American Way of Life

American Way of Life
Elvis ist von Fans umlagert – zeitweise kann er sein Haus in Bad Nauheim nur durch die Hintertür
oder benachbarte Gärten verlassen. Andererseits empfängt er gern Besucher und umgibt sich mit
Freunden, Bekannten und Kameraden.
„Autogramm, das ist beinahe das erste deutsche Wort, das ich gelernt habe“, so Elvis am 4.
Oktober 1958 zu einem Journalisten. Der Militärdienst ist nicht ohne Risiko für seine Karriere.
Zwei Jahre ohne Konzerte, Fernsehshows und öffentlichkeitswirksame Auftritte sind eine lange
Zeit. Elvis ist voller Zweifel und hat in seinem letzten Interview vor der Abfahrt an seine Fans
appelliert, ihn nicht zu vergessen.
Seine Aufnahme in Deutschland zeigt ihm, dass er auch in Europa über eine große Fangemeinde
verfügt. Zwar ist die Begeisterung der deutschen Teenager nicht mit der Hysterie in den USA
vergleichbar, doch eine Sensation ist seine Ankunft auch hier.
Je mehr sich über Bad Nauheim und Friedberg hinaus herumspricht, wo der Star sich
niedergelassen hat, desto stärker wird Elvis in seinem Bewegungsspielraum eingeschränkt.
Zeitweise kann er sein Haus nur durch die Hintertür oder die benachbarten Gärten verlassen.
Andererseits reißt der willkommene Besucherstrom aus dem In- und Ausland im Haus
Goethestraße 14 nicht ab. Elvis hält gern Hof und umgibt sich mit Freunden, Bekannten und
Kameraden. Weibliche Gäste werden häufig gesichtet. Auch seine spätere Frau, Priscilla
Beaulieu, Stieftochter eines Luftwaffenoffiziers und 1959 erst 14 Jahre alt, besucht ihn
regelmäßig, nachdem sie sich im September 1959 kennen gelernt haben. Für manche Gäste
spielt und singt Elvis am Klavier. Auch gibt es einen Plattenspieler und ein Tonband, mit dem er
die später als „Bad Nauheim Sessions“ veröffentlichten Amateuraufzeichnungen macht. Seine
jungen Verehrer verewigen sich auf dem Gartenzaun oder im Lack seines BMW, den sie mit ihren
Botschaften verkratzen oder mit Lippenstift beschreiben, sodass Elvis schließlich den Wagen rot
umspritzen lässt. Bad Nauheim steht dank Elvis im Blickfeld der Weltpresse.
Fans pilgern teils von weit her in die Goethestraße. Doch in anderer Hinsicht bleibt der hessische
Kurort Provinz. Claus-Kurt Ilge, 1958 ein 16-jähriger Realschüler, berichtet, wie schwer es ist,
die neuesten Platten oder auch eine größere Zahl von Elvis-Autogrammkarten in Nauheim zu
kaufen. Ilge kommt fast jeden Tag vor das Haus Goethestraße 14. Allein oder mit Freunden steht
er vor der Villa, hört Elvis-Platten auf einem batteriebetriebenen Philips-Plattenspieler. Durch
seine ständige Präsenz wird Ilge allmählich mit Elvis bekannt, der am Abend gern noch einmal
vors Haus kommt, um sich mit den wartenden Jugendlichen zu unterhalten und Autogramme zu
geben. So bleibt Ilge auch nicht verborgen, dass nicht jedes Elvis-Autogramm von ihm persönlich
stammen kann. Wenn Elvis nicht zu Hause ist oder die Menge der Autogrammwünsche seine
Möglichkeiten übersteigt, unterschreiben Red und Lamar oder auch Elisabeth Stefaniak die
zugesandten oder vor dem Haus abgegebenen Autogrammwünsche. Auch ein
Unterschriftsstempel „Loving you Elvis Presley“ gehört zum Inventar des Nauheimer Elvis„Sekretariats“. Nachdem Ilge dies bemerkt hat, lässt er sich fortan seine gekauften oder
improvisierten Autogrammkarten, Schallplatten, Filmprogramme, selbst seine braune Lederjacke
nur noch von Elvis persönlich signieren. Mit über 300 Autografen, die er bis heute sorgsam
verwahrt, ist seine Sammlung in Deutschland konkurrenzlos. Auch besitzt er zahlreiche Fotos
von seinen Begegnungen mit Elvis. Bis heute kommen aus solchen privaten Quellen immer
wieder Fotos zu Tage, die Elvis in Deutschland bei Freizeitaktivitäten, vor allem bei Begegnungen
mit seinen Fans zeigen.
Dr. Christian Peters
Zitat:
Vor seinem Haus war ein weißer Holzzaun, der ist alle paar Wochen neu gestrichen worden,
damit wieder Platz war, dass sich jeder verewigen konnte.
Claus-Kurt Ilge zu Elvis’ Haus in Bad Nauheim, Goethestraße 14, 2003