Einschränkung des Gestaltungsspielraumes bei Saleand-Lease-Back-Transaktionen durch das Finanzgericht Münster [15.05.2015] Von: Stephan Nowack und Timm Müller Eine gängige Form der bilanziellen Gestaltung sind sogenannte Sale-and-Lease-BackTransaktionen. Bei dieser speziellen Art des Leasings veräußert der spätere Leasingnehmer eigene Vermögensgegenstände an einen Dritten (den späteren Leasinggeber), um diese dann wieder von ihm zurückzuleasen. Neben bilanzoptischen Gründen dient Sale-and-Lease-Back insbesondere der Verbesserung der Liquiditätslage sowie der Finanzierungssituation des Leasingnehmers. Durch eine entsprechende vertragliche Ausgestaltung erfolgt die Bilanzierung des Vermögensgegenstandes beim Leasinggeber, die Leasingraten wiederum stellen Betriebsausgaben beim Leasingnehmer dar. Die mit dieser Bilanzierungsgestaltung einhergehenden Voraussetzungen wurden durch das Finanzgericht Münster nun mit Urteil vom 11.12.2014 einer modifizierten Sichtweise unterzogen. Bilanzielle Behandlung von Sale-and-Lease-Back-Transaktionen Da es an einer speziellen Norm zur bilanziellen Behandlung von Leasingsachverhalten fehlt, ist zunächst auf die allgemeingültige Regelung des § 246 HGB abzustellen. Demnach muss ein Unternehmen einen Vermögensgegenstand in der Bilanz ausweisen, sofern ihm das wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist, das Unternehmen also die tatsächliche Sachherrschaft über den Vermögensgegenstand ausübt sowie Dritte dauerhaft von der Einwirkung auf den Gegenstand ausgeschlossen sind. In der Praxis haben sich die Zuordnungsregeln der steuerlichen „Leasingerlasse“ durchgesetzt, denen jedoch keine allgemeingültige Rechtsnormqualität zukommt. Demnach gilt das Folgende: Wird das Leasingobjekt dem Leasinggeber zugerechnet, so hat dieser den Vermögensgegenstand zu aktivieren und planmäßig über die Nutzungsdauer abzuschreiben. Die fälligen Leasingraten werden bei Leasingnehmer und –geber erfolgswirksam behandelt. Wird das Leasingobjekt dem Leasingnehmer wirtschaftlich zugerechnet, so hat dieser den Vermögensgegenstand in seiner Bilanz zu aktivieren und planmäßig abzuschreiben, die Leasingverbindlichkeit wird in entsprechender Höhe passiviert. Tilgungen mindern die Leasingverbindlichkeit erfolgsneutral, während der Zinsanteil der Leasingraten erfolgswirksam zu behandeln ist. Der Leasinggeber aktiviert in seiner Bi1/3 lanz eine Forderung in Höhe der Summe aller Leasingraten. Die fälligen Leasingraten werden wie beim Leasingnehmer in einen erfolgsneutralen Tilgungs- und erfolgswirksamen Zinsanteil aufgespalten und vereinnahmt. Beim Sale-and-Lease-Back-Verfahren, das üblicherweise dem Finanzierungsleasing zugerechnet wird, ist wie folgt zu unterscheiden: Sofern die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der (unkündbaren) Grundmietzeit entspricht oder die Grundmietzeit deutlich geringer als die Nutzungsdauer ausfällt, zugleich aber die Ausübung eines vertraglichen Optionsrechts (Verlängerung oder Kauf) wahrscheinlich ist, ist der Leasinggegenstand beim Leasingnehmer zu bilanzieren. Dies ist stets gegeben, sofern a) die Grundmietzeit über 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer liegt und der Leasingnehmer ein anschließendes Optionsrecht besitzt, das dieser höchstwahrscheinlich ausübt oder b) die Grundmietzeit weniger als 40 % der gewöhnlichen Nutzungsdauer beträgt, der Leasingnehmer aber den Wert des Wirtschaftsgutes in Form von Leasingraten aufbringt. Hierbei wird ein Ratenkauf unterstellt. Falls die Grundmietzeit zwischen 40 % und 90 % der gewöhnlichen Nutzungsdauer beträgt, kommt es auf die Verteilung der Chancen und Risiken aus der Verwertung des Leasinggegenstandes am Ende der Grundmietzeit an. Hier konstatieren die Leasingerlasse, dass mit einem Andienungsrecht des Leasinggebers ohne zusätzliche Kaufoption des Leasingnehmers die Chancen aus möglichen Wertsteigerungen beim Leasinggeber liegen, während die Risiken aus Wertminderungen den Leasingnehmer treffen. Als Folge ist der Leasinggegenstand in diesen Fällen dem Vermögen des Leasinggebers zuzurechnen. Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer bei Sale-and-Lease-Back-Geschäften mit Andienungsrecht des Leasinggebers Mit Urteil vom 11.12.2014 hat das Finanzgericht Münster die genannten Leasingerlasse insofern präzisiert, als es bei der Beurteilung der Bilanzierung neben den bekannten Fragen der Vertragsgestaltung auch auf die tatsächliche Wahrnehmung der vertraglichen Rechte ankommen soll. So ist ein Leasinggegenstand bei einem Sale-and-Lease-BackGeschäft wirtschaftlich dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn dieser den Vermögensgegenstand über die Vertragslaufzeit hinweg wie gewollt nutzen kann und davon auszugehen ist, dass der Leasinggeber ein ihm vertraglich eingeräumtes Andienungsrecht ausüben wird. Konkret erwarb eine Gesellschaft (Leasinggeber LG) Vermögensgegenstände von der Herstellerin (Leasingnehmer LN), um diese unmittelbar an den LN für die Dauer von vier Jahren zu verleasen. Nach der Vertragslaufzeit konnte der LG vom LN den Rückkauf zu einem vorab definierten Kaufpreis verlangen. Die Gefahr des Untergangs sowie anfallende Reparaturkosten trug der LN, eine Standortveränderung war nur mit dem Einverständnis des LG möglich. Der LG aktivierte daraufhin die Leasinggegenstände als 2/3 Sachanlagevermögen in seiner Bilanz und machte die darauf entfallenen Abschreibungen als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt widersprach der Geltendmachung der Abschreibungen, da nach dessen Auffassung das wirtschaftliche Eigentum beim LN lag und somit dessen Vermögen zuzurechnen sei. Diese Rechtsauffassung wurde nun aktuell durch das Urteil des Finanzgerichts Münster bestätigt. Die Richter begründeten ihre Ansicht damit, dass der LN über die gewöhnliche Nutzungsdauer hinweg sowohl die Verfügungsmacht über die Leasinggegenstände inne hatte, als auch die Gefahrentragung beim LN lag. Zudem sei nach vernünftigem wirtschaftlichen Verhalten davon auszugehen, dass der LG nach Ablauf der Grundmietdauer von seinem Andienungsrecht Gebrauch machen werde und somit das zivilrechtliche Eigentum auf den LN zurückübertragen wird. Hierfür spricht insbesondere der bereits zu Vertragsbeginn festgelegte Rückkaufspreis. Die Standortbestimmung allein stellt keine Einwirkungsmöglichkeit auf das Wirtschaftsgut dar, zumal der LG von diesem Recht keinen Gebrauch machte. Im Ergebnis vertrat das Finanzgericht die Auffassung, dass es sich bei der zugrunde liegenden Vertragsgestaltung um eine reine Kreditgewährung an den LN handelt. Eine Transaktion, die letztendlich lediglich auf die Finanzierung eines Wirtschaftsgutes abzielt, kann demnach die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums an sich nicht ändern. Wertung: Das aktuelle Urteil des Finanzgerichts Münster vermag die Bilanzierung von Sale-and-Lease-Back-Transaktionen nicht grundsätzlich zu ändern. Unabhängig davon wirkt es sich sehr wohl auf Fallkonstellationen aus, in denen der Finanzierungsaspekt – also wirtschaftlich gesprochen ein Darlehensverhältnis – zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer im Vordergrund steht. Das Urteilt verdeutlicht, dass dabei stets die Umstände des Einzelfalles sehr genau zu berücksichtigen sind. Insbesondere sollte sich die künftige vertragliche Gestaltung nicht ausschließlich an den Vorgaben der altbekannten Leasingerlasse orientierten, wenn es darum geht, die mittels Sale-and-Lease-Back gewünschten bilanziellen und steuerlichen Effekte zu erzielen. Um unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden, bedarf es im Vorfeld entsprechender Transaktionen zwingend einer konkreten und sachverständigen Würdigung und Abwägung der Sachlage. 3/3
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