Personalentwicklung Welches Gehalt ist angemessen? Gehaltsstrukturen werden zum Top-Thema In Zeitungen, Zeitschriften und im Internet werden häufig Gehaltsvergleiche veröffentlicht. Allerdings sind sie aus Sicht der Personalverantwortlichen meist wenig aussagekräftig. asselbe gilt für viele Gehaltsstudien, die Personalberatungen zu Marketingzwecken publizieren. Was nutzt beispielsweise die Info, dass die Gehälter von Sekretärinnen zwischen 17.000 und 56.000 Euro pro Jahr liegen? Oder dass ein Controller zwischen 56.000 und 98.000 Euro verdient? Wenig! Denn bei solchen Klassifizierungen werden alle Angehörigen einer Berufsgruppe in einen Topf geworfen – unabhängig davon, welche Vorerfahrung sie haben, in welcher Branche sie arbeiten und welche Anforderungen an sie gestellt werden. D 쩚 쩚 쩚 16 Wirtschaft Region Fulda 06/2013 Bauchgefühl allein reicht nicht Dessen ungeachtet gilt: Für eine erfolgreiche Personalpolitik gewinnen Studien und Benchmarks an Bedeutung. Denn je rarer und begehrter qualifizierte Arbeitskräfte werden, desto wichtiger wird es, sie angemessen bezahlen, damit sich ein Stellenwechsel aus Gehaltsgründen nicht lohnt. Noch orientieren sich viele Betriebe bei der Entgeltfindung fast ausschließlich an Tarifverträgen und -abschlüssen sowie den Erfahrungen, die sie bei Neueinstellungen in der Vergangenheit gesammelt haben. Entsprechend groß ist zuweilen das Erstaunen, wenn ein Top-Bewerber plötzlich deutlich mehr Gehalt fordert, als im Budget kalkuliert. Oder wenn sie bei der Personalsuche registrieren: Wir zahlen einer Gruppe von Mitarbeitern deutlich weniger Lohn als es – zumindest bei Neueinstellungen – im Markt inzwischen üblich ist. Gerade in florierenden mittelständischen Unternehmen ist das Gehaltsniveau deutlich niedriger als in Unternehmen, mit denen sie letztendlich um die Gunst der hochqualifizierten Fach- und Führungskräfte konkurrieren. Hieraus resultiert zunehmend die Gefahr, Leistungs- und Know-how-Träger an die Konkurrenz zu verlieren und offene Stellen nicht mehr adäquat besetzen zu können. Diese Entwicklung gefährdet mittelfristig den Erfolg. Deshalb wird es zunehmend wichtiger zu wissen: Inwieweit entspricht unsere Vergütung (noch) der Marktsituation? Aussagekräftige Daten gefragt Also sind auch Gehaltsvergleiche wichtig, denn sie bieten eine Orientierung in der Gehaltspolitik. Zugleich liefern sie Argumente, um beispielsweise bei Gehaltsdiskussionen einen Handlungsbedarf zu skizzieren. Auch im Gespräch mit dem Betriebsrat sind sie oft nützlich. Denn Arbeitnehmervertreter behaupten häufig pauschal, dass zu wenig gezahlt werde. In diesem Fall ist es hilfreich, belegen zu können, dass diese Aussage nicht oder nur auf gewisse Aspekte der Vergütung zutrifft. Damit Gehaltsvergleiche diese Funktionen erfüllen können, müssen sie den Personalverantwortlichen valide Daten liefern. Das heißt unter anderem: Es dürfen nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Denn es macht einen Unterschied, ob beispielsweise eine Sekretärin Personalentwicklung ausschließlich nur eine Empfangsdame ist oder eine hochqualifizierte Arbeitskraft, die das Büro des Geschäftsführers eines multinational agierenden Unternehmens managt. Entsprechendes gilt für die meisten Funktionen in Unternehmen. Ohne eine Analyse der Anforderungen und Aufgaben lässt sich in der Regel nur schwer bestimmen, welches Gehalt angemessen ist. Wenig differenzierte Gehaltsvergleiche machen aus Belegschaften sozusagen einen Einheitsbrei, der letztlich niemandem schmeckt. Differenzierter Überblick wichtig Um zu einem differenzierten Bild zu gelangen, ist etwas Mehrarbeit nötig. Unter anderem gilt es, in den Gehaltsvergleichen schärfer bezüglich Alter, Berufserfahrung und Ausbildung und Aufgabe zu unterscheiden. So sollte in der Regel zwar ein Betriebswirt mehr als ein Bürokaufmann verdienen und ein Buchhalter mit 20 Jahren Berufserfahrung mehr als ein Buchhalter mit fünf Jahren Erfahrung – selbst wenn sie formal dieselbe Position haben. I nwieweit entspricht unsere Vergütung (noch) der Marktsituation? Doch im Betriebsalltag führen genau solche Pauschalisierungen beziehungsweise starren Vergütungsregeln ins Abseits. Denn im konkreten Einzelfall kann einem jungen Mitarbeiter, der zum Beispiel ein dringend benötigtes Spezial-Know-how mitbringt, selbstverständlich ein deutlich höheres Gehalt gezahlt werden als einem Berufskollegen, der bereits Jahrzehnte für das Unternehmen tätig ist. Um solche Entscheidungen zu treffen und die Gehaltsunterschiede firmenintern begründen zu können, benötigen Personaler harte Daten und Fakten. Denn sonst stellt sich bei Teilen der Belegschaft schnell das Gefühl einer Ungleichbehandlung ein – und das mindert die Ar- beitsmotivation und Identifikation mit dem Unternehmen. Auch eine stärkere regionale Differenzierung der Gehaltsdaten ist wichtig. In städtischen Ballungsräumen werden in der Regel – auch wegen der höheren Lebenshaltungskosten – höhere Löhne gezahlt als im ländlichen Raum. Im Einzelfall kann es aber auch nötig sein, einem hochqualifizierten Spezialisten ein weit überdurchschnittliches Gehalt zu bieten, um ihn aus einer Metropole in die Provinz zu locken. Gerade mittelständische Unternehmen müssen sich künftig mit solchen Zusammenhängen intensiver befassen. Denn in der Regel haben sie beim Kampf um hochqualifizierte Arbeitskräfte gegenüber multinationalen Konzernen einen Wettbewerbsnachteil. Umso wichtiger wird es für sie, zu wissen, welche Vergütung für welche Qualifikationen im Markt üblich sind – damit sie ihre Mitarbeiter angemessen entlohnen und ihnen nicht zugleich die Personalkosten aus dem Ruder laufen. Klaus Scholbeck, www.conciliat.de 쩚 Wirtschaft Region Fulda 06/2013 17
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