1210_114_Gehalt_GEWINN 27.09.12 09:27 Seite 114 MANAGEMENT & KARRIERE Job und Gehalt Immer das Problem mit dem Gehalt Anhebung der Einstiegsgehälter bei Verflachung der Gehaltskurve? Wie viel zahlen Unternehmen bei internem Raufklettern der Karriereleiter? Und bringen Gehaltsangaben in Stelleninseraten etwas? Angelika Handke (RHI): „Viele Unternehmen geben KV-Mindestgehälter an und weisen auf etwaige Überzahlungen, abhängig von Qualifikation und Berufserfahrung, hin.“ Foto: RHI VON ERICH BRENNER F ragen, die uns GEWINN-Leser regelmäßig stellen und die wir in Form einer Umfrage an Personalchefs von Großunternehmen sowie Personalberatern weitergeleitet haben. 186 haben – teilweise schonungslos offen – geantwortet. Hier die Ergebnisse. GEWINN: Wie schaut Ihrer Meinung nach das Foto: Anna Rauchenberger Was bringt der Aufstieg? Sandra Micko (Microsoft): „Gehälter hängen stark von der Branche, von der Qualifikation der Mitarbeiter, von der Führungsspanne sowie der Verantwortung der Führungskräfte ab.“ Foto: Cathrine Stukhard Foto: Foto Wilke optimale Verhältnis zwischen den Gehältern von Führungskräften und Mitarbeitern aus (z. B. 1:2,5-Fachem des Gehalts des Mitarbeiters, Bereiche siehe unten)? Eine offene Frage, ohne Berücksichtigung von Ausbildung, konkreten Zuständigkeitsbereichen etc. – daher haben auch rund 63 Prozent der Befragten in etwa so geantwortet wie Peter Truzla, bei Henkel CEE zuständiger Personalverantwortlicher für Österreich: „Es gibt kein ,optimales Verhältnis‘, da Gehälter individuell und von vielen Einflussfaktoren abhängig sind. Für die unterschiedlichen Management-Levels gibt es Gehaltsbänder, an denen sich die Entlohnung orientiert.“ Der Rest der Befragten sieht das prinzipielle Verhältnis so: ● Mitarbeiter zu Spezialist: Spezialisten haben keine Führungsfunktion, dennoch ist die Bandbreite groß. Sei es aufgrund von für das Unternehmen hochgradig substanziellen Ausbildungen und Fähigkeiten oder schlicht, weil so ehemalige Führungskräfte gerne mal geparkt werden, ohne dass die Gehaltshöhe verändert werden darf. Folgende Werte haben sich herauskristallisiert: 1:1,25 (untere Grenze) bis 1,5 (Mittelwert) bis 3 (obere Grenze) – somit verdienen Spezialisten häufig mehr als Gruppen- und/oder Bereichsleiter. 114 Werner Vogelsang (DHL): „Die Erfahrung zeigt, dass die Gehaltsverhandlungen nicht durch die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben im Inserat beeinflusst werden.“ Manuela Lindlbauer (Lindlpower): „Natürlich kommt es auf die Unternehmensgröße an, aber als Größenordnung verdienen Abteilungsleiter doppelt so viel wie Mitarbeiter ohne Führungsfunktion.“ ● Mitarbeiter zu Gruppenleiter: Hier haben sich interessanterweise drei Bandbreiten in den Antworten gebildet. Die niedrigste liegt im Bereich von 1:1,4 bis 1,6. Der mittlere Bereich mit rund 60 Prozent der Antworten liegt zwischen 1:1,9 bis 2,1, darüber hinaus gab es wenige Antworten von 1:2,4 bis 2,6. ● Mitarbeiter zu Abteilungsleiter: Unter dem Verhältnis 1:2 geht nichts. Rund zwei Drittel aller Antworten liegen im Bereich von 2,5 bis 3,1, eine Handvoll zahlt über dem Vierfachen vom Gehalt des Basismitarbeiters ohne Leitungsverantwortlichkeit. ● Mitarbeiter zu Bereichsleiter (zweite Ebene): Über 80 Prozent der Antworten landeten zwischen dem Dreiund Vierfachen (also 1:3 bis 4) vom Mitarbeitergehalt. Etwa sechs Prozent zahlen zwischen 2,7 bis 3, der Rest liegt zwischen dem Fünf- und Achtfachen. ● Mitarbeiter zu Vorstand/Geschäftsführung: Hier scheint alles möglich zu sein, solange es über dem vierfachen Gehalt des durchschnittlichen Mitarbeiters liegt. Zwischen dem Siebenund Achtfachen weist zwar Häufigkeiten aus, allerdings war insgesamt die Zahl der Antworten zu gering. Interessant: Einige Personalchefs, die nicht zitiert werden möchten, zitierten Management-Guru Peter Druckers Faustregel: „Mitarbeiter zu Vorstand: Nicht mehr als 1:20.“ Und beim Ausstieg: Was bringen Gehaltsangaben in Jobinseraten? GEWINN: Seit einiger Zeit ist es vorgeschrieben, in Jobinseraten Angaben über das zu erwartende Gehalt zu veröffentlichen. Meist wird die Kollektivvertragsbezahlung gewählt, ergänzt durch Zusätze wie „Überzahlung möglich“. Macht das Gehaltsverhandlungen schneller/einfacher und steigt, sinkt oder bleibt das Gehaltsniveau insgesamt gleich? Eine der „großen Fortschritte auf dem Weg zur Gleichberechtigung“. So und ähnlich lauteten die politischen Kommentare bei der Einführung des entsprechenden Passus im Gleichbehandlungsgesetz. Man wollte mehr GEWINN 10/12 1210_114_Gehalt_GEWINN 27.09.12 09:27 Seite 116 Und wenn man ansteht? Silvia Buchinger (A1 Telekom): „Die Idee des Anhebens der Einstiegsgehälter bei Verflachung der Gehaltskurve unterstütze ich sehr.“ 116 Foto: T-Mobile Foto: dm Foto: Studio Ehringer GmbH Mehr Geld beim Jobeinstieg? Petra MathiKogelnik (dm): „Für Funktionen, für die der Verweis auf das KV-Gehalt nicht aussagekräftig genug ist, nennen wir in den Inseraten die tatsächlichen Gehaltsbandbreiten.“ Birgit Payer (Erste Bank): „Es gibt immer Möglichkeiten, hervorragende Leistungen auch monetär zu honorieren. Sei es mit einem außerordentlichen Gehaltssprung oder mit einer Einmalzahlung.“ GEWINN: Immer häufiger ist zu hören, dass Mitarbeiter in Konzernen ans „Ende der Gehaltsstufe“ gelangen, also im Gehaltsschema mit ihrer Ausbildung nicht weiter steigen können. Was raten Sie diesen Mitarbeitern (sind in Konzernen meist erst in ihren 40er Jahren)? Da kam mehrmals die nicht zitable Anmerkung: „Das geschieht auch schon so manchen in ihren 30ern.“ Generell kamen hier als Antworten Ratschläge, jede Form der Weiterbildung zu nutzen, Führungsaufgaben anzustreben, Projekttätigkeiten zu übernehmen, dann gibt es mehr Geld. Rechtzeitig aktiv sein, mit der Führungskraft besprechen, wie man das lösen kann. Etwa in Form von zusätzlichen Einmalzah- lungen bei Zielerreichung. Wenn alles nichts nützt, innerhalb oder außerhalb der Firma einen neuen Job suchen. Interessant, anscheinend gibt es für Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung eine gläserne Decke um die 70.000 bis 80.000 Euro brutto pro Jahr. Joachim Burger (T-Mobile): „Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht und so ähnlich sehe ich auch die Gehaltsregelung bei den Stelleninseraten.“ Foto: Erste Bank Transparenz und Chancengleichheit erreichen. Die Praxis? Joachim Burger, Geschäftsführer Personal T-Mobile Austria, stellvertretend für rund 80 Prozent der Befragten: „Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht und so ähnlich sehe ich auch diese Regelung. Natürlich greift sie überall dort, wo Jobs nach Kollektivvertrag (KV) entlohnt werden, denn damit ist in den meisten Fällen völlig klar, womit ein potenzieller Bewerber rechnen darf. Meines Erachtens wird sich diese gesetzliche Regelung eher zu einer verpflichtend anzuführenden Floskel entwickeln, denn nicht selten liegen das kollektivvertragliche Mindestgehalt und das tatsächlich bezahlte Gehalt zugunsten Letzterem sehr weit auseinander. Von Nebenleistungen, die das Unternehmen on top noch bietet, ist da erst gar nicht die Rede.“ Beurteilungen wie „Pflichterfüllung“, „der politischen Diskussion geschuldet“, „ohne erkennbaren Marktwert“ lassen seitens der Unternehmen kein gutes Haar an der Regelung. Zudem komme es auch dazu, dass KVAngaben Kandidaten eher abschrecken und sich diese dann „eher nicht bewerben“. Gerade weil beispielsweise „die meisten Akademiker ihre KV-Einstufung nicht einmal kennen“. Und die Auswirkungen auf das bisherige Gehaltsniveau? 92 Prozent sind der Meinung, dass es keine Auswirkungen gibt und alles gleich bleibt. Foto: Helene Waldner MANAGEMENT & KARRIERE Job und Gehalt Bruno Gangel (c2x): „Nicht die Einstiegsgehälter, sondern jene von Mitarbeitern mit fünf bis 15 Jahren Erfahrung sind zu niedrig.“ GEWINN: Sind Sie für oder gegen das Modell „Anheben der Einstiegsgehälter/Gehälter für Berufsanfänger, dafür Verflachung der Gehaltskurve für ältere Mitarbeiter“? Deutliche Drei-Viertel-Mehrheit pro Anhebung der Einstiegsgehälter bei gleichzeitigem Reduzieren der Gehaltskurve. Silvia Buchinger, Personalchefin A1 und Telekom Austria Group, stellvertretend für die Kollegenschaft: „Diese Idee unterstütze ich sehr, weil sie zum einen ermöglicht, finanzielle Investitionen wie Wohnung, Einrichtung, … am Beginn der Berufslaufbahn zu tätigen, und zum anderen, weil es ermöglicht, sich später aus Managementpositionen auch wieder in Expertenpositionen zurückzuziehen. So kann man auch bei mehr oder weniger gleichbleibendem Gehalt ohne Prestigeverlust und dem Streben nach noch höheren Managementpositionen sein Know-how zur Verfügung stellen.“ Gehaltsexperte Bruno Gangel von c2x: „Nicht die Einstiegsgehälter, sondern jene von Mitarbeitern mit fünf bis 15 Jahren Erfahrung sind zu niedrig. In diesem Bereich erfolgt eine relevante Gehaltsverbesserung oft nur durch positionelle Verbesserungen.“ Das Senioritätsprinzip wurde als veraltet abgewählt. Die Vertreter der Banken teilten unisono mit, dass diesem Ansatz „im Namen der kollektivvertraglichen Gehaltsreform bereits nachgekommen wurde“. Einige Stimmen warnen vor solch einer Umstellung, weil das Anspruchsdenken der jungen Mitarbeiter deutlich steigen würde und die älteren Arbeitnehmer sich ungerecht behandelt fühlen würden. „Dieses Modell setzt ein gesellschaftliches Umdenken voraus, das nicht allein durch Maßnahmen von Unternehmen gefördert werden kann“, gibt Stephan M. Baron, Director Human Resources AVL, zu bedenken. GEWINN 10/12
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