Immer das Problem mit dem Gehalt

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MANAGEMENT & KARRIERE
Job und Gehalt
Immer das Problem mit dem Gehalt
Anhebung der Einstiegsgehälter bei Verflachung der
Gehaltskurve? Wie viel zahlen Unternehmen bei
internem Raufklettern der Karriereleiter? Und
bringen Gehaltsangaben in Stelleninseraten etwas?
Angelika
Handke (RHI):
„Viele Unternehmen geben KV-Mindestgehälter
an und weisen
auf etwaige
Überzahlungen, abhängig
von Qualifikation und Berufserfahrung,
hin.“
Foto: RHI
VON ERICH BRENNER
F
ragen, die uns GEWINN-Leser regelmäßig stellen und die wir in
Form einer Umfrage an Personalchefs
von Großunternehmen sowie Personalberatern weitergeleitet haben. 186
haben – teilweise schonungslos offen
– geantwortet. Hier die Ergebnisse.
GEWINN: Wie schaut Ihrer Meinung nach das
Foto: Anna Rauchenberger
Was bringt der Aufstieg?
Sandra Micko
(Microsoft):
„Gehälter hängen
stark von der
Branche, von der
Qualifikation der
Mitarbeiter, von
der Führungsspanne sowie
der Verantwortung der Führungskräfte ab.“
Foto: Cathrine Stukhard
Foto: Foto Wilke
optimale Verhältnis zwischen den Gehältern
von Führungskräften und Mitarbeitern aus
(z. B. 1:2,5-Fachem des Gehalts des Mitarbeiters, Bereiche siehe unten)?
Eine offene Frage, ohne Berücksichtigung von Ausbildung, konkreten
Zuständigkeitsbereichen etc. – daher
haben auch rund 63 Prozent der Befragten in etwa so geantwortet wie Peter
Truzla, bei Henkel CEE zuständiger
Personalverantwortlicher für Österreich: „Es gibt kein ,optimales Verhältnis‘, da Gehälter individuell und von
vielen Einflussfaktoren abhängig sind.
Für die unterschiedlichen Management-Levels gibt es Gehaltsbänder, an
denen sich die Entlohnung orientiert.“
Der Rest der Befragten sieht das
prinzipielle Verhältnis so:
● Mitarbeiter zu Spezialist: Spezialisten haben keine Führungsfunktion,
dennoch ist die Bandbreite groß. Sei
es aufgrund von für das Unternehmen
hochgradig substanziellen Ausbildungen und Fähigkeiten oder schlicht, weil
so ehemalige Führungskräfte gerne mal
geparkt werden, ohne dass die Gehaltshöhe verändert werden darf. Folgende
Werte haben sich herauskristallisiert:
1:1,25 (untere Grenze) bis 1,5 (Mittelwert) bis 3 (obere Grenze) – somit
verdienen Spezialisten häufig mehr als
Gruppen- und/oder Bereichsleiter.
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Werner Vogelsang (DHL):
„Die Erfahrung
zeigt, dass die
Gehaltsverhandlungen
nicht durch die
gesetzlich vorgeschriebenen
Mindestangaben im Inserat
beeinflusst
werden.“
Manuela
Lindlbauer
(Lindlpower):
„Natürlich
kommt es auf
die Unternehmensgröße an,
aber als Größenordnung verdienen Abteilungsleiter doppelt so
viel wie Mitarbeiter ohne Führungsfunktion.“
● Mitarbeiter zu Gruppenleiter: Hier
haben sich interessanterweise drei
Bandbreiten in den Antworten gebildet.
Die niedrigste liegt im Bereich von 1:1,4
bis 1,6. Der mittlere Bereich mit rund
60 Prozent der Antworten liegt zwischen 1:1,9 bis 2,1, darüber hinaus gab
es wenige Antworten von 1:2,4 bis 2,6.
● Mitarbeiter zu Abteilungsleiter:
Unter dem Verhältnis 1:2 geht nichts.
Rund zwei Drittel aller Antworten liegen im Bereich von 2,5 bis 3,1, eine
Handvoll zahlt über dem Vierfachen
vom Gehalt des Basismitarbeiters ohne
Leitungsverantwortlichkeit.
● Mitarbeiter zu Bereichsleiter (zweite Ebene): Über 80 Prozent der Antworten landeten zwischen dem Dreiund Vierfachen (also 1:3 bis 4) vom
Mitarbeitergehalt. Etwa sechs Prozent
zahlen zwischen 2,7 bis 3, der Rest liegt
zwischen dem Fünf- und Achtfachen.
● Mitarbeiter zu Vorstand/Geschäftsführung: Hier scheint alles möglich zu
sein, solange es über dem vierfachen
Gehalt des durchschnittlichen Mitarbeiters liegt. Zwischen dem Siebenund Achtfachen weist zwar Häufigkeiten aus, allerdings war insgesamt die
Zahl der Antworten zu gering. Interessant: Einige Personalchefs, die nicht zitiert werden möchten, zitierten Management-Guru Peter Druckers Faustregel: „Mitarbeiter zu Vorstand: Nicht
mehr als 1:20.“
Und beim Ausstieg: Was bringen
Gehaltsangaben in Jobinseraten?
GEWINN: Seit einiger Zeit ist es vorgeschrieben,
in Jobinseraten Angaben über das zu erwartende Gehalt zu veröffentlichen. Meist wird
die Kollektivvertragsbezahlung gewählt, ergänzt durch Zusätze wie „Überzahlung möglich“. Macht das Gehaltsverhandlungen
schneller/einfacher und steigt, sinkt oder
bleibt das Gehaltsniveau insgesamt gleich?
Eine der „großen Fortschritte auf
dem Weg zur Gleichberechtigung“. So
und ähnlich lauteten die politischen
Kommentare bei der Einführung des
entsprechenden Passus im Gleichbehandlungsgesetz. Man wollte mehr
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Und wenn man ansteht?
Silvia Buchinger (A1 Telekom): „Die
Idee des Anhebens der
Einstiegsgehälter bei Verflachung der
Gehaltskurve
unterstütze
ich sehr.“
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Foto: T-Mobile
Foto: dm
Foto: Studio Ehringer GmbH
Mehr Geld beim Jobeinstieg?
Petra MathiKogelnik (dm):
„Für Funktionen,
für die der Verweis auf das
KV-Gehalt nicht
aussagekräftig
genug ist, nennen wir in den
Inseraten die
tatsächlichen
Gehaltsbandbreiten.“
Birgit Payer
(Erste Bank):
„Es gibt immer
Möglichkeiten,
hervorragende
Leistungen
auch monetär
zu honorieren.
Sei es mit einem
außerordentlichen Gehaltssprung oder mit
einer Einmalzahlung.“
GEWINN: Immer
häufiger ist zu hören, dass
Mitarbeiter in Konzernen ans „Ende der
Gehaltsstufe“ gelangen, also im Gehaltsschema mit ihrer Ausbildung nicht weiter
steigen können. Was raten Sie diesen Mitarbeitern (sind in Konzernen meist erst in
ihren 40er Jahren)?
Da kam mehrmals die nicht zitable
Anmerkung: „Das geschieht auch
schon so manchen in ihren 30ern.“ Generell kamen hier als Antworten Ratschläge, jede Form der Weiterbildung
zu nutzen, Führungsaufgaben anzustreben, Projekttätigkeiten zu übernehmen,
dann gibt es mehr Geld. Rechtzeitig
aktiv sein, mit der Führungskraft besprechen, wie man das lösen kann. Etwa
in Form von zusätzlichen Einmalzah-
lungen bei Zielerreichung. Wenn alles
nichts nützt, innerhalb oder außerhalb
der Firma einen neuen Job suchen. Interessant, anscheinend gibt es für Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung
eine gläserne Decke um die 70.000 bis
80.000 Euro brutto pro Jahr.
Joachim Burger (T-Mobile): „Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht und so
ähnlich sehe
ich auch die
Gehaltsregelung bei den
Stelleninseraten.“
Foto: Erste Bank
Transparenz und Chancengleichheit erreichen. Die Praxis? Joachim Burger,
Geschäftsführer Personal T-Mobile Austria, stellvertretend für rund 80 Prozent
der Befragten: „Gut gemeint ist leider
nicht immer gut gemacht und so ähnlich
sehe ich auch diese Regelung. Natürlich
greift sie überall dort, wo Jobs nach Kollektivvertrag (KV) entlohnt werden,
denn damit ist in den meisten Fällen
völlig klar, womit ein potenzieller Bewerber rechnen darf. Meines Erachtens
wird sich diese gesetzliche Regelung
eher zu einer verpflichtend anzuführenden Floskel entwickeln, denn nicht selten
liegen das kollektivvertragliche Mindestgehalt und das tatsächlich bezahlte
Gehalt zugunsten Letzterem sehr weit
auseinander. Von Nebenleistungen, die
das Unternehmen on top noch bietet,
ist da erst gar nicht die Rede.“
Beurteilungen wie „Pflichterfüllung“, „der politischen Diskussion geschuldet“, „ohne erkennbaren Marktwert“ lassen seitens der Unternehmen
kein gutes Haar an der Regelung. Zudem komme es auch dazu, dass KVAngaben Kandidaten eher abschrecken und sich diese dann „eher nicht
bewerben“. Gerade weil beispielsweise
„die meisten Akademiker ihre KV-Einstufung nicht einmal kennen“.
Und die Auswirkungen auf das bisherige Gehaltsniveau? 92 Prozent sind
der Meinung, dass es keine Auswirkungen gibt und alles gleich bleibt.
Foto: Helene Waldner
MANAGEMENT & KARRIERE
Job und Gehalt
Bruno Gangel
(c2x): „Nicht die
Einstiegsgehälter, sondern jene
von Mitarbeitern
mit fünf bis 15
Jahren Erfahrung sind zu
niedrig.“
GEWINN: Sind Sie für oder gegen das Modell
„Anheben der Einstiegsgehälter/Gehälter für
Berufsanfänger, dafür Verflachung der Gehaltskurve für ältere Mitarbeiter“?
Deutliche Drei-Viertel-Mehrheit
pro Anhebung der Einstiegsgehälter
bei gleichzeitigem Reduzieren der Gehaltskurve. Silvia Buchinger, Personalchefin A1 und Telekom Austria Group,
stellvertretend für die Kollegenschaft:
„Diese Idee unterstütze ich sehr, weil
sie zum einen ermöglicht, finanzielle
Investitionen wie Wohnung, Einrichtung, … am Beginn der Berufslaufbahn
zu tätigen, und zum anderen, weil es
ermöglicht, sich später aus Managementpositionen auch wieder in Expertenpositionen zurückzuziehen. So kann
man auch bei mehr oder weniger
gleichbleibendem Gehalt ohne Prestigeverlust und dem Streben nach noch
höheren Managementpositionen sein
Know-how zur Verfügung stellen.“
Gehaltsexperte Bruno Gangel von
c2x: „Nicht die Einstiegsgehälter, sondern jene von Mitarbeitern mit fünf bis
15 Jahren Erfahrung sind zu niedrig. In
diesem Bereich erfolgt eine relevante
Gehaltsverbesserung oft nur durch positionelle Verbesserungen.“
Das Senioritätsprinzip wurde als
veraltet abgewählt. Die Vertreter der
Banken teilten unisono mit, dass diesem
Ansatz „im Namen der kollektivvertraglichen Gehaltsreform bereits nachgekommen wurde“.
Einige Stimmen warnen vor solch
einer Umstellung, weil das Anspruchsdenken der jungen Mitarbeiter deutlich
steigen würde und die älteren Arbeitnehmer sich ungerecht behandelt fühlen würden. „Dieses Modell setzt ein
gesellschaftliches Umdenken voraus,
das nicht allein durch Maßnahmen von
Unternehmen gefördert werden kann“,
gibt Stephan M. Baron, Director Human Resources AVL, zu bedenken.
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