Nr. 2/15 Mehr als 100 Interessierte folgten der Einladung zu «Was konsumieren Jugendliche heute?» «Alles so schön bunt hier...» Substanzkonsum bei Jugendlichen – was tun? • GABRIELA JEGGE Unsere Veranstaltung «Was konsumieren Jugendliche heute?» vom 24. Juni 2015 in Bülach hat über 100 Besucherinnen und Besucher angezogen. Sie erhielten einen Einblick in die Welt der alten und neuen Partydrogen sowie Anregungen zu förderlichen und hinderlichen Handlungsoptionen im Umgang mit konsumierenden Jugendlichen. Der Anlass bot Gelegenheit, sich zu informieren, Fragen an Experten zu stellen und Erfahrungen auszutauschen. Dieser Artikel zeigt rückblickend wichtige Eckpunkte dieser erfolgreichen Veranstaltung auf. Wer konsumiert wie viel? Christian Kobel, Leiter der Jugendberatung Streetwork in Zürich, zeigte im ersten Referat auf, wie vielfältig und ständig wachsend die Welt der Substanzen ist. So titelte 2012 eine Newsmeldung: «Experten entdecken über 50 neue synthetische Substanzen»1. Neue Designerdrogen überschwemmen den Markt, alt bekannte Rauschmittel wie Heroin, Kokain oder Cannabis gehen in Europa zum Teil tendenziell zurück. Die am weitesten verbreitete illegale Droge ist nach wie vor Cannabis. Konsum illegaler Drogen «Welche dieser illegalen Drogen haben Sie schon (mindestens) einmal konsumiert?» in % Befragter ab 14 Jahren, Mehrfachantworten möglich noch keine Drogen ausprobiert Cannabis Kokain Ecstasy Zauberpilze LSD Speed Lachgas Ritalin Benzodiazepine Heroin Meskalin Ephedrin Methadon Ketamin Methamphetamin andere Drogen weiss nicht/keine Antwort 63 % 34 % 10 % 8 % 7 % 6 % 6 % 4 % 3 % 2 % 2 % 1 % 1 % 1 % 1 % 1 % 1 % 1 % © gsf.bern, 20 Minuten Online – Drogen, November 2012 (N = 28515) Dies bestätigt auch eine repräsentative online-Befragung2. Wie die entsprechende Grafik zeigt, werden illegale Drogen aber nur von einer Minderheit konsumiert. Verschiedene andere Studien zeigen ähnliche Ergebnisse. So kommt auch die neueste HBSC-Studie3 zum Ergebnis, dass relativ wenige der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in ihrem bisherigen Leben andere psychoaktive Substanzen als Alkohol, Tabak und Cannabis (z.B. Kokain, Ecstasy) konsumiert haben. Erfreulich ist zudem der rückläufige Trend beim Konsum von Zigaretten, Alkohol und Cannabis bei den 15-Jährigen. Christian Kobel, Betriebsleiter Jugendberatung Streetwork, Zürich 1 http://www.stern.de/gesundheit/drogenkonsum-in-europa-experten-entdecken-ueber-50-neue-substanzen-3575336.html - Zugriff 25.06.2015 2 Drogenstudie von gfs.bern in Kooperation mit 20 Minuten Online, 2012, S. 11 3 Health Behaviour in School-aged Children, 2014, S. Wie wirken «Partydrogen», Medikamente und Neuro-Enhancer? Die präsentierte Übersicht über einige der wichtigsten Partydrogen und weiteren Substanzen zeigte erstaunliche Unterschiede in den Bereichen des Preises, der Wirkungsdauer und der entsprechenden Risiken: So ist Alkohol nach wie vor sehr günstig (Fr. 10 für 1 Liter Wodka). Ein Gramm Cannabis kostet zwischen 10 und 20 Franken und wirkt bis zu 3 Stunden. Kokain, eine leistungssteigernde, euphorisierende Stimulanz ist hingegen ziemlich teuer (pro Gramm zwischen 80 und 120 Fr.) und enthält zu 90 % mindestens ein psychoaktives Streckmittel. Da die Wirkung von Kokain lediglich 30 bis 60 Minuten anhält, wird es häufig mehrmals innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.B. Wochenende) konsumiert, was sich entsprechend auf das Portemonnaie auswirkt. XTC (Ecstasy)/MDMA (synthetisches Amphetaminderivat) wie auch Speed/Amphetamine sind als leistungssteigernde Substanzen (Fr. 5 bis 20 pro Pille/Fr. 20 pro Gramm) ebenfalls sehr preisgünstig. Ecstasy-Pillen wirken zudem sehr lange (4–6 Std.). Diese Substanzen enthalten jedoch auch häufig andere Mittel, sind schwierig zu dosieren und bergen langfristige Risiken. Neuro-Enhancer (Medikamente wie z.B. Ritalin) als psychoaktive Substanzen werden auch als Hirndoping zur Steigerung der kognitiven und emotionalen Funktionen eingesetzt. Damit einhergehend ist der Wunsch zur Leistungssteigerung und Selbstoptimierung (Body-Enhancement). Letzteres zeigt sich u.a. bei jungen Männern, die mit verschiedenen Substanzen ihren Muskelaufbau beeinflussen. Mischgetränke wie Sizzurp oder Purple Drank sind eine weitere Art von Partydroge, die ursprünglich aus der Hip-Hop-Szene in den USA stammt. Sie enthalten Hustensaft (Wirkstoff Codein), sind relativ günstig und wirken Beschafft werden die Substanzen meistens über Bekannte euphorisierend. und Kollegen. Das Internet Beschafft werden die Substanzen meistens über Bekannte und Kollegen. Das Internet weist als Beschaffungsort eine leicht zunehmende Tendenz auf. Zurück zu den bereits ge- weist als Beschaffungsort eine nannten neuen psycho- leicht zunehmende Tendenz auf. aktiven Substanzen die unter Namen wie «Research Chemicals» oder «Legal Highs» im Handel sind. Diese Welche Motive stehen hinter dem Konbergen unkontrollierbare Risiken, da sie ei- sum? gentlich als Forschungschemikalien entwi- Neugierde und «dazugehören wollen» sind ckelt wurden und nicht für den menschli- zwei der häufigsten Motive für einen ersten chen Verzehr vorgesehen sind. Namen wie Probierkonsum. Bei wiederholtem Konsum «Badesalz» verharmlosen und verschleiern sind die Motive zudem: entspannen, feiern/ deren Inhalte und Wirkung. Sie sind teilweise Spass haben, Glücksgefühle, aber auch um sehr hoch dosiert oder verunreinigt, resp. Probleme im Alltag zu vergessen. gestreckt. (Informationen zu diversen Substanzen unter www.safezone.ch, www.know- Das Publikum zeigte sich sehr interessiert und warf einige Fragen auf: drugs.ch, www.saferparty.ch) «Wie verbreitet ist Crystal Meth?» In der Schweiz ist diese sehr schnell abhängig Was wird wo konsumiert und beschafft? machende Droge zum Glück noch nicht sehr Generell konsumieren junge Menschen im verbreitet. Da die Wirkung bis zu 40 Stunden Ausgang. Dabei herrschen immer noch Al- anhält, entspricht Crystal Meth nicht den Bekohol, Tabak und Cannabis vor. Der Erstkon- dürfnissen von jugendlichen Partygängern, sum dieser Substanzen liegt bei 15/16 Jahren; die nur eine Nacht feiern wollen. dreiviertel der Jugendlichen haben damit «Was genau sind K.O.-Tropfen?» Erfahrung. Die Zusammensetzung der sogenannten Je nach Szene sind verschiedene andere K.O.-Tropfen ist oft ein flüssiges Schlaf- oder Substanzen angesagt. So werden in der Beruhigungsmittel gemischt mit Alkohol. • Das Thema ist wichtig, aber deswegen noch lange nicht todernst. Christian Kobel und Susanne Stefanoni im Gespräch mit Gästen. Info 2/2015 Suchtprävention Zürcher Unterland GOA-Szene neben den bekannten Stimulanzien LSD, psychoaktive Pilze und diverse Halluzinogene angeboten. In der Hip-HopSzene sind es meist Cannabis, Alkohol und Kokain. In der Technoszene (elektronische Musik) sind es Stimulanzien wie MDMA/Ecstasy, Amphetamin, Kokain. Hier liegt das Alter des Erstkonsums etwa bei 18–22 Jahren. Moderierte durch den Abend: Gabriela Jegge, Suchtprävention Zürcher Unterland, Ressort Gemeinden Konsumierende Jugendliche: Was können Erwachsenen tun? • GABRIELA JEGGE Im zweiten Referat von Susanne Stefanoni, Beraterin beim Elternnotruf Zürich, ging es um verschiedene Handlungsoptionen, wie Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen mit konsumierenden Jugendlichen umgehen können. Woran erkennt man einen (Cannabis) Konsum bei Jugendlichen? Anzeichen eines Konsums können sich körperlich (Husten, Müdigkeit, gerötete Augen, Heisshunger) oder im veränderten Verhalten (Rückzug, Geheimniskrämerei, Gleichgültigkeit, Unzuverlässigkeit, Vernachlässigung von Beziehungen, Hobby, Schule, Sport, Aggressivität) zeigen. Achtung: Nicht jede Veränderung ist ein Zeichen dafür, dass der/die Jugendliche Drogen konsumiert! Es kann sich dabei auch um eine pubertäre Krise handeln. Was können Eltern/erwachsene Bezugspersonen tun? Wenn mögliche Anzeichen eines Konsums beobachtet werden, gilt es erst mal Gelassenheit zu bewahren und keine Vorwürfe zu machen oder gar Strafen anzudrohen. Eine Überreaktion ist eher problematisch und kann den totalen Rückzug des/der Jugendlichen zur Folge haben. Damit wird die Kommunikation unterbunden, die wichtigste Basis für die Eltern-KindBeziehung. Deshalb gilt der Grundsatz: «Beziehung vor Erziehung»: Der Zugang zu Jugendlichen kann aufrechterhalten werden, indem man ihnen zuhört und nachfragt. Es geht nicht so sehr um den Substanzkonsum an sich, als vielmehr darum herauszufinden, welche Motive hinter dem Konsum stehen. Fragen können Jugendliche anregen und unterstützen, über eigene Absichten, Gefühle und das eigene Handeln (den Konsum) nachzudenken: • Was stresst dich? • Was beschäftigt dich? • Womit kommst du nicht klar? • Was macht dich unsicher? • Worüber machst du dir Sorgen? Eine weitere Möglichkeit ist das Aushandeln Auch auf dieses Referat folgten zahlreiche von Regeln. Dies soll gemeinsam mit dem/ Fragen aus dem Publikum, die einmal mehr der Jugendlichen geschehen. Ziel dabei ist die selbstbestimmte Einschränkung des zeigten, wie gross der Bedarf an HandlungsKonsums. Mögliche Regeln: kein Konsum im optionen ist im Umgang mit HeranwachHaus/in der Wohnung, nicht in der Schule/ senden. Als Konklusion des Abends kann im Lehrbetrieb, nur am Wo- Dabei gilt es jedoch, sich der ei- festgehalten werden, chenende usw. dass in Erziehungsgenen Grenzen bewusst zu sein fragen Rezepte zwar und auch das eigene KonsumIn solchen Situationen solwünschenswert, jeverhalten zu reflektieren, um len Erwachsene durchaus doch eher selten angegenüber Heranwachsenden wendbar sind. Gefragt auch eine kritische Haltung gegenüber dem Substanz- glaubhaft zu sein. sind Leitlinien und konsum Jugendlicher einnehmen und auf Handlungsmaximen, an denen sich Eltern Risiken hinweisen. Dabei gilt es jedoch, sich orientieren können. • der eigenen Grenzen bewusst zu sein und auch das eigene Konsumverhalten zu reflektieren, um gegenüber HeranwachsenADRESSEN BERATUNG den glaubhaft zu sein. FÜR ELTERN Was tun, wenn Jugendliche länger und häufig (risikoreich) konsumieren? Wenn Jugendliche z.B. durch den Konsum von Cannabis bestehende Probleme verdrängen, kann dies zur Gewohnheit werden, da der Konsum als Lösung der Probleme empfunden wird. In solch einem Fall ist es unabdingbar, das Gespräch zu suchen und mehr über die Probleme des/der Jugendlichen zu erfahren und sie bei deren Bewältigung zu unterstützen. Es ist jedoch nicht immer möglich, mit Jugendlichen alles auszudiskutieren. Manchmal entziehen sie sich der Kommunikation und verweigern jeglichen Zugang. Eine Option kann dann sein, andere Vertrauenspersonen (z.B. Bekannte, Nachbarn, Schulsozialarbeitende) mit einzubeziehen. In solchen Situationen können Eltern sich auch an Fachstellen (siehe Adressen Kasten) wenden und dort Informationen abrufen und Unterstützung holen. Jugendliche sollen ebenfalls auf Beratungsangebote aufmerksam gemacht werden. Nebst Fachstellen bestehen jugendgerechte online-Angebote, wo man den Konsum eruieren kann und weitere Anregungen erhält (www.feelok.ch, www.checken.ch, www.suchtpraeventionzh.ch/selbsttest/). fabb Fachstelle für Alkoholprobleme Bezirk Bülach – www.fabb.ch Kloten und Bülach: 044 804 11 66, [email protected] Beratung und Behandlung bei Suchtproblemen – auch für Angehörige! SDBD Sozialdienste Bezirk Dielsdorf – www.sdbd.ch Dielsdorf: 043 422 20 40, [email protected] Beratung rund um den Konsum legaler und illegaler Substanzen – auch für Angehörige! kjz Kinder- und Jugendhilfezentren – www.ajb.zh.ch Bülach: 043 295 95 00, [email protected] Kloten: 043 259 98 30, [email protected] Dielsdorf: 044 855 65 35, [email protected] Regensdorf: 043 259 98 00, [email protected] Erziehungsberatung telefonisch und persönlich Elternnotruf – www.elternnotruf.ch Zürich: 0848 35 45 55, [email protected] 24h Hilfe und Beratung für Eltern und Bezugspersonen in Erziehungsfragen Suchtprävention Zürcher Unterland, Glattbrugg – www.praevention-zu.ch 044 872 77 33, [email protected] Erstberatung, Analyse der Situation, Information und bei Bedarf Weitervermittlung Info 2/2015 Suchtprävention Zürcher Unterland Unsere neue Website ist online • MARTIN MENNEN Wir freuen uns nun sehr darüber, dass seit Längst haben wir uns daran gewöhnt, be- Mitte Juli unsere neue, zusammen mit unsenötigte Informationen im Netz zu suchen: rem Web- und Grafikpartner p+s Werbung Erst einmal googeln, bevor (Bachenbülach) entwiwir uns daran machen, spe- Gegenüber dem alten Auftritt ckelte Website online zialisierte Fachstellen anzu- fällt die aufgefrischte Optik ist! Gegenüber dem auf. Endlich verfügen wir über alten Auftritt fällt die gehen. Die Suchtpräventionsstellen im Kanton Zürich eine Newsrubrik und die Web- aufgefrischte Optik auf. tragen diesem Umstand seit site stellt Inhalte «dynamisch» Endlich verfügen wir Langem Rechnung, jede dar, je nach dem, ob da ein über eine Newsrubrik Stelle verfügt über einen ei- Smartphone, ein Tablet oder und die Website stellt genen Webauftritt, und ge- ein Laptop/Desktop auf InInhalte «dynamisch» meinsam wird die Plattform halte zugreift. dar, je nach dem, ob www.suchtpraevention-zh. da ein Smartphone, ch bewirtschaftet. ein Tablet oder ein Laptop/Desktop auf Inhalte zugreift. Der Webauftritt der Suchtprävention Zürcher Unterland wurde 2007 letztmals überarbei- Unser «nächster Streich» in der elektronitet. In den letzten Monaten mussten wir zur schen Kommunikation wird ein digitaler Kenntnis nehmen, dass die Seite nach meh- Newsletter sein, der im Herbst ein erstes reren Cyberattacken instabil ist: Selbst einfa- Mal und anschliessend zwei bis drei Mal pro che Aktualisierungen lösten Totalabstürze Jahr erscheinen dürfte. • aus und führten dazu, dass unsere Adresse www.praevention-zu.ch jeweils für längere Zeit nicht mehr erreichbar war. Praktikantin ab Mitte August 2015 • MARTIN MENNEN Erstmals bieten wir einer Praktikantin der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Abteilung Soziale Arbeit, Gelegenheit für ein Praktikum im Rahmen ihrer Ausbildung: Ab Mitte August wird Frau Leonie Vogt ihr halbjähriges Praktikum in den Bereichen «Suchtprävention in der Arbeitswelt» und «Suchtprävention Zielgruppe 55+» antreten. Sie wird dabei von Heidi Zimmermann Heinrich begleitet. Wir wünschen Frau Vogt einen guten Start und freuen uns auf ihre Mitarbeit! • IMPRESSUM Wir Fachleute der Suchtprävention • unterstützen alle, die sich für Suchtprävention einsetzen wollen: in Familie und Schule, im Betrieb, in der Gemeinde, im Jugendhaus, im Verein • vermitteln Unterlagen, begleiten Projekte, erteilen Kurse, halten Referate, fördern vernetztes Vorgehen, organisieren ständige Präventionsgruppen oder helfen Jugendschutzmassnahmen durchzusetzen • freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme! Suchtpräventionsstelle Zürcher Unterland Europastrasse 11, 8152 Glattbrugg Tel. 044 / 872 77 33 (Mo–Do) [email protected] www.praevention-zu.ch ABONNEMENT «LAUT & LEISE»: Screenshot der neuen Website Info 2/2015 Suchtprävention Zürcher Unterland Falls Sie das «laut & leise» nicht mehr erhalten oder neu bestellen wollen, melden Sie sich telefonisch unter 044/872 77 33 oder per Email an [email protected].
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