08.10.15 3. Ebener Spannungszustand ● ● Die am Zugstab und am Druckbehälter gewonnenen Erkenntnisse werden nun auf allgemeine ebene Probleme erweitert. Dabei wird untersucht, – welche Bedingungen die Spannungen erfüllen müssen, – welche Spannungen in einer beliebigen Schnittebene auftreten, – in welchen Schnittebenen die größte Normalspannung und die größte Schubspannung auftreten, – welche Kriterien Versagen anzeigen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-1 3. Ebener Spannungszustand 08.10.15 3.1 Definitionen 3.2 Gleichgewicht 3.3 Spannungstransformation 3.4 Hauptspannungen 3.5 Festigkeitshypothesen Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-2 08.10.15 3.1 Definitionen ● Spannungsvektor: – Betrachtet wird ein beliebiger Schnitt durch eine Scheibe. – Die Flächenkraft in der Schnittfläche wird durch den Spannungsvektor t beschrieben. – Für die Kraft am Flächenelement ΔA gilt: Δ F =t Δ A P t ΔA Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie n TM 2 2.3-3 08.10.15 3.1 Definitionen – – Der Spannungsvektor t hängt ab ● vom betrachteten Punkt P ● von der Schnittrichtung Die Schnittrichtung wird durch den Normalenvektor n beschrieben: ● ● Der Normalenvektor ist ein Einheitsvektor, der senkrecht auf der Tangentialebene im Punkt P steht. Der Normalenvektor zeigt aus dem geschnittenen Körper heraus. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-4 08.10.15 3.1 Definitionen – Am gegenüberliegenden Schnittufer zeigt der Normalenvektor in die Gegenrichtung. – Aus dem Wechselwirkungsgesetz folgt: n Prof. Dr. Wandinger n t P t (−n )=−t ( n ) t 2. Ebene Elastizitätstheorie P TM 2 2.3-5 3.1 Definitionen ● ● 08.10.15 Spannungszustand: – Die Gesamtheit aller Spannungsvektoren t(P, n) an einem Punkt P der Scheibe heißt Spannungszustand im Punkt P. – Die Gesamtheit der Spannungszustände an allen Punkten P der Scheibe heißt Spannungsfeld in der Scheibe. Achsenparallele Schnitte: – Auf einer achsenparallelen Schnittebene ist der Normalenvektor parallel zu einer Achse des Koordinatensystems. – Am positiven Schnittufer zeigt der Normalenvektor in Richtung der Koordinatenachse und am negativen Schnittufer entgegen der Richtung der Koordinatenachse. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-6 08.10.15 3.1 Definitionen Positive Schnittufer n = ey y n = -ex σy τxy τyx σx n = ex σx τyx x τxy n = -ey Negative Schnittufer [ t ( P , e x )] =[ στ x ] , [ t (P , e y ) ] =[ τσxy ] yx Prof. Dr. Wandinger σy 2. Ebene Elastizitätstheorie y TM 2 2.3-7 3.1 Definitionen 08.10.15 – Am positiven Schnittufer zeigen positive Spannungen in positive Koordinatenrichtung und am negativen Schnittufer in negative Koordinatenrichtung. – Positive Normalspannungen bedeuten eine Beanspruchung auf Zug und negative Normalspannungen eine Beanspruchung auf Druck. – Der Index bei den Normalspannungen entspricht der Koordinatenachse, auf der die Schnittfläche senkrecht steht. – Bei den Schubspannungen gibt der linke Index die Richtung der Spannung und der rechte Index die Richtung des Normalenvektors an. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-8 08.10.15 3.2 Gleichgewicht ● ● Aus der Scheibe wird ein beliebiges Rechteck mit achsenparallelen Kanten herausgeschnitten. yD – An den Kanten greifen die Spannungen an. Im Inneren greift eine Volumenlast mit den Komponenten fx und fy an. Prof. Dr. Wandinger τyx yA A τxy O 2. Ebene Elastizitätstheorie τxy D f y σx Belastung: – σy y xA C fx τyx σx B σy xB x Dicke h TM 2 2.3-9 3.2 Gleichgewicht O M ∑ =0 : xB 08.10.15 xB ∫ x ( σ y (x , y D )−σ y ( x , y A )) h dx−∫ ( y D τ xy ( x , y D )−y A τ xy ( x , y A )) h dx xA yD xA yD −∫ y ( σ x ( x B , y )−σ x ( x A , y) ) h dy+∫ ( x B τ yx (x B , y )− x A τ yx ( x A , y) ) h dy yA xB yD yA +∫ ∫ ( x f y −y f x ) h dy dx=0 x A yA xB y D yD ∑ F x =0 : ∫∫ f x h dy dx+∫ ( σ x ( x B , y)−σ x ( x A , y )) h dy x A yA xB yA +∫ ( τ xy ( x , y D )−τ xy ( x , y A ) ) h dx=0 xA Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-10 08.10.15 3.2 Gleichgewicht x B yD yD ∑ F y =0 : ∫∫ f y h dy dx+∫ ( τ yx ( x B , y )− τ yx ( x A , y )) h dy xA yA xB yA +∫ ( σ y ( x , y D )−σ y (x , y A ) ) h dx=0 xA – Ausdrücken der Differenzen durch Integrale ergibt: xB y D ∑ F x =0 : ∫∫ ( x A yA x B yD ∑ F y =0 : ∫∫ ( xA yA Prof. Dr. Wandinger ∂ σ x ∂ τ xy f x+ + dy dx=0 ∂x ∂y ) ∂ τ yx ∂ σ y f y+ + dy dx=0 ∂x ∂y ) 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-11 08.10.15 3.2 Gleichgewicht O M ∑ =0 : x B yD [( ∫∫ [ ( ∫∫ xA yA x B yD = x A yA x B yD ] ] ∂ σy ∂ σx ∂ x + fy − + f x + ∂ ( x τ yx ) dy dx ( y τ xy )−y ∂y ∂y ∂x ∂x ) ( ) ∂ σ y ∂ τ yx ∂ σ x ∂ τ xy x + + f y −y + + f x + τ yx −τ xy dy dx ∂y ∂x ∂x ∂y ) ( ) =∫ ∫ ( τ yx − τ xy ) dy dx=0 x A yA – Damit die Integrale für beliebige Integrationsgrenzen null sind, müssen die Integranden null sein. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-12 08.10.15 3.2 Gleichgewicht – Damit folgt aus dem Momentengleichgewicht das Gesetz der zugeordneten Schubspannungen: τ yx = τ xy – Aus den Kräftegleichgewichten folgen zwei partielle Differenzialgleichungen: ∂ σx ∂x ∂ τ xy ∂x Prof. Dr. Wandinger + + ∂ τ xy ∂y ∂ σy ∂y + fx = 0 + fy = 0 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-13 3.2 Gleichgewicht 08.10.15 – Die beiden partiellen Differenzialgleichungen reichen nicht aus, um die drei unbekannten Spannungen σx , σy und τxy zu bestimmen. – Sie müssen durch zusätzliche Gleichungen ergänzt werden, die das Deformationsverhalten und das Materialgesetz beschreiben. – Auf dem Rand der Scheibe muss der Spannungsvektor mit den aufgebrachten Flächenlasten übereinstimmen. – Um diese Randbedingung formulieren zu können, wird eine Beziehung zwischen dem Spannungsvektor, dem Normalenvektor und den Spannungen σx , σy und τxy benötigt. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-14 3.3 Spannungstransformation ● ● 08.10.15 Zur Ermittlung der Spannungen in einem beliebigen Schnitt wird der Zusammenhang zwischen dem Normalenvektor und dem Spannungsvektor benötigt. Damit lassen sich die Spannungen in ein beliebiges gedrehtes Koordinatensystem umrechnen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-15 08.10.15 3.3 Spannungstransformation ● Zusammenhang zwischen Normalenvektor und Spannungsvektor: – – Am betrachteten Punkt P wird ein infinitesimales rechtwinkliges Dreieck freigeschnitten. Geometrie: y ty Δy σx τxy Dicke h n x =cos(ϕ) , n y =sin (ϕ) n φ tx φ τxy σy x Δx Δ x=Δ L sin (ϕ)=Δ L n y Δ y=Δ L cos(ϕ)=Δ L n x Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-16 3.3 Spannungstransformation 08.10.15 – Beiträge infolge einer Volumenkraft oder veränderlicher Spannungen sind klein von mindestens 2. Ordnung und daher nicht mit eingezeichnet. – Gleichgewicht: ∑ F x =0 : −σ x h Δ L n x − τ xy h Δ L n y +t x h Δ L=0 ∑ F y =0 : −τ xy h Δ L n x −σ y h Δ L n y +t y h Δ L=0 t x =σ x n x + τ xy n y =σ x cos (ϕ)+ τ xy sin (ϕ) t y =τ xy n x +σ y n y =τ xy cos(ϕ)+σ y sin (ϕ) Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-17 3.3 Spannungstransformation ● 08.10.15 Spannungstensor: – Zwischen dem Normalenvektor und dem Spannungsvektor besteht ein linearer Zusammenhang: tx ty = = σ x nx τ xy n x + + τ xy n y σy ny – Ein linearer Zusammenhang zwischen zwei Vektoren wird in der Mathematik als Tensor bezeichnet. – Der Spannungstensor σ beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Normalenvektor n und dem Spannungsvektor t: t =σ⋅n Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-18 08.10.15 3.3 Spannungstransformation – In Matrix-Schreibweise gilt: [][ tx = σx τ xy ty ][ ] τ xy n x : [ t ] = [ σ ] [ n ] σy ny – In einem Koordinatensystem wird ein Tensor durch eine Matrix dargestellt. – Wegen des Gesetzes der zugeordneten Schubspannungen ist die Spannungsmatrix und damit auch der Spannungstensor symmetrisch. – Der Spannungszustand in einem Punkt wird durch den Spannungstensor eindeutig beschrieben. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-19 08.10.15 3.3 Spannungstransformation ● Spannungskomponenten senkrecht und parallel zum Schnitt: – – Die Normalspannung σn ist die Komponente des Spannungsvektors t in Richtung der Flächennormalen n. Die Schubspannung τtn ist die Komponente des Spannungsvektors t parallel zur Schnittfläche. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie t ty n φ φ y tx x TM 2 2.3-20 3.3 Spannungstransformation – 08.10.15 Normalspannung: σ n =t x cos(ϕ)+t y sin (ϕ) =( σ x cos(ϕ)+ τ xy sin (ϕ) ) cos(ϕ)+ ( τ xy cos(ϕ)+σ y sin (ϕ) ) sin (ϕ) =σ x cos2 (ϕ)+σ y sin 2 (ϕ)+2 τ xy sin (ϕ)cos (ϕ) – Schubspannung: τ tn =−t x sin (ϕ)+t y cos(ϕ) =−( σ x cos (ϕ)+ τ xy sin (ϕ) ) sin (ϕ) + ( τ xy cos(ϕ)+σ y sin (ϕ) ) cos(ϕ) =−( σ x −σ y ) sin (ϕ)cos(ϕ)+ τ xy ( cos2 (ϕ)−sin 2 (ϕ) ) Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-21 08.10.15 3.3 Spannungstransformation – Mit 1 1 2 2 cos (ϕ)= ( 1+cos (2 ϕ) ) , sin (ϕ)= ( 1−cos(2 ϕ) ) 2 2 2 sin (ϕ)cos(ϕ)=sin (2 ϕ) folgt: 1 1 σ n = ( σ x +σ y ) + ( σ x −σ y ) cos(2 ϕ)+ τ xy sin (2 ϕ) 2 2 1 τ tn =− ( σ x −σ y ) sin (2 ϕ)+ τ xy cos(2 ϕ) 2 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-22 08.10.15 3.3 Spannungstransformation ● Drehung des Koordinatensystems: – Mit den für die Spannungskomponenten in einem beliebigen Schnitt gefundenen Beziehungen lassen sich die Komponenten des Spannungstensors leicht auf ein gedrehtes Koordinatensystem umrechnen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie η y ξ φ x TM 2 2.3-23 08.10.15 3.3 Spannungstransformation – – Schnittebene senkrecht zur ξ-Achse: σ x +σ y σ x −σ y σ ξ= + cos(2 ϕ)+ τ xy sin (2 ϕ) 2 2 σ x −σ y τ ξ η=− sin (2 ϕ)+ τ xy cos(2 ϕ) 2 τξη Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie σξ ξ φ x Schnittebene senkrecht zur η-Achse: ψ=ϕ+90 ° σ x +σ y σ x −σ y σ η= + cos (2 ψ)+ τ xy sin (2 ψ) 2 2 σ x +σ y σ x −σ y = − cos(2 ϕ)− τ xy sin (2 ϕ) 2 2 y η η y ση ψ τξη ξ x TM 2 2.3-24 3.3 Spannungstransformation – 08.10.15 Ergebnis: σξ = ση = τξ η = Prof. Dr. Wandinger 1 ( σ x +σ y ) + 2 1 ( σ x +σ y ) − 2 − 1 ( σ x −σ y ) cos(2 ϕ) + τ xy sin (2 ϕ) 2 1 ( σ x −σ y ) cos(2 ϕ) − τ xy sin (2 ϕ) 2 1 ( σ x −σ y ) sin (2 ϕ) + τ xy cos(2 ϕ) 2 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-25 08.10.15 3.3 Spannungstransformation ● Invarianten: – Addition der ersten beiden Transformationsgleichungen ergibt: σ ξ +σ η=σ x +σ y =I 1 – Die Summe der Normalspannungen hängt nicht vom Koordinatensystem ab. Sie ist eine Invariante des Spannungstensors. – Eine weitere Invariante ist die Determinante der Spannungsmatrix: σ ξ σ η−τ 2ξ η=σ x σ y −τ 2xy =I 2 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-26 08.10.15 3.3 Spannungstransformation ● Hydrostatischer Spannungszustand: – Gilt in einem Koordinatensystem σx = σy = σ und τxy = 0, dann gilt in jedem Koordinatensystem: σ ξ =σ η=σ , τ ξ η=0 – Die Normalspannungen sind in jeder Richtung gleich, während die Schubspannung verschwindet. – Dieser Spannungszustand wird als hydrostatischer Spannungszustand bezeichnet. – Ein hydrostatischer Spannungszustand tritt auf bei einem dünnwandigen Kugelbehälter unter Innendruck. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-27 3.4 Hauptspannungen ● ● 08.10.15 Beim Zugstab wurde festgestellt: – Die Normalspannung nimmt ihren größten Wert für eine Schnittebene senkrecht zur Stabachse an. In dieser Schnitt ebene ist die Schubspannung null. – Die Schubspannung hat den größten Wert in einer Schnitt ebene, die unter 45° gegen die Stabachse geneigt ist. Es soll nun untersucht werden, in welchen Schnittebenen beim allgemeinen ebenen Spannungszustand die Spannungen ihre Extremwerte annehmen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-28 3.4 Hauptspannungen ● 08.10.15 Extremwerte der Normalspannung: – Für die Normalspannung in einem beliebigen Schnitt gilt: 1 1 σ n = ( σ x +σ y ) + ( σ x −σ y ) cos(2 ϕ)+ τ xy sin (2 ϕ) 2 2 – Für ein Extremum muss gelten: d σn =0 : − ( σ x −σ y ) sin (2 ϕ E )+2 τ xy cos(2 ϕ E )=0 dϕ 2 τ xy tan (2 ϕ E )= σ −σ x y Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-29 3.4 Hauptspannungen – 08.10.15 Wegen tan (2 ϕ E )=tan (2(ϕ E ±90 °)) gibt es zwei Lösungen ϕ E =ϕ A und ϕ E =ϕ B =ϕ A ±90 ° Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-30 3.4 Hauptspannungen 08.10.15 – Es gibt zwei senkrecht aufeinander stehende Schnittrichtungen, für die die Normalspannung einen Extremwert annimmt. – Diese Richtungen werden als Hauptrichtungen bezeichnet. – Die Hauptrichtungen definieren ein rechtwinkliges Koordinatensystem, das als Hauptachsensystem bezeichnet wird. – Da die Normalspannung stetig vom Winkel φ abhängt, ist einer der beiden Extremwerte ein Maximum und der andere ein Minimum. – Die Hauptrichtung, für die die Normalspannung maximal wird, wird als 1. Hauptachse bezeichnet. Die 2. Hauptachse zeigt nach links. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-31 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Bestimmung von φ1: ● ● ● ● Der Taschenrechner liefert einen Wert für φA zwischen -45° und 45°. d σn Für die Ableitung gilt: (0)=2 τ xy dϕ Damit gilt: τxy > 0 τxy < 0 φA > 0 φ1 = φA φ1 = φA - 90° φA < 0 φ1 = φA + 90° φ1 = φA φ1 und τxy haben das gleiche Vorzeichen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-32 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Wert der Schubspannung: ● ● – Für die Schubspannung in einem Schnitt senkrecht zu einer Hauptrichtung gilt: 1 1 d σn τ 12 =− ( σ x −σ y ) sin(2 ϕ E )+ τ xy cos(2 ϕ E )= (ϕ E )=0 , E =1,2 2 2 dϕ In Schnittebenen senkrecht zu den Hauptachsen sind die Schubspannungen null. Werte der Extrema: ● ● Die Extremwerte sind die Normalspannungen in Schnittebenen senkrecht zu den Hauptachsen. Sie können am einfachsten aus den Spannungsinvarianten berechnet werden. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-33 08.10.15 3.4 Hauptspannungen ● Es muss gelten: ● Aus der ersten Gleichung folgt: ● ● σ 1 +σ 2 σ1 σ 2 = = σ x +σ y 2 σ x σ y −τ xy σ 2 =σ x +σ y−σ 1 Einsetzen in die zweite Gleichung ergibt: 2 2 2 σ 1 ( σ x +σ y −σ 1 ) =σ x σ y −τ xy → σ 1 ( σ x +σ y )−σ 1 =σ x σ y −τ xy 2 2 → 0=σ 1 − ( σ x +σ y ) σ 1 +σ x σ y −τ xy Die quadratische Gleichung hat die beiden Lösungen: σ x +σ y σ 11/ 2 = ± 2 Prof. Dr. Wandinger √( 2 σ x +σ y σ x +σ y 2 −σ x σ y + τ xy = ± 2 2 ) 2. Ebene Elastizitätstheorie √( 2 σ x −σ y 2 + τ xy 2 ) TM 2 2.3-34 08.10.15 3.4 Hauptspannungen ● ● Für σ2 folgt: Mit σ1 ≧ σ2 gilt: σ x +σ y σ 2 1/ 2 =σ x +σ y−σ 1 1/2 = ∓ 2 σ x +σ y σ 1= + 2 √( √( σ x +σ y σ 2= − 2 ● √( σ x −σ y 2 2 +τ xy 2 ) σ x −σ y 2 2 +τ xy 2 ) 2 σ x −σ y 2 + τ xy 2 ) Die Extremwerte der Normalspannung heißen Hauptnormalspannungen oder Hauptspannungen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-35 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Ergebnis: 2 y 2 τ xy tan (2 ϕ1/2 )= σ −σ x y σ1 1 φ1 sgn (ϕ1 )=sgn ( τ xy ) x ϕ 2 =ϕ1 +90 ° 2 y 1 σ x +σ y σ 1/ 2 = ± 2 Prof. Dr. Wandinger √( σ x −σ y 2 2 + τ xy 2 ) 2. Ebene Elastizitätstheorie σ2 φ2 x TM 2 2.3-36 3.4 Hauptspannungen – 08.10.15 Beispiel: ● Der Spannungszustand an einem Punkt P wird durch die Spannungen σx = 200 MPa, σy = 300 MPa und τxy = 100 MPa beschrieben. ● Gesucht sind die Hauptspannungen und die Hauptrichtungen. ● Hauptspannungen: σ x +σ y 200 MPa+300 MPa = =250 MPa 2 2 σ x −σ y 200 MPa 300 MPa = =−50 MPa 2 2 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-37 3.4 Hauptspannungen √( 08.10.15 σ x −σ y 2 2 2 2 +τ xy =√ 50 +100 MPa=111,8 MPa 2 ) σ 1 =250 MPa+111,8 MPa=361,8 MPa σ 2 =250 MPa−111,8 MPa=138,2 MPa ● Hauptrichtungen: tan(2 ϕ A )= 2⋅100 =−2 → ϕ A=−31,72 ° −100 τ xy >0 → ϕ1 =ϕ A +90 °=58,28 ° Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-38 08.10.15 3.4 Hauptspannungen Spannungen in MPa 300 100 100 200 200 100 y 361,8 138,2 138,2 361,8 1 100 300 2 58,3° x Prof. Dr. Wandinger x 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-39 08.10.15 3.4 Hauptspannungen ● Extremwerte der Schubspannung: – Für die Schubspannung in einem beliebigen Schnitt gilt: 1 τ tn =− ( σ x −σ y ) sin (2 ϕ)+ τ xy cos(2 ϕ) 2 – Für ein Extremum muss gelten: d τ tn =0 : − ( σ x −σ y ) cos (2 ϕ S )−2 τ xy sin (2 ϕ S )=0 dϕ 2 τ xy → cot (2 ϕ S )=− σ −σ =−tan (2 ϕ E ) x y Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-40 3.4 Hauptspannungen 08.10.15 – Mit cot (ϕ)=−tan (ϕ±90 °) folgt: – Die Schnittrichtungen, in denen die Schubspannung ihre Extremwerte annimmt, bilden mit den Hauptachsen einen Winkel von 45°. – Die Werte des Maximums und des Minimums ergeben sich, indem das Hauptachsensystem um -45° bzw. 45° gedreht wird: σ 1−σ 2 σ 1−σ 2 τ max = , τ min =− =−τ max 2 2 – Die Extremwerte der Schubspannung heißen Hauptschubspannungen. Prof. Dr. Wandinger ϕ S =ϕ E ±45° 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-41 3.4 Hauptspannungen – Mit den Beziehungen für die Hauptnormalspannungen folgt für die Hauptschubspannungen: τ max = – 08.10.15 √( σ x −σ y 2 2 + τ xy 2 ) Die Normalspannung in einer Schnittebene mit maximaler Schubspannung berechnet sich zu σ 1 +σ 2 σ x +σ y σ n= = =σ M 2 2 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-42 3.4 Hauptspannungen – 08.10.15 Beispiel: ● ● Der Spannungszustand an einem Punkt P wird durch die Spannungen σx = 200 MPa, σy = 300 MPa und τxy = 100 MPa beschrieben. Maximale Schubspannung: τ max = ● √( σ x −σ y 2 2 2 2 + τ xy =√ 50 +100 MPa=111,8 MPa 2 ) Zugehörige Normalspannung: 200+300 σM = MPa=250 MPa 2 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-43 08.10.15 3.4 Hauptspannungen y 300 1 361,8 2 100 200 100 58,3° 138,2 100 200 111,8 1 45° 250 ξ x x 100 Prof. Dr. Wandinger 250 111,8 138,2 300 η 111,8 250 111,8 250 361,8 Spannungen in MPa 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-44 3.4 Hauptspannungen ● 08.10.15 Der Mohrsche Spannungskreis: – Der Spannungszustand in einem Punkt wird vollständig durch die Hauptspannungen σ1 und σ2 und die Hauptrichtung beschrieben. – Welche Spannungen in beliebigen Schnittebenen auftreten können, lässt sich anschaulich am Mohrschen Spannungskreis ablesen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-45 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Bei gegebenen Hauptspannungen σ1 und σ2 lassen sich die Spannungen σx , σy und τxy in jedem Koordinatensystem, dessen x-Achse mit der 1. Hauptrichtung den Winkel φ1 einschließt, aus den Transformationsgleichungen berechnen. – Das xy-System entsteht durch Drehung des Hauptachsensystems um den Winkel -φ1. 2 y 1 -φ1 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie x TM 2 2.3-46 3.4 Hauptspannungen – Damit folgt: σx = σy = τ xy = – 08.10.15 1 ( σ 1 +σ 2 ) + 2 1 ( σ 1 +σ 2 ) − 2 1 ( σ 1 −σ 2 ) cos(2 ϕ1 ) 2 1 ( σ 1 −σ 2 ) cos(2 ϕ1 ) 2 1 ( σ 1−σ 2 ) sin (2 ϕ1 ) 2 Die geometrische Darstellung dieser Gleichungen wird als Mohrscher Spannungskreis bezeichnet. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-47 3.4 Hauptspannungen Mohrscher Spannungskreis: – – τ Konstruktion aus σx , σy und τxy : ● τmax P τxy σy σ2 ● 2φ1 M σx σ1 σ ● Q ½(σ1 + σ2) Prof. Dr. Wandinger 08.10.15 Der Punkt P hat die Koordinaten (σx , τxy ). Der Punkt Q hat die Koordinaten (σy , -τxy ). Der Mittelpunkt des Kreises liegt im Schnittpunkt der Verbindungslinie der Punkte P und Q mit der σ-Achse. ½(σ1 - σ2) 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-48 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Am Mohrschen Spannungskreis kann unmittelbar abgelesen werden: ● ● ● Die 1. Hauptspannung σ1 ist die größte Normalspannung. Die 2. Hauptspannung σ2 ist die kleinste Normalspannung. Ihre Richtung steht senkrecht auf der Richtung der größten Normalspannung. Die größte Schubspannung τmax tritt für eine Schnittrichtung auf, die mit der ersten Hauptrichtung einen Winkel von 45° bildet. Sie hat den Wert: τ max = Prof. Dr. Wandinger σ 1 −σ 2 2 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-49 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Hauptrichtungen: ● ● Die Gerade durch die Punkte (σ2 , 0) und P gibt die Richtung der 1. Hauptachse an. Die Gerade durch die Punkte (σ1 , 0) und P gibt die Richtung der 2. Hauptachse an. τ 2 P 2φ1 φ1 σ2 1 M σ1 σ Q ½(σ1 + σ2) Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie ½(σ1 - σ2) TM 2 2.3-50 08.10.15 3.4 Hauptspannungen ● Beispiel: – In einem Punkt eines ebenen dünnwandigen Bauteils werden die folgenden Spannungen gemessen: σ x =−20 MPa , σ y =90 MPa , τ xy =60 MPa – Gesucht: ● Hauptnormalspannungen und Hauptrichtungen ● Größte Schubspannung und zugehörige Schnittrichtung ● Die berechneten Ergebnisse sollen am Mohrschen Kreis graphisch überprüft werden. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-51 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Rechnerische Ermittlung: ● ● Spannungen: σ x +σ y σM = =35 MPa 2 τ max =√ 55 +60 MPa =81,39 MPa 2 2 σ 1=35 MPa+81,39 MPa =116,4 MPa σ 2 =35 MPa−81,39 MPa =−46,39 MPa Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie Richtungen: 2⋅60 −20−90 12 =− =−1,091 11 → ϕ A=−23,74 ° tan(2 ϕ A )= τ xy > 0 → ϕ1 =−23,74 °+90 ° =66,26° ϕ S =ϕ1−45 °=21,26 ° TM 2 2.3-52 08.10.15 3.4 Hauptspannungen – Mohrscher Spannungskreis (10 MPa = 5 mm) τ 1 τmax P 2 P 60 2φ1 σ2 τ φ1 -60 Prof. Dr. Wandinger 45° 90 -20 ξ σ1 σ σ1 σ2 Q 2. Ebene Elastizitätstheorie σ Q TM 2 2.3-53 3.5 Festigkeitshypothesen ● 08.10.15 Problemstellung: – Für die Grundbelastungsarten kann in geeigneten Versuchen festgestellt werden, bei welcher Last das Bauteil versagt. – Bei einem komplexen Bauteil liegt in der Regel eine mehrachsige Beanspruchung vor, d.h. ein ebener oder ein räumlicher Spannungszustand. – Eine experimentelle Untersuchung aller möglichen Spannungszustände ist praktisch nicht möglich. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-54 3.5 Festigkeitshypothesen ● 08.10.15 Lösung: – – Mithilfe von sogenannten Festigkeitshypothesen wird aus den Spannungskomponenten der mehrachsigen Beanspruchung eine Vergleichsspannung σV berechnet, die mit im einachsigen Versuch ermittelten Kennwerten verglichen werden kann. σ V = f (σ x ,σ y , τ xy ) ● Ebener Spannungszustand: ● Räumlicher Spannungszustand: σ V = f (σ x ,σ y , σ z , τ xy , τ yz , τ xz ) Die Festigkeitshypothesen hängen von der Art des Versagens und damit von der Art des Werkstoffs ab. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-55 3.5 Festigkeitshypothesen ● 08.10.15 Übersicht: – Das Versagen durch Trennbruch bei spröden Werkstoffen kann mithilfe der Normalspannungshypothese beurteilt werden. – Das Versagen durch Fließen bei duktilen Werkstoffen kann mithilfe der Schubspannungshypothese oder der Gestaltänderungshypothese beurteilt werden. – Bei einem räumlichen Spannungszustand ist auch bei duktilen Werkstoffen Versagen durch Trennbruch möglich. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-56 3.5 Festigkeitshypothesen 08.10.15 3.5.1 Normalspannungshypothese 3.5.2 Schubspannungshypothese 3.5.3 Gestaltänderungshypothese Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-57 08.10.15 3.5.1 Normalspannungshypothese ● ● ● Die Normalspannungshypothese geht auf Rankine (1861) zurück. Sie kann bei sprödem Werkstoff- oder Bauteilverhalten eingesetzt werden. Annahme: – Versagen durch Trennbruch tritt auf, wenn die größte Normalspannung die Trennfestigkeit σT überschreitet. – Bei ideal spröden Werkstoffen entspricht die Trennfestigkeit der Zugfestigkeit Rm . Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-58 3.5.1 Normalspannungshypothese ● 08.10.15 Vergleichsspannung: – Ist σ1 die größte Hauptspannung, dann gilt: σ V , NH =σ1 – Für den ebenen Spannungszustand kann die Vergleichs spannung auch direkt aus den Spannungskomponenten berechnet werden: σ x +σ y σ V , NH =σ1 = + 2 Prof. Dr. Wandinger √( 2 σ x −σ y + τ 2xy 2 2. Ebene Elastizitätstheorie ) TM 2 2.3-59 08.10.15 3.5.1 Normalspannungshypothese ● Versagensbedingung: – σ V , NH ≥R m – σ2 Versagen durch Trennbruch tritt auf für Rm Versagen kann nur auftreten, wenn die größte Normalspannung positiv ist. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie Rm σ1 TM 2 2.3-60 3.5.1 Normalspannungshypothese ● 08.10.15 Beispiel: – In einem auf Zug und Torsion beanspruchten martensitisch gehärteten Bolzen aus 41 Cr 4 treten folgende Spannungen auf: σ x =450 MPa , τ xy =300 MPa – Die Zugfestigkeit beträgt 2000 MPa. – Gesucht ist die Sicherheit gegen Bruch. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-61 08.10.15 3.5.1 Normalspannungshypothese – Lösung: ● ● Da es sich um einen spröden Werkstoff handelt, muss die Normalspannungshypothese angewendet werden. Die Vergleichsspannung berechnet sich zu 450 MPa σ V , NH = + 2 ● √( 450 2 2 +300 MPa=600 MPa . 2 ) Damit beträgt die Sicherheit gegen Bruch: S B= σ Prof. Dr. Wandinger Rm V , NH = 2000 =3,3 600 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-62 08.10.15 3.5.2 Schubspannungshypothese ● ● ● Die Schubspannungshypothese geht auf Tresca (1868) zurück. Sie kann verwendet werden, um bei duktilen Werkstoffen das Versagen durch Fließen oder Schubbruch zu beurteilen. Annahme: – Versagen tritt auf, wenn die größte Schubspannung die Fließschubspannung τF überschreitet. – Die Fließschubspannung kann aus der im Zugversuch ermittelten Streckgrenze bestimmt werden: τF = R e /2. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-63 3.5.2 Schubspannungshypothese ● 08.10.15 Vergleichsspannung: – Die maximale Schubspannung muss aus einem räumlichen Spannungszustand ermittelt werden: σ V , SH =2 τ max =max (|σ 1−σ 2| ,|σ 1−σ 3| ,|σ 2 −σ 3|) – Für einen ebenen Spannungszustand mit σ3 = 0 reduziert sich die Gleichung auf σ V , SH =max (|σ 1−σ 2| ,|σ 1| ,|σ 2|) Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-64 3.5.2 Schubspannungshypothese ● 08.10.15 Versagen: – Versagen durch Fließen tritt auf für σ V , SH ≥R e . – Beim ebenen Spannungszustand können drei Fälle auftreten: |σ1 – σ2| > max(|σ1|, |σ2|) 3 2 1 45° 45° 45° |σ2| > max(|σ1 – σ2|, |σ1|) |σ1| > max(|σ1 – σ2|, |σ2|) Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-65 08.10.15 3.5.2 Schubspannungshypothese – In der Hauptspannungsebene wird das zulässige Gebiet durch einen Polygonzug begrenzt: σ2 Re Re Re σ1 Re Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-66 3.5.2 Schubspannungshypothese ● 08.10.15 Beispiel: – In einem auf Zug und Torsion beanspruchten Bolzen aus einem duktilen Vergütungsstahl treten folgende Spannungen auf: σ x =450 MPa , τ xy =300 MPa – Die Streckgrenze beträgt 700 MPa. – Gesucht ist die Sicherheit gegen Fließen. – Da es sich um einen duktilen Werkstoff handelt, kann die Schubspannungshypothese verwendet werden. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-67 08.10.15 3.5.2 Schubspannungshypothese – Hauptspannungen: σ x +σ y 450 MPa σ x −σ y 450 MPa = =225 MPa , = =225 MPa 2 2 2 2 σ 1/ 2 =225 MPa± √ 2252 +300 2 MPa=225 MPa±375 MPa → σ 1=600 MPa , σ 2 =−150 MPa – Vergleichsspannung: |σ 1−σ 2|=750 MPa σ V , SH =max ( 750, 600,150 ) MPa=750 MPa Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-68 08.10.15 3.5.2 Schubspannungshypothese – Sicherheit gegen Fließen: S F= σ Re V , SH = 700 =0,93 750 – Darstellung im Mohrschen Spannungskreis: τ τF = Re /2 300 B 450 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie σ TM 2 2.3-69 3.5.2 Schubspannungshypothese ● 08.10.15 Anmerkung: – Wenn sich die Hauptspannungen eines räumlichen Spannungszustands nur wenig unterscheiden, ist die Vergleichsspannung klein. – Ist dabei eine der Hauptspannungen größer als die Trennfestigkeit, tritt Versagen durch Trennbruch auf. – Beim ebenen Spannungszustand kann dieser Fall wegen σ3 = 0 nicht auftreten. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-70 3.5.3 Gestaltänderungshypothese ● ● ● 08.10.15 Die Gestaltänderungshypothese wurde von Huber (1904), von Mises (1913) und Hencky (1924) eingeführt. Wie die Schubspannungshypothese kann sie zur Beurteilung des Versagens durch Fließen bei duktilen Werkstoffen verwendet werden. Annahme: – Fließen tritt auf, wenn die Gestaltänderungsenergie einen bestimmten Wert überschreitet. – Durch Vergleich mit dem einachsigen Zugversuch lässt sich daraus eine Vergleichsspannung ableiten, die mit der Streckgrenze Re verglichen werden kann. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-71 08.10.15 3.5.3 Gestaltänderungshypothese ● Vergleichsspannung: – Räumlicher Spannungszustand: 1 2 2 2 σ V , GH = σ −σ + σ −σ + σ −σ ( 1 ( 2 ( 3 2) 3) 1) √2 1 2 2 2 2 2 2 = σ −σ + σ −σ + σ −σ +6 τ + τ + τ ( ( x ( y ( z y) z) x) xy yz xz ) √2 √ √ – Ebener Spannungszustand: σ 3 =0 , σ z =0 , τ yz = τ xz =0 σ V , GH = √ σ 21 −σ 1 σ 2 +σ 22 = √ σ 2x −σ x σ y +σ 2y +3 τ 2xy Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-72 08.10.15 3.5.3 Gestaltänderungshypothese ● Versagen: – – Versagen durch Fließen tritt auf für σ V , GH ≥R e . In der Hauptspannungsebene ist die Grenzkurve eine Ellipse, deren Hauptachsen um 45° geneigt sind und die das Polygon der Schubspannungshypothese umschließt. Prof. Dr. Wandinger σ2 2 R 3 e Re 2 Re Re Re 2. Ebene Elastizitätstheorie σ1 Re TM 2 2.3-73 3.5.3 Gestaltänderungshypothese ● 08.10.15 Vergleich mit der Schubspannungshypothese: – Die Vergleichsspannung nach der Schubspannungshypothese ist maximal 15 % größer als die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungshypothese. – Die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungshypothese zeigt eine bessere Übereinstimmung mit experimentellen Ergebnissen. – Die Vergleichsspannung nach der Schubspannungshypothese liefert daher eine konservativere Beurteilung. – Die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungshypothese ist einfacher zu berechnen. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-74 3.5.3 Gestaltänderungshypothese 08.10.15 – Die Schubspannungshypothese kann einfach anschaulich am Mohrschen Kreis dargestellt werden. – Die Grenzkurve für die Gestaltänderungshypothese besitzt in jedem Punkt eine Tangente und eine Normale. Das ist günstig für numerische Berechnungen und erlaubt die Formulierung eines Fließgesetzes. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-75 3.5.3 Gestaltänderungshypothese ● 08.10.15 Beispiel: – In einem auf Zug und Torsion beanspruchten Bolzen aus einem duktilen Vergütungsstahl treten folgende Spannungen auf: σ x =450 MPa , τ xy =300 MPa – Die Streckgrenze beträgt 700 MPa. – Gesucht ist die Sicherheit gegen Fließen. – Da es sich um einen duktilen Werkstoff handelt, kann die Gestaltänderungshypothese verwendet werden. Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-76 3.5.3 Gestaltänderungshypothese – 08.10.15 Vergleichsspannung: σ V , GH = √ σ 2x +3 τ 2xy = √ 450 2 +3⋅300 2 MPa=687,4 MPa – Sicherheit gegen Fließen: Re 700 S F= σ = =1,02 V , GH 687,4 Prof. Dr. Wandinger 2. Ebene Elastizitätstheorie TM 2 2.3-77
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