1 Das Bühnenspiel - 326 Dieter Adam Viele heißen Waldemar

Das Bühnenspiel - 326
die nächste Kneipe. Jetzt treten Knoll jun. nebst Braut
Dieter Adam
Marion in Erscheinung, und auch bei ihnen rauscht es
Viele heißen Waldemar
wegen des Briefes in der Papiermühle. Als Höhepunkt
Schwank in einem Akt
taucht nun auch noch Marions Mutter Kunigunde auf
und verdächtigt Lisa, ein Verhältnis mit ihrem Mann, der
ISBN 3-7695-1431-5
ebenfalls Waldemar heißt, zu haben...
Bestimmungen über das Aufführungsrecht
Ein deftiger Schwank von Dieter Adam, einem der
Das Recht zur einmaligen Aufführung dieses Stückes
Autoren von "Peter Steiners Theaterstadl".
wird durch den Kauf der vom Verlag vorgeschriebenen
Spieltyp: Deftiger Schwank
Bücher erworben. Für jede Wiederholung bzw. weitere
Spielanlaß: Vereinsaufführungen, Einlagen für Feiern
Aufführung des Stückes muß eine vom Verlag
Spielraum: Guckkastenbühne
festgesetzte Gebühr vor der Aufführung an den
Darsteller: 3 m 3 w
Deutschen Theaterverlag PF 10 02 61, D-69442
Spieldauer: 30 - 45 Minuten
Weinheim/Bergstraße gezahlt werden, der dann die
Aufführungsrecht: Bezug von 7 Textbüchern
Aufführungsgenehmigung erteilt.
Personen
Für jede Aufführung in Räumen mit mehr als 300 Plätzen
Waldemar KNOLL - ein gemütlicher Familienvater
ist außer dem Kaufpreis für die vorgeschriebenen
Anfang 50
Rollenbücher eine Tantieme an den Verlag zu
LISA Knoll - seine liebenswerte Frau
entrichten.
WALDEMAR Knoll jun. - beider Sohn, moderner junger
Diese Bestimmungen gelten auch für
Mann Anfang 20
Wohltätigkeitsveranstaltungen und Aufführungen in
MARION Donner - modernes, nettes Mädchen
geschlossenen Kreisen ohne Einnahmen.
um die 20
Unerlaubte Aufführungen, unerlaubtes Abschreiben,
KUNIGUNDE Donner - deren streitbare Mutter,
Vervielfältigen oder Verleihen der Rollen müssen als
Frau Ende 40
Verstoß gegen das Urheberrecht verfolgt werden. Den
Waldemar DONNER - deren geplagtes Männchen um die
Bühnen gegenüber als Handschrift gedruckt.
50
Alle Rechte, auch die der Übersetzung, Verfilmung,
Anmerkung: Im Stück werden die Personen mit
Rundfunk- und Fernsehübertragung, sind vorbehalten.
den fett gedruckten Namen
Das Recht zur Aufführung erteilt ausschließlich der
bezeichnet.
Deutsche Theaterverlag PF 10 02 61, D-69442
Ort: Das Stück spielt im Wohnzimmer
Weinheim/Bergstraße.
der Familie Knoll, das überall und
Für die einmalige Aufführung dieses Stückes ist der Kauf
nirgendwo liegen kann
von 7 Textbüchern vorgeschrieben. Zusätzliche
Zeit: Heute
Textbücher können zum Katalogpreis nachbezogen
Das Bühnenbild
werden.
Gutbürgerliches Wohnzimmer. In der Mitte der Bühne
Kurzinformation
steht ein Tisch mit vier Stühlen, links ein kleiner
Als Waldemar Knoll sen. seinen Lottozettel sucht, fällt
Wohnzimmer-
ihm ein heißer Liebesbrief in die Hände, der an einen
schrank mit ganz kurzen oder gar keinen Beinen. Rechts
gewissen Waldemar gerichtet ist. Knoll fühlt sich nicht
erkennt man eine Anrichte oder einen Beistelltisch mit
angesprochen und läßt das Schreiben für seinen Sohn,
einem Radiorecorder. An der hinteren Wand sieht man
der einer alten Familientradition folgend ebenfalls
ein Fenster, an den übrigen Wänden Bilder, Teller ...
Waldemar heißt, auf dem Tisch liegen. Dort findet ihn
Auf- und Abgang jeweils nach, bzw. von links oder
Knoll's Ehefrau Lisa, rastet aus und unterstellt ihrem
rechts durch entsprechende Türen.
Mann, ein Verhältnis mit seiner Sekretärin zu haben. In
1. Szene
ihrem Zorn beschließt sie, Knoll zu verlassen und eilt
Knoll
davon, ihre Koffer zu packen. Ihr Mann verschwindet in
KNOLL:
1
(sitzt am Tisch und notiert die Lottozahlen, die gerade im
dieser Brief meinen Sohn. Der heißt nämlich auch
Radio verlesen werden)
Waldemar; eine alte Familientradition, den ältesten Sohn
RADIO:
nach dem Vater zu nennen. Mein Vater hieß schon so
(diesen Text spricht man am besten auf Band und spult
und mein Großvater ebenfalls. Mein Sohn ist jetzt sogar
ihn während der Aufführung ab)
soweit gegangen, sich einen Schwiegervater gleichen
Hören Sie zum Schluß unserer Nachrichten noch einmal
Vornamens zu suchen; seinen künftigen Schwiegervater
die Lottozahlen. Sie lauten: 5 - 8 - 16 - 22 - 23 - 48
- wohlgemerkt. Bis jetzt ist er nämlich nur verlobt. Mein
Zusatzzahl 1. Ich wiederhole: 5 - 8 - 16 - 22 - 23 - 48
Sohn, nicht der künftige Schwiegervater. Der ist
Zusatzzahl 1. Diese Angaben sind wie immer ohne
natürlich verheiratet.
Gewähr. Nach einer kleinen Pause setzen wir unser
(winkt ab)
Programm mit der Sendung "Was kocht die junge
Und wie der verheiratet ist, das arme Schwein! Ich
Hausfrau ihren Lieblingen am Sonntag?" fort.
möchte seine Frau jedenfalls nicht mal geschenkt; und
KNOLL:
wenn man sie mit Diamanten spicken und in goldenes
(erhebt sich, geht zum Radio und schaltet ihn aus. Dabei
Papier einwickeln würde.
mißmutig vor sich hin brummelnd)
(starrt wieder auf den Brief)
Bei uns kocht die junge Hausfrau ihrem Liebling
Was mache ich jetzt damit? Am besten, ich lege ihn auf
sonntags überhaupt nichts; denn erstens ist aus der
den Tisch, damit ihn Waldemar, wenn er heimkommt,
jungen Hausfrau inzwischen ein alter Hausdrachen
auch sieht. Und ich schau' in der Küche nach, ob ich den
geworden und zweitens möchte sie am Sonntag
Lottozettel dort finde. Vielleicht habe ich ja sechs
ausgeführt werden. Nach Möglichkeit in die teuersten
Richtige. Meine Frau meint zwar immer, ihr wäre es
Gasthäuser, wo die Portionen in keinem Verhältnis zu
lieber, wenn ich mal wieder einen Richtigen hätte, aber
den Preisen stehen, und man schon bei der Suppe
das ist natürlich dummes Weiber-
überlegt, ob das nun wirklich die Suppe ist, oder ob bloß
geschwätz!
der Teller schwitzt.
(schnell nach links ab)
(schaut sich suchend um)
2. Szene
Jetzt möchte ich nur wissen, wo der Lottozettel ist. Ich
Lisa
glaube, ich hatte ihn oben auf den Schrank gelegt.
LISA:
(geht hin und sieht nach)
(kommt gleichzeitig von rechts herein)
Hier ist er nicht. Aber vielleicht ist er ja hinten
Wo steckt dieser Mann bloß wieder? Immer, wenn man
runtergefallen.
ihn mal braucht, ist er spurlos verschwunden.
(schiebt unter komischem Ächzen den Schrank ein wenig
Wahrscheinlich hockt er wieder auf dem Lokus und liest
nach vorn und fördert einen Brief zutage)
Karl May. Das kann er stundenlang. Irgendwann erstickt
Ei, was haben wir denn da?
er noch an seinem eigenen Mief.
(beäugt das Schreiben neugierig von allen Seiten)
(entdeckt den Brief auf dem Tisch und nimmt ihn an
Merkwürdig!
sich)
(beginnt zu lesen)
Was haben wir denn da?
Mein innigstgeliebter, einmaliger, starker,
(liest)
verständnisvoller, heißblütiger Waldemar!
Mein innigstgeliebter, einmaliger, starker,
(wendet sich an das Publikum)
verständnisvoller, heißblütiger Waldemar!
Aber das bin ja ich!
(läßt den Brief entgeistert sinken)
(schüttelt entschieden den Kopf)
Aber das ist doch die Höhe! Wer schreibt meinem
Nein, nein, das ist unmöglich! Wer sollte mir einen
Waldemar denn einen solchen Brief?
solchen Brief schreiben? Aus dem Alter bin ich längst
(verzieht grimmig das Gesicht)
heraus! Ich und heißblütig!
Der kann nur von seiner Sekretärin sein! Also hat er doch
(kichert albern)
ein Verhältnis mit ihr, der alte Höllenhund! Kein
Ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe! Sicher betrifft
Wunder, daß er abends bei mir lendenlahm ist, wenn er
2
bei diesem Weibsstück den Heißblütigen spielt! Mal
Ach so, du meinst den Liebesbrief an Waldemar?
sehen, was sie weiter schreibt.
LISA:
(liest wieder)
(außer sich vor Zorn)
Es war wieder wunderschön mit Dir! Du bist eben doch
Spiele nur nicht den Unschuldigen, du Wüstling! Ich
der Allergrößte!
weiß genau, wer mit diesem Brief gemeint ist!
(läßt den Brief sinken - nachdenklich)
KNOLL:
Wenn ich's recht überlege, kann mein Mann mit diesem
(immer noch unschuldig wie ein Kind)
Brief eigentlich doch nicht gemeint sein, denn den
Ja, unser Herr Sohn natürlich! Und du Neugierige Nase
Allergrößten hat er...äh...
hattest selbstverständlich nichts Besseres zu tun, als in
(verhaspelt sich)
den intimsten Angelegenheiten anderer Leute
...hmmm... also den Allergr... der Allergrößte ist er ja
herumzuschnüffeln! Du solltest dich schämen,
nun wirklich nicht! Vielleicht ist der Brief an meinen
Schatzimaus!
Sohn gerichtet? Aber wer sollte ihm so etwas schreiben?
LISA:
Seine Marion sicher nicht. Die sagt ihm das lieber
(fauchend)
persönlich. Also muß doch mein Waldemar gemeint
Nenn mich nicht Schatzimaus!
sein! Und geschrieben hat's seine Sekretärin! Natürlich!
KNOLL:
Ist ja auch mit der Schreibmaschine getippt! Na warte!
(gelassen)
(liest weiter)
Na schön - Schatziratte!
Immer, wenn Du mich in Deine starken Arme nimmst,
LISA:
komme ich mir wie im Siebenten Himmel vor! So auch
Laß den Quatsch und versuche nicht abzulenken; denn
gestern!
wenn sich hier einer schämen müßte, bist du es, du alter
(läßt den Brief sinken)
Lustmolch!
Natürlich - gestern! Gestern hat er angeblich wieder
KNOLL:
Überstunden machen müssen. Überstunden!
(zutiefst erstaunt)
(lacht sarkastisch)
Iiich? Wieso das denn? Ich habe den Brief ja nicht
Übungsstunden mit seiner Sekretärin wäre das
gelesen, obwohl er mich brennend interessiert hätte. Ich
passendere Wort dafür! Was für ein Pech für diesen
weiß nämlich, was sich gehört! Es ist und bleibt eben
Sexprotz, daß er den Brief hier auf dem Tisch vergessen
eine der höchsten Tugenden des Mannes, nicht
hat. Der kann was erleben! In seine Einzelteile werde ich
neugierig zu sein! Das unterscheidet uns von den
ihn zerlegen! Dem wird die Lust auf künftige
Frauen!
Liebesabenteuer gründlich vergehen! Er wird dazu gar
LISA:
nicht mehr in der Lage sein! Bei Sultan Hassan dem
(empört)
Verschleimten kann er sich als Eunuch verdingen!
Erspare mir deine heuchlerischen Sprüche, du
3. Szene
abgewrackter Westentaschencasanova! Ich glaube dir
Lisa, Knoll
sowieso kein Wort! Seit Monaten habe ich dich im
KNOLL:
Verdacht, daß du es mit dieser Sumpfdotterblume
(kommt von links auf die Bühne)
treibst! Das hier
Ach, Schatzimaus, da bist du ja! Hast du zufällig den
(fuchtelt ihm mit dem Brief unter der Nase herum)
Lottozettel gesehen?
- ist der endgültige Beweis dafür!
LISA:
KNOLL:
(geht wie eine Katze fauchend auf ihn los und hält ihm
(wird jetzt auch ärgerlich)
den Brief unter die Nase - wütend)
Du hast doch einen Vogel in der Größe eines
Den Lottozettel habe ich nicht gesehen, aber das da!
ausgewachsenen Elefanten! Ich treibe es weder mit einer
Und das war wesentlich interessanter für mich!
Sumpfdotterblume noch mit sonstigen
KNOLL:
Nachtschattengewächsen! Die einzige Frau, der ich seit
(lacht harmlos)
über fünfundzwanzig Jah ren meine Liebe und alles, was
3
dazugehört, schenke, bist du!
berufsbedingt wie ein alter Käse gestunken. Aber das
LISA:
wird's wohl gewesen sein: Ich liebe Käse nun mal über
(gehässig)
alles!
Davon habe ich aber schon lange nichts mehr gemerkt!
KNOLL:
Bei uns zuhause schenkst du deine Aufmerksamkeit
(trocken)
doch nur noch deiner Couch, auf der du regelmäßig
Guten Appetit!
jeden Abend vor dem Fernseher einpennst, du Penner!
LISA:
Aber ist das ein Wunder, wenn du dich tagsüber bei
(winkt ab, tritt - Knoll und dem Publikum den Rücken
deiner Schreibmaschinendompteuse austobst? Für die
weisend - vor das Fenster und blickt hinaus - leidend)
eigene Frau bleibt dann logischerweise nichts mehr
Und wie dankst du es mir heute, Waldemar Knoll? Du
übrig; denn soviel hast du in deinem Alter ja auch nicht
poussierst mit deiner Sekretärin herum und läßt dir
mehr zu bieten! Eine leere Zitrone kann man nicht mehr
deine Leistungen auch noch schriftlich von ihr
auspressen! Deshalb wundere ich mich eh, was dein
bestätigen!
Stenoblockflittchen an dir findet!
KNOLL:
KNOLL:
(zieht hinter ihrem Rücken in stummer Mimik eine Gri-
(laut)
masse und zeigt ihr den Vogel)
Ich ersuche dich höflichst, Fräulein Knickebein aus dem
LISA:
Spiel zu lassen! Sie ist eine überaus reizende Kollegin,
Das ist das Ende, Waldemar Knoll! Ich verschwinde von
die sehr viel Verständnis für mich und meine Probleme
der Bildfläche - und zwar auf der Stelle!
hat! Außerdem kocht sie besser Kaffee als du!
KNOLL:
LISA:
(faltet die Hände und hebt sie mit strahlender Miene gen
Sie scheint noch ganz andere Dinge besser zu
Himmel)
beherrschen als ich! Warum gehst du nicht zu ihr? Auf
LISA:
einen Rohrkrepierer wie dich kann ich schon lange
(wendet sich wieder zu ihm um)
verzichten! Ich hätte damals auf meine Mutter hören
Laß dir deine dreckigen Unterhosen und käsigen Socken
sollen! Sie hat nie etwas von dir gehalten!
doch künftig von deinem geliebten Fräulein Knickebein
KNOLL:
waschen und stopfen. Ich habe lange genug für dich das
Meinst du etwa, ich von ihr? Und daran hat sich bis
Dienstmädchen gespielt; entschieden zu lange! Ich bin
heute nichts geändert! Selbst unsere Grünpflanzen
noch jung genug, um mir ein neues Leben aufbauen zu
lassen die Köpfe hängen, wenn sie uns mit ihrem Besuch
können. Aber billig wird das nicht für dich, Waldemar
beehrt!
Knoll! Du wirst ganz ordentlich für mich bluten müssen!
LISA:
KNOLL:
Blas dich bloß nicht so auf, du Gartenzwerg! Du kannst
(trocken)
dich doch "von" schreiben, daß ich dich seinerzeit
Als ob das etwas Neues wäre! Das mache ich doch
genommen habe! Nicht mal den Hilfsschulabschluß
ohnehin seit Jahren!
hattest du geschafft! Was du heute bist, verdankst du
LISA:
einzig und allein mir! Wäre ich nicht gewesen, würdest
Ja, spotte nur! Dir wird der Spott schon noch vergehen,
du heute noch in der Käserei die Löcher in den
wenn du erst das Scheidungsurteil in deinen fetten
Emmentaler boh ren! Zu nichts anderem hast du doch
Händen hältst! Nichts wird dir bleiben! Nur dieser Brief
getaugt!
hier!
KNOLL:
(drückt ihm den Wisch in die Hand)
Dann frage ich mich, warum du mich trotzdem
Laß ihn dir einrahmen und hänge ihn über dein Bett,
genommen hast?
falls du nach unsrer Scheidung überhaupt noch eins
LISA:
besitzt. Und nun entschuldige mich. Ich möchte meine
Das frage ich mich heute allerdings auch! Du hattest
Koffer packen!
nichts, warst kaum schöner als heute und hast meistens
(geht nach rechts ab)
4
4. Szene
daß das bei meiner Familie anders ist. Nur ist es bei uns
Knoll
mein Vater, der seine Frau verläßt und zu seiner Mami
KNOLL:
zurückkehrt!
(schaut ihr kopfschüttelnd nach)
WALDEMAR:
Da geht sie hin und kehrt nicht wieder! Und das alles
(zuversichtlich)
wegen eines Briefes, mit dem ich wirklich nichts zu tun
Das wirst du mit mir nie erleben! Ich werde dir immer
habe. Soll ich darüber lachen oder weinen? Am besten,
ein liebender, treuer Ehemann sein.
ich gehe nebenan in die Kneipe und genehmige mir ei-
MARION:
nen. Das kann mir zum Glück ja keiner mehr verbieten.
Wollen wir's hoffen! Ich würde dir sonst die Augen
(legt den Brief auf den Tisch zurück und geht, folgende
auskratzen! Du weißt, wie eifersüchtig ich bin. Laß dir
Zeilen nach der Melodie "Mein Vater war ein
also niemals in den Sinn kommen, dich mit einer
Wandersmann" singend, nach links ab)
anderen abzugeben. Du würdest es wahrscheinlich nicht
Der Papi ist ein freier Mann, das find' ich gar nicht
überleben.
dumm. Ich sauf' mir jetzt die Hucke voll, und niemand
WALDEMAR:
meckert 'rum! Valleri - vallera.....
(fast etwas zu überschwenglich)
(ab)
Was brauche ich eine andere, wenn ich dich habe? Du
5. Szene
bist die Sonne meines Lebens, an deren Strahlen ich
Waldemar, Marion
mich wärme.
(wieder normal)
(während Knoll singend abmarschiert, treten von rechts
Möchtest du etwas trinken, Schatz?
Waldemar der Jüngere und seine Braut Marion auf die
MARION:
Bühne)
Ja, gern! Wenn's geht, eine Cola.
WALDEMAR:
WALDEMAR:
Nanu, der Papa hat ja heute so gute Laune! Ob Mama
Ich hole sie dir sofort.
ihn mal wieder verlassen hat? Alles spricht dafür; denn
(greift sich an den Kopf)
dieses Lied hat er extra für diesen Glücksfall aller
Halt, da fällt mir ein, daß wir keine Cola mehr im Haus
Glücksfälle, wie er es nennt, umgetextet.
haben. Ich laufe schnell 'rüber in den Supermarkt und
MARION:
hole ein paar Flaschen. Mach dir's inzwischen bequem,
Verläßt sie ihn denn häufiger?
Schatz. Ich bin gleich zurück.
WALDEMAR:
(gibt ihr einen Kuß und geht schnell nach rechts ab)
So fünf- bis sechsmal im Jahr. Aber bis jetzt ist sie immer
6. Szene
wieder zurückgekommen. Sie kann eben nicht ohne ihn
Marion
leben. Fünfundzwanzig Jahre schmieden offenbar doch
MARION:
aneinander.
(tritt zum Radio und schaltet es ein. Sie sucht nach
MARION:
moderner Musik - Techno o.ä. - und geht, nachdem sie
(seufzt melancholisch)
sie gefunden hat, mit sich selbst tanzend zum Tisch. Dort
Ja, und aus Liebe wird Gewohnheit! Ob das bei allen
stutzt sie, greift nach dem Brief und beginnt zu lesen)
Ehen der Fall ist?
Mein innigstgeliebter, einmaliger, starker,
WALDEMAR:
verständnisvoller, heißblütiger Waldemar! Es war wieder
(gibt ihr einen Kuß)
wunderschön mit Dir! Du bist eben doch der
Bei uns ganz bestimmt nicht, wenn wir erst mal
Allergrößte!
verheiratet sind! Wir werden uns immer und ewig
(läßt sich auf einen Stuhl fallen und liest immer schneller
lieben!
und erregter)
MARION:
Immer, wenn Du mich in Deine starken Arme nimmst,
Das haben deine und meine Eltern sicher auch einmal
komme ich mir wie im Siebenten Himmel vor! So auch
gedacht - und heute fliegen die Fetzen! Glaub nur nicht,
gestern! Es war zwar etwas eng in Deinem alten VW,
5
trotzdem fühlte ich mich wie in einem goldenen
WALDEMAR:
Himmelbett!
(begriffsstutzig)
(läßt den Brief sinken und fängt zu weinen an)
Was, sie ist mit dem Beckenbauer fort? Wie kommt der
O, dieser Schuft, dieser hundsgemeine! Deshalb konnte
denn hierher?
er gestern also nicht zu mir kommen! Er hatte ein Date
LISA:
mit einer anderen! Meine Liebe allein genügt ihm nicht!
(greift sich an den Kopf)
Was er gerade behauptet hat, war gelogen! Und ich
Mein Gott, steig mal runter von der Leitung, auf der du
Riesenroß habe ihm geglaubt! Aber damit ist es jetzt
stehst! Ich meinte: Vielleicht ist sie dahin, wohin selbst
vorbei! Was soll ich mit einem Mann, der mich schon vor
der Kaiser zu Fuß geht; auf's Klo nämlich!
der Ehe betrügt? Anständige Männer war ten damit, bis
WALDEMAR:
sie verheiratet sind! Ich will diesen Kerl nicht mehr
Ja, vielleicht!
sehen! Nie mehr! Und seinen Verlobungsring kann er
(stellt die Flaschen auf den Tisch, öffnet links die Tür und
sich meinetwegen in Essig und Öl einlegen!
ruft)
(springt auf, zerrt den Ring vom Finger und knallt ihn
Hallo, Schatzilein, wo bist du?
samt Brief auf den Tisch)
LISA:
Leben Sie wohl, Herr Knoll! Ab heute müssen Sie wieder
Lieber Himmel, bis dorthin mußt du ihr ja nicht
"Sie" zu mir und meinen Eltern sagen!
unbedingt nachlaufen! Vermutlich kann sie das schon
(stürmt nach rechts von der Bühne)
allein erledigen. Oder ist sie etwa noch nicht trocken?
7. Szene
WALDEMAR:
Lisa, dann Waldemar
Doch, ich denke schon.
LISA:
(zu seiner Mutter)
(kommt von links. Sie ist zum Ausgehen gekleidet, also
Und du willst uns also wieder einmal verlassen?
mit Hut, Mantel u.ä. - und schleppt zwei riesige Koffer
LISA:
mit sich, die sie prustend mitten auf der Bühne abstellt)
Jawohl! Und diesmal endgültig! Stell dir vor: Dein Vater
Eigentlich bin ich ein Kamel! Immer bin ich es, die ihn
betrügt mich mit seiner Sekretärin!
verläßt! Warum nicht mal umgekehrt? Warum muß
WALDEMAR:
immer ich die schweren Koffer schleppen? Das ist heute
(ungläubig)
das letzte Mal, daß ich es tue! Das nächste Mal ist er an
Mit Fräulein Knickebein? Das glaubst du doch selbst
der Reihe!
nicht, Mama!
(geht zum Radio und schaltet es aus - dabei)
(lacht)
Meine Güte, wer hört sich denn so einen Schwachsinn
Dieses unscheinbare, unbedarfte, graue Mäuschen ist
an? Da fallen einem ja die Plomben aus den Zähnen!
vermutlich nicht einmal aufgeklärt!
WALDEMAR:
LISA:
(kommt mit ein paar vollen Colaflaschen von rechts und
Aber dein Vater ist es! Meine ich jedenfalls, sonst hätte
ruft schon von draußen)
er dich wohl nicht gezeugt.
So, Schatzilein, da bin ich wieder!
(seufzt)
(tritt auf die Bühne - stutzt)
Lang, lang ist's her!
Nanu, wo ist denn Marion?
WALDEMAR:
LISA:
(legt ihr tröstend den Arm um die Schultern)
Außer mir ist niemand hier - und ich bin auch schon so
Eben, Mama! Meiner Ansicht nach hat Papa nicht mehr
gut wie weg.
viel mit dem anderen Geschlecht im Sinn. Den
WALDEMAR:
interessiert doch nur noch, wie die Bayern, Dortmund,
Ja, aber Marion müßte doch da sein!
Leverkusen oder x
LISA:
(= örtlicher Verein) gespielt haben und welcher Film
Ist sie aber nicht! Vielleicht ist sie dahin, wohin selbst
wann und wo im Fernsehen läuft. Oder ist er etwa
der Beckenbauer zu Fuß gehen muß.
immer noch der feurige Liebhaber von früher?
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