Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Umgang mit

Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Umgang mit alkoholisierten
Mitarbeitern
Alkoholisierte Mitarbeiter stellen in Bezug auf die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitspatz eine grosse Gefahr für sich selbst und ihr Umfeld dar.
Der Arbeitgeber kann sich strafbar machen, wenn er den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt oder duldet.
Die Studie mit dem Titel ¨Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Umgang mit
alkoholisierten Mitarbeitern¨ wurde von Andrea Schulz, Geschäftsführerin BATISEC, mit Unterstützung zahlreicher BATISEC Mitgliederbetriebe erarbeitet. Das
vollständige Dokument mit den entsprechenden Gesetzen, Auswertungen, Gesprächsführungsvorlagen, Vorlagen zu Kündigungsschreiben und Referenzen finden sie in Deutsch auf der rechten Seite, ebenso wie weiterführende Unterlagen
von Präventivaktionen für Vorgesetzte und Mitarbeiter von der SUVA.
Vorgesetzte haben oft Mühe, betroffene Mitarbeiter auf das Problem anzusprechen, insbesondere
aber die notwendigen Schritte einzuleiten.
Für den Arbeitgeber stellt nicht nur der übermässige, chronische Alkoholkonsum eines Mitarbeiters ein Problem dar, sondern auch der einmalige Konsum während der Arbeitszeit oder vor Arbeitsbeginn. Gesundheitliche Folgeschäden, die auf einen übermässigen Alkoholkonsum zurückzuführen sind, verursachen aufgrund
der Absenzen oder des Produktivitätsabfalls hohe Kosten im Betrieb (Krankheit, Arbeitsqualität, Betriebsklima, Imageschäden usw.). Doch es kann auch der einmalige Alkoholkonsum sein, der dazu führt, dass sich
im Betrieb ein schwerer Unfall ereignet. Der Arbeitgeber muss, um seine Mitarbeiter zu schützen, aber auch
um seine eigenen finanziellen Interessen zu wahren, rechtliche Massnahmen ergreifen, aber auch präventive Richtlinien aufstellen. Kollegen und sogar Vorgesetzte entwickeln mit der Zeit einen sogenannten CoAlkoholismus. Kollegen möchten den Betroffenen schützen und nehmen diesem sogar Arbeiten ab die er
selber nicht mehr schafft. Vorgesetzte sind häufig persönlich überfordert und scheuen sich das notwendige
Mitarbeitergespräch zu führen. Die Studie zu diesem Thema macht deutlich, dass sich Vorgesetzte insbesondere in kleineren Betrieben nicht über die rechtlichen Schritte im Klaren sind, die eingeleitet werden können und müssen.
Kein Gesetz zum Alkoholkonsumverbot am Arbeitsplatz - es sei denn es betrifft Betriebe mit besonderen Gefahren!
In der Schweiz gibt es kein Gesetz, das den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz verbietet. Es besagt jedoch, dass der Arbeitgeber alle notwendigen Massnahmen treffen muss, um die Gesundheit seiner Mitarbei1
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ter zu schützen (ArG. Art. 6 , UVG Art. 82 ) und der Arbeitgeber den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz
verbieten kann. Die Möglichkeit des Verbotes wird jedoch zur Pflicht, und findet als Verordnung dann konkrete Anwendung, wenn es sich um Risikobranchen und Betriebe mit gefährlichen Tätigkeiten handelt, das
heisst Arbeitnehmende gefährdet sind, weil diese betrunken eine gefährliche Tätigkeit ausüben. Die gesetzliche Forderung zur Einhaltung der Gesundheitsvorschriften konkretisiert sich nach Branche, Tätigkeit und
Funktion des Arbeitnehmers. Der Vorgesetzte wird durch das Arbeitsgesetz verpflichtet (ArGV3, Art. 35),
dass er den Konsum von Alkohol verbietet, wenn durch den Alkoholkonsum und die risikoreichen Arbeiten
der Arbeitnehmende sich selbst oder andere gefährden könnte. Der Arbeitgeber muss die Arbeitsleistung eines angetrunkenen Arbeitnehmers zu seinem Schutze sogar zurückweisen. Er macht sich strafbar, wenn er
die Vorschriften der Gesundheitsschutzbestimmungen verletzt (ob fahrlässig oder vorsätzlich). Auch der
Mitarbeiter steht in der Verantwortung und er muss den Vorgesetzten in der Ausführung der Gesundheitsschutzbestimmungen unterstützen (UVG, Art. 82, Abs.3). Er darf sich nicht in einen Zustand versetzen,
in dem er sich oder andere gefährdet (VUV, Art 11, Abs.3). Die Auswirkungen von Alkoholkonsum zeigen,
dass sich bereits ab einer geringen Menge Alkohol das Verhalten und die Reaktionsfähigkeit eines Menschen verändern. Die Folgen sind häufig schwere Unfälle. Erleidet der Mitarbeiter einen Unfall unter Alkoholeinfluss, können sowohl den Vorgesetzten als auch den Arbeitnehmenden gravierende Leistungskürzungen seitens der Versicherung sowie strafrechtlichen Folgen erwarten.
Alle Betriebe des Bauhaupt- und Nebengewerbes sind Betriebe mit besonderen Gefahren (EKAS Richtlinie
6508, Liste mit gefährlichen Arbeiten). Neben den gesetzlichen Bestimmungen, die den Arbeitgeber verpflichten, die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen, geben die weiterführenden Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge klare Vorgaben, dies jeweils in Bezug zur Branche. Die geltenden Bestimmungen der
entsprechenden Gesamtarbeitsverträge der Branchen z.B. der suissetec und des VSEI verbieten den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz. Ein zusätzlicher Vermerk im Betriebsreglement sollte jedoch gesetzt werden und
das Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz den Mitarbeitern auch mündlich kommuniziert und vorgelebt werden.
Der Arbeitgeber verfügt über dies über ein Weisungsrecht, welches vom Arbeitnehmer in Bezug auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen einzuhalten ist, wenn eine ernstliche Gefährdung vorliegt oder vorliegen könnte (OR, Art, 321). Eine ernstliche Gefährdung liegt dann vor, „wenn nach dem gewöhnlichen Lauf
der Dinge die Wahrscheinlichkeit besteht, dass Dritte verletzt werden" (vgl. S. 34, ArG. Art 60 Abs. 2, StGB
Art. 127). Für das Arbeitsgesetz (Art. 60) liegt eine ernstliche Gefährdung dann vor „wenn die Verletzung das
Leben einer Person in Gefahr bringt und Arbeitslosigkeit, Verstümmelung, Invalidität oder dauernde Verunstaltung des Gesichts bewirken kann“. Diese zusammengefassten Grundlagen ermöglichen es, dem Arbeitgeber den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz und gegebenenfalls auch vor Arbeitsbeginn und in der Mittagspause zu verbieten und es im Betriebsreglement festzuhalten.
Die Persönlichkeit des Arbeitnehmers ist zu schützen
Der Arbeitgeber darf die Persönlichkeit des Arbeitnehmers nicht verletzen. Aus diesem Grund darf er einem
zukünftigen Arbeitnehmer (eigentlich) keine persönlichen Fragen stellen, die nichts mit der zukünftigen Tätigkeit zu tun haben. Der Arbeitnehmer dürfte in diesem Fall sogar lügen. Dennoch kann und muss der Arbeitgeber aus Branchen mit hohen Sicherheitsanforderungen sicherstellen, dass sein potenzieller Kandidat
am Arbeitsplatz nicht alkoholisiert sein wird, in diesem Fall ist die Frage erlaubt. Die Vorgaben zum Persönlichkeitsschutz sind streng, andererseits hat der Arbeitgeber auch das Recht, im Zuge seiner Fürsorgepflicht,
zum Schutze der Gesundheitsvorschriften und der Einhaltung des Arbeitsvertrages zu überprüfen, ob die
Weisungen eingehalten werden oder nicht. Der Arbeitnehmer muss in Anbetracht seiner Tätigkeit und seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag den Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten. Tut er dies
nicht, muss er mit einschneidenden Konsequenzen rechnen. Dies ist in den meisten Fällen die Kündigung.
Lösungen aufzeigen aber konsequent bleiben!
Stellt der Arbeitgeber fest, dass ein Mitarbeiter ein Alkoholproblem hat, worunter die Qualität seiner Arbeit
leidet, sollte der Arbeitgeber diese Tatsachen mit dem Betroffenen besprechen, um zielführende Lösungen
für alle Beteiligten zu finden. Es ist von Vorteil, sich hier an eine Gesprächscheckliste (Studie Anhang 3) zu
halten, um beim Thema zu bleiben. Dem Arbeitnehmer muss die Möglichkeit (auch zeitlich) gegeben werden
den Mangel zu beheben, bzw. sein Verhalten zu korrigieren. Die unten stehende Tabelle beschreibt den
Prozessablauf, wenn der Arbeitgeber sich dafür entscheidet dem Arbeitnehmer eine externe Fachbehandlung (Therapievertrag) zu ermöglichen. Hält der Mitarbeiter sich nicht an die Vereinbarung muss der Arbeitgeber die Konsequenzen ziehen.
Mitarbeitergespräch und Einleitung der Massnahmen (Quelle SUVA)
Was geschieht?
Durch wen?
Beobachtung, Fakten sammeln
Direkter Vorgesetzter

Erstgespräch, Darlegung der Beobachtung
Direkter Vorgesetzter


Keine Besserung
Besserung, Problem gelöst

Zweitgespräch mit Vorschlag Fachbehandlung
Direkter Vorgesetzter mit übergeordneter Personalstelle


Zustimmung
Verweigerung
Betroffene


Fachliche Abklärung, schriftliche VerSchriftliche Verwarnung
einbarung, Behandlung


Wiederaufnahme der Arbeit
Entlassung
Die Kündigung – Eine Abmahnung ist notwendig!
Die Kündigung kann den Arbeitgeber vor eine neue Herausforderung stellen. Ein Problem ist die Beweisbarkeit des Alkoholkonsums, denn Alkoholkontrollen sind nicht erlaubt, so wie es grundsätzlich zum Schutze
der Persönlichkeit nicht erlaubt ist, Mitarbeiter zu überwachen. Das Argument für den Arbeitgeber ist im
Grunde genommen nicht der Konsum von Alkohol selbst, sondern die Auswirkungen. Das heisst die Nichteinhaltung der Leistungsvereinbarung des Arbeitsvertrages (Nachlassen der Qualität, Unregelmässigkeiten,
Absenzen, Nichteinhaltung von Weisungen, Vertrauensverlust usw.) und die direkte Gefährdung seiner Mitarbeiter. Der Arbeitgeber muss wissen können, ob dem Arbeitsverhältnis ein sofortiges Ende gesetzt werden kann (fristlos) oder ob eine Kündigung mit Kündigungsfrist erfolgen muss. Dies ist situationsbedingt und
steht im direkten Zusammenhang mit der Schwere des Verstosses gegen den Arbeitsvertrag, der Verletzung
des Vertrauensverhältnisses und der Funktion, der Tätigkeit und des Alters des Arbeitnehmers (vgl. Studie
S. 47-49) und der Dauer der Betriebsangehörigkeit. Auch ob ähnliche oder andere schwerwiegende Vorfälle
schon vorgekommen sind oder es sich um einen Einzelfall handelt. Die Gründe für eine fristlose Kündigung
müssen demnach schwerwiegend sein. Im Falle von Alkoholkonsum trotz Verbotes ist eine vorherige Abmahnung Voraussetzung (vgl. Studie S. 49). Bei der ordentlichen Kündigung sind die Kündigungsfristen zu
berücksichtigen. Bei Krankheit (Arztzertifikat) sind die jeweiligen Sperrfristen zu berücksichtigen (vgl. Studie
S. 47). Trinkt der Mitarbeiter (trotz Verbotes) am Arbeitsplatz Alkohol oder ist er in einem angetrunkenen Zustand, muss er abgemahnt werden. Im Wiederholungsfall droht ihm die fristlose Kündigung.
Alkoholverbot auch im Betriebsreglement verankern. Kleinbetriebe haben mehr Schwierigkeiten
rechtlichen Massnahmen einzuleiten als Grossbetriebe. Grossbetriebe regeln das Verbot von Alkohol
am Arbeitsplatz vorsorglich auch im Betriebsreglement.
Erfreulicherweise zeigte der Grossteil der Vorgesetzten der untersuchten Betriebe wenig Berührungsängste ein mögliches Alkoholproblem
eines Mitarbeiters anzusprechen, trotzdem
bleibt es für viele ein heikles Thema. Die betrieblichen-administrativen Konsequenzen werden als weniger gravierend wahrgenommen als
vermutet. Den Vorgesetzten fällt es grundsätzlich schwer, die rechtlichen Möglichkeiten richtig
einzuordnen. Grossbetriebe scheinen insgesamt
weniger Mühe mit den personellen und rechtlichen Fragen zum Thema Alkohol am Arbeitsplatz zu haben, als Mikro- und Kleinbetriebe. Dies kann darauf
zurückgeführt werden, dass der Vorgesetzte in einem Grossbetrieb zu diesen Fragen oft Fachleute aus der
Human-Ressource Abteilunge hinzuzieht oder sich sogar direkt mit betriebsinternen Juristen berät. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Kleinbetriebe (neben den Regelungen im GAV) selten einen Zusatz
über ein Alkoholverbot im z.B. Betriebsreglement oder einer Mitarbeiterinformation führen. Fast alle Grossbetriebe haben jedoch einen solchen zusätzlichen Passus integriert, und das hilft in Streitfragen. Je mehr
direkte, sichtbare Direktiven im Betrieb vorhanden sind, um so weniger besteht Überforderung in Bezug auf die rechtlichen Möglichkeiten und Konsequenzen.
Merke:

Der Vorgesetzte muss eine klare Haltung einnehmen und konsequent bleiben.

Ein Alkoholverbot muss sowohl aus gesundheitlichen, rechtlichen und Sicherheitsgründen ausgesprochen werden.
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Niemand arbeitet im berauschten Zustand!
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Alkoholverbot im Betriebsreglement verankern!
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Präventionsprogramme nutzen (SUVA). Plakataktionen können dem heiklen Thema eine Plattform geben.
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Jeder Mitarbeiter im Betrieb sollte wissen, dass der Genuss von Alkohol am Arbeitsplatz die Sicherheit
und Gesundheit aller Mitarbeitenden gefährdet.
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Dem betroffenen Mitarbeiter eine faire Chance geben, sich aus seiner Situation zu befreien um seinen
Arbeitsplatz zu behalten. Dies heisst aber nicht, sein Verhalten zu decken oder ihm unendlich viele
Chancen zu geben.
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Bei gefährlichen Tätigkeiten die Arbeitssicherheit nicht vergessen. Wer Alkoholmissstände als Kollege
duldet, macht sich mitverantwortlich.

Mitleid und Beschützen nützt dem Betroffenen langfristig nichts.
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Wichtig! Ein alkoholisierter Mitarbeiter muss aus dem Gefahrenbereich entfernt (Baustelle, Maschine,
Auto) und ¨gesichert¨ werden.
Autorin: Andrea Schulz, BATISEC