Versammlungsrecht - Institut für Staats

Institut für Staats- und Verwaltungsrecht
ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian M. PISKA
030216 Vorlesung
Besonderes Verwaltungsrecht
Versammlungsrecht
10. 12. 2015 U22
Wintersemester 2015/16
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Übersicht
Struktur dieses Vortrags
•Versammlungsrecht

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



Versammlungsbegriff
Anzeige und Untersagung der Versammlung
Durchführung und Auflösung
Behörden und Zuständigkeiten
Aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung des VfGH
Fallbeispiel
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Versammlungsrecht
Rechtsgrundlage
•Versammlungsgesetz 1953 (VersG)
BGBl 1953/98 idF BGBl I 2013/161
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Versammlungsrecht
Kurzcharakteristik
• Versammlungsrecht
regelt Ausübung des Grundrechts Versammlungsfreiheit (Art 12
StGG, Art 11 EMRK) – dieses garantiert kollektive Meinungskundgabe
•Versammlungsgesetz
 regelt Ausgleich zwischen Versammlungsfreiheit und
entgegenstehenden berechtigten privaten und öffentlichen
Interessen
 Versammlungsbehörden: Überwachungsfunktion
Anzeige an Behörde
Untersagung und Auflösung durch Behörde
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Versammlungsrecht
Kompetenzgrundlagen
• Versammlungsrecht – Art 10 (1) Z 7 B-VG
Kompetenztatbestand „Vereins- und Versammlungsrecht“
Bildung und Durchführung von Versammlungen,
Aufsichtsmaßnahmen
→ in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache
• Abgrenzung: Versammlung, die keine im verfassungsrechtlichen Sinn ist
→ oftmals Gegenstand des Veranstaltungswesens (Generalklausel Art 15 (1)
B-VG - Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung)
zB Angelegenheiten des „Theater- und Kinowesens“ (Art 15 (3) B-VG)
auf dieser Grundlage: Veranstaltungsgesetze der Länder
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Versammlungsrecht
Grundrechtliche Bezüge
• Art 12 StGG
Österr Staatsbürger haben Recht sich zu versammeln und Vereine zu bilden
• Beschluss der Prov. Nationalversammlung (StGBl 1918/3), Z 3
„Vereins- und Versammlungsfreiheit ohne Unterschied des Geschlechts“
• Art 11 (1) EMRK
alle Menschen haben Recht sich friedlich zu versammeln und sich mit
anderen zusammenzuschließen.
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Versammlungsrecht
Grundrechtliche Bezüge II
• Art 12 StGG: keine Legaldefinition in Art 12 StGG, durch VfGH
entwickelt und für VersG maßgeblich („enger“ Versammlungsbegriff,
weil enger als jener der EMRK)
Ausübungsvorbehalt: Grundrecht nach Maßgabe der
einfachgesetzlichen Ausgestaltung im VersG gewährt
• Art 11 EMRK: alle Menschen haben Recht sich friedlich zu
versammlen, weiter als jener des Art 12 StGG (auch erfasst:
organisierte, einmalige Vereinigung mehrerer Menschen zu einem
gemeinsamen Ziel an bestimmtem Ort, zB Festakt)
materieller Ausübungsvorbehalt → Art 11 EMRK geht Art 12 StGG als
günstigere Bestimmung vor (Art 53 EMRK)
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Versammlungsrecht
Grundrechtliche Bezüge III
• Recht auf Versammlungsfreiheit nach Art 12 StGG gewährleistet
 Freiheit sich zu versammeln und
 versammelt zu bleiben.
 auch Bestrafung wegen Übertretung des VersG kann Eingriff sein
Aus Art 12 StGG und Z 3 des Beschlusses der Prov.
Nationalversammlung → Rsp: Verbot des Konzessionssystem
 Versammlung darf nicht von vorhergehender Bewilligung abhängig sein
 Anzeigepflicht und Untersagung aber zulässig
 Untersagung und Auflösung nur unter Voraussetzungen des VersG und mat.
Gesetzesvorbehalt in Art 11 (2) EMRK
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Versammlungsrecht
Völkerrechtliche Bezüge
• Art 9 StV Wien: Einschränkung
verpflichtet Österreich zur Auflösung der NSDAP/aller Organisationen
faschistischen Charakters; Verbot der Betätigung solcher Organisationen
• Art 4 Z 2 StV Wien
verbietet jede Organisation die politische/wirtschaftliche Vereinigung mit
Deutschland anstrebt
 VfGH: Art 9 und 4 StV Wien nicht unmittelbar anwendbar, aber als
Auslegungsmaximen zu beachten – zB bei Untersagung von Versammlungen
als staatsgefährlich und gesetzwidrig – in nRsp: schon wegen Verstoß gegen
§ 3 VerbotsG 1947 Untersagung von Versammlung geboten
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Versammlungsrecht
Europarechtliche Bezüge
• Grundrechte als allgemeine Grundsätze
Art 6 (3) EUV (idF des Vertrages von Lissabon):
 Grundrechte aus EMRK, sowie
 Grundrechte, die sich aus gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben
→ als „allgemeine Grundsätze“ Teil des Unionsrechts
In der Praxis: Spannungsverhältnis Versammlungsfreiheit –
Grundfreiheit des Warenverkehrs zB Demonstration auf
Hauptverkehrsstraßen mit Blockadecharakter („Brenner-Blockade“)
→ eventuell unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten gegen
Versammlungen einzuschreiten; aber: Schranken der Grundfreiheiten in
Grundrechten – gegen einander abwägen!
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Versammlungsrecht
Europarechtliche Bezüge II
• Art 12 Grundrechtecharta
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen,
gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich auf allen Ebenen
frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen
zusammenzuschließen, was das Recht jeder Person umfasst, zum Schutz
ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften
beizutreten.
(2) Politische Parteien auf der Ebene der Union tragen dazu bei, den
politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum
Ausdruck zu bringen.
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung
• keine Legaldefinition in VersG, aber Definition durch VfGH
„Zusammenkunft mehrerer Menschen [...], wenn sie in der
Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen
Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen,
sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen
entsteht. Eine Versammlung ist – maW ausgedrückt – das
Zusammenkommen von Menschen (auch auf Straßen) zum
gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der
Kundgabe von Meinungen an andere; keine Versammlung ist das
bloß zufällige Zusammentreffen von Menschen“ (zB VfSlg 11.866)
→ verfassungsrechtliche Versammlungsbegriff aus Rsp zu Art 12
StGG (auch für VersG relevant)
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung II
• Versammlungsbegriff: Beurteilung nach
 Zweck und
 Elemente der äußeren Erscheinungsform (Modalitäten, Dauer,
Anzahl der Teilnehmer etc)
relevant ist erkennbares geplantes Geschehen (nicht: ob als
„Versammlung“ von Veranstaltern angezeigt)
= enger restriktiver Versammlungsbegriff
Kasuistische Rsp des VfGH: zB muss organisierte Zusammenkunft
sein, aber auch „Spontanversammlungen“ können erfasst sein
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Begriff der Versammlung III
• Versammlungsbegriff der EMRK in Art 11
 „jede organisierte einmalige Vereinigung mehrerer Menschen zu
einem gemeinsamen Ziel an einem bestimmten Ort“
= weiter Versammlungsbegriff
zB auch öffentlicher Festakt als Versammlung iSd Art 11 EMRK,
nicht aber als Versammlung iSd Art 12 StGG (VfSlg 12.501)
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen
• „absolut“ freie Versammlungen
aus Anwendungsbereich des VersG ausgenommen
• nicht anzeigepflichtige („freie“) Versammlungen
müssen nicht angezeigt werden, andere Vorschriften des VersG
aber anwendbar
• anzeigepflichtige öffentliche Versammlungen
voll von VersG erfasst
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen II
• „absolut“ freie Versammlungen
→ aus Anwendungsbereich des VersG ausgenommen
 Wahlversammlungen bestimmter Art (§ 4 VersG):
Versammlungen der Wähler zu Wahlbesprechungen, zu
Besprechungen mit den gewählten Abgeordneten, wenn zur Zeit der
ausgeschriebenen Wahlen und nicht unter freiem Himmel
 öffentliche Belustigungen, Hochzeitszüge, volksgebräuchliche
Feste, Leichenbegräbnisse, Prozessionen, etc
(§ 5 VersG, keine taxative Aufzählung)
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen III
• nicht anzeigepflichtige („freie“) Versammlungen
→ müssen nicht angezeigt werden, andere Vorschriften
des VersG aber anwendbar
 Versammlungen, die nicht allgemein zugänglich und auf geladene
Gäste beschränkt sind
 Mitgliederversammlungen von Vereinen (§ 10 VerG)
„Geschlossene Gesellschaft“: auf geladene Gäste beschränkt – Teilnehmer
müssen persönlich und individuell vom Veranstalter geladen werden, Zutritt
nicht allgemein möglich (zB Kontrolle durch TeilnehmerInnenliste)
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Einteilung der Versammlungen IV
• anzeigepflichtige öffentliche Versammlungen
→ spätestens 24 Stunden vor Versammlung bei
Versammlungsbehörde anzuzeigen
 allgemein zugängliche öffentliche (Volks-)Versammlungen (§ 2
VersG)
Irrelevant, ob an öffentlichem (zB Straße) oder privatem Ort (zB
Wohnung, Wirtshaus), ob in Bewegung als „Aufzug“ oder „statisch“
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung
• Versammlungsanzeige
 spätestens 24 Stunden vor beabsichtigter Abhaltung
 unter Angabe von Zweck, Ort und Zeit
 an Versammlungsbehörde
 durch Veranstalter
 schriftlich
für Einhaltung der Frist ist rechtzeitiges Einlangen bei Behörde relevant
auf Verlangen hat Behörde Bestätigung über Anzeige auszustellen
Beachte: Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften sind zu beachten!
zB § 86 StVO Umzüge: bei Benutzung der Straße für andere Zwecke als jene
des Straßenverkehrs, drei Tage vorher der Straßenpolizei anzuzeigen
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Anzeige und Untersagung II
• Untersagung der Versammlung durch Behörde mit Bescheid, wenn
 deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder
 deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche
Wohl gefährdet (§ 6 VersG).
§ 6 VersG ist verfassungskonform interpretieren→ Untersagung
muss auch iSd Art 11 (2) EMRK notwendig sein
VfGH: Untersagungsbescheid als Prognoseentscheidung aufgrund objektiv
erfassbarerer Umstände, in Abwägung der Interessen des Veranstalters
an Abhaltung der Versammlung und den öffentlichen Interessen aus
Art 11 (2) EMRK am Unterbleiben der Versammlung
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung
• Versammlungsleiter und Ordner
 müssen für Wahrung des Gesetzes, Aufrechterhaltung der
Ordnung sorgen
 müssen gesetzwidrigen Handlungen/Äußerungen sofort
entgegentreten
 wird Anordnungen nicht Folge geleistet → Leiter muss
Versammlung auflösen
Verletzung der Verhaltenspflichten = Verwaltungsübertretung
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung II
• Vermummungsverbot (§ 9 VersG)
Personen, die
 ihr Gesicht verhüllen oder verbergen oder
 Gegenstände mit sich führen, die ihrem Wesen nach bestimmt sind, die
Feststellung der Identität zu verhindern
dürfen an einer Versammlung nicht teilnehmen.
• Bewaffnungsverbot (§ 9a VersG)
Personen, die
 bewaffnet sind, oder
 Gegenstände mit sich führen, die geeignet sind und uU nur dazu dienen
Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben, dürfen an Versammlungen
nicht teilnehmen
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Durchführung der Versammlung III
• Verstoß gegen Vermummungs- und Bewaffnungsverbot
 jeweils allein (sofern die Tat nicht gerichtlich strafbar ist) =
Verwaltungsübertretung
 wer zugleich gegen Vermummungsverbot nach § 9 VersG und
Bewaffnungsverbot nach § 9a VersG verstößt = Erfüllung eines
besonderen gerichtlichen Straftatbestandes (§ 19a VersG)
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung
• Auflösung einer Versammlung = behördliche Beendigung einer
aktuell stattfindenden Versammlung
• Versammlung ist von Behörde
 zu untersagen und „nach Umständen“ aufzulösen, wenn sie
gegen Vorschriften des VersG veranstaltet wird
 aufzulösen, wenn sich in einer Versammlung
 gesetzwidrige Vorgänge ereignen
 sie öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter annimmt
und in allen Fällen Auflösung iSd Art 11 (2) EMRK gerechtfertigt ist
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung II
• Anordnung der Auflösung: Rechtsform
 von Teilen der L und der Rsp als Befehlsakt gesehen
an alle VersammlungsteilnehmerInnen zu richten
muss entsprechend wahrnehmbar erfolgen
 anderer Teil der L: mündlich verkündete Verordnung
Konsequenzen für Rechtsschutz:
 Befehlsakt: von jedeR TeilnehmerIn mit
Maßnahmenbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht
 Verordnung: Individualantrag beim VfGH
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Auflösung einer Versammlung III
• Aufgelöste Versammlung
 alle Anwesenden verpflichtet Versammlungsort sogleich zu
verlassen und auseinanderzugehen
 wird Befehlsakt (die „Auflösung“) nicht befolgt, darf Zwang
angewendet werden
 Nichtbefolgung des Gebots, Versammlungsort sogleich zu
verlassen = Verwaltungsübertretung
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Verwaltungsstraftatbestände
• § 19 VersG
„Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine
Strafgesetz keine Anwendung findet, von der
Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die
Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist,
aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen
oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.“
 subsidiär („sofern nicht gerichtlich strafbar“)
 Blankettstrafnorm („Übertretungen gegen dieses Gesetz“)
 zB Verstöße gegen Anzeigepflicht, „Nichtauseinandergehen“
nach Versammlungsauflösung
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten
• Versammlungsbehörden
§ 2 (1) + (2) SPG: Vereins- und Versammlungsangelegenheiten
als Teil der Sicherheitsverwaltung; von Sicherheitsbehörden
vollzogen.
Versammlungsbehörden sind die Sicherheitsbehörden
 Bezirksverwaltungsbehörden bzw.
 LPD (im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich
Sicherheitsbehörde „erster Instanz“ ist )
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Versammlungsrecht
Versammlungsgesetz: Behörden und Zuständigkeiten II
• Zuständigkeiten: neu Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012
§ 18 VersG: „Über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem
Bundesgesetz entscheidet das Landesverwaltungsgericht.“
Örtliche Zuständigkeit: jene Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich die
Versammlung laut Anzeige veranstaltet werden soll oder tatsächlich
veranstaltet wird (§§ 2, 16 VersG iVm § 3 Z 2 AVG).
• Verfahren vor Sicherheitsbehörden nach AVG, VStG, VVG
Abweichungen vom AVG: insb von § 13 (5) AVG mit § 2 (1) VersG als
speziellere Norm – Frist von 24 Stunden für Einlangen von
Versammlungsanzeige auch gewahrt, wenn außerhalb der Amtsstunden
mittels Fax bei Behörde einlangt
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Versammlungsrecht
Aktuelle Judikatur des VfGH
• bisher: Art 12 StGG – Ausgestaltungsvorbehalt – daher als
Feinprüfungsgrundrecht vom VfGH verstanden
→ jede Verletzung des VersG als Verletzung der
Versammlungsfreiheit gem Art 12 StGG
→ grundrechtliche Feinprüfung durch VfGH
→ kein Raum für Zuständigkeit des VwGH (Art 133 Abs 5 B-VG)
• im Gegensatz dazu: Art 11 EMRK – Fremde können sich darauf
stützen – Eingriffsvorbehalt
VfGH nur Grobprüfung
Literaturhinweis:
Kucsko-Stadlmayer /Gratzl, Aktuelle Judikatur des VfGH
zum Recht auf Versammlungsfreiheit - Was bleibt vom
Feinprüfungsgrundrecht, JAP 2013/2014/24 .
Versammlungsrecht
Aktuelle Judikatur des VfGH II
• neu: Art 12 StGG – partielle Judikaturänderung?
Bezüglich Frage der Rechtmäßigkeit einer über den
Beschwerdeführer verhängten Verwaltungsstrafe iVm der
Auflösung einer Versammlung beschränkt sich VfGH auf
Grobprüfung
Konsequenzen:
 Raum für Kompetenz des VwGH (Art 133 Abs 5 B-VG)
 da in Art 12 StGG auch Vereinsfreiheit: auch hier beachtlich
→ Aber fraglich, ob einmalige Abweichung oder Abgehen
von bisheriger ständiger Rsp des VfGH
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Versammlungsrecht
Fallbeispiel
• Versammlung vor Bekleidungsunternehmen:
Sachverhalt: Kundgebung gegen Pelzhandel vor
Bekleidungsunternehmen, ca. 10 Personen mit Tisch, Infomaterial,
Beamer, Leinwand. Der Tisch wird 5 Meter von Auslage entfernt
aufgestellt. Die Behörde untersagt die Versammlung und gibt
Schutz des Geschäfts Vorrang.
Welche Argumente sprechen für, welche gegen die Untersagung?
Auszug aus dem Standard (17.10.2014)
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Versammlungsrecht trotz Bademantels
Den Grünen geht es in erster Linie darum, dass bei Demos, die
untersagt werden, für die Anfechtung dieser Entscheidung genügend
Spaßdemos verbieten? Das geht nicht, sagen die Grünen. Sie
Zeit bleibt. Im Moment ist es so, dass man eine Versammlung
fordern eine Stärkung des Demonstrationsrechts. Die
Untersagung von Versammlungen soll zeitgerecht angefochten mindestens 48 Stunden vor Beginn anmelden muss. Wenn die Polizei
diese nicht untersagt, dann kann sie stattfinden.
werden können.
Aber die Polizei kann die Versammlung auch spätestens 24 Stunden
Rosa Winkler-Hermaden
vor Beginn untersagen, etwa wenn die öffentliche Sicherheit
Wien - Der 80. Geburtstag von Udo Jürgens brachte nicht zur
gefährdet wird. Man kann dann zwar Einspruch erheben, aber der
zahlreiche Porträts über die Schlagerlegende mit sich, sondern
Beschluss der Landesverwaltungsgerichte kommt in der Regel erst
auch eine Debatte um das Demonstrationsrecht. Madame
nach dem Zeitpunkt, an dem die Versammlung eigentlich hätte
Tussauds Wien hatte zur Bademantel-Demo aufgerufen. Nicht
stattfinden sollen.
ganz selbstlos, schließlich galt es auch, die Udo-JürgensWachspuppe zu bewerben. Die Kritik war laut. Den Ring sperren Musiol plädiert nun dafür, das Gesetz nachzuschärfen. Seit die
Landesverwaltungsgerichte für die Einsprüche zuständig sind und
für eine Werbeveranstaltung? Sogar Innenministerin Johanna
nicht mehr die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), sei zwar im
Mikl-Leitner (ÖVP) schaltete sich letztlich ein und kündigte an,
rechtlich prüfen zu lassen, ob man sogenannte Spaßdemos örtlich Gesetz festgeschrieben, dass "unverzüglich" zu entscheiden sei. De
facto fallen die Entscheidungen aber zu spät, nämlich nach dem
verlegen kann.
ursprünglich anvisierten Datum. Und man weiß auch erst im
Die Grünen nehmen die Debatte nun zum Anlass, um eine
Nachhinein: Hat die Polizei zu Recht oder zu Unrecht gehandelt?
Stärkung des Demonstrationsrechts zu fordern. Mit Spaßdemos
Denkbar sind für die Grünen zwei Varianten: Die Anmeldefrist einer
auch auf der Ringstraße müsse man leben, sagt
Verfassungssprecherin Daniela Musiol zum STANDARD. Denn es Versammlung vorzuverlegen ("Viel früher aber nicht."). Oder die
bestehe das Recht auf Versammlungsfreiheit, und daran sei nicht Gerichte zu verpflichten, schneller zu entscheiden. "Gerichte müssen
ja auch bei Gewaltdelikten sehr schnell urteilen: Passieren
zu rütteln. Es dürfe erst gar nicht damit begonnen werden, hier
Wegweisungen zu Recht? Das sollte auch beim Verwaltungsgericht
zwischen Versammlungen aus kommerziellen oder
nichtkommerziellen Gründen zu unterscheiden. Denn das führe zu möglich sein."
einer Aufweichung.
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Literaturempfehlungen
Kolonovits, Vereins- und Versammlungsrecht, in
Hammer/Kolonovits/Muzak/Piska/Strejcek (Hg.), Besonderes
Verwaltungsrecht (2012)
Giese, Vereins- und Versammlungsrecht, in Bachmann et al (Hg.), Besonderes
Verwaltungsrecht (2014)10
Kucsko-Stadlmayer/Gratzl, Aktuelle Judikatur des VfGH zum Recht auf
Versammlungsfreiheit – Was bleibt vom Feinprüfungsgrundrecht, JAP
2013/2014/24 .