politischer kommentar der ip schweiz

POLITISCHER KOMMENTAR
DER IP SCHWEIZ
zu den eidg. Abstimmungsvorlagen vom 28.02.2016
«Fortschritt besteht nicht in der Verbesserung dessen, was
war, sondern in der Ausrichtung auf das, was sein wird.»
Khalil Gibran
Der politische Kommentar der IP Schweiz ist das Ergebnis
eines Prozesses zur Findung einer integralen Position zu
eidgenössischen Abstimmungsvorlagen. Dabei wird ermittelt, ob eine Vorlage einen Schritt in die Richtung einer Vision einer integralen Gesellschaft bedeutet, d.h. also, einen
Beitrag leistet zur Transformation der Gesellschaft oder ob
das Anliegen translatorisch, d.h. nur eine im Kreis drehende
Variante des Bestehenden ist. Die Vorlagen werden vom Politischen Ausschuss der IP Schweiz beurteilt. Die Verantwortlichen für diese Ausgabe sind: Monique Centeno, Margreth Schmutz, Christine Camporini, Marc Sneiders, Jakob
Elmer, Remy Holenstein und Gary Zemp.
Themen 1/16
 Volksinitiative «Für
Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe»
 Volksinitiative «Zur
Durchsetzung der Ausschaffung krimineller
Ausländer (Durchsetzungsinitiative)»
 Volksinitiative «Keine
Spekulation mit Nahrungsmitteln»
 Änderung des Bundesgesetzes über den
Strassentransitverkehr
im Alpengebiet (Sanierung GotthardStrassentunnel)
Das Ergebnis dieses Ermittelns findet Ausdruck in einer integralen Abstimmungsempfehlung, die dann ihre gewünschte Wirkung erzielt, wenn die Leserinnen und Leser sich
animiert fühlen, mit ähnlichen, visionsorientierten Überlegungen zu ihrem je eigenen Ergebnis zu kommen. Das Ziel
einer integralen Position ist es nie, Recht zu haben, sondern
die Menschen zu mehr Bewusstheit zu führen.
1 – VOLKSINITIATIVE «FÜR EHE
UND FAMILIE – GEGEN DIE HEIRATSSTRAFE»
Was die Initiative will: Sie will in der Verfassung verankern, dass Ehepaare steuerlich
eine Wirtschaftsgemeinschaft bilden und nicht benachteiligt werden, namentlich nicht
bei den Steuern und den Sozialversicherungen. Die Ehe soll definiert werden als die auf
Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau.
Das integrale Zukunftsbild: In einer integralen Gesellschaft werden die Bürgerinnen
und Bürger als Individuen nach für alle gleichen Regeln besteuert. Das gilt auch für die
Handhabung der Sozialversicherungen. Eine integrale Gesellschaft betrachtet eine Ehe
als eine der möglichen Lebensgemeinschaften zweier Individuen.
Integrale Politik | CH-4000 Basel | T +41 79 624 65 38
22.01.2016
Abstimmungsempfehlung: NEIN
Unsere Überlegungen dazu:
1. Mit einem Nein können wir verhindern, dass eine sehr traditionelle Definition der Ehe
in der Schweizerischen Verfassung festgeschrieben wird.
2. Mit einem Nein nehmen wir in Kauf, dass 80’000 gut verdienende Ehepaare steuerlich
benachteiligt werden, da der Lösungsansatz dieser Initiative, die Ehe in Steuerangelegenheiten als Wirtschaftsgemeinschaft zu definieren, nicht in die Richtung eines integralen
Zukunftsbildes geht. Das gleiche gilt für die Sozialversicherungen.
Das besondere Anliegen der IP: Die bestehende steuerliche Ungerechtigkeit könnte
leicht aus der Welt geschaffen werden, indem die Eheleute getrennt als Individuen besteuert würden.
2 – VOLKSINITIATIVE «ZUR DURCHSETZUNG DER
AUSSCHAFFUNG KRIMINELLER AUSLÄNDER
(DURCHSETZUNGSINITIATIVE)»
Was die Initiative will: Sie verlangt, dass ausländische Personen automatisch ausgewiesen werden, wenn sie bestimmte Straftaten begangen haben. Wie schwer die Tat war
und wie hoch die Strafe ausfällt soll dabei ebenso wenig eine Rolle spielen wie andere
Umstände. Um dieses Ziel zu erreichen, umgeht sie den üblichen Gesetzgebungsprozess
und will detaillierte Vorschriften in die Verfassung schreiben.
Das integrale Zukunftsbild: Im demokratischen Regelwerk einer integralen Gesellschaft kommt eine Initiative, die das vorgesehene Gesetzgebungsverfahren unterläuft,
gar nicht vor.
Abstimmungsempfehlung: NEIN
Unsere Überlegungen dazu:
1. Die Durchsetzungsinitiative, die eigentlich eine Verschärfungsinitiative ist, steht unabhängig von ihrem Inhalt in krassem Widerspruch zum integralen Zukunftsbild.
2. Die sogenannte Durchsetzungsinitiative ist ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz.
3. Die sogenannte Durchsetzungsinitiative missbraucht die Kompetenzen des Souveräns
für Aufgaben, die in unserer Demokratie vom schweizerischen Parlament wahrgenommen
werden müssen.
Das besondere Anliegen der IP: Anstelle der Einschränkung der Judikative plädiert
die IP für die Schaffung eines Verfassungsgerichts, dessen Aufgabe unter anderem die
Überprüfung der Verfassungsmässigkeit von Initiativen beinhaltet.
www.integrale-politik.ch
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3 – VOLKSINITIATIVE «KEINE SPEKULATION MIT
NAHRUNGSMITTELN»
Was die Initiative will: Sie will spekulative Finanzgeschäfte in der Schweiz verbieten,
wenn sie sich auf Agrarrohstoffe oder Nahrungsmittel beziehen. Nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten führen spekulative Geschäfte mit diesen Produkten zu starken
Schwankungen der Nahrungsmittelpreise und damit letztendlich zu Armut und Hunger.
Das integrale Zukunftsbild: In einer integralen Gesellschaft kommen FinanzSpekulationsgeschäfte aller Art gar nicht vor.
Abstimmungsempfehlung: JA
Unsere Überlegungen dazu:
1. Spekulationsgeschäfte aller Art leisten keinen Beitrag zur Transformation der Gesellschaft, Spekulationen mit Nahrungsmitteln schon gar nicht.
2. Ein Ja zur Initiative ist ein Ja zu mehr Menschlichkeit, denn Spekulationen mit Nahrungsmitteln sind immer Spekulationen auf Kosten der Ärmsten.
4 – ÄNDERUNG DES BUNDESGESETZES ÜBER DEN
STRASSENTRANSITVERKEHR IM ALPENGEBIET
(SANIERUNG GOTTHARD-STRASSENTUNNEL)
Was die Änderung des Bundesgesetzes will: Das bestehende Bundesgesetz schreibt
vor, dass die Verkehrskapazität der Alpen-Transitstrassen nicht erhöht werden darf. Es
verbietet auf den Alpen-Transitstrecken jeglichen Neubau und Erweiterungen von Strassen. Dieses Gesetz soll nun so geändert werden, dass zur Sicherstellung des Verkehrsflusses während der mehrjährigen Sanierung des bestehenden Gotthardtunnels eine 2. Röhre
gebaut werden darf.
Das integrale Zukunftsbild: Bei der Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Sachlösungen eines Problems ist diejenige Lösung zu favorisieren, die lebensdienlicher, d.h.
sowohl ökologisch als auch sozial nachhaltiger ist und dem Wohl aller Menschen dient.
Abstimmungsempfehlung: NEIN
Unsere Überlegungen dazu:
1. Wir sind überzeugt, dass die zweite Gotthardröhre den motorisierten Individualverkehr
vermehrt, was ökologisch bedenklich ist und für die Einwohner des Alpengebiets unerträglich wird. Der Mehrverkehr bringt auch vermehrt Unfälle und Belastungen der Mitwelt.
2. Mit einem Nein entsprechen wir auch der schweizerischen Verfassung, die verlangt,
dass der Alpenverkehr auf die Schiene verlagert wird.
3. Die Mobilität ohne Rücksicht auf Gesundheit und Mitwelt zu erhöhen widerspricht unserem integralen Zukunftsbild, das den Verkehr lebensdienlicher gestalten will.
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