Unternehmensbewertung in der Krise

Aufsätze
Unternehmensbewertung
in der Krise
Univ.-Prof. Dr. Michael Hinz, Technische Universität Chemnitz, Inhaber der Professur BWL X
Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung;
Anja Büttner, M.Sc., Technische Universität Chemnitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
Professur BWL X Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung
Die Charakteristika von Unternehmen in Krisensituationen
erschweren zwar die Bewertung ertragsschwacher Unternehmen, sie führen aber nicht dazu, dass die bekannten Methoden der Unternehmensbewertung nicht mehr anwendbar wären. Allerdings ergibt sich die Notwendigkeit, die bekannten Unternehmensbewertungsmethoden in geeigneter Weise
anzupassen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die zur Verfügung stehenden
Handlungsalternativen und Vorgehensweisen.
I. Ertragsschwache Unternehmen und Sanierung
Ertragsschwache Unternehmen sind
solche, deren leistungswirtschaftliche
Erfolge die Erhaltung der Unternehmenssubstanz nicht mehr sicherstellen und die Erfüllung der finanziellen
Ansprüche der verschiedenen Unternehmensbeteiligten, insbesondere
der Eigentümer, nicht mehr gewährleisten. Zumindest ein Teil des investierten Kapitels erscheint als unwiederbringlich verloren.
Die Eigentümer eines solchen Unternehmens stehen vor der Entscheidung, ob es fortgeführt, veräußert
oder liquidiert werden soll. Bevor
eine solche Entscheidung getroffen
wird, ist die Bewertung des betroffenen Unternehmens sinnvoll, um die
geeignete Handlungsalternative zu
wählen. Auch potenzielle Erwerber
eines ertragsschwachen Unternehmens sollten dieses einer Bewertung
unterziehen, um die Entscheidung für
oder gegen den Erwerb zu treffen.
Mögliche Sanierungsmaßnahmen
und die damit verbundenen monetären Effekte sind dabei in die Bewertung einzubeziehen.
Sanierung umfasst alle Instrumente
und Maßnahmen, die zur Gesundung
eines sich in der Krise befindlichen
Unternehmens beitragen und seinen
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Fortbestand sichern.1 Die wichtigsten
Ziele der Sanierung sind die kurzfristige Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit und die nachhaltige
Sicherstellung der Ertrags- und damit
Existenzfähigkeit des Unternehmens.
INHALT
I.
II. Bewertung von Unternehmen in
Krisensituationen
1. Bewertung sanierungsunfähiger Unternehmen
Bei der Sanierung ist zwischen Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit zu differenzieren. So wird ein
Entscheidungsträger das „ertragsschwache Unternehmen nur dann
sanieren und fortführen, wenn es
subjektiv sowohl sanierungsfähig als
auch sanierungswürdig ist“.2
Sanierungsfähig ist ein Unternehmen
dann, wenn es innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums aus der Krise
herausgeführt und in eine dauerhaft
überlebens- und wettbewerbsfähige
Position gebracht werden kann. 3
Sanierungsfähigkeit ist zu bejahen,
wenn das Unternehmen nachhaltig Einzahlungsüberschüsse erzielen
kann und die zur Verfügung stehenden Instrumente und Maßnahmen
dazu führen, die Zahlungsschwierigkeiten zu beseitigen und dem Unternehmen eine angemessene Renta1 Vgl. Groß, Sanierung durch Fortführungsgesellschaften, 2. Aufl. 1988, S. 23
2 Leuner/Hattenbach, in: Peemöller (Hrsg.): Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Aufl.
2015, S. 1299 f.
3 Vgl. WP-Handbuch, Band II, 14. Aufl. 2014, L,
Tz. 57 ff. m.w.N.; IDW S 6, IDW-Fachnachrichten
2012, S. 719
Ertragsschwache Unternehmen
und Sanierung
2. Bewertung sanierungsfähiger
Unternehmen
III. Fazit
Keywords
Krisenursachen; Liquidationswert;
Sanierung; Unternehmensbewertung;
Zukunftserfolge
Normen
§§ 17–19 InsO
bilität zu sichern. Die grundsätzliche Sanierungsfähigkeit wird durch
die vorhandenen Unternehmenspotenziale (Leistungs- und Ressourcenpotenziale, Führungspotenziale),
Sanierungsbarrieren (z.B. Kapitalbeschaffungsengpässe, Markteintrittsoder Marktaustrittsbarrieren) und die
zur Verfügung stehenden Sanierungsmaßnahmen determiniert.4
Kann auf der Basis der vorhandenen
Unternehmenspotenziale mit den zur
Verfügung stehenden Instrumenten
und Maßnahmen eine dauerhafte
Überlebens- und Wettbewerbsfähig4
Vgl. hierzu z.B. Groß, a.a.O. (Fn. 1), S. 70 ff.
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keit des Unternehmens nicht gewährleistet werden, ist die Fortführung
des Unternehmens keine sinnvolle
Alternative mehr. Als Handlungsmöglichkeit verbleibt dann lediglich die
Verwertung des Unternehmens, d.h.
die Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte des Unternehmens.5
I.d.R. werden dem gegenwärtigen
Eigentümer und dem potenziellen
Erwerber eines ertragsschwachen
Unternehmens unterschiedliche Instrumente und Handlungsalternativen
zur Bewältigung der Krisensituation
zur Verfügung stehen, die in unterschiedlichen Einschätzungen der vom
Unternehmen zukünftig nachhaltig
erzielbaren Zahlungsüberschüsse und
damit in eine unterschiedliche Einschätzung der Sanierungsfähigkeit
des Unternehmens münden. Sanierungsfähigkeit lässt sich demnach
sinnvoll nur aus der Sicht des jeweiligen Bewertungssubjektes bestimmen.
Ausgehend von einer positiven Beurteilung der Sanierungsfähigkeit ist das
Unternehmen für den gegenwärtigen
Eigentümer nur dann sanierungswürdig, wenn die Sanierung ihm einen
höheren Nutzen verspricht als dessen
Verwertung ohne Sanierung. Bei ausschließlicher Verfolgung finanzieller
Zielsetzungen muss der gegenwärtige
Eigentümer daher unter Zugrundelegung der ihm zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen abschätzen, welche finanziellen Überschüsse
ihm aus dem Unternehmen nach
erfolgter Sanierung zukünftig zufließen können und welche finanziellen
Überschüsse aus der Liquidation des
Unternehmens resultieren. Übersteigt
der Ertragswert den Liquidationswert,
dann wird ein rational handelnder
Entscheider das Unternehmen sanieren und fortführen, da dessen Fortführung einen höheren Nutzen stiftet
als dessen Liquidation.
Auch ein potenzieller Erwerber wird
das Unternehmen nur dann fortfüh5 Vgl. Peemöller/Bömelburg, Unternehmensbewertung ertragsschwacher Unternehmen, DStR 1993,
S. 1036 (1038)
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ren, wenn es für ihn sowohl sanierungsfähig als auch sanierungswürdig
ist. Zum Zwecke der Beurteilung der
Sanierungswürdigkeit ist in diesem
Fall der Barwert der zukünftigen
entziehbaren Nettozahlungsüberschüsse jedoch nicht mit dem Liquidationswert, sondern mit dem für
das ertragsschwache Unternehmen
geforderten Kaufpreis zu vergleichen.
Sanierungswürdig ist das Unternehmen dann, wenn der Barwert der bei
der Fortführung des Unternehmens
aus Sicht des potenziellen Erwerbers
erzielbaren Zukunftserfolge abzüglich der Sanierungskosten den vom
Veräußerer geforderten Kaufpreis
übersteigt.
II. Bewertung von
Unternehmen in
Krisensituationen
1.
Bewertung sanierungsunfähiger Unternehmen
Bei chronischer Ertragsschwäche
können keine Maßnahmen ergriffen
werden, durch die die Ertragsschwäche beseitigt werden kann. Daher ist
diese Ertragsschwäche zwangsläufig
mit der zukünftigen Insolvenz des
Unternehmens verbunden. Ein Weiterführen des Unternehmens ist aus
der Sicht des gegenwärtigen Eigentümers folglich nicht lohnend, da die
Prognose bezüglich der Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit des
Unternehmens negativ und dessen
Fortführung nur mittels Kapitalzuführungen à fonds perdu zu gewährleisten ist. Der Eigentümer steht dann vor
der Entscheidung, das Unternehmen
in seiner Gesamtheit zu veräußern
oder es zu liquidieren.
Die Veräußerung des Unternehmens
in seiner Gesamtheit kommt dann
in Betracht, wenn ein potenzieller Erwerber für das Unternehmen
gefunden wird, der bereit ist, mindestens den Liquidationswert des
Unternehmens zu bezahlen, denn
dieser Wert repräsentiert die Wertuntergrenze für den Veräußerer. Die
Alternative der Liquidation ist für ihn
immer dann vorteilhaft, wenn er hierdurch einen größeren Nutzen erzielen
kann als mit der Veräußerung des
Unternehmens im Ganzen. Chronisch
ertragsschwache Unternehmen sind
folglich mit ihrem Liquidationswert
zu bewerten, da dieser den für die
zu wählende Handlungsalternative
relevanten Vergleichswert darstellt.
Der Liquidationswert des Unternehmens ergibt sich als Barwert der
Nettoliquidationserlöse, d.h. aus der
Veräußerung der einzeln verkehrsfähigen Vermögensgegenstände des
Unternehmens abzüglich der Schulden sowie der Liquidationskosten. Die
Einzelveräußerungspreise für die zu
liquidierenden Vermögenswerte ergeben sich aus Angebot und Nachfrage
auf dem jeweiligen Absatzmarkt für
die Vermögenswerte. Diese Veräußerungspreise müssen nicht mit den
üblichen Markt- oder Börsenpreisen
des entsprechenden Absatzmarktes übereinstimmen. Vielmehr hängt
deren Höhe von der Zerschlagungsintensität und der Liquidationsgeschwindigkeit ab.
Absatzmarktwerte aller einzeln
verkehrsfähigen Vermögensgegenstände
–
Wert aller Schulden des Unternehmens
–
Spesen, die bei der Veräußerung
der einzelnen Vermögenswerte
anfallen
–
Kosten weiterlaufender Verträge
während des Liquidationszeitraumes (z.B. Mieten, Gehälter,
Versicherungen)
–
Kosten der vorzeitigen Auflösung
von Verträgen (z.B. Vorfälligkeitsentschädigungen bei Krediten,
Leasingverträgen, Pachtverträgen)
–
gem. § 112 BetrVG entstehende
Sozialplanverpflichtungen
–
Kosten der Löschung und weitere
Kosten des Liquidationsverfahrens
= Liquidationswert
Tab.1: Ermittlung des Liquidationswertes
Von den Liquidationserlösen sind die
Unternehmensschulden und weitere
durch die Liquidation bedingte Kosten abzuziehen. Hierbei ist insbeBOARD • 4/2015
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sondere darauf zu achten, dass die
infolge der Liquidation entstehenden
Verpflichtungen, wie z.B. Sozialplanverpflichtungen, vollständig erfasst
und entfallende Verpflichtungen, wie
z.B. Kulanzrückstellungen, gekürzt
werden sowie Kosten aus der vorzeitigen Auflösung von Verpflichtungen,
wie z.B. Pachtverhältnissen, ebenfalls
berücksichtigt werden.
Ferner müssen die mit einer Liquidation auf der Ebene des Unternehmens
und auf der Ebene der Eigentümer
verbundenen ertragsteuerlichen
Effekte berücksichtigt werden.6
Der Liquidationswert ist durchaus
nicht leichter zu ermitteln als ein Fortführungswert und mit einer Reihe
von problematischen Schätzungen
verbunden, wie der Bestimmung
des Zeitraums, innerhalb dessen die
Liquidation abgeschlossen sein soll,
sowie der Schätzung der Höhe der
Liquidationserlöse für die einzelnen
Vermögenswerte.
Umfasst die Liquidation einen Zeitraum von mehr als einer Periode, sind
die Liquidationserlöse zu diskontieren.
2. Bewertung sanierungsfähiger Unternehmen
Die für die Sanierung entwickelten
Konzepte und ihre monetären Auswirkungen sind in die Unternehmensbewertung, die als Entscheidungsgrundlage für den Eigentümer und den
potenziellen Erwerber herangezogen
wird, einzubeziehen. Die Entwicklung
von Strategien zur Überwindung der
Ertragsschwäche hängt entscheidend
von der zutreffenden Identifizierung
der Krisenursachen und der richtigen
Beurteilung der Ausgangslage des
Unternehmens ab, da zielführende
Sanierungsstrategien nur entwickelt
werden können, wenn die Gründe
für die Krise identifiziert sind.
I.d.R. gestaltet sich die Suche nach
den Gründen für die Ertragsschwäche
als nicht ganz einfach, da üblicher6 Zu den steuerlichen Folgen für Unternehmenseigner siehe §§ 16, 17 EStG; für die Kapitalgesellschaft
siehe § 11 KStG.
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weise nicht ein Grund allein für die
Situation verantwortlich ist. Relevante
Fragestellungen sind:
 Wie haben sich die Kosten des
Unternehmens entwickelt?
 Bestehen Qualitätsprobleme und
wenn ja, welche?
 Welche weiteren internen Ursachen der Ertragsschwäche sind
identifizierbar?
 Wie hat sich die Konjunktur entwickelt?
 Bei welchen Produkten und/oder
Produktgruppen ist es zu Nachfragerückgängen gekommen?
 Sind neue Anbieter dem Markt
beigetreten?
 Hat es Produktinnovationen und
-substitutionen durch Wettbewerber gegeben?
Tab. 2: Relevante Fragestellungen bei der
Ermittlung von Krisenursachen7
Externe Krisenursachen8 lösen im Allgemeinen strategische Anpassungsmaßnahmen für das Unternehmen
aus. So sind das Aufkommen von
Substitutionsprodukten, Veränderungen im Kaufverhalten und verstärkter
Wettbewerbsdruck externe Gründe,
die unweigerlich dann zur Ertragsschwäche führen, wenn die Unternehmensleitung auf diese negativen
Tendenzen nicht oder nicht ausreichend durch entsprechende Anpassungsmaßnahmen reagiert.
Ausgehend von der Erfassung der
externen Faktoren sind die internen
Ursachen, die zu der angespannten
wirtschaftlichen Lage geführt haben
und noch weiterwirken zu identifizieren.
Diese können in der Unternehmensstrategie, Arbeitsineffizienz, Organisation des Unternehmens, Qualität
der Führungskräfte oder auch an
Mängeln in verschiedenen Funktionsbereichen des Unternehmens,
wie z.B. Beschaffung und Logistik,
7 Vgl. z.B. Hinz, in: Petersen/Zwirner/Brösel (Hrsg.):
Handbuch Unternehmensbewertung 2013, S. 912
8 Eine Auflistung wichtiger externer Gründe für
Krisensituationen findet sich z.B. im WP-Handbuch
2014, a.a.O. (Fn. 3), L, Tz. 28. Siehe auch Crone/
Werner (Hrsg.), Modernes Sanierungsmanagement,
4. Aufl. 2014, S. 12.
Absatz, Produktion, Personal, Investition, Forschung und Entwicklung
oder Planung und Kontrolle liegen.9
Ausgehend von der Beschreibung
und Analyse des Istzustandes des
Unternehmens sind in einem zweiten
Schritt dann, unter Beachtung der
Zielvorstellungen der Bewertungssubjekte, Konzepte zur Beseitigung der
Ertragsschwäche zu entwickeln. Die
im Rahmen dieser Konzepte zur Verfügung stehenden Maßnahmen lassen sich systematisieren in kurz- und
mittelfristig wirkende Maßnahmen
sowie Maßnahmen zur strategischen
Neuausrichtung.
Bei den kurzfristig wirkenden Maßnahmen geht es primär um Liquiditätsverbesserungen und die kurzfristige Generierung von Erfolgen.
Kurzfristige Liquiditätsverbesserungen lassen sich u.a. durch Forfaitierungen, die Ausnutzung von Zahlungszielen, Investitionsstopps, die
Verschiebung von Großreparaturen
sowie Einstellungsstopps realisieren.
Die Generierung entsprechender
Erfolge ist kurzfristig nicht im Rahmen
der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit,
sondern nur durch die Veräußerung
von Betriebsvermögen realisierbar. Bei
diesem Vorgehen steht demnach der
Verzicht auf alle nicht unbedingt notwendigen Betriebsteile bzw. einzeln
verkehrsfähigen Vermögenswerte
im Vordergrund. Mit diesem Verzicht
ist zumeist auch ein entsprechender
Personalabbau verbunden, der die
Erstellung eines Sozialplanes zur Konsequenz haben kann. Die Kosten des
Sozialplanes sind dann in den zukünftigen Plänen zu berücksichtigen.
Mittelfristig wirkende Maßnahmen
haben den Zweck, die Fähigkeit des
Unternehmens, Überschüsse durch
das operative Geschäft zu erzielen,
sicherzustellen und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu regenerieren
(Konsolidierungsprogramm). Hierzu
zählen insbesondere die Verlagerung
und Zusammenlegung von Betriebs9 Eine Auflistung möglicher interner Krisenursachen findet sich z.B. bei Crone/Werner (Hrsg.), a.a.O.
(Fn. 8), S. 12.
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teilen, die Aufgabe unrentabler und
der Aufbau neuer Produktionen,
Effizienzverbesserungen im Beschaffungs- und Absatzbereich, die Verbesserung der Marketing-Strategien
sowie die Zuführung von zusätzlichem Kapital. 10
Bei Maßnahmen zur strategischen
Neuausrichtung handelt es sich i.d.R.
um die proaktive Weiterentwicklung
der bereits im Rahmen des Konsolidierungsprogramms ergriffenen Maßnahmen zum Ausgleich der operativen und strategischen Defizite des
Unternehmens. Mit den hier ergriffenen Maßnahmen geht es primär
um die langfristige Optimierung der
Kostenstruktur, die Erhöhung der
Wirtschaftlichkeit sowie die Verbesserung der Leistungs-, Ressourcen- und
Führungspotenziale. Dies ist z.T. mit
dem Abbau von Personal verbunden, z.T. setzt die Realisierung dieser
strategischen Ziele aber auch entsprechende Investitionen voraus.
Zur Ermittlung des Zukunftserfolgswertes bei Fortführung sind auf der
Basis des als plausibel und realisierbar angesehenen Sanierungskonzeptes die zukünftigen finanziellen
Überschüsse zu prognostizieren. Dies
bedeutet, dass einerseits die zukünf10 Vgl. z.B. Sieben/Lutz, Die Bewertung eines ertragsschwachen Unternehmens im Rahmen der Bestimmung der angemessenen Barabfindung beim
Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages, BFuP
1984, S. 566 (567)
tige wirtschaftliche Umwelt prognostiziert werden muss und andererseits
die mit den Sanierungsmaßnahmen
verbundenen finanziellen Wirkungen abzuschätzen sind. Während
bei kurzfristigen Maßnahmen die
Schätzung der finanziellen Wirkungen
noch mit verhältnismäßig geringen
Problemen verbunden sein dürfte, ist
insbesondere bei den Maßnahmen,
die die Neuausrichtung des Unternehmens betreffen, die Prognostizierung
der damit verbundenen Erfolge mit
erheblichen Unsicherheiten behaftet.
Um die erheblichen Prognoseunsicherheiten einzugrenzen, empfiehlt
sich die Durchführung von Szenariobetrachtungen und Sensitivitätsanalysen.11
Neben der Berücksichtigung der
monetären Effekte der Maßnahmen
zur strategischen Neuausrichtung des
Unternehmens sind im Rahmen der
Prognose der Zukunftserfolge auch
die monetären Auswirkungen aller
anderen Maßnahmen zu berücksichtigen, die im Rahmen der Sanierung
ergriffen werden. So sind insbesondere auch die Erlöse aus der Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem
Vermögen bzw. nicht unabdingbar
notwendigem Vermögen und die auf
die Sanierung zurückzuführenden
Kosten im Kalkül zu erfassen.
11 Vgl. Jonas, Unternehmensbewertung in der Krise,
FB 2009, S. 541 (541 f.)
Fazit
Ertragsschwache Unternehmen
weisen im Vergleich zu wirtschaftlich gesunden Unternehmen einige
bewertungstechnische Besonderheiten auf, wie insbesondere
schlechte bis defizitäre Erfolgslagen und damit zusammenhängend
auch entsprechende Zahlungsüberschüsse, hohe Verschuldungsgrade
sowie erhebliche Planungsunsicherheiten bezüglich der näheren
und ferneren Zukunftsentwicklung
des Unternehmens. Diese Besonderheiten haben zwar zur Konsequenz, dass die Anwendung der
üblichen Unternehmensbewertungsmethoden erschwert ist, sie
bewirken gleichwohl nicht, dass
sie nicht mehr angewendet werden können. Als Hauptproblem
bei der Bewertung ertragsschwacher Unternehmen erweist sich die
Prognose der zukünftig zu erwartenden finanziellen Überschüsse.
Um diesem Unsicherheitsproblem
zu begegnen, bietet es sich an, Szenariobetrachtungen und Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Ferner ist auch in den Fällen, in denen
ein Fortführungsszenario betrachtet wird, zusätzlich der Wert des
Unternehmens zu bestimmen, der
sich bei der Liquidation ergeben
würde, da der Liquidationswert
die Wertuntergrenze repräsentiert.
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