2016 entscheidet über erfolgreiche Integration in Deutschland Beschluss der GRÜNEN Landtagsfraktion Die Integration der vielen Flüchtlinge, die in den letzten Monaten bei uns Schutz gesucht haben und auch noch Schutz suchen werden, ist die vielleicht größte Herausforderung für Deutschland seit der Deutschen Einheit. Das gesellschaftliche Klima in Deutschland ist heute nach wie vor überwiegend geprägt von einer „Willkommenskultur“. Aber auch vom massiven Versuch, in der öffentlichen Debatte Flüchtlinge abzuschrecken und auszugrenzen. Viele Menschen, die zu uns kommen, wollen später wieder in ihre Heimat zurückkehren. Viele werden aber auch bleiben. Diese Menschen werden unser Land verändern. Wer so tut, als ob alles beim Alten bliebe, der verkennt diese neue Realität, die Chancen und Risiken birgt. Wir wollen mithelfen, das neue Zusammenleben zu gestalten. Aus Flüchtlingen sollen unsere Nachbarn, unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Freunde werden. Es ist unsere Aufgabe, aus diesem neuen Zusammenleben das Beste für die Menschen, für RheinlandPfalz und Deutschland zu machen. Dafür müssen wir die neuen Realitäten anerkennen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Aber wer sich heute darin überbietet, welche Werte welcher Flüchtling in welcher Zeit übernehmen muss, wer appelliert schneller, härter, konsequenter abzuschieben, Familiennachzug verbieten möchte, wer schon in Schulen separieren will und damit nur Parolen für den rechten Rand der Gesellschaft bietet, der will keine wirkliche Integration: der will sofortige Assimilation oder Ausweisung. Dieses Muster kennt Deutschland noch aus der Zeit der ersten Gastarbeitergenerationen. Wir dürfen nicht die gleichen alten Fehler wieder machen, indem wir die gleichen alten Denkmuster wieder verwenden. Integration ist ein Prozess, der vom ersten Tag beginnen muss. Auf dem Weg wird es natürlich Probleme geben, es stecken aber auch viele Chancen für unsere Gesellschaft darin. Die Balance in der Integrationsdebatte ist verloren gegangen Die Konservativen im Land fordern, Flüchtlinge sollen sich zurechtfinden, in einem Geflecht aus Zwängen, Verboten und Erwartungen. Was Flüchtlinge von uns an Hilfestellung erwarten können, damit sie überhaupt die Chancen auf Integration bekommen, darüber redet fast niemand. Dabei liegt hier der Schlüssel für die Frage: Gelingt Deutschland die Integration so vieler Menschen, oder werden wir scheitern? 1 Wir erleben einen massiven Rechtsruck in unserem Land. Die Balance in der Integrationsdebatte ist verloren gegangen. Wir GRÜNE wollen das Gleichgewicht wiederherstellen und dafür eintreten, dass Flüchtlingen eine Chance auf Integration gegeben wird. Wir verlangen Anstrengungen von Flüchtlingen. Aber die gleichen Anstrengungen müssen wir uns und den staatlichen Einrichtungen abverlangen. Wem wir sagen, er soll unsere Sprache lernen, der soll einen Sprachkurs bekommen. Wem wir sagen, er soll sich beruflich fortbilden, der soll ein Anrecht auf berufliche Vermittlung bekommen. Wem wir sagen, er soll seine Kompetenzen ausbauen, der soll seine Qualifikationen anerkannt bekommen und sich weiterbilden können. Wem wir sagen, er soll arbeiten, der soll für seine Kinder einen KiTa-Platz bekommen. Wem wir sagen, er soll sich mit unseren Werten vertraut machen, der soll ein Wohnumfeld bekommen, in dem er/sie auch leben kann. Wer sich engagieren soll, der soll Beteiligungsrechte erhalten. Denn für uns GRÜNE ist klar: Integration ist ein Geben und Nehmen. Wir wollen ein Recht auf Integration. Damit Integration gelingt. Alle Seiten müssen Neu Denken. Nur so schaffen wir das. Und wir GRÜNE sind sicher: Gemeinsam müssen wir das schaffen. Integrationsgesetz: für ein Recht auf Integration Heute ist der Erfolg von Integration viel zu oft vom Wohnort abhängig. In Deutschland ist es viel zu oft unklar, wer für was zuständig ist. Wer hat welche Aufgabe, wer bezahlt was? Was erwarten wir von Flüchtlingen, was können Flüchtlinge vom Staat erwarten? Statt regelmäßiger Tauschbasare von Bund, Ländern und Kommunen über Milliarden hier und Millionen da, brauchen wir Verlässlichkeit. Darum wollen wir ein Integrationsgesetz schaffen. Für Deutschland, für Rheinland-Pfalz. Wir müssen endlich klar machen, wer welche Aufgabe übernimmt. Was macht der Bund, was macht das Land, was macht die Kommune? Und wer bezahlt es? Wir wollen verbindlich regeln, was an Integrationsleistungen von unseren neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern erbracht werden muss und welche Integrationsleistungen der Staat zu garantieren hat. Und wir müssen unsere staatliche Infrastruktur auf die Anforderungen ausrichten, die wir in den nächsten Jahren dringend brauchen. 2 Die Eckpunkte eines GRÜNEN Integrationsgesetzes sind: - Schnelle und verbindliche ankommenden Flüchtlingen Registrierungs- und - Die Abschaffung von Widerrufsverfahren und Schaffung einer Altfallregelung, um für Menschen in Deutschland endlich Rechtssicherheit zu schaffen. - Eine Abschaffung der Warteschleifen für Flüchtlinge, in denen sie weder arbeiten noch Integrationskurse besuchen dürfen - Klare Regeln zur schnellen Familienzusammenführung, denn im Familienverbund gelingt Integration am besten - Einen Rechtsanspruch auf hochwertige und schnell zugängliche Integrationskurse, unmittelbar nach dem Ankommen in Deutschland - Einen leistungsstarken und fairen Zugang zu Gesundheits- und Psychosozialen Einrichtungen für traumatisierte Menschen - Eine Bildungsoffensive, um Kindern, jungen Erwachsenen, aber auch älteren Flüchtlingen bestmögliche Bedingungen für mehr Unterricht zu geben - Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung, wie wir ihn in Rheinland-Pfalz bereits umsetzen - Eine Abschaffung der Vorrangprüfung sowie aller Diskriminierungen von zu integrierenden Menschen auf dem Arbeitsmarkt - Einen sicheren Aufenthaltsstatus über mindestens 6 Jahre, um frühzeitig Ausbildungen aufnehmen und abschließen zu können - Die Öffnung der Berufsschulen für über 18jährige junge, erwachsene Flüchtlinge - Sonderprogramm zur Nachqualifizierung berufsqualifizierenden Abschluss - Integrationsteams in Arbeitsagenturen, die rechtskreisübergreifend zielgenaue Förderungen anbieten können - Finanzielle Unterstützung für Kommunen, um den sozialen Wohnungsbau zu forcieren, ohne Ghettos entstehen zu lassen - Integrationscenter in jedem Landkreis und jeder Kreisfreien Stadt in Rheinland-Pfalz, damit Flüchtlinge, Helferinnen und Helfer, Wohlfahrtsverbände, Unternehmen und Initiativen unter staatlicher Aufsicht teilautonom über beste Integrationsmaßnahmen vor Ort entscheiden können - Integrationslotsen in allen Integrationscentern, die hauptamtlich beraten und vermitteln. Gerade Menschen aus der „Gastarbeiter“generation können hier wertvolle Hilfestellungen geben von Entscheidungsverfahren jungen Erwachsenen bei ohne 3 - Verstärkte professionelle Unterstützung für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer durch die Integrationscenter - Beteiligungsrechte für Menschen im Integrationsprozess, um selbstbestimmt mitentscheiden zu können, welchen Weg sein neues Land nimmt. - Erleichterte Einbürgerungen um Integrationsleistungen Einbürgerungen honorieren zu können durch schnellere Die Kosten für beispielsweise den sozialen Wohnungsbau, für eine Bildungsoffensive, gute Betreuung, für effektive Integrationscenter und eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration müssen fair verteilt und nachhaltig gesteuert werden. Dafür soll ein neugeschaffenes Integrationsministerium in Berlin sorgen, welches nach den guten Erfahrungen in RheinlandPfalz auch im Bund geschaffen werden soll. Mit anpacken oder zumindest nicht im Weg stehen 2016 ist ein entscheidendes Jahr für das Gelingen der Integration von sehr vielen Menschen. 2016 entscheidet sich nicht nur in Rheinland-Pfalz sondern auch im Bund ob es gelingt aus Flüchtlingen Bürgerinnen und Bürger zu machen oder sie als Fremde in der Gesellschaft nur erduldet werden und sich auch so verhalten werden. Es entscheidet sich, ob wir die Gesellschaft von morgen gestalten oder ob wir die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Es entscheidet sich, ob wir an den rechtspolitischen und zivilisatorischen Fortschritten der vergangenen Jahrzehnte und an Grundwerten festhalten oder sie aktionistisch über Bord werfen, ohne dass akute Probleme wirklich gelöst werden. Es entscheidet sich, ob wir eine echte Balance zwischen Rechten und Pflichten hinbekommen oder ob die Forderung nach „Fördern und Fordern“ und einer „Integrationspflicht“ für Flüchtlinge nur populistisches Gerede bleibt, das im Kern davon ablenken soll, dass Integration eine gemeinsame Anstrengung aller ist, die am Ende unsere Gesellschaft und uns alle verändern wird: die die hier schon immer waren, die die neu gekommen sind und die, die noch kommen werden. Deshalb: Wir dürfen keine Zeit damit verlieren, unsinnige Debatten immer weiter zu drehen. Dieses alte Denken hat Deutschland in den letzten Jahrzehnten nicht weitergebracht. Rheinland-Pfalz und Deutschland brauchen ein Neues Denken, das Integration gelingen lässt, das die richtigen Fragen stellt und bestmögliche Antworten sucht. Ohne die Herausforderungen und Probleme kleinzureden, aber mit klarem humanistischen Kompass. Wir GRÜNE wollen anpacken, damit Integration gelingt. Wer das nicht will, soll zumindest nicht im Weg stehen. 4
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