FIRMEN Die Plankennähte werden sorgfältig kalfatert. Seit sieben Jahren ist Kirsten Dubs Eigentümerin der Bootswerft Freest. Der Hafen hat ungefähr 40 Fotos: Mayer Liegeplätze. Alte Werft in frischem Wind – Bootswerft Freest an der Peene Im Betrieb von Bootsbaumeisterin Kirsten Dubs gibt es ebenso viel traditionelle Arbeit wie gute neue Ideen. Die Werft, die als Bootswerft Jarling im Jahr 1889 gegründet wurde, liegt nördlich von Wolgast an der Peene. Das neueste Projekt ist der Bau eines kleinen Seekreuzers aus der Feder von Carsten Weber. A uf die Frage: „Wie gehen denn die Geschäfte?“, antwortet Kirsten Dubs schmunzelnd: „Wir bewegen uns in einem dynamischen Auf und Ab.“ Das ist aber wohl nur die halbe Wahrheit, denn die Stärke der Werft liegt sowohl in der Spezialisierung, nämlich im traditionellen Holzbootsbau, als auch in der breiten Aufstellung vom Neubau, Winterlager, Hafen und Reparatur bis hin zu Seminarveranstaltungen. Der Holzbau dominiert die Optik, denn auf dem Slip steht ein großer alter Haikutter mit Namen „Bellis“, dessen Planken zu etwa 50 % ersetzt wurden, genau wie die Spanten. Nun stehen die Mitarbeiter der Werft unter dem Rumpf und kalfatern das Unterwasserschiff. Mit kräftigen genau gezielten Schlägen treiben Sie das Werg in die Fugen. Eine Tätigkeit, die man in Deutschland nur noch selten sieht. Die Belegschaft besteht aus drei Gesellen/innen und fünf Auszubildenden. Dazu kommen noch drei Rentner, die mit Rat und Tat und Freude an der Arbeit helfen. An der „Bellis“ ist noch viel zu tun, denn auch der größte Teil des Decks muss noch 32 bootswirtschaft 3/2014 in Lärche verlegt werden. Und dann wären da noch das Ruder und die Masten. Der Eigner ist vor Ort und arbeitet mit. „Geht das gut?“, lautet die Frage an Frau Dubs. „Es gibt so viele Eigner, die liebend gerne an ihren Boten und Yachten mitarbeiten möchten, denen es aber letztendlich oft an handwerklichen Fertigkeiten, an Zeit oder auch an Werkzeug mangelt. Manchmal kommt auch alles zusammen. Da helfen wir gerne. Das ist so eine Art Bootsbau mit Werftbetreuung. Die Kunden mögen das und die Werft verdient mit.“ So auch im Fall der „Bellis“, die in dieser Saison endlich wieder segeln soll. Die Werft befindet sich in einem Zustand der Renovierung an allen Ecken und Enden. Einige Bereiche sind bereits fertig gestellt, in anderen wartet noch viel Arbeit. Zur Ausstattung gehören neben den üblichen Maschinen noch ein älterer Kran, der auf den Namen „7. Oktober“ hört und der von der Berufsgenossenschaft nur für die Werftbesitzerin zur Bedienung freigegeben ist. Aber er funktioniert und tut seinen Dienst. Dann sieht man noch zwei große Dampfkästen, die zum Biegen von Planken und Spanten benötigt werden. Auch eine Schmiede mit Amboss und allen Werkzeugen ist noch in Betrieb, falls mal etwas benötigt wird, was man nicht kaufen kann. Zwei Slipbahnen und ein Bocksystem mit Hubwagen ermöglichen das Handling auch von größeren Yachten. In der Halle steht ein 100er Seefahrtskreuzer. An dieser Yacht wird sukzessive nach Finanzlage des Eigners gearbeitet. So kommt es zwar zu langjähriger Werftliegezeit, aber auch Bootslagerung gehört zum Geschäft. Das Schiff ist abgedeckt, weil die Halle von Schwalben bewohnt wird. Zwischen Jollenkreuzern und Daysailern wirkt es riesig. Nebenan steht eine bildschöne liebevoll restaurierte ChrisCraft. Nur der grundüberholte originale V8Motor muss noch eingebaut werden. Die Arbeiten auf der Werft sind vielseitig und man arbeitet mit großer Fertigungstiefe. Kirsten Dubs hat aber noch ganz andere Pläne und Visionen. Sie möchte aus der Werft auch eine maritime Erlebniswelt machen, wo sich Kultur und Bootsbau treffen, wo es Workshops zum Thema Bootsbau gibt und wo Gruppenerfahrungen mit einer Mischung aus Erholung und praktischer Arbeit gesammelt werden können. Deswegen wurde ein Teil der Gebäude zu Seminarräumen mit Übernachtungsmöglichkeit inklusive Gemeinschaftsküche umgebaut. Erste Schritte in diese Richtung sind gemacht, denn es wurden schon Seminare veranstaltet, auf denen Familien sich ihr eigenes kleines Dinghi bauen konnten. Anleitung und Material sind im Seminarpreis enthalten. Die Veranstaltung „Kunst, Kultur, Kajüte“ machte ebenfalls Station auf der Bootswerft in Freest. Hierbei handelt es sich um ein grenzübergreifendes Kulturforum mit maritimer Ausrichtung, das von deutschen und polnischen Veranstaltern ins Leben gerufen wurde und deren Veranstaltungen an immer neuen Orten rund um das Stettiner Haff stattfinden. Das trägt sehr viel zur Verständigung bei. Die Werft als Erlebnisraum zu begreifen ist ein interessanter Gedanke, der sich sicherlich auch auf andere Betriebe übertragen lässt. Großer Daysailer Das aktuelle Projekt auf der Bootswerft Freest ist der Bau eines Familienjollenkreuzers, der bei einer Länge von 6,50 Metern als wahres Raumwunder gilt und einer kleinen Familie Törns auf geschützten Gewässern ermöglicht. Der Rumpf wird als Rundspanter nach der Radius Chine Bauweise in Sperrholz mit Epoxy gebaut. Die Handhabung ist einfach, die Linien schnörkellos. Interessant ist, dass das Boot von handwerklich talentieten Personen selbst gebaut werden kann oder in verschiedenen Ausbaustadien von der Werft geliefert wird. Ebenfalls ist denkbar, dass das Boot mit fachlicher Begleitung durch die Werft weitgehend in Eigenleistung hergestellt werden kann. Der Kostenrahmen ist überschaubar und Rigg und Beschläge können nach Belieben ausgesucht werden. So entsteht ein kleines, schnelles seetaugliches Schiff, das ideal für Einsteiger und eine kleine Crew ist. LüA: 6,50 m LWL: 6,12 m Breite: 2,60 m Tiefgang: 1,85/0,85 m Verdrängung: 1.570 kg Segelfläche: 26,0 qm Mehr Informationen: [email protected] www.bootswerft-freest.com bootswirtschaft 3/2014 33
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