an der neben den Workshop-Leitern auch der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter HAUK und der Geschäftsführer der Qualität und Sicherheit GmbH (QS), Dr. Hermann-Josef NIENHOFF, teilnehmen. AGRA-EUROPE 7/08 35
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