LICHTBLICK 10/15 GUTES KINO IN WUPPERTAL. Cinema & Rex SCHÖNE NEUE FINSTERNIS: MACBETH MIT FASSBENDER UND COTILLARD DEL TORO UND TIM ROBBINS ALS ENTWICKLUNGSHELFER PIXAR-COMEBACK ALLES STEHT KOPF DER FALL LANCE ARMSTRONG ER IST WIEDER DA – FILM ZUR HITLERSATIRE WANDERN MIT REDFORD UND NICK NOLTE DAVID HOCKNEY FRIEDENSNOBELPREISTRÄGERIN MALALA DER NEUE BOND: SPECTRE LIEBES PUBLIKUM, auf in eine neue Hauptspielzeit fürs Kino: Der Sommer ist vorüber und wer vor dem nasskalten Herbst flüchten will, ist bei uns genau richtig. Im Oktober stehen wieder einige vielversprechende Starts in unseren beiden Häusern an, gleich zu Anfang z.B. mit „Der Staat gegen Fritz Bauer“, gewissermaßen der Vorgeschichte vom „Labyrinth des Schweigens“, in der der ohnehin großartige Burghart Klaußner in der Hauptrolle mal so richtig aufspielen kann und das ignorante Deutschland der Fünfziger das Fürchten lehrt. Daneben gibt es eine bildgewaltige Neuverfilmung des ShakespeareKlassikers „Macbeth“, die mal nicht das Hauptaugenmerk auf den Originaltext legt, sondern auf die Optik, einen erfrischend neuen Film des Animationsstudios Pixar und ein überraschendes Wiedersehen mit Action-Altstar Nick Nolte als charmant knarzigem Oldtimer an der Seite von Robert Redford beim Wandern. Besonders gespannt sind wir auch auf „A Perfect Day“, einen spanischen Spielfilm mit Starbesetzung Fotos: Cornelia Scherer DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER über den Arbeitsalltag von Entwicklungshelfern – gewissermaßen den Actionhelden des wirklichen Lebens. Und wir freuen uns sehr, einen Dokumentarfilm im Programm zu haben über die junge Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die seit Jahren unbeirrbar für ein Recht auf Bildung kämpft. Das alles und noch viel mehr, unter anderem eine Doku über David Hockney und einen waschechten Hamsterkrimi, bevor sich Anfang November dann natürlich alles um den neuen Bond dreht: „Spectre“, auf eine Art wunderbar altmodisch, läuft bei uns im Rex schon in einer Vorpremiere am Mittwochabend – sichern Sie sich schon mal Karten! Und haben Sie bis dahin einen schönen, bunten und inspirierenden Oktober! Ihr Lichtblick, & Zurück im Labyrinth des Schweigens – ein Denkmal für einen vergessenen Humanisten: Deutschland in den Fünfzigern. Alles wieder gut. Der braune Spuk ist vorbei, jetzt muss man nach vorne gucken – so lautet der allgemeine Tenor. Die zahllosen Verbrechen, die Täter und wo sie stecken, davon will eigentlich niemand etwas wissen. Bis auf einen, der die Geschichte am eigenen Leib erfahren hat: Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Burghart Klaußner, „Elser“, „Das weiße Band“) war selber im KZ, bis ihm die Flucht gelang. Er ist gerade erst zurück aus dem Exil und will für Gerechtigkeit sorgen in einem Land, das bislang noch vor allem Widerstandskämpfer zur Rechenschaft zieht. Im Alleingang mit seinem Mitarbeiter (Ronald Zehrfeld, „Barbara“, „Finsterworld“) macht er Jagd auf ranghohe Nazi-Verbrecher, die sich überall auf der Welt verstecken. Jetzt hat er Hinweise auf den Aufenthaltsort von Adolf Eichmann, der im dritten Reich als Leiter der Deportationsabteilung zentral mitverantwortlich war für den Mord an ca. 6 Mio. Menschen. Ihn will Bauer zur Hauptfigur machen in einer ganzen Reihe von AuschwitzProzessen. Doch dafür muss er erst einmal an ihn herankommen und, was ihnen entgegenschlägt ist nicht nur das allgemeine Desinteresse. Es gibt auch immer noch genügend Leute in hohen Ämtern, die ganz andere Interessen verfolgen... Lars Kraume („Meine Schwestern“, „Keine Lieder über Liebe“) inszeniert das bis heute gern übersehene Kapitel der deutschen Geschichte als mitreißenden Justizkrimi mit einem herausragenden Cast und vielen klugen Fußnoten zur Lebenswirklichkeit in der jungen Bundesrepublik. Ein aufklärerisch ambitioniertes, aufregendes Plädoyer. Kommentar des Regisseurs Lars Kraume: Wir erzählen die Erlösungsgeschichte eines Mannes, der nach dem Zweiten Weltkrieg als kaputter Pessimist nach Deutschland zurückkommt und im Kampf gegen das kollektive Vergessen seine Bestimmung findet. Er verhält sich keineswegs wie die meisten Opfer, die nicht mehr über den Holocaust sprechen wollen. Er will, obwohl er auf überwältigend große Widerstände stößt, die Nazi-Verbrechen anklagen – aber nicht aus Rache, sondern angetrieben von einer humanistischen Gesinnung und einem erzieherischen Impetus. Er ist überzeugt davon, dass die deutsche Nachkriegsgeneration die Chance hat, eine neue Gesellschaft aufzubauen. Tatsächlich hat er der Jugend in der Adenauer-Ära einen ganz neuen Blickwinkel eröffnet, weil er es gewagt hat, den Schleier zu lüften und das bleierne Schweigen zu brechen. So wurde er zu einer wichtigen Inspirationsquelle für die spätere Studentenrevolte. Deutschland 2015 105 Min., FSK 12 Regie Lars Kraume Drehbuch Lars Kraume, Oliver Guez Darsteller Burghart Klaußner Ronald Zehrfeld Sebastian Blomberg Verleih Alamode ab 01.10. SICARIO USA 2015 121 Min., FSK n.n.b Regie Denis Villeneuve Drehbuch Taylor Sheridan Darsteller Emily Blunt Benicio del Toro Josh Brolin Verleih StudioCanal In der Hölle der Löwen – eine Frau beißt sich durch eine reine Männerwelt: Die junge idealistische Polizistin Kate Macer (Emily Blunt, „Lachs fischen im Jemen“) weiß nicht wirklich, worauf sie sich einlässt, als sie das Angebot eines etwas dubiosen CIA-Mannes (Josh Brolin, „No Country for Old Men“) annimmt und Teil seiner Spezialeinheit an der mexikanischen Grenze wird. Die international zusammengewürfelte EliteTruppe, angeführt von einem skrupellosen mexikanischen Söldner (Benicio Del Toro, „Escobar: Paradise Lost“), hat den Auftrag, einen großen Drogenbaron zu finden und damit dem eskalierenden Handel endlich Einhalt zu gebieten. Doch mit einer herkömmlichen Verhaftung hat das wenig zu tun: Im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko gelten keine Gesetze – hier herrscht Krieg. Und während Kate in immer brutalere Gefechte verwickelt wird und sich gezwungen sieht, ihre Anschauungen zu überdenken, kommt langsam die Frage auf, ob sie ihren Auftraggebern eigentlich vertrauen kann... Alles andere als ein plumpes Action-Spektakel ist der Beitrag des Kanadiers Dennis Villeneuve („Enemy“, „Die Frau, die singt“) zum an sich immer wieder gern genommenen Thema Dro- USA 2015 95 Min., FSK 0 Regie Pete Docter mit den Stimmen von Olaf Schubert, Dietmar Bär, Klaus J. Behrendt Verleih Disney ab 01.10. nicht gut gehen! Die beiden müssen schnellstens zurück ins Kontrollzentrum finden aber der Weg durch das Unterbewusstsein, die Fantasie, das abstrakte Denken und die Traumfabrik ist weit... In der Tat stand einiges Kopf bei der Uraufführung in Cannes: Pixars Comeback mit der ersten wirklichen Originalgeschichte nach diversen Fortsetzungen und Aufgüssen sorgte für allgemeine Begeisterung. Unter der Regie von Docter, der auch schon für „Oben“ und „Die Monster-AG“ verantwortlich war findet das Studio zurück zu alter Größe mit einem liebevollen Plädoyer dafür, dass Kinder ein Recht haben, alles zu durchleben. ab 01.10. in 2D ab 01.10. THE PROGRAM – UM JEDEN PREIS Phönix im gelben Trikot, oder: der Fall Lance Armstrong. Stephen Frears („High Fidelity“, „Philomena“) erzählt die Geschichte des größten Betrügers der Sportgeschichte – und des Mannes, der ihm auf die Schliche kam: Ende der Neunziger Jahre steht die sportbegeisterte Öffentlichkeit Kopf und feiert einen neuen Helden. Ausgerechnet ein Amerikaner gewinnt sieben Mal in Folge die Tour de France und das, nachdem er auch noch eine Hodenkrebserkrankung erfolgreich überwunden hat. Lance Armstrong (Ben Foster, „The Messenger“) ist ein Wunderkind zum Mitfiebern. Doch geht es dabei wirklich mit EIN KÖNIGLICHES VERGNÜGEN bekommen eine zweiköpfige Eskorte mit, die dafür Sorge trägt. Doch einmal drin im Gewühl der Feierlichkeiten, haben sie ihre Aufpasser schnell abgeschüttelt und Elizabeth und Margaret erkunden das echte Leben auf getrennten Wegen. Während die eine ein erstes romantisches Abenteuer mit einem Arbeiter und Anti-Monarchisten hat, lässt sich die andere die Welt der Nachtclubs, Bordelle und des Glücksspiels zeigen... Eine charmante Komödie nach wahren Begebenheiten. In Wirklichkeit wurden die zwei Schwestern ihre 16-köpfige Eskorte zwar nicht los und waren pünktlich um eins im Bett, aber was soll‘s – Julian Jarrold („Geliebte Jane“) holt alles raus aus der Geschichte, was in ihr steckt: die jugendliche Sehnsucht, die Unreife, das Abenteuer und nicht zuletzt das wirklich Weltfremde des Königshauses. Nichts für Gala-Leser. Das Animationsstudio Pixar („Findet Nemo“, „Wall-E“) meldet sich zurück mit einer kunterbunten Reise in die Gefühlswelt eines kleinen Mädchens: Die elfjährige Riley ist ziemlich durcheinander. Ihr Vater hat einen neuen Job bekommen und deswegen ist ihre Familie aus dem idyllischen Minnesota nach San Francisco gezogen. In ihr kämpfen Freude, Wut, Angst, Kummer und Ekel um die Vorherrschaft. Die fünf Gefühle sind sich uneins darüber, wie sie Riley durch den neuen Alltag navigieren sollen. Als Freude und Kummer sich auch noch verlaufen, ist das Chaos perfekt: Wut, Angst und Ekel allein an den Reglern – das kann genkrieg. Was seinen Film von den anderen unterscheidet, ist vor allem die Protagonistin, die den Einsatz selbst als die blanke Hölle erlebt. Hier kommt wenig Patriotismus auf. Stattdessen entsteht ein im besten Sinne ambivalenter, atmosphärisch dichter Thriller, der auch die CIA wieder gehörig infrage stellt. Der Titel ist im Übrigen ein Ausdruck aus dem mexikanischen Slang und bedeutet soviel wie „Auftragskiller.“ A ROYAL NIGHT Ausbruch aus dem goldenen Käfig – die halbwahre Geschichte einer mitten im Volk durchfeierten Nacht der heutigen Queen und ihrer Schwester: Der 8. Mai 1945. Überall wird das Ende des zweiten Weltkriegs gefeiert, auch in London. Die Gelegenheit, mitzufeiern und sich einmal unters Volk zu mischen, finden die gerade 19-jährige Prinzessin Elizabeth II. (Sarah Gadon, „Eine dunkle Begierde“) und ihre jüngere Schwester Margaret (Bel Powley). Ihre Mutter, die „Queen Mum“ (Emily Watson, „Breaking the Waves“) hält überhaupt nichts von der Idee, aber ihr Vater, König George VI. (Rupert Everett), lässt sie gehen: Sie sollen sich ruhig amüsieren, inkognito, versteht sich, und bei der Gelegenheit vielleicht ein bisschen umhören, wie das Volk zu seinem König steht und zu seiner mitternächtlichen Rede. Bis ein Uhr sollen sie allerdings zurück sein und sie ALLES STEHT KOPF Großbritannien 2015 98 Min., FSK 6 Regie Julian Jarrold Drehbuch Trevor De Silva, Kevin Hood Darsteller Sarah Gadon Bel Powley Emily Watson Verleih Concorde ab 08.10., Vorpremiere am 06.10. rechten Dingen zu? Nur einer kann und will das einfach nicht glauben. Der irische Journalist David Walsh (Chris O‘Dowd, „Am Sonntag bist du tot“) bohrt inmitten der allgemeinen Begeisterung hartnäckig in Armstrongs Umfeld. Und in der Tat häufen sich bald Hinweise auf einen Betrug. Doch keiner will das hören. Und obendrein macht Walsh sich immer gefährlichere Feinde... Die traurig wahre Geschichte, die den Ruf des Radsports für immer geschädigt hat (bis heute assoziiert man Doping zuallererst mit ihm), ist alles andere als ein typisches Sportdrama – im Gegenteil: Frears faszinierender Betrugskrimi, der auf den Aufzeichnungen des echten David Walsh basiert, wirkt wie eine bitter realistische Antwort auf das ewige: „Du kannst es schaffen, wenn du nur hart genug trainierst.“ Hier geht es um die kranken Blüten, die dieses Streben treibt. Aber auch um die ewige Sehnsucht nach Helden und Legenden, die letztlich in uns allen steckt. Großbritannien/Frankreich 2015 103 Min., FSK 0 Regie Stephen Frears Drehbuch John Hodge Darsteller Ben Foster Chris O‘Dowd Guillaume Canet Verleih StudioCanal ER IST WIEDER DA LANDRAUB Deutschland/Österreich 2015 91 Min., FSK 0 Regie Kurt Langbein Drehbuch Christian Brüser Verleih movienet ab 08.10. Kommentar des Regisseurs Kurt Langbein: Landraub ist nahe bei den Menschen. Landraub mischt sich ein. Doch Landraub verurteilt nicht, sondern folgt den Gedankenwelten der Protagonisten und sucht die Bilder, welche die Konsequenzen des Handelns zeigen. Da sind die Investoren. Die Vertreter des großen Geldes erzählen von ihrer Entdeckung der Landnahme als Geldanlage. Ihre Gedankengebäude sind nachvollziehbar und wirken nicht zynisch, ja sogar logisch. Ihre Ländereien sind phantastisch geordnet, riesengroß und perfekt organisiert. Da sind die Kleinbauern, Flüchtlinge und die Landarbeiter. Sie erzählen von Vertreibung, Hunger, Konkurrenzkampf und Zerstörung ihrer Heimat. Ihre Lebenswelt ist karg und elend. Der Film folgt beiden Welten, montiert sie selten polemisch, sondern lässt Assoziationsketten und Gedanken wachsen. Landraub soll betroffen machen. Es sind die Rahmenbedingungen aus unseren Ländern, die das große Geld auf die Äcker lockt – und diese Rahmen können wir gestalten. „Kaufen Sie Land! Es wird keines mehr gemacht.“ (Mark Twain) Ein Film über eine neue Form des Kolonialismus. „Land Grabbing“ heißt das Stichwort: In Zeiten, in denen jährlich weltweit etwa zwölf Millionen Hektar Boden durch Straßenbau und Urbanisierung versiegelt und damit landwirtschaftlich unbrauchbar gemacht werden, ist fruchtbares Ackerland eine kostbare Rarität geworden. Internationale Großkonzerne teilen den Rest unter sich auf und verdrängen kleine Bauern und Ureinwohner, um im großen Stil für die Märkte der wohlhabenden Länder anzubauen. Zum Teil wird hier einfach rigoros enteignet und vertrieben und dann das Land aufwendig eingeebnet, damit selbsttätige Maschinen sich ihren Weg bahnen können... Der österreichische Journalist Kurt Langbein, der sich bereits mit einigen kritisch-investigativen Büchern („Radieschen von oben“) und Fernsehreportagen („Wunder Heilung“) einen Namen gemacht hat, hakt nach und lässt beide Seiten zu Wort kommen. Ein detaillierter Blick auf neue Missstände, die uns alle angehen. Schließlich produzieren diese Großkonzerne auch für uns. Adolf Hitler Superstar – eine beißende Mediensatire nach dem gleichnamigen Bestseller von Timur Vernes: Hitler (Oliver Masucci) erwacht knapp 70 Jahre nach dem Krieg im heutigen Berlin und kann‘s nicht fassen: alles voller Ausländer, Frieden und Demokratie – was ist passiert? Irritiert stolpert er durch die Gegend und begegnet seinem Volk. Doch niemand glaubt ihm, dass er der echte Führer ist. Man hält ihn allenfalls für einen guten Imitator, einen Comedian mit einem politisch nicht ganz korrekten Programm aber gerade das ist ziemlich angesagt. Im Handumdrehen hat Hitler einen Job beim Fernsehen – die Produzenten Sensenbrink (Christoph Maria Herbst) und Sawatzki (Fabian Busch, „Liegen lernen“) sehen gute Chancen auf einen Riesenhit. Auch Sendeleiterin Bellini (Katja Riemann) ist schnell überzeugt: Hitler bekommt eine eigene Sendung, ein eigenes Büro und eine eigene Sekretärin, die ihn mit dem „Internetz“ vertraut macht. Jetzt kann ihn nichts mehr aufhalten... Die unbändige Abrechnung mit dem Medienbetrieb und Konfrontation mit der Popikone Hitler erinnert im besten Sinne an „Schtonk!“. Dabei ist sie alles andere als eine handelsübliche Literaturverfilmung. Regisseur David Wnend („Kriegerin“, „Feuchtgebiete“) nutzt die Gelegenheit, um seinen Hitler auf die Straße zu schicken: In dokumentarischen Einsprengseln begegnet er der echten Bevölkerung, Prominenten, Politikern und Neonazis – mit unterschiedlichem Erfolg. Starkes Stück. Deutschland 2015 110 Min., FSK n.n.b. Regie David Wnend Drehbuch David Wnend, Timur Vernes u.a. Darsteller Oliver Masucci Christoph Maria Herbst Fabian Busch Verleih Constantin ab 08.10. A Bigger Splash, A Bigger Picture – ein farbenfrohes, realistisches Portrait eines der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts: David Hockney wurde 1937 in Nordengland geboren, studierte Kunst in London zusammen mit Filmemacher Ridley Scott und zog dann ins sonnige Kalifornien, wo er bis heute den größten Teil seines Lebens verbrachte. Hier schuf er in den Sechzigern eine inzwischen berühmte Reihe von Gemälden, die sich um die Swimmingpools von Los Angeles drehen – farbenfroh und realistisch, wenn auch comicartig verfremdet mit großen einfarbigen Flächen, was ihn in der Wahrnehmung in die Nähe der PopArt rückte. Er selbst hat sich von der Pop- HOCKNEY Art immer wieder distanziert. Im Gegensatz zu Warhol z.B. thematisierte Hockney auch immer wieder offen seine Homosexualität in seiner Kunst. Anfang der Achtziger machte er dann seinen zweiten großen Wurf mit einer Reihe von „Photographic Pictures“: collagierte Landschaften und Portraits, zusammengesetzt aus hunderten kleinen Farbfotos... Regisseur Randall Wright verbindet mit Hockney eine jahrelange Freundschaft. Vor 15 Jahren arbeiteten die beiden bereits zusammen am Fernsehfilm zu Hockneys Buch „Secret Knowledge“, in dem der Künstler aufdeckt, dass schon die alten Meister bei ihren naturalistischen Gemälden gerne eine Camera Obscura zur Hilfe nahmen, die den Gegenstand auf die Leinwand projizierte. Ein Maler also, dessen Werk ähnlich dem von Edward Hopper auch immer wieder Berührungspunkte aufweist mit der Geschichte der Fotografie und des Films. Gleichzeitig ein umgetriebener, ruheloser kreativer Geist, von Geburt an Synästhetiker, der Farben sieht, wenn er Musik hört, und uns hier einen intimen Einblick in sein Schaffen und sein Wesen gewährt. Großbritannien 2014 113 Min., FSK n.n.b Drehbuch & Regie Randall Wright Verleih Arsenal ab 15.10. PICKNICK MIT BÄREN USA 2014 104 Min., FSK 0 Regie Ken Kwapis Drehbuch Bill Holderman, Rick Kerb Darsteller Robert Redford Nick Nolte Emma Thompson Verleih Alamode ab 15.10. Pilgern für Fortgeschrittene – zwei alte Haudegen machen noch mal einen los: Ein Leben lang hat Bill Bryson (Robert Redford, „All Is Lost“) nichts anderes gemacht als zu reisen und Berichte darüber zu schreiben. Jetzt ist er über siebzig und könnte sich eigentlich mal den verdienten Ruhestand genehmigen. Aber ein Alltag, der nur aus Interviews und Beerdigungen besteht, ist einfach nichts für ihn. Als er entdeckt, dass direkt hinter seinem Haus der Appalachian Trail beginnt, eine der ältesten Wanderrouten, über 3300 Kilometer lang, durch 14 Bundesstaaten, packt ihn die alte Abenteuerlust und auch seine Frau (Emma Thompson, „Saving Mr. Banks“) kann ihn nicht mehr davon abbringen. Sie stellt allerdings die Bedingung, dass er in seinem Alter nicht mehr alleine geht, und der einzige, der sich bereit erklärt, ihn zu begleiten, ist ausgerechnet Bills alter Schulfreund Stephen Katz (Action-Urgestein Nick Nolte): ein fauler alter Nichtsnutz und ehemaliger Alkoholiker, ziemlich aus der Form – nicht gerade das, was der agile Bill sich vorgestellt hätte, aber was soll‘s. Gemeinsam machen sie sich auf einen langen beschwerlichen Weg, den sie vielleicht doch ein bisschen unterschätzt haben und auf dem ihre sehr verschiedenen Welten ziemlich ungebremst aufeinanderprallen... Allein in der Wildnis, der Alltag meilenweit hinter einem – kaum eine Situation ist besser geeignet, um sein ganzes Leben zu überdenken. Hier begegnen sich dabei zwei Menschen, die sich einmal nahe standen und sich inzwischen weit voneinander entfernt haben. Ein kluger, humorvoll intensiver Film, hervorragend gespielt bis in die Nebenrollen. Redford knüpft gelungen an den Segeltörn aus „All Is Lost“ an, die wirkliche (Wieder-) Entdeckung aber ist v.a. Nolte als authentisch liebenswert knurriger Brummbär. ab 15.10. KLEINE ZIEGE, STURER BOCK Das Leben bei den Hörnern packen – ein heiteres Vater-Tochter-Roadmovie: Lebenskünstler Jakob (Wotan Wilke Möhring, „Das Leben ist nichts für Feiglinge“) liebt seine Freiheit und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs so durch – in letzter Zeit z.B. als Elvis-Imitator im Altenheim – als sich plötzlich Julia (Julia Koschitz, „Hin und weg“) bei ihm meldet, mit der er vor einer Ewigkeit mal was hatte. Zu seiner Überraschung erfährt Jakob, dass er Vater ist, und damit nicht genug: Seine etwas sture zwölfjährige Tochter Mai (Sofia Bolotina) hat sich in den Kopf gesetzt, ihn kennenzulernen, und ist auf dem Weg zu ihm. Jakob, der gerade einen Job als Fahrer angenommen hat, bei dem er einen Schafbock nach Norwegen bringen soll, bleibt nichts anderes übrig, als sie mitzu- nehmen. Kurzerhand sammelt er Mai am Bahnhof ein und eingepfercht auf engstem Raum mit einem launischen Schafbock in einem alten klapprigen MiniTransporter machen sie sich auf den Weg ins Land der Fjorde. Sie können gar nicht anders als sich kennenzulernen, doch beide haben sich das irgendwie anders vorgestellt. Und während Jakob erste Erfahrungen im Vatersein sammelt, stellt sich bald die Frage, wer hier eigentlich die größte Zicke ist... Pointierte Rollengefechte, ein bisschen Coming-of-Age und ein bisschen Sinnfrage, verpackt in eine größtenteils heitere Reise durch bestechende Landschaften. Die Kleine ist eine überzeugende Nervensäge und Möhring verkörpert glaubhaft einen Schluffi, der an seinen Herausforderungen wächst. Deutschland 2015 97 Min., FSK 0 Regie Johannes Fabrick Drehbuch Petra K. Wagner Darsteller Wotan Wilke Möhring Sofia Bolotina Julia Koschitz Verleih Majestic A PERFECT DAY Coole Outlaws zwischen Minen und Trinkwasser – Benicio Del Toro, Tim Robbins und Olga Kurylenko als Entwicklungshelfer: Der abgebrühte Mambrú (Del Toro) und der wortkarge Zyniker B (Robbins) sind einiges gewöhnt. In ihrem Arbeitsalltag als Entwicklungshelfer im Namen einer unabhängigen internationalen Hilfsorganisation sind sie immer genau da, wo es gerade brennt. In Krisengebieten, nicht selten mitten zwischen den verfeindeten Linien, helfen sie gemeinsam mit ihrem Dolmetscher Damir (Fedja Štukan) den Zivilisten, z.B. bei der Sicherung von Trinkwasser. Da muss man die Nerven und den Humor behalten, auch wenn man es mal mit einer verminten Kuh zutun bekommt. Der Neuen im Team, der jungen Französin Sophie (Mélanie Thierry, „The Zero Theorem“), fällt das manchmal noch ein bisschen schwer. Aktuell besteht ihre Mission darin, eine Leiche aus einem Brunnen zu bergen, damit sie das Wasser nicht verseucht. Doch die UNO verbietet ihnen eigentlich Kontakt mit Leichen. Und dann steht plötzlich auch noch Mambrús Ex Katya auf der Matte (Kurylenko) um die Arbeit seines Teams zu evaluieren. Wirklich ein perfekter Tag... Der spanische Indiefilmer Fernando León de Aranoa („Princesas“), der uns demnächst auch den zweiten Escobar-Streifen bescheren wird (diesmal mit Javier Bardem und Penélope Cruz), trifft den Nagel auf den Kopf mit einem realistischen Drama aus dem Alltag der wahren Action-Helden. Hier geht es um mehr als Räuber und Gendarm und Del Toro ist wie geschaffen für die Rolle. Ebenso herrlich das ungewohnt kernige Wiedersehen mit Tim Robbins („Das geheime Leben der Worte“) und Olga Kurylenko („To the Wonder“). Auf keinen Fall verpassen! Kommentar des Regisseurs Fernando León de Aranoa: An der Grenze zwischen Äthiopien und Somalia hat mir eine australische Logistikexpertin einmal erklärt, dass ihr Job üblicherweise in eine dieser drei Kategorien fällt: Missionar, Söldner, Marsianer. Dieser Film porträtiert alle drei. Er handelt von Menschen, die sich mit dem schwierigen Thema auseinandersetzen, etwas Ordnung in ein Chaos zu bringen. Er zeigt ihre täglichen Versuche einen Krieg im Krieg zu gewinnen: gegen die Rationalität, gegen die Mutlosigkeit, gegen die Verzweiflung und gegen ihren dringenden Wunsch nach Hause zurückzukehren. Das Genre dieses Films ist das Leben selbst. Wie eine russische Matroschka-Puppe ist es ein Drama innerhalb einer Komödie innerhalb eines Road Movies innerhalb eines Kriegsfilms. Aber eines ist sicher: wenn es Musik wäre, dann wäre es Punkrock. Spanien 2015 106 Min., FSK n.n.b. Drehbuch & Regie Fernando León de Aranoa nach einer Geschichte von Paula Farias Darsteller Benicio Del Toro Tim Robbins Olgy Kurylenko Verleih X-Verleih ab 22.10. MALALA – RETTET RAFFI! IHR RECHT AUF BILDUNG USA 2015 87 Min., FSK 12 Regie Davis Guggenheim Verleih Fox Die große Geschichte eines kleinen Mädchens, das sich seit Jahren unbeirrbar für die Rechte ihrer Mitschülerinnen einsetzt: Malala Yousafzai, inzwischen 18 Jahre alt, ist Kinderrechtsaktivistin seit sie elf ist. Sie war zehn, als die Taliban in ihrer Heimat Pakistan anfing, Schulen für Mädchen zu schließen, die Mädchen gewaltsam von Bildung fernzuhalten und zur Verschleierung zu zwingen. Ein Jahr später fing sie an, für die BBC in einem Weblog unter Pseudonym darüber zu berichten. Bis ihre Identität im Rahmen der Nominierung für ihren ersten Friedenspreis aufgedeckt wurde. 2012 verübte die Taliban ein Attentat auf die damals 15jährige. Malala, schwer verletzt auf der Heim- fahrt im Schulbus durch Schüsse in Kopf und Hals, wurde in ein englisches Krankenhaus gebracht und überlebte. Von hier aus macht sie sich seitdem für ein Recht auf Bildung für alle Kinder auf der Welt stark, gründete noch 2012 den nach ihr benannten UNO-Bildungsfonds mit und ist seit 2014 die jüngste Trägerin des Friedensnobelpreises in der Geschichte. Dokumentarfilmer Davis Guggenheim (Oscar 2007 für „Eine unbequeme Wahrheit“) lässt Malalas bewegende Geschichte noch einmal Revue passieren, gibt ihr und ihrer Familie Gelegenheit, sie selbst zu erzählen. Ein intimer Einblick in die persönliche Sicht einer liebevollen Aktivistin, gefasst in bestechend schöne Bilder. ab 22.10. gehauen, aber jetzt ist er ganz allein unterwegs in der großen Stadt Hamburg und die steckt voller Gefahren für einen kleinen Hamster! Sofort mach Sammy sich auf den Weg, um seinen besten Freund zu suchen. Und mit der Zeit kommt er langsam dahinter, dass Raffi vielleicht doch nicht einfach abgehauen ist. Vielleicht stecken tatsächlich Entführer dahinter... Regisseur Arend Agthe („Flussfahrt mit Huhn“) weiß, was Kinder lieben. Er hat Fernsehfilme für die „Sesamstraße“, „Löwenzahn“ und „Siebenstein“ gemacht und vor drei Jahren legte er zusammen mit seiner Frau sein erstes Kinderbuch vor, dessen Verfilmung er nun auch selber nachreicht: Ein Hamsterkrimi – eigentlich merkwürdig, dass da vorher noch keiner drauf gekommen ist. Deutschland 2015 97 Min., FSK 0 Regie Arend Agthe Drehbuch Arend Aghte, Bettina Kupfer Darsteller Nicolaus von der Recke Albert Kitzl Rainer Strecker Verleih MFA MADAME MARGUERITE UNSER LETZTER SOMMER Erste große Liebe mitten im Krieg – intensives NS-Jugenddrama aus Polen: Sommer 1943 in der von den Nazis besetzten ostpolnischen Provinz. Der 17jährige Romek (Filip Pietrowicz) ist Heizer auf einer Rangierlok und träumt davon, eines Tages als Lokführer auf der WarschauStrecke zu arbeiten. Nebenher versucht er das Herz der schönen Bauerstochter Franka (Urszula Bogucka) zu erobern, doch auf die hat noch ein Anderer ein Auge geworfen: Der junge deutsche Soldat Guido (Jonas Nay, „Hirngespinster“) ist für das Hören entarteter Musik ins selbe Dorf strafversetzt worden und soll mit seinen Kameraden die Bahnstrecke sichern, auf der Romek arbeitet. Eines nachts lernen Ein kleiner Nager auf Abwegen sorgt für jede Menge Abenteuer im weltersten Hamsterkimi für die ganze Familie: Raffi ist ein Goldhamster und hat allerhand Tricks auf Lager, wie z.B. im Käfig Tore schießen und eine super Spürnase. Er gehört dem achtjährigen Sammy und für den ist Raffi als allerbester Freund unersetzlich, vor allem seit sein Vater vor einem Jahr die Familie verlassen hat, um in Afghanistan als Arzt zu arbeiten. Entsprechend groß ist Sammys Sorge, als Raffi krank wird. Beim Arzt stellt sich heraus, dass Raffi einen Herzfehler hat, doch damit nicht genug – die nötige Operation verläuft zwar reibungslos aber danach ist Raffi plötzlich spurlos verschwunden! Offenbar war ihm das alles ein bisschen zuviel und er ist ab- ab 22.10. ODER DIE KUNST DER SCHIEFEN TÖNE die drei sich kennen und entdecken ihre gemeinsame Leidenschaft für den Jazz. Eine Freundschaft entsteht und zwischen Guido und Franka funkt es gewaltig, doch sie stehen auf verschiedenen Seiten. Zwar scheint die Front weit weg und der Sommer zum Greifen nah, aber spätestens als Romek einem verletzten jüdischen Flüchtlingsmädchen hilft, müssen sie alle sich entscheiden... Nach „Lore“ 2012 die zweite feinfühlige Annäherung ans neue Thema einer Jugend zur NS-Zeit zwischen Muttermilch und Gruppenzwang. Ebenso intensiv, erlesen fotografiert und umwerfend gespielt. Fühlbare Sehnsucht nach ein paar Minuten Wärme inmitten der Barbarei. Deutschland/Polen 2015 100 Min., FSK 12 Regie & Drehbuch Michal Rogalski Darsteller Jonas Nay Filip Piotrowicz Urzula Bogucka Verleih farbfilm ab 22.10. Herzhaft schräge Ode an die Freude – ein wunderbarer Film über eine Frau die nicht singen kann, es aber tut: Frankreich, Anfang der Zwanziger. Jahr für Jahr strömen zahlreiche Musikliebhaber zum alljährlichen pompösen Fest im Schloss von Marguerite Dumont (Catherine Frot, „Odette Toulemonde“, „Die Köchin und der Präsident“). Zentraler Programmpunkt ist ihr Auftritt, bei dem die Dame des Hauses ihrer größten Leidenschaft frönt und für die Gäste Arien singt. Der Witz an der Sache ist, dass sie das überhaupt nicht kann: Sie trifft nicht einen Ton aber niemand hat den Mut, es ihr zu sagen. Vielmehr sind alle fasziniert von ihrer Inbrunst und der verwirrenden Tatsache, dass sie selbst es wirklich nicht merkt. Aus Sympathie feiern ihre Vertrauten sie als Ausnahmetalent. Bis die junge Journalistin Hazel (Christa Théret, „Renoir“) es auf die Spitze treibt, einen Artikel über Madame Margue- ab 29.10. rites Gesangskünste schreibt und sie somit in ihrem Traum bestärkt, eine ernsthafte Karriere als Opernsängerin zu versuchen. Und während Marguerites Mann (André Marcon) vergeblich versucht, sie davon abzubringen, rückt ihr erstes Konzert vor der Öffentlichkeit unaufhaltsam näher... Die Geschichte ist tatsächlich wahr und basiert auf dem Leben der reichen amerikanischen Erbin Florence Foster Jenkins, die in der Tat derartige Konzerte gab. Warum aus ihr eine Französin gemacht werden muss, sei einmal dahingestellt. In jedem Fall gelingt Xavier Giannoli („Chanson d‘Amour“, „Superstar“) ein herzerfrischend liebevoller und sehr lustiger Film über eine charmante eigenwillige Dame von unerschütterlichem Selbstbewusstsein. Letztlich wird hier eher die verlogene Hautevolee vorgeführt, die sie umgibt. Denn beim Singen zählt doch eigentlich nur eins: dass es Spaß macht. Frankreich 2015 127 Min., FSK n.n.b. Regie Xavier Giannoli Drehbuch Xavier Giannoli, Marcia Romano Darsteller Catherine Frot André Marcon Michel Fau Verleih Concorde HÖRDUR MACBETH Schön ist wüst, und wüst ist schön – ein neuer grimmiger Macbeth mit einer Vorliebe für Schlacht und Dreck: Heerführer Macbeth (Michael Fassbender, „12 Years A Slave“) leistet seinem König Duncan von Schottland (David Thewlis, „The Zero Theorem“) seit Jahren gute Dienste, geht aus einer Schlacht nach der anderen siegreich für ihn hervor, bis ihm in einem Unwetter drei Hexen begegnen. Sie prophezeien ihm, dass er selbst den Thron besteigen wird, und angestachelt von seiner machthungrigen Frau Lady Macbeth (Marion Cotillard, „Der Geschmack von Rost und Knochen“) verhilft er der Prophezeiung zur Erfüllung, ermordet seinen König und krönt sich selbst. Doch die Taten gehen nicht spurlos an ihm vorüber, er verliert seine Moral und seinen Verstand. Macbeth wird zum gefürchteten Tyrann und sein Erzfeind Macduff (Sean Harris) schmiedet finstere Pläne, wie er dem eigentlichen Thronfolger Malcolm (Jack Reynor) zu seinem Recht verhelfen kann... Endlich mal eine Shakespeare-Verfilmung, die nicht an Worten klebt und sich in Original-Zitaten ergeht, sondern sich um eine vor allem sinnliche Übertragung bemüht, um Atmosphäre und um Bilder. Der Australier Justin Kurzel schmeißt sich mit seinen hervorragenden Darstellern in den Dreck und ins Getümmel. Hier geht es um brennende Abgründe, einen Sturz in die Finsternis, ins Feuer – und das geht auf. Großbritannien 2015 113 Min., FSK n.n.b. Regie Justin Kurzel Drehbuch Jacob Koskoff, Michael Lesslie, Todd Louiso Darsteller Marion Cotillard Michael Fassbender Jack Reynor Verleih StudioCanal ZWISCHEN DEN WELTEN Deutschland 2015 84 Min., FSK 6 Regie Ekrem Ergün Drehbuch Dorothea Nölle Darsteller Almila Bagriacik Felicitas Woll Hilmi Sözer Verleih NFP Nicht nur was für Pferdefans – ein realistischer Jugendfilm über Integration: Seit dem Tod ihrer Mutter muss die 16jährige Deutschtürkin Aylin (Almila Bagriacik, Sibel Kekillis kleine Schwester in „Die Fremde“) sich die meiste Zeit um ihren kleinen Bruder kümmern, während ihr Vater (Hilmi Sözer, „Was nicht passt, wird passend gemacht“) als Aushilfsbauarbeiter irgendwie versucht, die Familie zu ernähren. In der Schule ist Aylin ein Außenseiter, weil sie sich abschottet und ihren Frust hinter einer schroffen Fassade verbirgt. Als sie die ewigen Provoka tionen nicht mehr erträgt und eine Mit schülerin zusammenschlägt, bricht alles zusammen. Aylin wird zu Sozialstunden verknackt, die sie auf einem Reiterhof ableisten soll. Wenn sie sich hier nicht benimmt, ris- kiert sie einen landesweiten Schulverweis. Und mit Iris (Felicitas Woll, bekannt aus der TV-Serie „Berlin, Berlin“), der resoluten Leiterin des Hofes, ist nicht zu spaßen. Doch dann macht Aylin die Bekanntschaft von Hördur, einem störrischen Wildpferd, das sie nur allzu gut verstehen kann, und in ihr erwacht eine neue Leidenschaft und Perspektive... Ein einfühlsames, realistisches Stückchen Coming-of-Age mit einer Hauptdarstellerin, die nicht weniger ist als eine Entdeckung. Hilmi Sözer und Felicitas Woll geben souverän routiniert Steigbügelhilfe und in der Mitte knistert es nur so vor fühlbar echtem sozialem Drama. Nicht umsonst von der Deutschen Medienbewertung gerade für Jugendliche wärmstens empfohlen (Prädikat: „besonders wertvoll“). ab 29.10. VOLL VERZUCKERT THAT SUGAR FILM ab 29.10. Kommentar des Regisseurs Justin Kurzel: Wie war diese Zeit wirklich? Wie grausam und brutal war sie? Das erinnerte mich stark an den Western: Diese Landschaft und diese Atmosphäre waren sehr viel gefährlicher, als ich sie jemals in einer der früheren Shakespeare-Adaptionen gesehen hatte. Ich fand es faszinierend, diesen finsteren Krieg auf die Leinwand zu bringen. Wie hat Macbeth auf den Krieg reagiert? Ist er nicht überhaupt erst ein Produkt dieses Krieges? In welchen Maße hat er seinen Ehrgeiz, König zu werden überhaupt erst befeuert? Ist der Mord nicht seine Art, auf diesen Schmerz und dieses Trauma zu reagieren? Zucker macht vor allem glücklich und die Zähne kaputt, oder? Der australische Schauspieler Damon Gameau („How I Met Your Mother“) unternimmt einen Selbstversuch und opfert seinen Waschbrettbauch, um herauszufinden, was es wirklich mit dem Zucker auf sich hat: 60 Tage lang ernährt er sich unter ärztlicher Aufsicht gezielt fettarm und dafür zuckerreich und dokumentiert die Auswirkungen auf seinen Geist und seinen Körper. Dabei greift er aber nicht zu den typischen, sowieso verteufelten Zuckerbomben wie Schokolade oder Limonade à la „Supersize Me“, sondern ausschließlich zu Lebensmitteln, die ausdrücklich als „gesund“ gelten und entsprechend vermarktet werden. Das Resultat hat das Zeug, unsere allgemeine Auffassung von einer gesunden Ernährung gründlich durchzuschütteln: Was wissen wir wirklich? Den fetzig inszenierten Selbstversuch ergänzt er durch Stellungnahmen der Lebensmittelindustrie, Aussagen von Fachleuten, Wissenschaftlern und Zucker-Geschädigten. Zum Film ist auch ein begleitendes Sachbuch erschienen („That Sugar Book“ 2015, bisher nur auf englisch), das in Australien bereits ein Bestseller ist. Ein bekennender Fan ist Starkoch Jamie Oliver. Australien 2014 102 Min., FSK 0 Drehbuch & Regie Damon Gameau Darsteller Damon Gameau Stephen Fry Isabel Lucas Verleih Universum ab 29.10. JAMES BOND 007: SPECTRE Großbritannien/USA 2015 147 Min., FSK n.n.b. Regie Sam Mendes Drehbuch John Logan, Neal Purvis, Robert Wade Darsteller Daniel Craig Christoph Waltz Monica Bellucci Verleih Sony Ein Wiedersehen mit alten Feinden – Bond jagt SPECTRE, Blofelds altes „Schreckgespenst“: Eine mysteriöse Nachricht aus seiner Vergangenheit lockt den MI6-Agenten 007 (Daniel Craig) nach Mexiko-City und schließlich nach Rom, wo er auf Lucia Sciarra (Monica Bellucci, „Irreversibel“) trifft, die schöne und geheimnisvolle Witwe eines Killers, den Bond auf dem Gewissen hat. Durch sie kommt er einer internationalen Terrororganisation auf die Spur, der SPECTRE (zu deutsch: ‚Gespenst‘, hier Abkürzung für Special Executive for Counter-intelligence, Terrorism, Revenge and Extortion), die offenbar in engem Zusammenhang mit Quantum steht, der Organisation seines Erzfeindes Mr. White (Jesper Christensen, „Ich und Kaminski“), die er in den letzten beiden Filmen bekämpft hat. Also macht Bond sich in den Alpen auf die Suche nach dessen Tochter Madeleine Swann (Léa Seydoux, „Blau ist eine warme Farbe“), die ihm viel- leicht weiterhelfen kann, während sein neuer Chef „M“ (Ralph Fiennes, „Grand Budapest Hotel“) alle Hände voll zu tun hat, um eine Schließung des MI6 durch die Regierung zu verhindern. Letztlich muss 007 allerdings feststellen, dass ihn mit seinem neuen Gegenspieler Franz Oberhauser (Christoph Waltz, „Der Gott des Gemetzels“) bereits einiges verbindet... Der zweite Bond von Sam Mendes („American Beauty“, „Road to Perdition“) und John Logan („Aviator“, „Hugo Cabret“) kommt sehr klassisch daher, knüpft nahtlos an „Skyfall“ an und setzt gleichzeitig die Geschichte von „Ein Quantum Trost“ um Mr. White fort. Schillernde Drehorte, Christoph Waltz als neuer Schurke und Monica Bellucci und Léa Seydoux als Bondgirls bieten alles, was das Herz begehrt. Natürli ch sind auch Ben Wishaw („Das Parfum“) als neues Technikgenie „Q“ und Naomie Harris („Fluch der Karibik“) als neue Miss Moneypenny wieder mit von der Partie. ab 05.11., Vorpremiere am 04.11., auch in OmU! DAS NEUE FILMTHEATER – EIN „MAGISCHER RAUM“: Für alle, die noch gar nicht da waren, hier mal ein paar schöne Bilder vom neuen Rex, wie es jetzt aussieht, nachdem wir es ein knappes Jahr lang renoviert haben. Das Gebäude selbst stammt noch aus den 1850er Jahren und hat eine lange Geschichte hinter sich: zunächst als hauseigenes Theater eines Luxushotels und später immer wieder abwechselnd als Theater oder Kino, unter so verschiedenen Namen wie „Rex“, „Apollo“ oder „Salamander“. Bei der Renovierung lag es uns am Herzen, dieser Geschichte Rechnung zu tragen und die ureigene altehrwürdige Atmosphäre zu erhalten, auch wenn hinter der Fassade inzwischen die modernste Technik steckt. Eins der schönsten Komplimente, das wir hierfür bisher bekamen, war PRÄSENTIERT: LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN 04.10., 12:00 Uhr Deutschland/Schweiz/Kolumbien 2015 94 Min., FSK 0 Drehbuch & Regie Jens Schanze Verleih Camino Am Sonntag, den 4. Oktober, zeigen wir im Rex in Kooperation mit Greenpeace Wuppertal den Dokumentarfilm „La Buena Vida – Das gute Leben“ über die Umsiedlung einer indigenen Gemeinschaft, die dem weltgrößten Kohletagebau in Kolumbien weichen muss. Die Mine El Cerrejón im Nordosten Kolumbiens ist der größte Steinkohletagebau der Welt, betrieben von den drei globalen Bergbaukonzernen AngloAmerican, BHP Billiton und Glencore. Obwohl kein deutsches Unternehmen be- teiligt ist, geht das Thema uns alle an: Seit 2011 ist Kolumbien mit 10,5 Mio. t im Jahr wichtigster Steinkohlelieferant für deutsche Kraftwerke. Der Film begleitet eine Gemeinschaft des indigenen Volkes der Wayúu während ihrer Umsiedlung. Mit dem Verlassen ihres Dorfes erfahren die Indigenen den Verlust ihrer traditionellen, naturnahen Lebensweise, die sie als „das gute Leben“ ansehen. Sie werden in eine fremde Welt versetzt, in der ihnen die Grundlage für ein selbstständiges, erfülltes Dasein ent- zogen ist. Im Rahmenprogramm beleuchtet die Wuppertalerin Beatrix Sassermann, die zur Zeit des Filmdrehs in der Kohleregion Cerrejón war, aus eigener Erfahrung den politischen Hintergrund. Lina Holzrichter und Stephanie Walter von Greenpeace Wuppertal machen darüber hinaus in ihrem Beitrag deutlich, welchen Preis Mensch und Umwelt in den Herkunftsländern für nach Deutschland exportierte Kohle zahlen. Weitere Informationen auf www.greenpeace.de/wuppertal Fotos: Cornelia Scherer der Vergleich mit einer Hotellobby aus einem alten Hitchcock-Film, den ein Besucher angestellt hat: Das sind dann zwar die 1950er Jahre, aber die Idee gefällt uns trotzdem sehr gut. Nun hat die Wuppertaler Fotografin Cornelia Scherer als erste das Rex ausgiebig fotografiert, für eine Bilderstrecke zum Thema: „Magische Räume.“ Wir fühlen uns geehrt, dass sie dabei zuallererst an uns gedacht hat, und erfreuen uns am altmodischen Touch, den sie den Bildern gegeben hat und der in unseren Augen sehr gut zum Ambiente des Rex passt. Allen, die es noch nicht mit eigenen Augen gesehen haben, bleibt vorbeizukommen und sich selbst zu überzeugen, vom neuen „Rex Filmtheater“, auf das wir ehrlich gesagt auch ein bisschen stolz sind. FILM-DIENST MARY POPPINS WIRD FORTGESETZT DANIEL BRÜHL WEITER GUT IM GESCHÄFT AUSBLICK NOVEMBER 2015 DIE SCHÜLER DER MADAME ANNE ab 05.11. Keiner kennt Problemkids so gut wie eine Lehrerin in einer Pariser Banlieue. Sie sieht das Potenzial hinter all den ungestümen Aggressionen und meldet ihre Klasse bei einem renommierten landesweiten Kunstwettbewerb an, zum Thema: Die französische Résistance im Zweiten Weltkrieg... Bei Disney hat man sich in den letzten Jahren ja ohnehin auf Fortsetzungen und Remakes spezialisiert. Jetzt hat das Studio angekündigt, dass auch „Marry Poppins“ eine Fortsetzung bekommen soll. Das beliebte Fantasy-Musical, das 1964 der erste Realfilm der Trickfilmschmiede war, feierte im vergangenen Jahr bereits seinen 50. Geburtstag mit der rührenden Hintergrundgeschichte „Saving Mr. Banks“. Die Fortsetzung nun soll 20 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils spielen und wieder wird es darin um Abenteuer der Banks‘ mit der zaubernden Nanny gehen. Es soll auch wieder ein Musical werden – für die Regie wurde bereits Rob Marshall („Chicago“, „Nine“, „Into the Woods“) verpflichtet, für die Musik das Komponistenduo Marc Shaiman und Scott Wittman („Hairspray“), aus dessen Feder auch die Songs des Musicals „Charlie und die Schokoladenfabrik“ stammen. Wer die Nanny diesmal gibt, ist aber noch nicht bekannt. ROBERT PATTINSON WILL REGISSEUR WERDEN Da dachte man gerade noch Anfang des Jahres bei Michael Winterbottoms „Die Augen des Engels“: Der Bart allein reicht nicht, um dem abzunehmen, dass er erwachsen geworden ist. Und schon legt er richtig los: Nachdem er auch in „Die Frau in Gold“ am Rande auftauchte, einem der erfolgreichsten Filme bei uns in diesem Jahr, legte der mittlerweile 37jährige spätestens mit „Ich und Kaminski“ ein richtiges Comeback hin. Wie nun bekannt wurde, fasst er gerade gleichzeitig Fuß in der Filmproduktion und ist bei der kleinen deutschen Filmfirma Amusement Park mit eingestiegen. Das noch junge Unternehmen mit Sitz in Hamburg und Berlin hat bislang vor allem Philip Seymour Hoffmans grandiosen letzten Auftritt „A Most Wanted Man“ produziert, sowie auch bei „Mr. Turner“ mitgemischt. Man darf gespannt sein, was uns aus dieser Ecke noch erwartet. Als Schauspieler gibt es mit Brühl spätestens im Januar ein Wiedersehen, im deutschamerikanischen Drama „Colonia“ an der Seite von Emma Watson. FREIKARTEN Bekannt wurde er als Teenietraum-Vampir in den „Twilight“-Filmen, inzwischen hat der britische Schauspieler mehrfach bewiesen, dass mehr in ihm steckt: zuletzt als Lawrence von Arabien in Werner Herzogs „Königin der Wüste“ und als Fotograf Dennis Stock in Anton Corbijns „LIFE“. Nun zieht es den 29jährigen auf die andere Seite der Kamera. In einem Interview mit dem französischen Magazin Les Inrocks sagte er, er träume davon, selber Regie zu führen, um sein eigener Chef zu sein, und nicht nur das: Er schreibe aktuell auch bereits an mehreren Drehbüchern, die er bei Gelegenheit selbst realisieren will. Doch mit der Finanzierung sei das noch so eine Sache: Alle seine Drehbücher sind richtig dicke Science-Fiction-Blockbuster. Ihn selbst wundert das am meisten – im Kino sieht er die nämlich eigentlich gar nicht gerne. Beantworten Sie unsere Frage und gewinnen Sie mit etwas Glück zwei Freikarten für einen Film Ihrer Wahl. Shakespeares Tragödie „Macbeth“ ist schon oft verfilmt worden, unter anderem auch einmal vom Japaner Akira Kurosawa, wenn auch sehr frei und unter einem völlig anderen Titel. Wie hieß der Film? Sie wissen es? Dann senden Sie Ihre Antwort bis zum 01.11.2015 an: [email protected] Rex Filmtheater Kipdorf 29 42103 Wuppertal 0202 478 99 55 0 www.rexwuppertal.de [email protected] IRRATIONAL MAN ab 12.11. Der neue Woody Allen: Joaquin Phoenix als frustrierter Philosophieprofessor und Emma Stone als seine verknallte Studentin, die ihn aufheitern will. Zwischen Kierkegaard und Kant kommt man sich näher, doch er hat Erektionsprobleme. Und die lassen sich nur lösen, indem er mit ihr zusammen ein Verbrechen plant... FILMREIHE: SIEBEN SÄRGE ab 29.11. Zum Ende des Jahres zeigen wir im Cinema eine Reihe mit sieben Filmen zum Thema Tod und Sterben, die die Ausstellung „Sieben Särge“ von HEiNZ-Gründer Gerhard Roßmann in der Schwarzbach-Galerie begleitet: immer freitagabends um elf und sonntagmittags um eins, den ganzen Dezember hindurch, mal schwarzhumorig heiter, dann wieder einfühlsam und ergreifend mit Filmen aus vierzig Jahren Filmgeschichte. Mehr dazu in Kürze auf unseren Websites, auf www.schwarzbach-galerie.de und natürlich im nächsten LICHTBLICK. WEITERE GEPLANTE STARTS: MIA MADRE ab 19.11. THE DIARY OF A TEENAGE GIRL ab 19.11. EWIGE JUGEND ab 26.11. Cinema Wuppertal Berliner Straße 88 42275 Wuppertal 0202 260 43 10 www.cinemawuppertal.de [email protected] Änderungen vorbehalten. Spielzeiten und -stätte der Filme entnehmen Sie bitte unseren aktuellen Wochenprogrammen. Texte: Daniel Bäldle, Herausgeber: Lichtblick Cinema GmbH
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