Bewegte Weihnachten - evangelische kirche im hr

Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
Liturgie und Predigt: ​Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
Moderation und Lesung:​hr4-Moderatorin Marie-Louise Cardell
Liturgische Mitwirkung: ​Heike Schaumann, Maren Blumenstein
​
Musik:​Jochen Faulhammer, Sologesang
​Rüdiger Spuck, Violine
​Hanna Witzmann, Violine
​Kassel Brass, Bläser
Musikalische Gesamtleitung:​Bezirkskatorin Christine Spuck
​
Kirchliche Redaktion:​Claudia Rudolff
Gottesdienstübertragung aus der Adventskirche, Kassel
Liebe Weihnachtsgemeinde,
nichts zu hören, stille Nacht ist draußen auf den Feldern bei Bethlehem. Gott sei Dank!
Denn so ein Hirtenleben ist anstrengend genug. Bei jedem Wetter draußen, immer müssen sie bei ihrer Herde sein. Sie halten Ausschau nach guten Futterplätzen und suchen
Wasserstellen. Tag und Nacht müssen sie ihre Schafe hüten, denn jederzeit kann etwas
schief gehen. Schafe verirren sich, Viehdiebe sind unterwegs, wilde Tiere schleichen
sich an. Die Besitzer fordern Schadenersatz, wenn ihrer Herde etwas passiert.
Darum sind die Hirten angespannt, eigentlich immer an der Arbeit. Natürlich auch in
der Nacht, da muss einer wachen und alle andern mit mindestens einem Ohr auch. Die
Gefahr kommt oft unsichtbar aus dem Dunkel. Deshalb achten sie auf jedes Geräusch.
Jede nicht vertraute Bewegung macht sie unruhig. Sie haben allen Grund zur Angst.
So erschrecken sie denn auch furchtbar, in dieser Nacht, als es plötzlich anfängt zu
leuchten. Wie gelähmt und geblendet schauen sie hin und sehen – nichts. Die Hirten
erkennen den Engel nicht, trotz aller Klarheit. Denn Sie erwarten ja nichts Gutes.
Darum muss ihn der Engel sagen, den schönsten Satz in der ganzen
Weihnachtsgeschichte:
Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude. Euch ist heute der
Heiland geboren.
www.rundfunk-evangelisch.de
-1-
Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
Ich stelle mir vor, dass die Hirten das hören – und einen Moment brauchen, bis sie es
für sich annehmen können. Bis sie fassen können, was es für sie bedeutet:
Seid mutig. Brecht auf. Lasst euch nicht lähmen von der Angst.
Wir kennen sie doch, die Hirtensorgen, vor allem in der Nacht. Die Zukunft liegt im
Dunkeln, wir können nicht sehen, was auf uns zukommt. Gute Nachrichten sind es oft
nicht. Wie soll das werden, wenn die Welt sich so verändert?
Manche Sorgen halten uns auch des Tages noch fest,
So dass wir seufzen
„Da kann man nichts machen. Wir sind machtlos gegen die Kälte in der Welt. Manche
Familien fallen immer mehr auseinander, Freundschaften zerbrechen. Oft ist das mit
viel Leid verbunden. Gewalt und Terror breiten sich aus, jeden Tag gibt es schlechte
Nachrichten.“
Manche befürchten sogar, dass man uns in den Nachrichten nur die halbe Wahrheit
mitteilt und dass die Wirklichkeit noch viel gefährlicher und schlimmer aussieht. Und
wieder andere freuen sich, wenn sie gar keine Neuigkeiten hören- das ist für sie schon
gute Nachricht genug.
Mitten in ihre Sorgen hinein hören die Hirten eine wunderbare Botschaft
Fürchtet Euch nicht!
Mitten in der Nacht gibt es eine gute Nachricht für sie: heute, heute ist euch der Retter
geboren, der Sohn Davids. An einem Zeichen sollt ihr in erkennen- ein Kind in Windeln.
Die Hirten hören die Worte – und sie sehen etwas. Sie sehen den Glanz des Engels,
wie er sich spiegelt in den Augen der andern, wie ihre Gesichter glänzen.
Das Wunder geschieht. Die Hirten fassen Mut. Ihre Angst weicht, ihre Erstarrung löst
sich und gibt sie frei.
Sie brechen auf. Freude keimt, Neugier wird wach: das wollen wir sehen!
Wäre das nicht wunderbar, wenn das auch für uns in Zukunft gilt: Fürchtet euch nicht!
www.rundfunk-evangelisch.de
-2-
Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
Wenn es auch für uns eine gute Nachricht gibt, mitten in den Sorgen der Nacht.
Seid mutig und brecht auf, auch wenn ihr den Weg noch nicht kennt. Habt Vertrauen.
Etwas Neues beginnt, hier und heute, mit den ersten Schritten – mit dem Besuch bei
der Familie, mit einem ersten Gespräch nach langem Schweigen. Wie oft vergeht die
Angst vor dem Fremden, wenn ich darauf zugehe. Wie viel fröhliche Momente kann es
geben auf dem schwierigen Weg mit Demenzkranken.
Es ist auch uns gesagt: Geht schon mal los, auch wenn es dunkel ist. Ihr könnt den
Weg nach Bethlehem finden, und dort den neuen Anfang, den Himmel auf der Erde,
Gott unter Menschen. Seht doch schon jetzt, den Glanz auf den Gesichtern.
Weil sie vertrauen, setzen sich die Hirten in Bewegung.
II
Was haben die Hirten nun gesehen, als sie ankamen? Was war das für eine großartige
Geschichte, die da geschehen ist? Es ist ein kleines, stilles Bild, das sie sehen.
Ein Kind ist geboren, draußen bei den Tieren, ein Kind armer Leute. Das ist erstmal
alles. nichts Weltbewegendes, nur für seine Eltern verändert dieses Kind die Welt. Ihr
Baby ist da, und es braucht sie Tag und Nacht. Das Kind ist ganz auf ihre Liebe und
Fürsorge angewiesen, ein winziges Wesen, das gewickelt, getragen und gewärmt werden muss.
Ein Neugeborenes in einer Futterkrippe, um das sich die Eltern sorgen. Sie behüten
es, so gut sie können. Die Hirten atmen auf, stelle ich mir vor.
Denn hier ist nichts und niemand, vor dem sie sich fürchten müssen. Was könnte
friedlicher sein als ein Neugeborenes. Ganz ohne Waffen und Gewalt ist Gott nah,
das Windelkind ist sein Zeichen. Der Retter wird mitten im Dunkel, klein und schwach
geboren, einer von uns. Die Hirten verstehen die Botschaft: hier gehören wir hin. Gott
ist da, wo wir auch sind, draußen und im Dunklen, er ist an unserer Seite. Wir sind die,
an denen er Wohlgefallen hat, wie der Engel gesagt hat, wir sind ihm wichtig.
So kommen die Hirten zur Ruhe in dieser Nacht, an der Krippe, weil sie keine Angst
mehr haben müssen.
Und zugleich geraten ihre Herzen in Bewegung. Ob sie das Kind auf die Arme genommen haben? Es gibt wenig Herzen, die ein Säugling nicht anrührt. Gesichter fangen
www.rundfunk-evangelisch.de
-3-
Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
an zu leuchten, wenn sie sich über ein Baby beugen, Menschen sprechen leise und
freundlich, ja, liebevoll. Ein Kind weckt Zärtlichkeit. Weil es so zart und zerbrechlich ist.
Was für eine Freude, ein Kind zu wiegen und zu wärmen. Und sein Geschrei zu ertragen und es zu wickeln, gehört dann selbstverständlich dazu. Wie schön, was für ein
Geschenk ist das, dass wir Menschen lieben können und etwas für sie tun, wie schön,
wenn Menschen Liebe und Fürsorge wecken.
Das ist das bewegende Geheimnis von Weihnachten, das die Hirten gesehen haben.
Der Glanz auf den Gesichtern von Maria und Josef. Mit dem Kind beginnt etwas Neues,
Gottes Liebe kommt neu auf die Erde – und sie weckt unsere Kraft. Wir können das,
wir können lieben und uns gut sein, wir können uns gegenseitig behüten. Das ist unser
größtes Glück. Wir können den Frieden ausbreiten. Und dazu müssen wir nicht groß
und stark und heldenhaft sein, wir müssen auch nicht alles im Griff haben oder schon
gar nicht alles wissen. So wie wir sind, braucht uns Gott um, seine Liebe weiterzugeben.
Es ist das größte Geschenk, das wir an Weihnachten erfahren, dass Gott uns nicht
allein lässt im Dunklen. Er ist uns nahe.
Es ist das größte Geschenk, das wir weitergeben können, dass wir uns gut sind. Ein
Geschenk, das Weihnachten werden lässt, wo wir auch sind. Und es beginnt damit,
dass wir mit den Hirten an der Krippe einkehren und Frieden finden.
Ich steh an deiner Krippen hier
Mit diesem Lied und den Hirten wollen wir an der Krippe verweilen. Sie finden es im Evangelischen Gesangbuch
unter der Nummer 37. Wir singen die Verse 1, 2 und 4 und 9
III
Es braucht manchmal nur einen Augenblick, damit ein Leben sich verändert. Etwas
Neues in Bewegung kommt.
Die Hirten sind jedenfalls nicht lang bei dem Kind in der Krippe geblieben. Sie haben
es sich nicht gemütlich gemacht und den Frieden genossen. Schließlich hatten sie immer noch ihre Herden da draußen, und es war immer noch Nacht.
Was hat die Begegnung mit dem Kind in der Krippe denn nun bewegt in ihrem Leben?
www.rundfunk-evangelisch.de
-4-
Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
Auf dem Heimweg haben die Hirten gesungen, heißt es.
Den Hirten ging der Mund über. Sie haben nicht nur gesungen, sie haben auch erzählt,
was sie gehört und gesehen haben. Von dem Frieden, den sie erlebt haben, als sie das
Kind gefunden haben, davon, wie wichtig sie sind für Gott.
Und die Menschen, die es hörten, wunderten sich, sie staunten.
Ob sie es glauben konnten? Kann diese schlichte gute Nachricht Glauben wecken:
Euch ist ein Kind geboren? Der Frieden auf Erden beginnt, heute, mit uns?
Bei Maria war es so. Das ist mir der andere schönste Satz der Weihnachtsgeschichte:
„Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“.(Lk2,19)
Die Botschaft von Weihnachten bewegt die Herzen, sie wird seit damals weitergesagt.
Sie bewegt Menschen mitzutun. Zu glauben, dass es auf sie ankommt, um Gottes
willen.
Das Neue beginnt mitten im Alltag. So zum Beispiel beim Einkaufen:
Natürlich ist immer Stress an der Kasse im Supermarkt, und doch ist Zeit für einen
freundlichen Blick. Es macht einen Unterschied.
Oder :Klar, hat die Nachbarin gleich wieder vergessen, wer sie heute Nachmittag besucht hat. Sie spürt aber ganz genau, wer sie gern hat, und ihre Freude geht mit dem
Besuch wieder nach Hause.
Ja, der Weg ist für die Angehörigen von Menschen mit Demenz schwer. Es macht aber
einen Unterschied, wenn jemand sie fragt: wie geht es Dir? Und freundlich zuhört, was
es vom langen Abschied zu erzählen gibt. Sie brauchen die Hirtenbotschaft: fürchte
dich nicht, du musst es nicht allein schaffen- und du bist doch wichtig, alle deine Liebe
und Fürsorge, die du dem Kranken schenkst.
Menschen bewegen etwas, wenn sie losgehen.
Wenn sie den ersten Schritt wagen, um sich in der Familie zu versöhnen. Wenn sie
wieder anfangen, miteinander zu reden.
Die Vielen, die zu den Flüchtlingen in ihrer Nachbarschaft gehen und sie freundlich
begrüßen, breiten den Frieden aus.Sie sind für die da, die sich voller Sorge und Mut zu
uns auf den Weg gemacht haben. Und sie fragen, wo sie helfen können, und fangen
einfach an.
www.rundfunk-evangelisch.de
-5-
Manuskriptservice
Eine Verkündigungssendung der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Hessischer Rundfunk: Gottesdienstübertragung
Pröpstin Katrin Wienold-Hocke
hr4 – 10:05 - 11:00 Uhr
25. Dezember 2015
Erster Weihnachtsfeiertag
Es gibt so viele gute Neuigkeiten zu verbreiten davon, wie der Frieden beginnt, mitten
unter uns. Viel mehr solche Geschichten gibt es, als die Nachrichten erzählen.
Nachrichten, von Menschen, die das zerbrechliche, wunderbare, zarte Leben behüten
und in den Arm nehmen, indem sie anfangen zu lieben und Frieden zu stiften.
Es gibt Worte und Bilder, die ich wie Maria in meinem Herzen bewegen kann.
Fürchtet Euch nicht, so schickt der Engel uns auf den Weg.
Gehen wir los. Singen wir mit.
Amen
Wir singen nun, Fröhlich soll mein Herze springen. Sie finden es im Ev. Gesangbuch
unter der Nr. 36. Wir singen die Verse 1, 2 und 6
www.rundfunk-evangelisch.de
-6-