Rund 130 unbegleitete Minderjährige werden derzeit durch

Rund 130 unbegleitete Minderjährige werden derzeit durch Pädagogen, Ausbilder, Therapeuten und
weitere Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Beruflichen Bildung und Integration der
Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF) betreut.
Bis zum Jahresende 2015 gehen die Experten von über 200 unbegleiteten Minderjährigen aus, die in
den KJF-Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Augsburg, Buxheim, Dürrlauingen, ImmenstadtBühl, Kempten, Memmingen und Stettenhofen sowie darüber hinaus im Rahmen von teilstationärer
und ambulanter Betreuung aufgenommen werden. Zahlreiche Jugendliche werden außerdem in den
KJF Berufsbildungswerken Augsburg, Dürrlauingen und Kempten im dualen System ausgebildet oder
auf einen Beruf vorbereitet. In KJF Schulen werden viele weitere junge Flüchtlinge unterrichtet und
speziell gefördert, zahlreiche weitere im Josefinum als KJF Fachklinik mit Standorten in Augsburg,
Kempten und Nördlingen behandelt und therapiert.
Aufgrund der aktuellen Entwicklungen, sowohl was den stark angestiegenen Zustrom als auch die
politische Diskussion betrifft, hat der Vorstand der KJF folgendes Positionspapier entwickelt:
Die Position der Katholischen Jugendfürsorge zum Thema „unbegleitete Minderjährige“
Wir heißen Flüchtlinge willkommen.
Schon vor über hundert Jahren hat die KJF sich für Menschen in Not engagiert. Auch heute sind
insbesondere junge Menschen von Leid betroffen: Es ist unser Anliegen, die Individualität jedes
Einzelnen zu fördern und Wege zu suchen, das Leben selbstbestimmt, sinnerfüllt und verantwortlich
zu gestalten. Wir folgen dem Prinzip der Nächstenliebe: Unser Denken und Handeln fußt auf
christlichen Werten. Für uns ist jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion
oder Kulturkreis.
Wir kümmern uns persönlich.
Das Wohl von Kindern und Jugendlichen liegt uns wie auch dem Staat am Herzen. Unbegleitete
Minderjährige haben die gleichen Rechte: Im Rahmen der Jugendhilfe betreuen wir sie daher nicht in
großen Gemeinschaftsunterkünften, sondern im System der Jugendhilfe-Einrichtungen. Sie
bekommen einen Vormund sowie eine pädagogisch-therapeutisch begleitete Unterbringung.
Außerdem eröffnen wir ihnen den Zugang zu unserer Kultur durch Sprachförderung sowie
gemeinsame Aktionen, um Deutschland kennenzulernen. Ziel ist es, ihnen ein Stück Heimat zu
schenken. Unsere Stärke liegt vor allem auch darin, dass wir einen Übergang in Ausbildung im Fokus
haben und ermöglichen. Unser Anspruch ist, dass die unbegleiteten Minderjährigen gut ankommen,
gut da sind und gut in unsere Gesellschaft integriert werden.
Wir vermitteln ein Gefühl von Sicherheit.
Die traumatischen Erfahrungen der jungen Flüchtlinge stehen bei unserer Begleitung besonders im
Fokus – viele haben nicht nur ihre Angehörigen verloren und sind allein in Deutschland, sondern sie
haben auch Schreckliches und Unbeschreibliches auf ihrer Flucht erleben müssen. Deswegen
arbeiten unsere Mitarbeiter sehr sensibel. Wir wollen schon bei der Ankunft in unseren
Einrichtungen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Dazu gehört für uns auch, junge Flüchtlinge nicht
ihrer neuen Heimat zu entreißen: Wir haben Verständnis für Kommunen, in denen unbegleitete
Minderjährige ankommen und wegen der Vielzahl der Fälle verteilt werden müssen. Diese
notwendige Verteilung darf nicht nur Quoten folgen, sondern muss auch das Prinzip des Wohls der
unbegleiteten Minderjährigen berücksichtigen. Dazu gehört die Berücksichtigung des einzelnen
Schicksals der Kinder und Jugendlichen. Die Jugendhilfe sieht zudem vor, dass ein betreuter
Jugendlicher auch nach Eintritt ins Erwachsenenalter nicht aus einer Maßnahme automatisch
entlassen wird. Diese Hilfen für junge Erwachsene sollen auch für Flüchtlinge gelten, bis Stabilität,
Sicherheit sowie eine gewisse Perspektive gewährleistet sind.
Wir wollen den Jugendlichen berufliche Perspektiven öffnen.
Wir wollen den jungen Flüchtlingen nicht nur eine gute Betreuung oder sprachliche und kulturelle
Ausbildung bieten. Wir begleiten sie in ihrer Situation und nehmen sie an. Für den
Integrationsprozess bedeutend ist aus unserer Sicht auch eine berufliche Orientierung, Qualifizierung
und Ausbildung. Hierfür ist im Moment jedoch der gesetzliche Rahmen zu eng gefasst. Wir wünschen
uns mehr Flexibilität im Zusammenspiel zwischen Jugendhilfe, Arbeitsagenturen und
Berufsbildungswerken sowie Ausbildungsstätten. Den jungen Menschen soll der Zugang gewährt
werden. Zugleich benötigen wir dazu qualifiziertes Fachpersonal, insbesondere auch bei den
Lehrkräften. Langwierige Antragsverfahren müssen gekürzt werden, damit weder die jungen
Flüchtlinge noch unsere Volkwirtschaft Zeit verlieren, wenn es um die Gewinnung und Ausbildung
von hoch motivierten, sehr engagierten angehenden Fachkräften geht.
Wir qualifizieren und stärken unsere Mitarbeiter.
Neue Arbeitsplätze für Pädagogen, Erzieher, Lehrkräfte, Ausbilder und viele mehr entstehen, wenn
wir uns der unbegleiteten Minderjährigen annehmen. Sie benötigen intensive Begleitung, Betreuung
sowie Ausbildung. Dafür stärken wir unsere eigenen Mitarbeiter durch Angebote der KJF-Akademie,
um sie auf die speziellen Anforderungen hin zu qualifizieren; dabei geht es insbesondere auch um
Traumapädagogik oder Kultursensibilität. Am Ende zählt vor allem Persönlichkeit: Unsere Mitarbeiter
müssen die ihnen anvertrauten Menschen mögen, um erfolgreich mit den unbegleiteten
Minderjährigen an einer Perspektive zu arbeiten.
Auch unsere anderen Kinder und Jugendlichen profitieren von den Flüchtlingen.
Unsere KJF-Einrichtungen erleben die Ankunft der unbegleiteten Minderjährigen als Bereicherung:
Der Austausch über Grenzen hinweg wird ermöglicht, gemeinsame Erfahrungen werden gesammelt.
Die jungen Menschen motivieren sich gegenseitig, gerade in der schulischen und beruflichen
Ausbildung. Mitarbeiter können ihre Expertise vielfach einbringen. Die zusätzlichen Angebote für
unbegleitete Minderjährige können von allen in Anspruch genommen werden, für die es pädagogisch
sinnvoll ist.
Wir gehen mit Freude und Begeisterung für die Menschen unsere Aufgaben an, um Mut zum Leben
zu stiften. Dabei vertraut die Katholische Jugendfürsorge auf Jesu Wort und Handeln: „Ich bin
gekommen, damit die Menschen das Leben haben und es in Fülle haben.“ (nach Johannes 10,10)
Augsburg, im September 2015
Direktor Markus Mayer, Vorstandsvorsitzender