Ethan Frome - Angestellte Schweiz

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Olten, den 31. August 2015
Alkohol und Arbeit vertragen sich immer weniger
Darf ich während der Arbeit ein Bier trinken? Darf mich der Arbeitgeber auf
Alkohol testen? Und darf er mich kündigen, wenn ich betrunken zur Arbeit
erscheine? Es kommt, wie so oft, auf die Umstände an.
Ich erinnere mich gut daran, wie ich als Bub auf Baustellen auf die Jagd nach
leeren Bierflaschen ging. Für die gab es 25 Rappen Flaschenpfand – eine sehr
lukrative Sache damals.
Es war im Bau- und im Baunebengewerbe noch lange selbstverständlich,
während der Arbeit Bier zu trinken. Ebenso üblich war der Spirituosenschrank in
der Geschäftsleitungsetage. Die Arbeitswelt hatte Alkohol integriert.
Diesbezüglich ist ein grosser Kulturwandel eingetreten. Wer heute zum
Mittagessen ein Bier bestellt, wird scheel angeschaut und tut für sein Ansehen
im Betrieb wenig Gutes. Doch wie sieht es rechtlich aus?
Sicherheits- und Gesundheitsüberlegungen
Der Alkoholkonsum am Arbeitsplatz ist nicht grundsätzlich verboten. Allerdings
hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dessen Genuss während der Arbeitszeit
einzuschränken oder zu untersagen. Diese Möglichkeit ergibt sich aus Art. 35,
Abs. 3 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz. In der Regel machen die
Arbeitgeber heute davon Gebrauch. In vielen Betrieben und Branchen ist der
Alkoholkonsum aus Sicherheitsüberlegungen sowie aus Gründen der
allgemeinen Gesundheitsprävention verboten.
Wenn Arbeitgeber Alkohol verbieten, dann tun sie das auch, um ihrer Fürsorgeund Schutzpflicht gegenüber den Angestellten (Art. 328 OR) nachzukommen.
Insbesondere müssen sie das Risiko ausschalten, welches von angetrunkenen
oder unter Drogeneinfluss stehenden Personen für die Betriebssicherheit und
damit für andere Mitarbeitende ausgeht. Die Website alkoholamarbeitsplatz.ch
hält fest: Besteht die Vermutung, dass ein Arbeitnehmer seine Arbeit unter
Alkohol- oder Drogeneinfluss nicht verrichten kann, ohne sich selbst oder seine
Kollegen zu gefährden, dann muss der Arbeitgeber diesem Arbeitnehmer
verbieten, seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Lässt ein Arbeitgeber einen angetrunkenen Mitarbeitenden wissentlich arbeiten,
kann er beim Eintreten eines Schadenfalls zivil- oder strafrechtlich haftbar
gemacht werden. Der betreffende Arbeitnehmende seinerseits muss mit
Leistungskürzungen wegen Selbstverschulden rechnen.
Alkoholtest nur mit Zustimmung
Arbeitnehmende, die in sicherheitsrelevanten Umgebungen arbeiten, müssen
sich auch auf den Konsum ausserhalb des Arbeitsplatzes kontrollieren lassen.
Dies trifft z. B. auf Chauffeure oder Lokführer zu. Ein Alkohol- oder Drogentest
ohne vorherige arbeitsvertragliche Verpflichtung ist jedoch nur mit Zustimmung
der betroffenen Person möglich. Diese Regelung kann eine Gratwanderung
sein, wie das Beispiel eines Pharmaunternehmens zeigt. Das Unternehmen
wollte bei Lernenden generell Urinkontrollen auf Drogen durchführen. Das
Bundesgericht bestritt dieses Recht.
Alkohol als Kündigungsgrund
Mit Blick auf die Angestellten geht es vor allem darum, wie weit deren
Arbeitsausübung und Arbeitsleistung durch Alkohol- oder Drogengenuss
beeinträchtigt werden. Eine Kündigung, die einzig den Alkoholkonsum als
Grund angibt, ohne dessen Auswirkungen auf die Arbeitstätigkeit zu
thematisieren, ist gemäss Art. 336 OR missbräuchlich. Nach Art. 336a Abs. 1
OR hat sie eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslohnen zur Folge.
Das Trinken während der Arbeit und das Mittagsbier sind vielleicht passé.
Beliebt sind in den Unternehmen aber weiterhin die Apéros. Alkohol darf dabei
eine Rolle spielen. Aber es wäre vielleicht einmal angezeigt, statt direkt zu den
Weissweinflaschen zu marschieren, zuerst ein sportliches oder kulturelles
Programm zu bestreiten. Warum nicht ein Billard- oder Bowling-Wettkampf, ein
sozialer Stadtrundgang, ein Foxtrail?
Christof Burkard, Leiter Rechtsdienst Angestellte Schweiz