Viel Zuversicht, ein wenig Skepsis

KONTAKTER 40/2015
– 29 –
MEDIEN
Viel Zuversicht,
ein wenig Skepsis
BARBARA — Die Neueinführung von
Gruner + Jahr kommt noch vor dem
Start im Oktober bei Mediaagenturen
und Werbekunden gut an. Trotzdem
birgt das Magazin auch ein einige
Risiken
© GettyI mages / Franziska Krug
I n figurbetonter schwarzer Hose und einer schicken
weißen Bluse erschien Barbara Schöneberger beim Innovationstag von Serviceplan. Dort plauderte sie mit
Stephan Schäfer, Chief Product Officer bei Gruner +
Jahr, über die Inhalte ihres neuen Magazins Barbara. Darin
soll es nicht um Diäten, Bikini-Work-outs oder Tipps für
Gehaltsverhandlungen mit dem Chef gehen. Wer im April
noch keine Bikinifigur habe, werde diese auch nicht innerhalb weniger Wochen erreichen, nur weil man Tipps in
einer Zeitschrift befolgt, so Schöneberger. Barbara soll hingegen authentische Geschichten erzählen. Einmal pro
Woche wird Schöneberger in der Redaktion sein und an
der neuen Zeitschrift mitarbeiten. Wenn das Magazin
gut anläuft, plant G+J noch eine App und vielleicht auch
einen Blog, deutete Schäfer an. Schäfer tritt beim Innovationstag vollkommen entspannt auf. Und er hat allen
Grund dazu.
Barbara kommt im Werbemarkt gut an – bereits vor
dem ersten Erscheinen am 15. Oktober. G+J hat eigenen
Angaben zufolge mit der ersten Ausgabe in der Vermarktung 1,3 Mio. Euro brutto umgesetzt und spricht von der
besten Neueinführung aller Zeiten. „Der Zuspruch bei den
Kunden ist sehr groß“, bestätigt Petra Kruse, Geschäftsführerin der Hamburger Mediaagentur Pilot. Dementsprechend selbstbewusst sei Gruner + Jahr in die Vermarktung
gegangen. „Das sieht man auch daran, dass G+J sich, anders als sonst, im Hinblick auf gute Einführungskonditionen
sehr zurückgehalten hat“, so Kruse.
Kirsten Lübke, stellvertretende Geschäftsführerin
Crossmedia, sieht hohes Vermarktungspotenzial, „denn etwas Vergleichbares wurde bisher noch nicht publiziert“.
Daher sei der Neuigkeitseffekt sehr hoch. „Das nutzt sich
natürlich ab, und auch der Titel Barbara muss sich im
schweren Printmarkt durchsetzen – aber mit sehr guten
Chancen, wenn er einlöst, was er verspricht“, sagt Lübke,
die erwartet, dass Barbara 250 000 bis 300 000 Exemplare
verkauften könnte.
Die Mediaagentur Mediaplus hält das Magazin bei frauenaffinen Produkten und Themen für ein perfektes Umfeld
Früher war Barbara Schöneberger unkonventionell. Heute wirbt sie für Fleischsalat und ist
Titelfigur für eine Zeitschrift aus dem Hause Gruner + Jahr
in fast jeder Altersgruppe. „Und zum Start trägt der mediale
Auftritt von Barbara Schöneberger sicherlich dazu bei, den
Kioskverkauf zu pushen“, sagt Tatjana Bohnen, Unitleiterin
Buying Non-TV bei Mediaplus. Danach werde sich zeigen,
ob die Leser vom Konzept überzeugt sind und auch Personen, die keine bestimmte Affinität zu Barbara Schöneberger haben, den Titel weiterhin kaufen.
Neben den positiven Aspekten sehen die Mediaagenturen aber auch Risiken. So wird hinterfragt, ob das Magazin
in Deutschland auf Dauer funktionieren kann, da es „Fan“Kulturen, wie beispielsweise in den USA, hierzulande nicht
gebe, konstatiert Tatjana Bohnen. Auch Pilot-Geschäftsführerin Kruse schlägt Molltöne an. Nach ihrer Ansicht verspricht der Name viel. „Es wird für die Redaktion eine große
Herausforderung sein, sich im Frauenzeitschriftensegment
zu differenzieren, ohne dass sich das Konzept auf Dauer
abnutzt“, sagt Kruse.
Laut Kirsten Lübke von Crossmedia bleibt es auch abzuwarten, „ob die Andersartigkeit dauerhaft für genügend
Inhalte sorgen wird und damit eine echte Differenzierung
stattfindet“.
Zudem sieht Tatjana Bohnen von Mediaplus die Fokussierung auf die Moderatorin als mögliches PR-Risiko.
„Sollte es bei Barbara Schöneberger zu Skandalen kommen, strahlen diese wahrscheinlich auf das Magazin ab“,
sagt die Mediaplanerin. FZE/BB