The Advisor | Rund um Immobilien RUND UM IMMOBILIEN Absichtliche Täuschung durch den Verkäufer Wer ein Grundstück kauft, ist auf umfassende Informationen über das Grundstück angewiesen. Insbesondere will der Käufer wissen, was er mit dem Grundstück machen kann. Viele Informationen sind aus dem Grundbuch ersichtlich, aber nicht alle. Öffentlich-rechtliche Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich oft nur durch einen Gang zum zuständigen Bauamt. Bei Grundstückkaufverträgen stellt sich immer wieder die Frage, wie weit der Verkäufer Informationen, die er besitzt, dem Käufer mitteilen muss. Die Praxis des Bundesgerichts hat die Aufklärungspflichten des Verkäufers immer mehr ausgedehnt und setzt sich dabei auch gegen Standardklauseln durch. Das muss natürlich auch ein Makler wissen, welcher die Interessen des Verkäufers wahrt. Es wird auf eine neuere Entscheidung des Bundesgerichts verwiesen (4A_11/2015 vom 25. Juni 2015). Sachverhalt Am 19. März 2008 schlossen Käufer und Verkäufer einen Kaufvertrag über zwei Parzellen ab. Im Kaufvertrag wurde die Gewährleistung umfassend ausgeschlossen. So unterschrieben die Käufer, dass sie die Grundstücke wie gesehen kaufen. Gesetzliche und vertragliche Gewährleistungen, insbesondere solche für materielle oder juristische Mängel, bekannt oder nicht, wurden ausgeschlossen. Später stellte sich heraus, dass das Grundstück in einer öffentlichen Zone lag und deshalb die Baumöglichkeiten sehr beschränkt waren. Die Käufer wussten dies nicht. Auch im Grundbuch war dies nicht erwähnt. Im Gegenteil, bei Kaufvertragsabschluss hatten die Käufer noch ein konkretes Umbauprojekt, welches dem Verkäufer bekannt war, aber nie hätte realisiert werden können. Streitfrage Die Käufer machten nach dem Kaufvertragsabschluss eine Minderung des Kaufpreises geltend. Sie waren der Auffassung, dass der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht gelte, weil der Mangel, hier die – nicht bekannte – Zuordnung der Parzellen zur öffentlichen Zone vom Verkäufer absichtliche verschwiegen worden sei. offensichtlich vor. Was muss der Käufer wissen? Art. 200 OR schliesst einen Mangel für Eigenschaften aus, die der Käufer entweder kennt oder kennen muss. Im vorliegenden Fall waren die Käufer keine Baufachleute. Sie hatten keine spezifischen Kenntnisse über baurechtliche Sachverhalte. Es konnte ihnen deshalb nicht entgegengehalten werden, sie hätten wissen müssen, dass die Parzellen sich in der öffentlichen Zone befanden. Wann liegt eine absichtliche Täuschung durch den Verkäufer vor? Gewährleistungsausschlüsse fallen nach Art. 199 OR dahin, wenn der Verkäufer den Käufer absichtlich täuscht. Eine solche absichtliche Täuschung liegt nicht nur dann vor, wenn der Verkäufer den – aus Sicht der Käufer bestimmten – Mangel kennt, sieht, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, und den Käufer trotzdem nicht aufklärt, sondern bereits dann, wenn der Verkäufer mit der Möglichkeit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, und der Verkäufer dieses Resultat, d.h. die Möglichkeit einer falschen Vorstellung beim Käufer akzeptiert. In beiden Fällen muss der Verkäufer gute Gründe dafür haben, dass er bei seiner Entscheidung, den Käufer nicht aufzuklären, davon ausgehen durfte, dass der Käufer den Mangel tatsächlich kannte. Fazit Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichts dehnt die Aufklärungspflicht des Verkäufers sehr weit aus. Bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht nützten auch umfassende Gewährleistungs- oder Haftungsausschlüsse nichts mehr; sie werden im Streitfall einfach nicht beachtet. Im Zweifel, wenn der Verkäufer also nicht sicher ist, ober der Käufer wesentliche Informationen kennt, drängt sich deshalb eine Klarstellung auf. Weitere Berichte und Informationen zum Thema „Rund um Immobilien“ finden Sie unter www.schweizer-boersenbrief.ch Mangel Die Käufer gingen beim Vertragsabschluss davon aus, dass die Parzellen überbaubar seien. Tatsächlich lagen sie in der öffentlichen Zone. Nur wussten dies die Käufer nicht, im Gegensatz zum Verkäufer. Die Bebaubarkeit war deshalb wesentlich eingeschränkt. Damit lag ein Mangel des Kaufobjektes vor. Wesentlichkeitsschranke Das Bundesgericht hielt klärend fest, dass ein Mangel des Kaufobjektes nur von Bedeutung sei, wenn er sich auf den Wert des Kaufobjektes wesentlich auswirke. Unwesentliche Differenzen sollten nicht von Bedeutung sein. Die Wesentlichkeit der Differenz lag vorliegend the investor | 25.09.2015 23
© Copyright 2024 ExpyDoc