TITEL INNOVATIONSMANAGEMENT IN UNTERNEHMEN Zunächst kaum einzuschätzen, letztendlich nicht wegzudenken. V O N P R O F. D R . H E I N Z -T H E O W A G N E R Dem Rückwärtsgang vorbeugen Die Fähigkeit dauerhaft Innovationen hervorzubringen und neue Werte zu schaffen wird allgemein als sehr erstrebenswert erachtet. Wenn dies nicht gelingt, kommt es über die Zeit zu einer – aus Sicht der Kunden – Austauschbarkeit mit Wettbewerbern und damit zur Erosion eventuell vorhandener ▼ In jedem Unternehmen zu finden Grundsätzlich befasst sich jedes Unternehmen mit Innovationsmanagement. Der Unterschied liegt darin wie umfassend und nachhaltig dieses betrieben wird. Am Beispiel Ideenmanagement sieht man, wie heterogen die Landschaft ist: Die Grafik (siehe unten) stellt das Ergebnis einer Befragung des produzierenden Gewerbes dar. IDEENMANAGEMENT 15,7 15,3 15,3 15 19,7 Aussage: „Wir haben ein strukturiertes Ideenmanagement“ (in Prozent) 10 5 8,3 æ Zwischen strukturiertem Management und geeigneter Führung. Es ist wichtig, ein Innovationsmanagement zu etablieren, welches die Innovationsprozesse steuert und strukturiert. Darüber hinaus sollte jedoch nicht vergessen werden, dass auch ein innovatives Klima wichtig ist, welches Mitarbeitern erlaubt, sich miteinzubringen. Grundsätzlich geht es darum, Werte zu schaffen, und zwar aus Kundensicht. Nur dann wird ein Unternehmen dauerhaft Erfolg haben. Dabei ist Agilität gefragt, denn Marktchancen müssen im besten Fall schnell erkannt und auch genutzt werden. 17,5 æ Zwischen neuen und angestammten Märkten. Ein Unternehmen sollte stets versuchen neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig ist es jedoch wichtig, angestammte Märkte nicht zu vernachlässigen und auch dort Wettbewerbsvorteile auszubauen. æ Zwischen Frontend und Backend. Die Suche nach innovativen Ideen ist wichtig, aber auch die Umsetzung und die Kommerzialisierung dieser Ideen spielen eine wesentliche Rolle. 8,2 H at ein Mitarbeiter eine innovative Idee, bespricht er diese vielleicht mit dem Geschäftsführer in der Mittagspause, oder eine neue Anforderung vom Kunden wird vom Außendienst direkt an den Geschäftsführer übermittelt. Die Kommunikation in kleinen Unternehmen funktioniert oft reibungslos. Mit steigender Mitarbeiterzahl ist es jedoch nicht mehr so einfach jede Idee anzuhören und diese auch direkt umzusetzen. Es ist deshalb wichtig, ein zentral und systematisch geregeltes Innovationsmanagement zu besitzen, ohne durch zu strikte Bürokratie dem Fortschritt entgegenzuwirken. Dabei gilt es Balancen zu finden: -3 stimme gar nicht zu -2 -1 0 indifferent 1 2 3 stimme voll zu Die Balken geben jeweils die Prozentanteile der Antworten von 229 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe an. Quelle: Wagner, H.-T., et al. 2011. Unternehmensnetzwerke und Innovationserfolg: Eine empirische Untersuchung im produzierenden Gewerbe. Stuttgart: Ibidem-Verlag. OKTOBER 2015 w.news 17 TITEL Wettbewerbsvorteile. Sind andere Unternehmen im Wettbewerb innovativer und stimmt deren Preispolitik, können Umsätze und Margen im eigenen Unternehmen schnell den Rückwärtsgang einlegen. Wie viel Zeit das benötigt, ist branchen-spezifisch und hängt von der Umfelddynamik ab. In einigen Hochtechnologiebranchen ist ein Jahr ohne Innovation zu lange, in anderen Branchen können problemlos mehrere innovationslose Jahre aufeinander folgen. Grundsätzlich ist es ratsam ein „First Mover“ zu sein, wenn sich zum Beispiel eine bestimmte Technologie in einer frühen Entwicklungsphase befindet und das eigene Unternehmen gerade in diesem Bereich Kompetenzen hat. In reifen Märkten hingegen ist es oftmals besser, einem Wettbewerber schnell oder mit sicherem Abstand zu folgen, um die Marktwirkung zu sehen. Die Grafik (siehe unten) zeigt, wie diese Frage im produzierenden Gewerbe Deutschlands beantwortet wurde. Scrum – eine agile Methode Agile Methoden werden bereits seit vielen Jahren in der Software-Entwicklung eingesetzt. Hierzu gehören etwa Extreme Programming (XP), Dynamic System Development Method (DSDM) und die nicht nur auf Software beschränkte Scrum-Methode. Bei diesen wird der Entwicklungsprozess in Teilschritte zerlegt und die Anforderungen an das Endprodukt in Abstimmung mit dem Kunden schrittweise konkretisiert. Man verspricht sich eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit mit den Entwicklungsergebnissen, geringere Korrekturaufwände nach Auslieferung, kürzere Entwicklungszeiten und die Fähigkeit, mit sich ändernden Anforderungen umzugehen. Speziell bei Scrum wird der Entwicklungsprozess in zeitlich definierte Zyklen (Sprints) zerlegt und es wird berücksichtigt, dass sich Anforderungen ändern oder sich während der Entwicklung neue Erkenntnisse ergeben. Am Ende eines jeden Sprints muss ein Ergebnis stehen, welches das Gesamtprojekt nach vorne bringt. Kunden sind bei jedem Schritt eingebunden und sehen die jeweiligen Fortschritte. Scrum bringt Vorteile, hat aber auch Herausforderungen. Die Flexibilität des Entwicklungsprozesses stellt nicht nur neue Anforderungen an die Teams, sondern verlangt auch Flexibilität von den Lieferanten, die beispielsweise die verschiedenen Komponenten bereitstellen müssen. Ebenso kann der Ressourcenverbrauch während der Entwicklung hoch sein, wenn mehrere physische Prototypen erstellt werden müssen, weil Simulationswerkzeuge nicht verfügbar oder nicht sinnvoll einsetzbar sind. Scrum im Rahmen des Innovationsmanagements Eine typische Kreativitäts- oder Innovationsmethode ist Scrum nicht, sondern eher ein Projekt- oder Prozessmanage- ment. Dennoch lässt es sich als Rahmenwerk für die Führung von Entwicklungsprozessen beschreiben. Es ist mit seiner Agilität positiv zu sehen, was allerdings mit entsprechender Agilität insbesondere im Frontend der Innovation einhergehen muss – denn eine agile Entwicklungsmethode ist besonders dann von Nutzen, wenn auch Marktchancen „agil“ identifiziert werden, die dann schnell genutzt werden können. Die drei Grundbausteine Unabhängig von der Methode, die ein Unternehmen verwendet, sollten bei der Einführung eines Innovationsmanagements drei Dinge berücksichtigt werden: æ Nur wenige unterschiedliche Werkzeuge des Innovationsmanagements einsetzen, diese aber gezielt und systematisch anwenden æ Keine Bürokratie aufbauen – nur durchführen, was eindeutig einem vorher definierten Ziel dient und somit notwendig ist æ Wenige, passende Kennzahlen zur Steuerung des Geschehens erheben, die einfach zu beschaffen sind. www.ggs.de KONTAKT Kai Plambeck IHK-Referent Innovation Geschäftsbereich Standortpolitik Telefon 07131 9677-297 E-Mail [email protected] STRATEGIETYPEN 57,2 „Welchem dieser Strategietypen gehört Ihr Unternehmen an?“ (in Prozent) 50 40 30 DER AUTOR 9,6 10 First Mover Fast Follower 10,9 22,3 20 Secure Follower Keine/Mehrfachnennung Die Balken geben jeweils die Prozentanteile der Antworten von 229 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe an. Quelle: Wagner, H.-T., et al. 2011. Unternehmensnetzwerke und Innovationserfolg: Eine empirische Untersuchung im produzierenden Gewerbe. Stuttgart: Ibidem-Verlag. 18 w.news OKTOBER 2015 Prof. Dr. Heinz-Theo Wagner ist Professor für Management und Innovation an der German Graduate School of Management and Law in Heilbronn. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Geschäftswertbeitrag der Informationstechnologie, Grundlagen der Innovationsfähigkeit von Unternehmen sowie Kernkompetenzen und Rekombination von Ressourcen.
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