Weiterbildungskurse 2010 www.brunnenmeister.ch Aufbereitung von eisen- und manganhaltigem Grundwasser nach dem System Vyredox ® Von: Philipp Mengis Dipl. Ingenieur ETH Gebr. Mengis AG Schlossstrasse 3 6005 Luzern www.mengis-gebr.ch [email protected] Veranstaltungsort: 1 AUFBEREITUNG VON EISEN- UND MANGANHALTIGEM GRUNDWASSER NACH DEM SYSTEM VYREDOX® Autor: Philipp Mengis, Gebr. Mengis AG 1. Zusammenfassung Mit dem System Vyredox steht ein Verfahren zur Verfügung, welches auf natürliche Wege effizient Eisen und Mangan aus dem Grundwasser entfernt. Die Metalle werden durch Sauerstoffanreicherung (Oxidation) bereits im Untergrund entfernt. Hierdurch wird ein Verstopfen der Filterbrunnen sowie der Förderanlagen wie Unterwasserpumpen und Leitungen schon im Voraus ausgeschlossen. Die unterirdische Aufbereitung zeichnet sich unter anderem durch ihre Kostengünstigkeit und Umweltfreundlichkeit aus, da keine Rückstände in Form von Aufbereitungsschlämmen anfallen. Das Prinzip der unterirdischen Aufbereitung von Grundwasser zur Trinkwassergewinnung wird in der Praxis seit mehr als 30 Jahren mit Erfolg angewendet. Alleine in der Schweiz sind mehr als ein Dutzend Anlagen erfolgreich in Betrieb, welche das geförderte Grundwasser nachhaltig von Eisen und Mangan befreien. Das Vyredox Verfahren basiert in der Hauptsache auf der Anlagerung (Adsorption) von im Grundwasser gelöstem Eisen und Mangan an den Bodenkörner und der Oxidation zu schwer löslichen Eisenhydroxiden. Die Funktionsweise des Systems, die Auslegung einer Anlage und die Garantierung der Lebendauer von über 100 Jahren wurde anlässlich einer Nationalfondsstudie durch die ETH Zürich wissenschaftlich erarbeitet und erwiesen. 2. Das Verfahren der unterirdischen Grundwasseraufbereitung nach dem System Vyredox 2.1. Technischer Verfahrensbeschrieb Abbildung 1 zeigt das Verfahrensschema einer unterirdischen (in-situ) Aufbereitungsanlage nach dem System Vyredox 1. In der Regel besteht eine solche Anlage zur unterirdischen Grundwasseraufbereitung aus zwei oder mehr Entnahmebrunnen (FB1, FB2), zentrisch um die Entnahmebrunnen angeordnete Satellitenbrunnen, einer Belüftungseinheit zur Sauerstoffanreicherung, einem Entgasungsbehälter sowie der Transportleitungen und Steuerung zur Förderung und Einleitung von Wasser. Bei reduziertem (sauerstoffarmen) Grundwasserverhältnissen liegen Eisen und Mangan in Lösung vor. Ein Teil des aus dem Filterbrunnen 1 entnommenen Grundwassers wird mit Sauerstoff angereichert und nach Passage über den Entgasungsbehälter mit Hilfe der Satellitenbrunnen zentrisch rund um den Filterbrunnen FB2 in den Aquifer zurückgeleitet. Zur Sauerstoffanreicherung wird Luftsauerstoff verwendet. Die technische Ausführung hierzu besteht aus dem sogenannten Oxigenator, einer Wasserstrahlpumpe, welche aufgrund der Druckdifferenz zur Atmosphäre Luft ansaugt. Durch die Entgasungsstufe wird das mit Sauerstoff angereicherte Wasser von Luftblasen und Kohlendioxid befreit. Wird nun das mit Sauerstoff gesättigte Wasser in den Aquifer zurückgeführt, verdrängt dieses Einleitungswasser das im Untergrund befindliche sau2 erstoffarme, eisen- und manganhaltige Wasser. In der Umgebung der Filterstrecke der Satellitenbrunnen bildet sich aufgrund des erhöhten Sauerstoffgehaltes eine Zone mit erhöhtem Redoxpotenzial. Diese zylindrische Oxidationszone stellt den unterirdischen Reaktionsraum für die Enteisenung und Entmanganung dar, in dem chemisch-physikalische und biologische Aufbereitungsmechanismen ablaufen. Die Wasseraufbereitung findet somit im Aquifer selbst statt. Pumphaus Oxygenator (O2 - Anreicherung) Entgasungsbehälter Produktions-Filterbrunnen Produktions-Filterbrunnen Satellitenbrunnen (Rückgabe) Satellitenbrunnen Satellitenbrunnen Satellitenbrunnen (Rückgabe) (Rückgabe) (Rückgabe) Pumpe Pumpe S Fe + Mn frei Fb1 S S Fb2 Oxidationszone S (Zone mit ausgefälltem Eisen und Mangan) Abb.1 Verfahrensschema einer in-situ Aufbereitungsanlage nach dem System Vyredox 1 Mit dem Verfahren der unterirdischen Grundwasseraufbereitung kann nach einer entsprechender Einarbeitungszeit, welche vermutlich zur Etablierung der biologischen Prozesse nötig ist, die zwei- bis zwölffache Menge des eingeleiteten Wassers als aufbereitetes Wasser aus dem Aquifer entnommen werden. Die im Wesentlichen für die Entmanganung notwendige Einarbeitungszeit kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Abb. 2 Zentrisch um den Entnahmebrunnen angeordnete zylindrische Oxidationszone 3 2.2 Chemische Vorgänge im Aquifer Wird in der Förderphase aus einem Filterbrunnen Wasser entnommen, durchströmt das zufliessende Grundwasser den Oxidationsraum um den Filterbrunnen. Das im Grundwasser gelöste Eisen und Mangan, die Fe2+ und Mn2+-Ionen, werden an den Bodenkornoberflächen und an den bereits vorhandenen Eisenhydroxidhydrat (Fe(OH)2) angelagert (adsorbiert). In der Oxidationsphase wird sauerstoffangereichertes Wasser eingeleitet. Hierbei erreicht der Sauerstoff die adsorbierten Fe2+ und Mn2+-Ionen und oxidiert sie in der Hauptsache zu schwer löslichen Hydroxiden. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Eisenhydroxide zur Hauptsache in „kristalliner“ Form vorliegen. Wie Analysen mittels Röntgendiffraktion ergaben, wird der Grossteil als sogenannter kristalliner Goethit an den Oberflächen der Bodenkörner abgelagert. Im Laufe der Zeit bildet sich so auf den Bodenkörnern eine Ummantelung aus den Oxidationsprodukten. Diese Oxidationsprodukte haben wiederum eine katalytische Wirkung auf die Eisen- und Manganoxidation. Abb.3 Förder- und Oxidationsphase bei der unterirdischen Enteisenung und Entmanganung 2.3 Mikrobiologische Vorgänge Bei der unterirdischen Grundwasseraufbereitung konnte beobachtet werden, dass sich eine vollständige Entmanganung in der Regel nach ca. drei bis sechs Monaten einstellt. Dies lässt sich auf biologische Vorgänge zurückführen. In Studien wurde festgestellt, dass Mikroorganismen in der Lage sind, die Oxidationrate von Mn(II) gegenüber der abiotischen Oxidation um fünf Grössenordnungen zu steigern. Nicht nur in der ungesättigten (aeroben) sondern auch in der gesättigten Zone leben Bakterien, die an die speziellen Nährstoffverhältnisse und Wasserinhaltsstoffe angepasst sind. Infolge der regelmässigen Einbringung von sauerstoffreichen Wassers werden in der Oxidationszone besonders günstige Lebensbedingungen geschaffen, die zu einer Steigerung der biologischen Aktivität führen. Dies zeigt sich unter ande- 4 rem in einer deutlichen Erhöhung der Koloniezahlen für Eisen und Mangan präzipierende Bakterien in Bodenproben aus der Oxidationszone. Die Bakterien leben als Biofilm, angeheftet an die Bodenmatrix und die Oxidoberflächen. In Wasserphasen lassen sie sich nicht nachweisen. Ein Vorteil für die Organismen ist die Sorptionskraft dieser Oxidschichten, weil dadurch sowohl organische als auch anorganische Spurenstoffe an der Grenzfläche angereichert und für die Biofilmorganismen verfügbar werden. Einige Arten von Bakterien (z.B. Gallionella ferruginea, Thiobacillus ferrooxidans) sind in der Lage, bei der Eisen- und Manganoxidation mitzuwirken. Aus der Umsetzung gewinnen sie Energie für andere Stoffwechselreaktionen. Eine regelmässige Sauerstoffzufuhr ist für die mikrobiologische Aktivität, insbesondere für die Entmanganung, unabdingbar. Abb.4 Eisenbakterien: Leptothrix ochracea und Gallionella ferruginea 3. Auslegung von Vyredox-Anlage 3.1. Risiko der Verstopfung des Untergrunds Eine Verstopfung des Aquifers mit Reaktionsprodukten wie z.B. Eisenhydroxid, beziehungsweise eine Abnahme der Grundwasserergiebigkeit oder der Aufbereitungsleistung konnte bisher nicht beobachtet werden, auch nicht bei sich seit Jahrzehnten in Betrieb befindenden Anlagen. In Studien wurde anhand von Bodenproben nachgewiesen, dass die Ausfällung in der Oxidationszone zum einen sehr homogen erfolgt. Zum andern werden bevorzugt kristalline Hydroxide gebildet. Der Vorteil solcher Ausfällungen liegt darin, dass sie wegen des kleineren Wassergehalts sehr viel weniger voluminös sind als amorphe Formen. Das Risiko für Verstopfungen des Aquifers ist daher bei korrekter Auslegung der Anlage sehr gering. 3.2. Dimensionierung Entscheidend für die nachhaltige Funktion einer Vyredoxanlage ist die korrekte Dimensionierung. Eine wesentliche Grundlage ist die anlässlich einer Nationalfondstudie der ETH Zürich und der Gebr. Mengis AG gewonnene Erkenntnis, dass sich die Ausfällungen annähernd homogen über das ganze Filtervolumen verteilen. Die Menge der Metallausfällungen hängt hierbei stark von der Korngrösse des Bodenmaterials ab. Die Dimensionierung (Anzahl, Abstände, Tiefe) der Satellitenbrunnen sowie die Rückgabemengen und Zyklen müssen anhand exakter Berechnungen erfolgen. Hilf- 5 reich sind numerische Simulationen (vgl. Abbildung 5). Das Anreicherungsregime ist so auszulegen, dass auch zum Ende der jeweiligen Förderphase die Grenzwerte für Eisen- und Mangangehalt jederzeit eingehalten werden (vgl. Abbildung 6). Basierend auf den gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Funktionsweise und Vorgänge der Eisen- und Manganausfällungen kann die Anlage auf die gewünschte Lebensdauer (in der Regel hundert Jahre) zuverlässig ausgelegt werden. Abb.5 Numerische Simulation und Visualisierung der Vyredoxanlage (Anreicherungsphase) Parameter Wert pH Temperatur Wasserhärte Sauerstoff Nitrat (NO3–) Nitrit (NO2–) Ammonium NH4+ gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) Eisen (gelöst) 0,3–1 mg/l Mangan (gelöst) 0,1–0,2 mg/l ,0–7,3 10–13 °C 25°F <= 1 mg/l 0,5 mg/l 5 µg/l 0,8 mg/l 1,5 mg/l < 0,05 mg/l < 0,02 mg/l Erfahrungswert* > 2 mg/l < 0,05 mg/l < 1 mg/l * Schweizerisches Lebensmittelbuch, Erfahrungswerte (nur nicht erfüllte Werte) Abb.6 Wasserqualitätsparameter des Grundwassers in der Anlage in La Neuveville (unbehandeltes Wasser) 6 Literatur Appelo C. A. J., Drijver B., Hekkenberg R., and Jonge M. D. (1999) Modeling in situ iron removal from groundwater. Ground Water 37(6), 811-816. 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