Stämme, Stammesrecht und Könige. Ein Blick auf entwicklungspolitische Arbeit in Namibia Prof. Dr. Manfred O. Hinz (FB Rechtswissenschaft) Wie in den meisten Ländern Afrikas bestimmen auch in Namibia traditionelle Autoritäten: Könige, Chiefs, Häuptlinge, weite Bereiche des alltäglichen Lebens der Mehrheit der Menschen. Die traditionellen Führer repräsentierten Herrschaft vor der Kolonialisierung. Zwischen Widerstand und Anpassung überlebten viele von ihnen die koloniale Okkupation. Auf vielfältige Weise meldeten sie sich nach der Unabhängigkeit zu Wort und beanspruchen damit ihren Platz neben den durch die jeweiligen Verfassungen geschaffenen politischen Strukturen. Die Regierung des 1990 unabhängig gewordenen Namibia, die aus der Befreiungsbewegung SWAPO hervorgegangen ist, war in der Vorbereitung auf die Unabhängigkeit eher zurückhaltend, was traditionell Herrschaft in einem unabhängigen Namibia angeht: Demokratie und Könige erschienen nicht miteinander vereinbar. Doch man lernte in der Regierungsarbeit nach 1990 schnell, dass insbesondere in den ländlichen Gebieten des Landes Entwicklung ohne die traditionellen Führer und deren Unterstützung nicht zu erreichen war. Warum nicht? Was macht die Akzeptanz traditioneller Herrschaft aus? Wie verhalten sich traditionelle Führer zu Demokratie? Wie stehen sie zu Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit? Der Vortrag wird Antworten auf diese Frage versuchen; Antworten, die im Ergebnis nicht nur zu einem Verständnis der Situation in Namibia helfen sollen, sondern auch für andere Länder Afrikas. Prof. Dr. Manfred O. Hinz, Professor für Öffentliches Recht, Politische Soziologie und Rechtssoziologie an der Universität Bremen seit 1971, initiierte das Namibia Projekt der Universität Bremen im Jahre 1975. Im Jahre 1990, dem Jahr der Unabhängigkeit Namibias, übersiedelte er nach Namibia und arbeitete dort bis zum Jahre 2010. Als Berater des namibischen Justizministeriums war er mit Gesetzesvorhaben zum Thema des Vortrages betraut. Als Gründungsmitglied der Rechtsfakultät der Universität von Namibia und Professor an dieser Fakultät war er als Lehrer und Forscher mit Fragen des namibischen Verfassungs- und Familienrecht sowie mit internationalem Wirtschaftsrecht befasst. Sein rechtethnologischer Hintergrund rückte Fragen zum afrikanischen Gewohnheitsrecht und den für die Anwendung dieses Rechts zuständigen traditionellen Autoritäten in den Vordergrund. Seit 2010 lebt Professor Hinz wieder schwerpunktmäβig bei Bremen, ist aber der Universität von Namibia weiterhin als Forschungsprofessor verbunden. In dieser Eigenschaft leitet er das sog. Customary Law Ascertainment Projekt sowie ein Teilprojekt innerhalb des Projektes The Future Okavango (TFO). TFO ist ein Projekt im Rahmen der vom Ministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland getragenen Verbundprojekte zu nachhaltigem Landmanagement.
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