Lösung 3. Klausur

UE SS 2009
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Lösungsvorschlag 3. Klausur
I.
Strafbarkeit des V wegen unkontrolliertem Weiterleiten der Pakete
1)
Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 Abs 1)
I
TB
1.
OTB
- Beamter:
Definiert in § 74 Abs 1 Z 4: = jede Person, die dazu bestellt ist, im Namen einer
Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) oder einer anderen Person des öffentlichen
Rechts als deren Organ Rechtshandlungen vorzunehmen (1. Alt) oder die sonst mit Aufgaben
der Bundes- Landes- oder Gemeindeverwaltung betraut ist (2. Alt).
Fraglich ist, ob Justizwachebeamte Rechtshandlungen iS des § 74 Abs 1 Z 4, 1. Alt
vornehmen; jedenfalls aber sind sie im Sinne des § 74 Abs 1 Z 4, 2. Alt mit Aufgaben der
Bundesverwaltung betraut. Der Justizwachebeamte V ist also Beamter iS des § 74 Abs 1 Z 4,
weil er im Rahmen der Justizverwaltung mit Aufgaben der Bundesverwaltung betraut ist.
- In Vollziehung der Gesetze:
In diesem Merkmal liegt eine Beschränkung des Amtsmissbrauchs auf die
Hoheitsverwaltung, für die eine Über- und Unterordnung zwischen Rechtsträger und
Normunterworfenen charakteristisch ist.
Die Justizverwaltung ist Teil der Hoheitsverwaltung. V handelt daher „in Vollziehung
der Gesetze“.
- Befugnis, Amtsgeschäfte vorzunehmen:
Amtsgeschäft = alle Verrichtungen, die zum eigentlichen Gegenstand des jeweiligen
Amtsbetriebs gehören; der Begriff zerfällt in 2 Unterbereiche:
1)
Rechtshandlungen: zB Urteilsfällung, Bescheiderlassung, Beschlussfassung,
Treffen von Verfügungen, Beurkundungen.
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2)
Faktische Verrichtungen, die wie Rechtshandlungen zu werten sind, diesen
also gleichwertig sind (Gleichwertigkeitstheorie): zB Vorerledigung von Akten, Aufnahme
von Anträgen, Vorbereitung von Entscheidungen.
Das im vorliegenden SV einschlägige Amtsgeschäft ergibt sich aus § 91 StVG; denn
danach sind die Justizwachebeamten verpflichtet und somit in gleicher Weise auch berechtigt,
für Strafgefangene einlangende Pakete in deren Gegenwart zu öffnen; die im Paket
enthaltenen Gegenstände sind dem Häftling nur dann auszufolgen, wenn ihm der Besitz
gestattet werden kann. Die Ausübung dieser Kontrolle ist eine faktische Verrichtung, die wie
eine Rechtshandlung zu werten ist. Es liegt daher ein Amtsgeschäft vor.
Befugnis = Erlaubnis zur Vornahme von Amtsgeschäften. V hat also gem § 91 StVG die
Befugnis, für Strafgefangene einlangende Pakete zu kontrollieren und damit die Befugnis, ein
Amtsgeschäft vorzunehmen.
- Befugnismissbrauch:
= jeder pflichtwidrige Gebrauch der eingeräumten Befugnis. Darunter fallen sowohl die
pflichtwidrige Ausübung als auch die pflichtwidrige Nichtausübung.
1)
V übt seine Befugnis, die einlangenden Pakete zu kontrollieren insofern
pflichtwidrig aus, als er die Pakete unkontrolliert weiterleitet. Das Weiterleiten ist als aktiver
Befugnismissbrauch zu werten.
2)
Möglich wäre auch, an das Unterlassen der Kontrolle der Pakete anzuknüpfen
und somit von einer pflichtwidrigen Nichtausübung der Befugnis auszugehen. Dann hat man
darauf einzugehen, ob für eine Verwirklichung des § 302 durch Unterlassen eine
Garantenstellung erforderlich ist (str). Hier wird - dem Grundsatz vom Primat des Tuns
entsprechend - aber ein aktiver Befugnismissbrauch angenommen.
2.
Subj. TB
a)
Tatvorsatz:
hinsichtlich
- Beamteneigenschaft:
Es ist davon auszugehen, dass V weiß, dass er Beamter ist; Wissentlichkeit, § 5 Abs 3.
Zumindest hat er dies in seinem Begleitwissen (Mitbewusstsein).
- In Vollziehung der Gesetze:
Auch hier ist Wissentlichkeit anzunehmen; B weiß, dass er in Form der Hoheitsverwaltung
tätig ist, Wissentlichkeit, § 5 Abs 3. Auch dafür reicht Begleitwissen (Mitbewusstsein) aus.
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- Befugnis, Amtsgeschäfte vorzunehmen:
V weiß, dass die Kontrolle der einlangenden Pakete zu seinem Amtsbereich gehört;
somit weiß er, dass dies ein Amtsgeschäft darstellt, zu dessen Vornahme er befugt ist.
- Befugnismissbrauch: Wissentlichkeit
Der Beamte muss seinen Befugnismissbrauch iS von § 5 Abs 3 für gewiss halten, es
wird also ausdrücklich vom Gesetz Wissentlichkeit verlangt.
V weiß als Justizwachebeamter, dass er verpflichtet ist, bei den Strafgefangenen
einlangende Pakete zu kontrollieren und dass er, wenn er die Pakete den Häftlingen
unkontrolliert weitergibt, seine ihm eingeräumte Kontrollbefugnis missbraucht. V handelt
hinsichtlich des Befugnismissbrauchs daher wissentlich iS von § 5 Abs 3.
b)
Erweiterter Vorsatz
Der Beamte muss mit dem erweiterten Vorsatz gehandelt haben, einen anderen an seinen
Rechten zu schädigen (Schädigungsvorsatz). Dieser kann sich sowohl auf private als auch auf
konkrete öffentliche Rechte beziehen.
Indem V die Pakete unkontrolliert weiterleitet, hält er es ernstlich für möglich und findet
sich damit ab, den Staat in seinem konkreten Recht auf einen gesetzmäßigen Strafvollzug
zu schädigen. Sein Vorsatz ist also auf die Schädigung des Staates an einem konkreten
öffentlichen Recht, bestehend in dem Anspruch auf einen ordnungsgemäßen Strafvollzug,
gerichtet. Zudem kam es V sogar darauf an, dass A und B die Flucht gelingt. Auch deshalb hat
er Vorsatz auf Schädigung des Staates in seinem konkreten Recht auf gesetzmäßigen
Strafvollzug.
Der subj TB ist daher ebenfalls zu bejahen.
II und III
unproblematisch
V verwirklicht § 302 Abs 1.
2)
Qualifizierte Geschenkannahme durch Amtsträger (§ 304 Abs 1 und 3)
I
TB
1.
OTB
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- Amtsträger:
V ist als Beamter Amtsträger iS des § 74 Abs 1 Z 4a.
- Einen Vorteil annehmen bzw sich versprechen lassen:
V lässt sich von A und B sowohl einen Vorteil in Höhe von € 4000.- versprechen als
auch nimmt er diesen Vorteil an, weil ihm lt SV das Geld auch übergeben wird.
Insgesamt hat sich also der Beamte V einen Vorteil versprechen lassen und einen
solchen auch angenommen.
Der obj TB des § 304 ist damit erfüllt.
- Qualifikationsbegründendes Merkmal: Wert des Vorteils über € 3000.- gem Abs 3.
Der Vorteil beträgt € 4.000.-, übersteigt also € 3000.-. Die Qualifikation ist daher
objektiv erfüllt.
2.
Subj. TB
a)
Tatvorsatz
- Amtsträgereigenschaft: V weiß, dass er Amtsträger ist.
- Versprechen lassen bzw Annahme eines Vorteils:
V weiß, dass er sich einen Vorteil in Höhe von € 4000.- versprechen lässt bzw er diesen
annimmt, ob es ihm im Sinne einer Absicht auch darauf angekommen ist, lässt sich dem SV
nicht entnehmen.
- Qualifikationsbegründendem Merkmal:
V weiß, dass der Wert des Vorteils mehr als € 3000.- beträgt, weil davon auszugehen ist,
dass er weiß, wie viel ihm versprochen worden ist.
b) Erweiterter Vorsatz : Für eine Handlung im Zusammenhang mit der Amtsführung
(anders die hM: objektives Tatbestandsmerkmal)
V weiß, dass die Kontrolle von Paketen eine Handlung ist, die zu seiner Amtsführung
zählt. Er weiß, dass er zur Kontrolle verpflichtet ist, unterlässt diese aber bewusst.
Ferner weiß er, dass er sich die € 4000.- gerade dafür hat versprechen hat lassen und
angenommen hat. Wissentlichkeit, § 5 Abs 3.
II und III
RW und Schuld sind unproblematisch.
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V verwirklicht § 304 Abs 1 und Abs 3.
3)
Begünstigung (§ 299 Abs1)
I. TB
1. OTB
A ist Strafgefangener, er hat also eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen. V
entzieht den A der Strafvollstreckung, weil er ihm dazu Hilfe leistet, auszubrechen. Denn das
unkontrollierte Weiterleiten der Pakete war mitkausal dafür, dass A fliehen konnte.
2. STB
§ 299 verlangt auf subjektiver Tatseite Absichtlichkeit in Bezug auf die
Entzugshandlung. Diese ist bei V zu bejahen; denn es kam ihm darauf an, den A der
Strafvollstreckung zu entziehen; denn laut SV wünschte es V inständig, dass A die Flucht
gelingt.
Dass es sich bei A um jemanden handelt, der eine Straftat begangen hat, weiß V.
Ergebnis: V verwirklicht § 299. Da er die Begünstigung außerdem unter Ausnützung seiner
Amtstellung begangen hat, kommt die Strafschärfung nach § 313 zum Tragen.
4)
Versuchte Begünstigung (§§ 15 Abs 1, 299 Abs 1)
I. TB
1. OTB
B ist Strafgefangener, er hat also eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen. V
entzieht den B aber nicht der Strafvollstreckung, weil B letztlich von einem Ausbruch absieht.
Mangels Erfolgs ist damit der oTB nicht erfüllt.
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V setzt eine Ausführungshandlung, indem er das Paket unkontrolliert weiter leitet; denn
nach seinem Tatplan hat er damit alles getan, um zum Entzug der Strafvollstreckung Hilfe zu
leiten.
Das unkontrollierte Weiterleiten der Pakete stellt keinen absolut untauglichen Versuch
dar; denn es ist zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht eines objektiven Dritten nicht geradezu
ausgeschlossen, dass B nicht doch geflohen wäre.
2. STB
§ 299 verlangt auf subjektiver Tatseite Absichtlichkeit in Bezug auf die
Entzugshandlung. Diese ist bei V zu bejahen; denn es kam ihm auch darauf an, den B der
Strafvollstreckung zu entziehen; denn laut SV wünschte es V inständig, dass B die Flucht
gelingt.
Dass es sich bei B um jemanden handelt, der eine Straftat begangen hat, weiß V.
Ergebnis: V verwirklicht §§ 15 Abs 1, 299. Da er den Begünstigungsversuch außerdem unter
Ausnützung seiner Amtstellung begangen hat, kommt die Strafschärfung nach § 313 zum
Tragen.
5)
Befreiung von Gefangenen (§ 300 Abs 1)
I. TB
1. OTB
A ist Strafgefangener. Er ist also ein Gefangener, der auf Grund einer Entscheidung
eines Gerichts (strafgerichtliche Verurteilung) festgehalten wird.
V leistet zum Entweichen des A Hilfe, indem er das an den A geschickte Paket
unkontrolliert weiter leitet. Die Hilfeleistung führt hier direkt zur unmittelbaren Täterschaft
(und nicht bloß – wie sonst – zu einer Beitragstäterschaft).
Zudem ist der Erfolg des Entweichens eingetreten, weil A aus der Strafanstalt flieht.
2. STB
V kam es darauf an, zum Entweichen des A Hilfe zu leisten. Denn laut SV wünschte es
V inständig, dass A die Flucht gelingt.
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Dass es sich bei A um einen Gefangenen handelt, der aufgrund einer gerichtlichen
Entscheidung festgehalten wird, weiß V.
Ergebnis: V verwirklicht § 300. Da er die Befreiung von Gefangenen außerdem unter
Ausnützung seiner Amtstellung begangen hat, kommt die Strafschärfung nach § 313 zum
Tragen.
6)
Versuchte Befreiung von Gefangenen (§§ 15 Abs 1, 300 Abs 1)
I. TB
1. OTB
B ist Strafgefangener. Er ist also ein Gefangener, der auf Grund einer Entscheidung eines
Gerichts (strafgerichtliche Verurteilung) festgehalten wird. Da B letztlich zurück bleibt, fehlt
es am Erfolg des Entweichens iS des § 300. Der Tatbestand ist daher nicht vollendet.
V setzt eine Ausführungshandlung, indem er das Paket unkontrolliert weiter leitet; denn
nach seinem Tatplan hat er damit alles getan, um zum Entweichen des B Hilfe zu leiten.
Das unkontrollierte Weiterleiten der Pakete stellt keinen absolut untauglichen Versuch
dar; denn es ist zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht eines objektiven Dritten nicht geradezu
ausgeschlossen, dass B nicht doch geflohen wäre.
2. STB
V kam es darauf an, zum Entweichen des B Hilfe zu leisten. Denn laut SV wünschte es
V inständig, dass B die Flucht gelingt. Dass es sich bei B um einen Gefangenen handelt, der
aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung festgehalten wird, weiß V.
Ergebnis: V verwirklicht §§ 15 Abs 1, 300. Da er die Befreiung von Gefangenen außerdem
unter Ausnützung seiner Amtstellung begangen hat, kommt die Strafschärfung nach § 313 zum
Tragen.
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Strafbarkeit von A und B
1)
Bestimmung zum Amtsmissbrauch, §§ 12, 2. Fall, 14 Abs 1, 302 Abs 1
I
TB
1.
OTB
- Tatsubjekt: Erfordernisse des § 14 Abs 1:
Kann ein Nichtbeamter wie A bzw B Amtsmissbrauch verwirklichen?
Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein, die sich aus § 14 Abs 1 ergeben:
2
1)
§ 302 ist ein unrechtsbezogenes Sonderdelikt, dh die Beamteneigenschaft
betrifft das Unrecht der Tat. Über die Sonderregelung des § 14 Abs 1 Satz 1 können auch
Nichtqualifizierte, dh in diesem Fall Nichtbeamte, Amtsmissbrauch als Beteiligte
verwirklichen, wenn auch nur einer der Beteiligten Beamteneigenschaft hat. Es muss also einer
der Beteiligten bzw Tatausführenden Beamter sein.
Wie bereits mehrfach geprüft, ist einer der Beteiligten, nämlich V, Beamter; V
verwirklicht, wie bereits geprüft, § 302 als unmittelbarer Täter; die sich aus § 14 Abs 1 Satz 1
ergebende erste Voraussetzung für die Strafbarkeit eines Nichtbeamten - die Mitwirkung eines
Beamten - ist also gegeben.
Dieser hat zudem die Tat des § 302 vollendet und damit liegt auch dessen
Tatausführung vor; Verweis auf oben.
2)
§ 302 ist zudem eine Sonderpflichtdelikt gem § 14 Abs 1 Satz 2 letzter Fall, dh
zusätzliche Voraussetzung für die Strafbarkeit eines Nichtbeamten ist, dass der Beamte „sonst
in bestimmter Weise mitwirkt“ = unter Missbrauch einer besonderen Pflichtenstellung. Wann
ein Missbrauch einer solchen besonderen Pflichtenstellung für § 302 vorliegt, wird
unterschiedlich ausgelegt:
a) Rsp und Teil der Lehre:
Der Beamte müsse vorsätzlich handeln, dh zumindest mit dolus eventualis. Bei einem
unvorsätzlichem Handeln könne von keinem Missbrauch einer Pflichtenstellung gesprochen
werden. Für die Möglichkeit der Bestrafung von Nichtbeamten nach § 302 verlangt die hM
also zusätzlich, dass der Beamte vorsätzlich mitgewirkt hat.
Die sich aus § 14 Abs 1 Satz 2, letzter Fall nach hM ergebende Voraussetzung, dass der
Beamte vorsätzlich mitwirken müsse, ist im SV ebenfalls gegeben, weil der Beamte V § 302
vorsätzlich als unmittelbarer Täter verwirklicht hat; siehe oben.
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b) Fuchs: der Beamte muss nicht nur vorsätzlich seine Befugnis missbraucht haben,
sondern wissentlich. Nur unter dieser Voraussetzung kann sich ein Nichtbeamter am
Amtsmissbrauch eines Beamten beteiligen.
c) Triffterer: Der Beamte muss nach Triffterer nicht vorsätzlich, sondern lediglich
objektiv sorgfaltswidrig gehandelt haben. Ist dies der Fall, können auch Nichtbeamte über
§ 14 Abs 1, Satz 2, letzter Fall, nach § 302 bestraft werden. Nach Triffterer reicht also objektiv
sorgfaltswidriges Mitwirken eines Beamten aus.
Für den vorliegenden Fall ist der Meinungsstreit bedeutungslos, weil der Beamte V bei
Begehung des Amtsmissbrauchs gem § 302 sowohl objektiv sorgfaltswidrig als auch
vorsätzlich als auch wissentlich gehandelt hat.
Die Tatausführung durch einen anderen unter den Voraussetzungen des § 14 Abs 1 ist
also insgesamt gegeben.
- Bestimmungshandlung:
= Hervorrufen des Tatentschlusses beim unmittelbaren Täter.
Durch das Versprechen von € 4000.- haben A und B in V den Tatentschluss zur
unkontrollierten Weitergabe der Pakete hervorgerufen; arg „V war damit einverstanden“.
- Tatvollendung durch den unmittelbaren Täter: V vollendet § 302; siehe oben.
2.
Subj. TB
Alle subjektiv erforderlichen Merkmale müssen auch beim Bestimmungstäter vorliegen.
a)
Bestimmungsvorsatz
A und B ist es iS eines notwendigen Durchgangsstadiums darauf angekommen, im
Beamten V den Tatentschluss zum Amtsmissbrauch zu wecken, weil dies ein notwendiges
Zwischenziel ihres Ausbruches war. Absicht in bezug auf die Bestimmungshandlung.
b)
Tatvorsatz
- Hins der Beamteneigenschaft des B:
A und B als Strafgefangene wissen wohl sogar, dass V Beamter ist, Wissentlichkeit
(Begleitwissen). § 5 Abs 3.
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- Befugnis, Amtsgeschäfte vorzunehmen:
A und B wissen als Strafgefangene, dass V die Befugnis hat, einlangende Pakete zu
kontrollieren und dies zum Tätigkeitsbereich von Strafvollzugsbediensteten gehört. Somit
wissen sie, dass V die Befugnis hat, ein Amtsgeschäft vorzunehmen.
- Wissentlichkeit hins des Befugnismissbrauchs:
Der Bestimmungstäter muss in eigener Person
Befugnismissbrauchs des Beamten handeln.
wissentlich
bezüglich
des
A und B wissen, dass V seine Befugnis, Pakete zu kontrollieren, missbraucht, indem er
diese unkontrolliert an A und B weitergibt. Gerade weil sie den Missbrauch des V für gewiss
hielten, haben sie auch dem V die € 4000.- versprochen, um ihm dem Missbrauch etwas
leichter zu machen. Deswegen handelten A und B also wissentlich iS von § 5 Abs 3 hins des
Befugnismissbrauchs durch V.
Der Tatvorsatz ist damit insgesamt zu bejahen.
c)
Erweiterter Vorsatz
Vorsatz, einen anderen an seinen Rechten zu schädigen (Schädigungsvorsatz).
A und B hielten es zumindest ernstlich für möglich und fanden sich damit ab, dass mit
der unkontrollierten Weitergabe der Pakete der Staat in seinem konkreten Hoheitsrecht auf
Sicherheit des Strafvollzugs geschädigt wird, dolus eventualis gem § 5 Abs 1, zweiter
Halbsatz.
RW und Schuld unproblematisch.
A und B verwirklichen Amtsmissbrauch als Bestimmungstäter gem § 302 Abs 1, § 12, 2.
Fall, § 14 Abs 1.
2)
Bestechung (§ 307 Abs 1 Z 1)
I
TB
1.
OTB
- Der Bestochene muss Amtsträger sein.
V ist Amtsträger, wie oben bereits nachgewiesen. (Verweis genügt).
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- Versprechen und Gewähren eines Vorteils:
A und B versprechen lt SV dem V € 4000.-, also einen Vorteil; unproblematisch. Zudem
gewähren sie dem V diesen Vorteil, weil sie ihm das Geld laut SV übergeben.
2.
STB
a)
Tatvorsatz: hins
- Beamtenstellung: A und B wissen, dass V Beamter ist.
- Versprechen und Gewähren eines Vorteils: Das Ziel von A und B war der Ausbruch.
Um dieses Ziel zu erreichen, war es aus ihrer Sicht offenbar notwendig, dem Beamten V einen
Vorteil zu versprechen bzw zu gewähren. Hinsichtlich des Versprechens und Gewährens eines
Vorteils liegt also Absicht iS des notw Durchgangsstadiums vor.
b) Erweiterter Vorsatz: Für eine Handlung im Zusammenhang mit seiner
Amtsführung
A und B wissen als Strafgefangene, dass die Kontrolle der Pakete zur Amtsführung des
V zählt und dass V diese unterlässt. Sie wissen ferner, dass sie dem V gerade dafür die € 4000.versprochen haben.
RW und Schuld unproblematisch.
A und B verwirklichen § 307 Abs 1 Z 1.
(Die
formal
ebenfalls
verwirklichte
Bestimmungstäterschaft
von
A
und
B
zur
Geschenkannahme des V gem § 304, § 12, 2. Fall ist nicht zu prüfen, weil § 307 diesen Fall
abschließend
regelt
iS
einer
tatbestandsausschließenden
Exklusivität;
kein
Konkurrenzproblem!).
Konkurrenzen
V: §§ 302 Abs 1, 304 Abs 1 und Abs 3: § 302 verdrängt § 304 aufgrund von materieller
Subsidiarität des § 304.
§ 299 Abs 1 verdrängt § 300 Abs 1.
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§§ 15, 299 Abs 1 verdrängt §§ 15, 300 Abs 1.
§ 302 und § 299 bzw §§ 15 Abs 1, 299: § 302 geht nach hM auch dem § 299 bzw den §§
15 Abs 1, 299 vor; es lässt sich aber auch echte Konkurrenz vertreten (unterschiedliche
Rechtsgüter).
A + B: §§ 12, 2. Fall, 14 Abs 1, 302; 307 Abs 1 Z 1.
Der in Bestimmungstäterschaft begangene
Bestechung, weil letztere materiell subsidiär ist.
Amtsmissbrauch
verdrängt
die
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II.
1. E wird wegen Einbruchsdiebstahls (§ 129 Z 1 StGB) vom zuständigen Einzelrichter
verurteilt. E erhebt ein Rechtsmittel mit der Begründung, er sei in der erstinstanzlichen
Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertreten gewesen.
a) Um welches Rechtsmittel handelt es sich?
b) Wird es Erfolg haben?
c) Wie wird die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ausfallen?
a) Rechtsmittel: Bei dem von E eingebrachten Rechtsmittel handelt es sich um eine
Nichtigkeitsberufung. Sie gründet sich auf § 489 Abs 1 letzter Satz iVm § 281 Abs 1 Z 1a
StPO (Verletzung des Verteidigerzwanges).
b) Die Berufung wird keinen Erfolg haben. Gem § 61 Abs 1 Z 5 StPO besteht
Verteidigerzwang vor dem Einzelrichter, wenn es sich um eine Straftat handelt, die eine 3
Jahre übersteigende Freiheitsstrafe androht. Ausdrücklich ausgenommen von diesem
Verteidigerzwang sind aber insb Verhandlungen wegen den in § 129 Z 1 bis 3 StGB
genannten Fällen. Obwohl es sich also bei § 129 Z 1 StGB um eine Straftat handelt, die mit
einer 3 Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, besteht aufgrund der ausdrücklichen
Ausnahme in § 61 Abs 1 Z 5 StPO vorliegend kein Verteidigerzwang.
c) Entscheidung des Berufungsgerichts: Die Berufung wird gem § 489 Abs 1 iVm § 474
StPO vom zuständigen Berufungsgericht (OLG gem § 489 Abs 1 Satz 1 StPO) als
unbegründet zurückgewiesen.
2. R wird vom zuständigen Gericht wegen Kurpfuscherei nach § 184 StGB verurteilt, obwohl
im Urteil ausdrücklich festgestellt wird, dass R nicht gewerbsmäßig gehandelt hat.
a) Mit welchem Rechtsmittel könnte dieses Urteil bekämpft werden?
b) Wer entscheidet darüber?
Ad a)
Für die Aburteilung der Kurpfuscherei ist gem § 30 Abs 1 StPO das Bezirksgericht
zuständig, weil die Strafdrohung nicht über einem Jahr Freiheitsstrafe liegt.
Bei Einordnung der Gewerbsmäßigkeit als subjektives Tatbestandsmerkmal
(erweiterter Vorsatz): Das Urteil kann mit Nichtigkeitsberufung gem § 468 Abs 1 Z 4 iVm
§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO angefochten werden, weil das Urteil zu unrecht das Vorliegen
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eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes angenommen hat und in der Folge zu unrecht einen
Schuldspruch statt richtig einen Freispruch gefällt hat. Denn eine Strafbarkeit wegen
Kurpfuscherei setzt zwingend gewerbsmäßiges Handeln voraus. Die rechtswidrige
Verurteilung ist daher nichtig.
Ordnet man die Gewerbsmäßigkeit dagegen als Schuldmerkmal ein, ist
Nichtigkeitsberufung nach § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO zu erheben, weil
dann die Gesetzesverletzung in der unrichtigen Beurteilung eines Schuldmerkmals liegt.
Es liegt jedoch keine Nichtigkeit nach § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 10 StPO
vor, weil das Gericht nicht unter einen falschen Tatbestand subsumiert hat, sondern zu Unrecht
eine (überhaupt) gerichtlich strafbare Tat angenommen hat.
Ad b) Über diese Nichtigkeitsberufung entscheidet der 3-Richter-Senat am Landesgericht
(§ 31 Abs 5 Z 1 StPO).
3. T wird wegen Totschlags (§ 76 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Das
Gericht wertete es in der Strafzumessung als mildernd, dass sich T durch eine allgemein
begreifliche heftige Gemütsbewegung zur Tat hinreißen ließ.
a) Bestehen Anfechtungsmöglichkeiten?
b) Wie hat das Rechtsmittelgericht vorzugehen?
a) Für das Strafverfahren wegen § 76 StGB war aufgrund des Strafrahmens von fünf bis zehn
Jahren Freiheitsstrafe gem § 31 Abs 3 Z 1 StPO das Schöffengericht zuständig.
Der Umstand, dass sich T durch eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung
zur Tat hatte hinreißen lassen, war bereits für die – im Vergleich zum Mord gem § 75 StGB –
privilegierende Strafdrohung des § 76 StGB ausschlaggebend. Die mildernde Wertung dieses
Umstands in der Strafzumessung verstößt daher gegen das in § 32 Abs 2 Satz 1 StGB
normierte Doppelverwertungsverbot.
Der StA kann somit mit einer Nichtigkeitsbeschwerde gem § 281 Abs 1 Z 11 StPO
(Sanktionsrüge) geltend machen, dass das Gericht in unvertretbarer Weise gegen
Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen hat.
b) Über die Nichtigkeitsbeschwerde entscheidet der OGH (§ 34 Abs 1 Z 1, § 280 StPO). Er hat
im vorliegenden Fall grundsätzlich gem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu
entscheiden (reformatorische Entscheidung), da es sich bei § 281 Abs 1 Z 11 StPO um einen
materiellen Nichtigkeitsgrund handelt.
Der OGH wird den Strafausspruch aufheben und die Strafe neu (strenger) bemessen.