Vierte Laterankonzil - EKHN

Examensvorbereitung KG von Simon Ahäuser
KG II – Laterankonzil
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Das 4. Laterankonzil
1. Papst Innozenz III. (1198-1216)
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Der aus alter lombardischer Adelsfamilie stammende Lothar von Segni,
geboren ca. 1160, war ein frommer Asket, Kardinal seit 1190 und seit 1198 Papst.
Er hatte in Paris Theologie und in Bologna Kanonistik studiert.
Seine Schriften nach 1190 waren insgesamt wenig originell.
Nach seinem Amtsantritt widmete Innozenz III. seine Zeit vor allen Dingen der juristischen
Fixierung des Papsttums und seiner endgültigen Etablierung als weltlicher Macht.
Der Jurist und Politiker war ein zielstrebiger Stratege im Papstamt, der zur rechten Zeit die
richtigen Entscheidungen traf. Es lagen für ihn günstigste Umstände vor, um die
Universalgewalt des Papsttums in der Wirklichkeit zu konkretisieren:
◦ Die abendländische Expansion in der Kreuzzugsbewegung; die zeitweise Schwäche der
römisch-deutschen Kaisermacht; viele instabile Reiche in Europa; die Abwehr
systemkritischer Häresien und die Notwendigkeit umfassender Reformen kirchlichen
Lebens.
Noch 1198 rief Innozenz den Vierten Kreuzzug aus, der allerdings das Heilige Land nie
erreichte. Durch die Plünderung von Zara 1202 und von Konstantinopel 1204 erhielt der
Kreuzzug zudem eine politische Brisanz und innerchristliches Konfliktpotenzial und trug
beträchtlich zum endgültigen Schisma zwischen katholischer und orthodoxer Kirche bei.
Er sicherte sich Ländereien für den Kirchenstaat und bestand darauf, dass der Papst darüber
entscheide, wer zum Kaiser gekrönt werde, und ihm daher auch ein Mitwirkungs- und im
Falle des Thronstreits ein Entscheidungsrecht bei der Königswahl zukäme.
◦ Innozenz' Auffassung war, dass der Papst nur jemanden zum Kaiser krönen könne, den
er als würdig befinde. Entsprechend könne auch nur derjenige König werden, den er für
das Amt des Kaisers als würdig empfindet (Päpstliche Approbation).
Er galt als unerbittlicher Gegner der Häresie. Dies war auch das Vorspiel der 1233
eingerichteten Inquisition. Innozenz sorgte für die massive Verfolgung der Katharer und
anderer Abweichler in allen päpstlich kontrollierten Staaten. Bereits im Jahre 1199 hatte er
ein Verbot der Lektüre der Bibel bei nichtkirchlichen Zusammenkünften erlassen, das
direkt gegen Gruppen wie die Waldenser und Katharer gerichtet war.
Geistige Grundlage seines Pontifikats war die Ausformung der Papatologie: Den im 12. Jh und
zuvor gelegentlich begegnenden Gedanken, dass der Papst irdischer Stellvertreter Christi sei,
verfestigte Innozenz erstmalig zu einem seitdem stereotyp verwendeten Titel, der den Anspruch
auf Vollgewalt ausdrückte.
2. Verlauf des Konzils
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Seit der Ankündigungsbulle von 1213 wurde das Konzil, welches im römischen Lateran
stattfindet, sorgfältig vorbereitet. Es sollte – so die Bulle – dem „gemeinsamen Wohl aller
Gläubigen durch Verteidigung der Kirche“ gegen den Ansturm ihrer Feinde dienen.
Die allgemeine Bedeutung des am 11.-30.11.1215 durchgeführten Konzil unterstreicht auch
die für das Abendland repräsentative Teilnehmerschaft: Mehr als 400 Bischöfe, 800 Äbte
und Priore, Gesandte europäischer Könige und Fürsten waren anwesend.
◦ Obwohl gerade die Ostkirchen ausdrücklich nach einem allgemeinen Konzil verlangt
hatten und auch eingeladen worden waren, blieben sie dem Konzil fern, da sich nach
der Eroberung Konstantinopels 1204 die Beziehungen zwischen den östlichen Kirchen
und der römischen Kirche schwieriger gestalteten.
Das Konzil ging trotzdem als ökumenisches Konzil in die Geschichte ein.
Es war grundsätzlich eine eindrucksvolle Demonstration von Innozenz Herrschaft durch
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das Recht. Es behandelte nach Innozenz' Maßangaben eine Fülle von Themen. Vielen der 70
Dekrete wurde ohne vorherige Diskussion einfach zugestimmt.
3. Themen
3.1. Kreuzzüge
• Der 71. Kanon ruft zum Kreuzzug in das Heilige Land auf, der im Juni 1217 von Messina
aus starten soll. Priester und andere Kleriker im christlichen Heer sollen nachdrücklich zu
gottesfürchtigem Verhalten, zu Mäßigung und Eintracht mahnen und auch unterwegs für
drei Jahre ihre Einkünfte erhalten.
• Erstmals wird für den Kreuzzug der gesamte Klerus besteuert.
• Für alle Teilnehmende wird der Plenarablass erneuert.
◦ Bei aufrichtiger Reue und mündlichem Bekenntnis wird nicht nur allen, die sich
persönlich auf den Kriegszug begeben, Vergebung ihrer Sünden zugesagt, sondern auch
allen, die Kämpfer ausstatten, die Schiffe bereitstellen oder bauen lassen.
• In der Heimat gilt ein dreijähriges Turnierverbot und ein mindestens vierjähriger
allgemeiner Frieden in der gesamten christlichen Welt.
3.2. Dekrete gegen Katharer und Waldenser
• Der 1. Kanon referiert, paraphrasiert und entfaltet das große Glaubensbekenntnis von
Nizäa und Konstantinopel und reagiert dabei auf seinerzeit umstrittene Punkte.
• So seien auch der Teufel und andere Dämonen ursprünglich gut geschaffen, dann aber
aus sich selbst böse geworden.
• Der Kanon betont weiterhin die Heilsnotwendigkeit der einen Kirche, „in der Jesus
Christus zugleich Priester und Opfergabe ist“, dessen Leib und Blut durch eine
wesensmäßige Verwandlung von Brot und Wein im Sakrament des Abendmahls
enthalten seien.
• Das Sakrament könne nur von einem korrekt geweihten Priester durchgeführt werden, die
Taufe sei möglich bei Kindern wie Erwachsenen, die Buße sei wiederholbar und die ewige
Seligkeit nicht nur für enthaltsam lebende, sondern für alle Menschen durch den rechten
Glauben, gute Werke und das Wohlgefallen Gottes zu erlangen.
◦ Ohne ausdrückliche Nennung richten sich viele dieser Erläuterungen gegen die
Katharer und Waldenser, die einen ursprünglichen Dualismus guter himmlischer und
böser irdischer Mächte lehrten, das Abendmahl nicht als Sakrament ansahen und nur
asexuell lebenden Anhängern die Möglichkeit zum Heil einräumten.
◦ Die von dem Lyoner Kaufmann Waldes in der zweiten Hälfte des 12.Jhs. gegründete
Armuts- und Nachfolgebewegung wurde ihre gesamte Zeit von der Kirche verketzert
und verfolgt, aber nicht ausgelöscht.
3.3. Ketzerbekämpfung
• Der 3. Kanon exkommuniziert und bannt alle Häretiker, die sich gegen die oben
dargestellte Glaubenslehre stellen, und überantwortet sie der weltlichen Gerichtsbarkeit.
Verdächtige werden mit dem Bann belegt und, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres ihre
Unschuld nachweisen, wie erwiesene Häretiker behandelt.
• Wer an den Ketzerkreuzzügen teilnimmt, genießt dieselben Privilegien wie ein
Jerusalemfahrer. Wer hingegen der Ketzerei anhängt, wer sie verteidigt, in Schutz nimmt
oder begünstigt, verfällt der Exkommunikation.
• Nach Ablauf eines Jahres verliert er seine Rechtsfähigkeit, wird von der Erbfolge
ausgeschlossen, Richter verlieren ihre Jurisdiktionsgewalt, Kleriker ihre Ämter und
Pfründen sowie ihr Recht, die Sakramente zu spenden.
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◦ Dies führte zum Verbot neuer Mönchsorden durch Eindämmung der häretischen
Bewegung und Normierung der Kontrollsysteme.
3.4. Förderung des kirchlichen Lebens
• Die Kanoni 14 bis 20 behandeln die Moral der Kleriker und verschärfen sie.
◦ Man erwarte eine geistige und sittliche Hebung des Klerikerstands. Dafür wurde das
Gebot der Enthaltsamkeit verschärft und die Teilnahme an Trinkgelagen und Jagden
verboten. Selbst der Besitz von Tieren wurde bestraft.
• Die Ämtervergabe wurde geändert – fortan in einer kanonischen Wahl ohne Beteiligung
weltlicher Gewalten.
• Die Seelsorge und die Straffung der Kirchenzucht wurde verbessert. Alle Gläubigen sollten
– unter Androhung der Exkommunikation – mindestens einmal im Jahr zur Beichte und zu
Ostern zur eucharistischen Kommunion gehen. Das sollte die Kirchlichkeit stabilisieren.
• Bei der Reliquienverehrung sollte der Wildwachs vor allem durch römische Kontrolle
eingedämmt werden.
3.5. Bestimmungen gegen die Juden
• Scharfe Rechtsbestimmungen gegen die Juden gehörten zu dem umfassenden Versuch, das
christliche Abendland einheitlich als vom Papst gelenkte Kirche zu reglementieren und
deren Feinde (Häretiker, Juden, Muslime) auszugrenzen.
• Die Kanoni 67 bis 70 brachten explizite Sanktionen gegen die Juden:
◦ Einschränkung des Zinswuchers.
◦ Tragen einer besonderen Kleidung zur Unterscheidung von Christen.
◦ Verbot, sich an Gründonnerstag und Karfreitag in der Öffentlichkeit zu zeigen.
◦ Verbot der Übernahme öffentlicher Ämter.
◦ Abschaffung jüdischer Lebensgewohnheiten bei Konvertiten.